auf einmal stumm in der Traumatherapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Eisblume333
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auf einmal stumm in der Traumatherapie

Beitrag Sa., 10.01.2015, 22:14

Hallo

hab mich heute nach langem stillen Mitlesen mal angemeldet, da ich auf meine Frage keine für mich passende Antwort gefunden habe.

Ich mache eine Traumatherapie. Bei der letzten Sitzung sprachen wir auch über die Dinge, die passiert sind. Es wurde dann schnell heftiger und tiefgehender als ich erwartet habe. Auf einmal konnte ich nicht mehr sprechen. Ich hatte alle Worte im Kopf, aber es kam nichts raus. Ich kam mir vor, wie ein Autist.
Das ganze ging dann einige Stunden so, bis ich wieder erst leise und dann wieder normal reden konnte.
Was war das? Hat mir echt Angst gemacht. Hat das schon mal jmd erlebt?

LG

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nettasch
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Beitrag So., 11.01.2015, 01:07

hallo Eisblume333,

willkommen im forum und viele gute virtuelle erfahrungen hier.

im zusammenhang mit einer traumatherapie ist es schon verwunderlich, dass dein therapeut/ deine therapeutin dich in diesem zustand hat gehen lassen? oder ist der sprachverlust erst nach der stunde aufgetreten?

lies mal hier: http://www.dissoziation-und-trauma.de/s ... raumafolge, in der pdf auf seite 31 steht geschrieben: " Daß das Broca-Areal als motorisches Sprachzentrum im Zusammenhang mit psychischer Traumatisierung unterdrückt wird, konnte mithilfe von bildgebenden Verfahren (bei experimentell herbeigeführten Flashbacks) bereits belegt werden (vgl. Fischer/Riedesser 2003, S. 119-123)"

wünsche dir für die zukunft viel erfolg in der therapie und paß auf dich auf,
liebe grüße nettasch

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Eisblume333
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Beitrag So., 11.01.2015, 02:26

Hallo nettasch.
Vielen herzlichen Dank für deine Antwort und deinen guten Wünsche! Auch Danke für deine Mühe mit der Recherche nach dem Artikel. Das hört sich interessant an. Ich werde mir das mal in Ruhe durchlesen.
Mein Therapeut hat sich sehr gut verhalten. Leider war es zum Ende der Stunde.Er hat mir geholfen da raus zu kommen und keinen Druck gemacht, obwohl die Stunde längst vorbei war. Irgendwann war ich auch wieder mehr im Hier und Jetzt. Aber die Sprache kam nicht so schnell wieder. Ich hätte da ja nicht noch Stunden sitzen können.:-X Er hat wirklich alles getan, um mir zu helfen.
Danke dir nochmal.
.

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Schneerose
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Beitrag So., 11.01.2015, 08:46

Hallo Eisblume333,

ich befasse mich aus eigener Erfahrung auch sehr viel mit dem Thema Trauma;
dabei spalten sich auch hierin die Therapiemeinungen,
ob es HEUTE noch nötig ist, den Pat. unnötig den schweren Schmerzen, und dem Weg des nochmals in das Trauma hineingehen, darüber reden, auszusetzen...

Ein Trauma sitzt in aller erster Linie dir sprichwörtlich in den Nerven,
d.h. z.B. die Therapierichtung SE ist ein vergleichlich zu den herkömmlichen Arten, ein viel schonenderer Umgang, den Pat. aus dem Trauma zu lösen...
mit begleitender schamanischer Heilung durch Seelenrückholung, und Sport zum sich wieder spüren lernen...
ich mache die Erfahrung derzeit selber am eigenen Körper,
kann die unglaubliche Erleichterung die ich fühle, nicht beschreiben...im Gegensatz, zur vorangegangenen Therapie in der ich "hindurch gehen musste mit viel Druck" - das hätte mich fast kaputt gemacht.

Ein guter Ansatz für dich persönlich könnte eine begleitende Hilfe sein,
durch eine Gesangs und Atemlehrerin/lehrer...d.h. nicht, dass du ein Talent sein musst, sondern du lernst dabei mit deinem Volumen umzugehen, und der Knödel im Hals, vermutlich das "über etwas nicht sprechen dürfen" kann sich lösen.

LG Schneerose
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

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Eisblume333
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Beitrag So., 11.01.2015, 15:18

Hallo Schneerose,

danke für deine Antwort!
Musste erstmal googlen, was SE ist. Das alles gut wird, ohne darüber reden zu müssen, hört sich sehr verlockend an. So wie ich es auf die Schnelle gelesen habe, hat das aber auch oft mit Körperberührungen zu tun. Das kommt im Moment überhaupt nicht in Frage für mich . Aber wirklich schön, dass du diese Methode für dich gefunden hast und sie dir hilft.
Vielleicht will ich auch vom Kopf her immer schneller, als mein Körper es zu lässt.
Das drüber Reden dürfen, fällt mir tatsächlich schwer und ich muss mir vor und während der Therapie immer sagen: Du darfst das, du bist hier in Sicherheit.
Aber so was wie beim letzten Mal, hatte ich halt noch nie. Absoluter Streik meiner Sprechorgane
Mich würde wirklich interessieren, ob das schon mal jemand erlebt hat.
Aufgrund der Feiertage konnte ich mit meinem Therapeuten noch nicht darüber reden. Und es beschäftigt mich schon sehr.
Alles Gute!


Hope°
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Beitrag So., 11.01.2015, 15:24

Liebe Eisblume,
diese spontanen Sprachblockaden kenne ich selber von mir, mir ging und geht es auch heute noch oft so.
Hattest du damals ein Sprachverbot vom Täter erhalten?

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Thread-EröffnerIn
Eisblume333
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Beitrag So., 11.01.2015, 16:37

Hallo Hope.
Ja, du kennst das auch? Das beruhigt mich irgendwie. Gleich wenn es mir für dich Leid tut. Darf ich dich fragen, wie sich das für dich anfühlt und wie lange es anhält? Was machst du, um da wieder raus zu kommen? Wenn du magst, würd ich mich freuen, wenn du mir deine Erfahrung diesbezüglich erzählen würdest.
Bezugnehmend auf deine Frage: Sei mir nicht böse. Einiges verbietet mir, mich dahingehend zu öffnen. Nimm es mir bitte nicht übel.
LG.

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peppermint patty
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Beitrag So., 11.01.2015, 17:33

Hallo Eisblume333,

auch ich mache Traumatherapie. Ich kenne das Phänomen der Sprachlosigkeit nicht (nur das ich aus Angst nicht sprechen kann) aber das Phänomen, wenn mich Situationen mit Traumainhalt triggern, dass ich dann nicht mehr hören kann. Mich kann dann jemand direkt anschauen (vielleicht einen Meter von meinem Gesicht entfernt) und ansprechen - ich höre es nicht. Da blockiert irgend etwas. Ist mir zum Glück noch nicht oft passiert.

Da ich das nun weiß, vor allem dass es auch wieder verschwindet ängstigt es mich aber nicht mehr doll. Ich weiß, dass es ein Schutz der Seele ist.

Dennoch habe ich Fragen an dich: Erzählst du völlig freiwillig über deine Erlebnisse? Ich meine bist du wirklich bereit dazu? Hast du Übungen an der hand, die du beherrscht, die dich stabilisieren können? Sonst kann es mehr retraumatisieren als heilen. Sicher weißt du das selbst.

@ Schneerose
Sicher spalten sich die Meinungen ob es notwendig ist den Horror noch mal zu erzählen. Aber ich glaube es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass das individuell betrachtet werden muss. Der einen hilfst, der anderen nicht. Die eine hat tiefer abgespalten, die andere nicht. Bei der einen bricht die Abwehr irgendwann zusammen (war bei mir so) bei der anderen nicht. Ich denke, bei Menschen mit funktionierender Abwehr wird sicher nicht gebohrt - hoffentlich.

LG,
pp


Hope°
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Beiträge: 281

Beitrag So., 11.01.2015, 18:31

Eisblume333 hat geschrieben:Hallo Hope.
Ja, du kennst das auch? Das beruhigt mich irgendwie. Gleich wenn es mir für dich Leid tut. Darf ich dich fragen, wie sich das für dich anfühlt und wie lange es anhält?
Bei mir fühlt es sich ähnlich wie von dir beschrieben an. Ich will reden, kriege den Mund aber nicht auf und wenn doch, dann kommt kein Ton aus meinem Mund. Allerdings verschwinden die Gedanken, die ich gerne aussprechen wollen würde dann immer mehr bis zumSchluss nur noch eine große Leere in mir ist. Kein Denken, kein Sprechen, nichts mehr. Der Zustand hält relativ lange an. Ich habe schon mehrere Therapiestunden sprachlos verbraucht. Es dauert dann auch noch eine Weile danach an. Keine Chance mehr. Ich signalisiere dann per Kopfnicken oder Schütteln. Ich kann in diesem Zustand auch nicht schreiben. Es geht nichts. Absolute Blockade.
Was machst du, um da wieder raus zu kommen? Wenn du magst, würd ich mich freuen, wenn du mir deine Erfahrung diesbezüglich erzählen würdest.
Ich sitze das mittlerweile einfach aus. Ich weiß ja, dass es (genau wie PP übrigens), ein Schutz meiner Seele ist. Es macht mir keine Angst mehr. Ich weiß auch, dass wenn ich mich dann ablenke oder spazieren gehe oder, oder, oder von selbst aufhört. Ich zwinge mich nicht mehr. Es geht auch irgendwie nicht. Zeitweise hat mir aber Ammoniak riechen da heraus geholfen und mich ins "Hier und Jetzt" zurückbefördert. Hast du schon "Skills" kennengelernt?
Bezugnehmend auf deine Frage: Sei mir nicht böse. Einiges verbietet mir, mich dahingehend zu öffnen. Nimm es mir bitte nicht übel.
LG.
Absolut kein Problem, ich nehme dir gar nichts übel-wäre ja noch schöner

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KdesZ
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Beitrag So., 11.01.2015, 20:05

Ich kenne das aus meiner Therapie. Mache allerdings ne modifizierte Analyse.
Ich denke, dass es bei mir der 'speechless terror' war.
D.h. ich hatte alle Bilder im Kopf, war aber nicht in der Lage zu sprechen.
Bei mir setzt dann meist zusätzlich mein Bewegungsaparat aus. Heißt, ich sitze wie angenagelt bei meiner Thera und kann, wenn überhaupt, nur meinen Kopf bewegen.

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Schneerose
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Beitrag So., 11.01.2015, 20:15

Hallo pp,

sicherlich auch richtig, dass man auch hier nicht alles in einen Topf werfen kann...
wobei ich unterscheide, zwischen "drüber sprechen" und ES NOCHMAL DURCHLEBEN - sprich fühlen, spüren...
ich litt Höllenqualen in meiner ersten Therapie obwohl das Thema eher selten zur Sprache kam...

ich möchte hier nicht mehr so sehr auf die Therapieerlebnisse eingehen,
da dies möglicherweise wieder sowas wie "Trigger" auslösen würde...

Mein Ex-Thera damals, glaube ich, hat garnicht erkannt, wie er mich da durchboxte...
ich bettelte nur monatelang, "mir tut die Therapie zu weh", ich habe jede Stunde vorher Durchfall ...ect.
und er meinte dazu immer: "das ist alles Übertragung"...
ich wäre daran echt fast kaputt gegangen...

was Traumatherapie wirklich ist, wie heilsam das erlebe ich erst jetzt.

Aber so individuell sind eben die Lebensgeschichten.
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

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Eisblume333
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Beitrag So., 11.01.2015, 21:34

Nabend!
Danke euch alle für eure Antworten. Bin echt froh, dass ich den Mut hatte, mich hier anzumelden.

@peppermint patty
nicht hören...auch unheimlich! Sich in der Situation zu sagen, dass es ein Schutz der Seele ist, nimmt bestimmt Angst. Guter Tipp.
Zu deinen Fragen: Ich erzähl schon freiwillig. Aber ob ich im Inneren wirklich bereit bin...? Nur nach fünf Jahren Therapie mach ich mir langsam Druck, das ich mal an die harten Themen muss. Oft hab ich das Gefühl nach der Stunde, je härter die war und ich mit mir war, umso mehr hab ich geschafft. Je unbelasteter ich raus gehe, umso enttäuschter bin ich von mir. Wahrscheinlich falsch. Alles was weh tut, muss nicht gut sein. Werd noch mal drüber nachdenken.
Stabilisierende Übungen kenn ich. Doch in solchen harten Momenten, geht der Wächter in mir sofort auf mich los, wenn ich mir was Gutes tun will. Am liebsten will er mich so lange wie möglich in der Situation quälen. Bei leichteren alltäglichen Triggern funktionieren die Übungen.
@Hope
Danke für deine Offenheit. Per Kopfnicken haben wir uns auch verständigt. Ich hab gehofft, dass er mir irgendwas Belangloses erzählt, damit sich der Knoten löst. Werd ich ihm nächstes Mal sagen. Einige Skills kenn ich, wie sicherer Ort, Tresor, Bildschirmtechnik, usw. Wenn du noch einen Tipp hast, gerne.
@KdesZ
Danke dir. Echt erstaunlich, wie sehr erlebte Sachen, die vielleicht schon Jahre her sind, heute noch den Körper betreffen. Das nicht bewegen können kenn ich auch in Verbindung mit Dissoziation.
@Schneerose
...echt der Horror, was du erlebt hast.

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