Mann oder Frau als Therapeut? (als Mann)

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Do., 12.08.2021, 13:44

vitamin_d hat geschrieben: Do., 12.08.2021, 00:02 Hattet ihr selbst im Rahmen eurer Therapie nie die Sorge, dass der/die Therapeut/in bei Mann-Frau-Themen vielleicht automatisch für das eigene Geschlecht (aus Sicht des Therapeuten) Partei ergreifen könnte?
Ich kenne die Angst, dass sich ein Therapeut gegen mich verschwören könnte, aber nicht so stark wie du. Bei mir trat sie auf, als Dritte in der Therapiesitzung mit dabei waren, das Misstrauen war also weniger gegen den Behandler gerichtet als gegen die dritte Person, die den Behandler gegen mich aufbringen könnte (was nicht passiert ist).

Was ich ganz persönlich irgendwie schade finde, ist, dass du glaubst, eine Frau könnte einen Mann weniger verstehen (oder ZU ihm stehen) als ein anderer Mann.

Ich denke, TherapeutInnen sind sogar dazu verpflichtet, zum Wohle ihrer Patienten zu handeln.

Das schließt Selbstkritik für mich nicht aus.

Aber was wäre denn so schlimm daran, wenn sie dich mal kritisieren würde? So könntest du daran arbeiten (die Idee hattest du ja selbst schon) und es ginge dir letztendlich besser.
Wobei, bei näherer Betrachtung, hat ja auch dieses Verhalten gewisse (psychologische) Ursachen und dann könnte man es vielleicht wieder etwas verstehen, warum ich mich so und so verhalte.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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vitamin_d
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Beitrag Do., 12.08.2021, 14:16

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Do., 12.08.2021, 13:44 Was ich ganz persönlich irgendwie schade finde, ist, dass du glaubst, eine Frau könnte einen Mann weniger verstehen (oder ZU ihm stehen) als ein anderer Mann.
Ich glaube, es geht mir im Kern gar nicht so sehr darum, ob eine Frau einen Mann weniger gut verstehen könnte als ein Mann dies könnte. Meine Sorge liegt wohl eher darin begründet, dass ich eine TherapeutIN bei gewissen Themen vielleicht gegen mich aufbringen könnte (sie "verschwört" sich gegen mich, so wie du es genannt hast). Dass ich diesbzgl. diese Bedenken habe, könnte dann tatsächlich ein eigenes Thema in der Therapie sein ;-)

Ich denke mir, einerseits sind TherapeutInnen sicher professionell und kompetent genug, dass sie versuchen, einen möglichst neutralen Standpunkt einzunehmen bei allen Themen. Andererseits sind auch TherapeutInnen nur Menschen und können für jemanden Sympathie oder Antipathie hegen. Ob man das immer ganz außen vor lassen kann in der Therapie? Kann man das wirklich ganz ausblenden?

Ich weiß nicht wie ihr das seht, aber gerade weil ich in der Therapie mein Innerstes offenbare, das ich sonst niemandem anvertraue, wo ich also mein Herz und meine Seele ausschütte und mich dem/der TherapeutIn ganz öffne und hingebe, ist es mir schon irgendwo auch wichtig, dass der/die TherapeutIn mich sympathisch findet. Deshalb würde ein/e TherapeutIn dem/der ich nicht sympathisch bin sondern der einfach nur seinen "Job macht" kein angenehmes Gefühl bei mir auslösen und ich würde mich wahrscheinlich wohl auch ein wenig versperren und mich nicht ganz öffnen können...

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LovisTochter
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Beitrag Do., 12.08.2021, 14:46

Ich hätte da eher den Wunsch, dass mir meine Therapeutin zurückmeldet, wenn ich mich wie die Axt im Walde verhalte und es selbst nicht merke, dadurch aber deutliche Probleme z.B. in der Beziehung habe. Was würde es mir da bringen, wenn mir jemand nach dem Mund redet und mich in meinem "falschen" Verhalten bestätigt. Dann ändert sich ja langfristig gar nichts. Und genau dafür, damit sich etwas ändert, ich mich verändere, dafür gehe ich zur Therapie.
Klar ist das nicht angenehm und auch nicht einfach, aber Therapie ist kein Kuschelkurs.
Ich könnte nicht mit jemandem arbeiten, bei dem ich das Gefühl hätte, dass mir nach dem Mund geredet wird.
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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Sydney-b
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Beitrag Do., 12.08.2021, 14:46

Ist doch völlig in Ordnung, wenn du lieber zu einem männlichen Therapeuten gehen willst.
Es gibt genug Frauen, die eine weibliche Therapeutin bevorzugen.
Nimm doch einfach Erstgespräche bei Männern wahr.
Wenn dir dort niemand zusagt, kannst du doch Erstgespräche bei Therapeutinnen ausprobieren.
Oder von Anfang an Erstgespräche bei beiden ausprobieren und dann für dich entscheiden, wo du dich besser aufgehoben fühlst.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Do., 12.08.2021, 15:00

Ich kann völlig nachvollziehen, dass du möchtest, dass dich die Therapeutin oder der Therapeut sympathisch findet. :)

Andererseits schließen sich Arbeit und Herzblut nicht aus, oder?

Mir ist das mit der Sympathie auch sehr wichtig, und mir wurde in der Therapie authentisch versichert, dass meine "Makel" nicht zur Ablehnung führen, weil sie ein Teil von mir, aber nicht das Gesamtbild sind. In der Therapie sind sicher andere Sachen wichtig, wie der Wille, an sich zu arbeiten.

Und wenn sie ein persönliches Problem mit etwas hat, das du tust, wird sie sich hoffentlich Hilfe suchen, statt dich einfach fallenzulassen oder es anderweitig an dir auszulassen.

Aber sie hätte ihren Beruf wohl nicht ergriffen, wenn sie nicht auch als Mensch viel "aushalten" könnte.
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Bluemoon123
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Beitrag Do., 12.08.2021, 15:18

Also ich finde es auch völlig legitim, wenn man bei der Auswahl des Therapeuten, bedenkt ob man lieber bei einem Mann oder einer Frau Therapie macht. Für mich war das damals zwar überhaupt kein Thema. Aber ich erinnere mich noch sehr gut an die Anfänge meiner Therapie, als mein Therapeut, das von sich aus zum Thema gemacht hat und mich sehr eindrücklich auf dieses Thema angesprochen hat. Er wollte, dass ich mir der Tatsache bewusst bin, dass es evtl. vielleicht nicht einfach sein könnte mit einer Person des anderen Geschlechts über evtl. sehr intime Dinge sprechen zu können. Er hat das sowohl im Erstgespräch als dann auch noch in den ersten Stunden, als wir noch bei der Anamnese waren, öfter mal thematisiert. Damals hat mich das fast genervt.

Heute merke ich, dass es schon einen Unterschied macht, dass ich bei einem Mann und nicht bei einer Frau sitze. Nicht, dass ich mich nicht traue bestimmte Sachen anzusprechen (das wäre wohl bei einer Frau nicht anders), aber ich bin mir bei manchem halt schon bewusst, dass ich einem Mann, manche Dinge einfach anders erklären muss. Und das hilft mir dann aber auch bei der eigenen Klärung. Vielleicht wäre das bei einer Frau fast schwieriger, weil ich dann davon ausgehen würde, als Frau würde sie schon verstehen was ich meine, ohne dass ich es konkret ausspreche. Was natürlich ein Trugschluss wäre.

Aber was ich eigentlich meine. Mir persönlich ist es inzwischen lieber, bei einer Person anderen Geschlechts zu sitzen und ich kann es mir gar nicht mehr anders vorstellen. Aber wenn es für Dich schon jetzt so ein wichtiges Kriterium ist, dann nimm es ernst und suche Dir mal ein paar Männer für die Erstgespräche. Sprich aber ruhig an, dass Du Dir bewusst nen Mann aussuchst und warum. Also welche Befürchtungen Du bei einer Frau hättest, und andersrum, welche Erwartungen Du an einen männlichen Therapeuten hast. Und dann wirst Du sehen, was derjenige dann dazu sagt, und ob Du Dir dann vorstellen kannst die Therapie bei demjenigen zu beginnen, oder ob Du die Suche nicht vielleicht dann doch auf das andere Geschlecht ausdehnst.

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Hasenmaus123
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Beitrag Do., 12.08.2021, 15:38

Vielleicht gibt es ja garnicht das richtige Geschlecht.

Für mich war klar, dass ich niemals zu einer Frau möchte. Ich fand Männer immer anders, gefährlich,… Aufgrund meiner Übertragung und den Themen, die ich habe, bin ich weiterhin froh, bei einer Frau zu sein.

Aber: Nachdem ich Männer immer noch teilweise gefährlich finde, könnte ich mir vorstellen, zu einem Mann zu wechseln, wenn die Zeit reif ist. Einfach um mein Männerproblem zu beseitigen. Es kann aber auch sein, dass sich das Problem mit der Zeit von selbst erledigt, ich es mit ihr bearbeiten kann, ich merke, dass es auch harmlose Männer, wie meinen eigenen Mann gibt, oder Evtl bringt meine Therapeutin einfach ihren eigenen Ehemann mit 🤣.

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kaputt
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Beitrag Fr., 13.08.2021, 08:02

Ich denke das ist eine Sache die jeder für sich selber ausprobieren muss. Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass ich mit männlichen Therapeuten besser arbeiten kann. Habe die Erfahrung gemacht, dass Männer viel geduldiger waren und mich erstmal haben ankommen lassen. Gut, gab auch Ausnahmen, aber generell war das bei Männern angenehmer.


Einziger Knackpunkt ist wenn es um intimere Dinge geht. Hatte zB einen männlichen Thera auch noch in meinem Alter, mit dem ich sonst über alles reden konnte. Aber da war dann schon eine Hemmschwelle.

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vitamin_d
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Beitrag Fr., 13.08.2021, 13:21

kaputt hat geschrieben: Fr., 13.08.2021, 08:02 Habe die Erfahrung gemacht, dass Männer viel geduldiger waren und mich erstmal haben ankommen lassen.
Auch eine interessante Beobachtung. Haben diese Erfahrung andere auch schon gemacht?
LovisTochter hat geschrieben: Do., 12.08.2021, 14:46 Ich hätte da eher den Wunsch, dass mir meine Therapeutin zurückmeldet, wenn ich mich wie die Axt im Walde verhalte und es selbst nicht merke, dadurch aber deutliche Probleme z.B. in der Beziehung habe. Was würde es mir da bringen, wenn mir jemand nach dem Mund redet und mich in meinem "falschen" Verhalten bestätigt. Dann ändert sich ja langfristig gar nichts. Und genau dafür, damit sich etwas ändert, ich mich verändere, dafür gehe ich zur Therapie.
Klar ist das nicht angenehm und auch nicht einfach, aber Therapie ist kein Kuschelkurs.
Ich könnte nicht mit jemandem arbeiten, bei dem ich das Gefühl hätte, dass mir nach dem Mund geredet wird.
Das ist natürlich auch ein gutes/starkes Argument. Ich gehe anscheinend mit der Einstellung heran, dass ich gerne hätte, dass der Therapeut mir in der Therapie sagt "Ja, ich verstehe dich vollkommen. Ich würde genauso handeln" usw.

Dabei wäre es viel sinnvoller, wenn der/die TherapeutIn mir sagt "Das und das was du da machst, ist aber nicht gut", also mich durchaus kritisiert, wenn ich etwas "falsch" gemacht habe.

Ist also Kritik und Tadel im allgemeinen besser in der Therapie als wenn einem der/die TherapeutIn ständig nach dem Mund redet?


Bluemoon123
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Beitrag Fr., 13.08.2021, 13:33

Kritik bzw. Tadel hab ich in der Therapie noch nicht erlebt. Ich denke auch nicht, dass das Sinn der Sache ist. Genauso wenig übrigens wie ein "ich verstehe Dich vollkommen und würde genauso handeln". Es geht doch eher darum zu verstehen, warum Du so handelst wie Du handelst. Und wenn Du das ändern möchtest, wie Du das tun kannst. Also zumindest meiner hat noch nie gesagt "dieses und jenes ist aber völlig falsch und das muss so oder so". Aber auf der anderen Seite spricht er schon Verhaltensweisen an, die mir und meiner Genesung im Wege stehen. Aber nicht um sie zu kritisieren, sondern um anzuschauen, woher das kommt und warum ich das tue.

Ich kann übrigens die Erfahrung von "kaputt" bestätigen, dass mein männlicher Therapeut auch zu der eher geduldigen Sorte gehört und mich erstmal ankommen lässt. Ich hab jetzt keinen Vergleich zu weiblichen Therapeuten, aber z.B. lässt er mich immer erstmal ca. 5 Minuten im Behandlungsraum alleine sitzen. Was ich anfangs irritierend fand, aber inzwischen sehr zu schätzen weiß. Dass ich erstmal Zeit habe, in Ruhe anzukommen, und nicht gleich bei der Begrüßung losgelegt wird. Er liest sich in der Zeit die Notizen vom letzten Mal durch, und dann fangen wir beide in Ruhe an.


Waldschratin
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Beitrag Fr., 13.08.2021, 13:33

vitamin_d hat geschrieben:Dabei wäre es viel sinnvoller, wenn der/die TherapeutIn mir sagt "Das und das was du da machst, ist aber nicht gut", also mich durchaus kritisiert, wenn ich etwas "falsch" gemacht habe.
Ein guter Therapeut, eine gute Therapeutin wird weder das Eine noch das Andere tun.

Ein/e Thera ist sowas wie ein/e "Geburtshelfer/in" deiner eigenen Persönlichkeit.
Bietet dir den Raum und hält dir den "Rahmen" (Dass du nicht auseinanderfällst, während du dich erforschst), während du im Miteinander dich selber kennenlernst und : Dein eigener Kritiker wirst. :!!:

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