Psychotherapie der Partnerin

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Fundevogel
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 17:27

Hallo Noctambule,

ich bin in einer sehr langjährigen Therapie und einer noch langjährigeren Partnerschaft und sehe es ähnlich wie ziegenkind, nämlich dass die Therapie nach Möglichkeit aus der Beziehung rausgehalten werden sollte.

Geht natürlich nicht immer, vor allem, wenn deine Partnerin die Beziehung in ihrer Therapie thematisiert.
Dann aber fände ich es besser, wenn sie ihre eigene Meinung und Gefühle sagt und nicht diejenige des Therapeuten. Also erstmal ein wenig setzen läßt, bevor man über die Meinungen einer dritten abwesenden Person spricht. Das ist prinzipiell schwierig, nicht nur in dem Kontext Therapie-Beziehung.

Was auch ein wichtiger Gedanke ist - den du glaube ich schon geteilt hast - wieviel von den Themen liegt wirklich an der Beziehung und inwieweit machen sich tiefere innerpsychische Konflikte einfach daran fest? Wie wir uns in Beziehungen verhalten oder fühlen sagt ja auch sehr viel über uns aus, so gesehen ist es ja auch naheliegend in einer Therapie auf eine aktuelle wichtige Beziehung einzugehen. Aber halt nach Möglichkeit, ohne gleich einen Streßtest drauszumachen.
Fundevogel

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montagne
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 18:33

Ich persönlich halte meine Therapie auch aus der Beziehung raus, allerdings auch die Beziehung aus der Therapie.
Das macht die TE Partnerin des TE offenbar nicht. Und damit wird es schwer oder macht auch wenig Sinn Therapieerkenntnisse wiederum aus der Beziehung rauszuhalten.

Allerdings finde ich es na ja, im Grunde ragwürdig, wenn der Therapeut solche Rückmeldungen gibt, wie, die Patientin sei nicht emotional an den TE gebunden. Wenn die Patientin das wiederum ihrem Partner unreflektiert sagt, wirkt das natürlich erschütternd und jeder Laie kann das nur in den falschen Hals kriegen.

Was aber wohl eher Hintergrund ist, dass die Partnerin hier wohl irgendwo ein Kindheitstrauma hat und damit auch eine Bindungsstörung. Kann leichtgradig sein, aber dennoch ist ein bindungsgestörter ja irgendwo in seinen sozialen Beziehungen gelockert und eben emotional nicht richtig gebunden.

Ich habe es in meiner Therapie so erlebt, dass meine Bindung und damit Beziehung an meinen Mann intensiver wurde, je mehr die Bindungsstörung doch irgendwo abgeschwächt wurde (geheilt?). Und das ist gut!

Hätte meine Therapeutin am Anfang sowas gesagt wie, ich sei nicht richtig an ihn gebunden, hätte mich das erschüttert und ihn garantiert, hätte ich ihm das gesagt. Wer weiß...?
amor fati

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Noctambule
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 20:45

Hallo Jenny Doe,

das hat was mit beiden Dingen zu tun. Ich bin mit zwei, drei Freunden schon seit Jahren befreundet, mit denen ich sehr viel teile. Wir reden über fast alles und versuchen auch dem anderen zuzuhören sowie auch "Lösungen" anzusprechen. Ich hatte in diesem Kontext nie das Gefühl, dass ich etwas "nicht leisten kann". In meiner langjährigen Beziehung wurde das dann anders. Durch meine Therapie habe ich gemerkt, dass ich dort in eine Situation gekommen bin, die zunehmend dysfunktional wurde. Ich habe mir die Probleme meiner Partnerin zu eigen gemacht. Das war auch ein Ergebnis der Therapie.

Ich überprüfe mich deshalb sehr genau in solchen Situationen. Wir hatten am Anfang unserer Beziehung oft die Diskussion, dass ich sie nicht verstehen würde oder ihre Probleme nicht anerkennen würde, sondern direkt immer zur "Lösung" schreite. Das mag stimmen insofern stimmen, dass ich natürlich auch über Lösungen gesprochen habe, aber gleichzeitig ihre Probleme anerkannt habe. Ich habe aber nun auch verstanden, dass es für viele Menschen erst mal wichtig ist, klar zu signalisieren, dass man verstanden und anerkannt wird. Und das "Lösungen" oftmals als oberflächlich und ignorant empfunden werden. Das ist für mich neu, aber ich habe das nun verstanden. Die Kehrseite ist aber nun, dass ich in den Gesprächen ziemlich viel gesagt bekomme und mir es sehr schwer fällt, das einfach so stehen zu lassen. Ich habe das Gefühl einfach nur da zu sitzen und das Gesagte über mich ergehen zu lassen, ohne meine eigene "Subjektivität" einzubringen.

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Solage
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 20:50

Mir geht es so, dass ich nur dankbar bin für das Zuhören.
Still sein können, reinspüren, ohne Lösungen zu präsentieren. Finde ich persönlich wertvoller.
Das was gesagt wird, einfach mal so stehen lassen können.
Dass das einfach Platz hat.

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Noctambule
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 20:59

Fundevogel hat geschrieben: Mo., 16.10.2017, 17:27 Dann aber fände ich es besser, wenn sie ihre eigene Meinung und Gefühle sagt und nicht diejenige des Therapeuten. Also erstmal ein wenig setzen läßt, bevor man über die Meinungen einer dritten abwesenden Person spricht. Das ist prinzipiell schwierig, nicht nur in dem Kontext Therapie-Beziehung.
Ich glaube, dass das sehr zutreffend ist. Vielleicht ist es auch das, was mich da so erschüttert. Ich hätte es verstanden, wenn nach längerer Psychotherapie sowas mal auf den Tisch kommt. Aber das eine dritte Person nach recht kurzer Zeit so einen wirksamen Zugriff bekommt, berührt mich schon sehr.
montagne hat geschrieben: Mo., 16.10.2017, 18:33 Allerdings finde ich es na ja, im Grunde ragwürdig, wenn der Therapeut solche Rückmeldungen gibt, wie, die Patientin sei nicht emotional an den TE gebunden. Wenn die Patientin das wiederum ihrem Partner unreflektiert sagt, wirkt das natürlich erschütternd und jeder Laie kann das nur in den falschen Hals kriegen.
Ich kann montagne da nur zustimmen. Als therapieinterne These mag das alles seinen Sinn haben. Wenn das aber eins zu eins durchgereicht wird, ist das einfach nur erschütternd. Egal, wie es gemeint war, es spukt mir seit dem im Kopf herum...

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Noctambule
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Beitrag Mo., 16.10.2017, 21:02

Solage hat geschrieben: Mo., 16.10.2017, 20:50 Mir geht es so, dass ich nur dankbar bin für das Zuhören.
Still sein können, reinspüren, ohne Lösungen zu präsentieren. Finde ich persönlich wertvoller.
Das was gesagt wird, einfach mal so stehen lassen können.
Dass das einfach Platz hat.
Danke, solage, dass du das so klar sagst. Ich habe immer das Gefühl, "irgendwas" sagen zu müssen oder dass das von mir gefordert wird, sei es auch nur implizit.

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Noctambule
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Beitrag Mi., 18.10.2017, 18:37

Ich habe nochmal nachgedacht, warum mich das manchmal so mitnimmt, wenn wir in diese Gespräche gehen. Einerseits sind es natürlich die teilweise belastende Themen (schwere Kindheit, Bindung an die Eltern, eigene Beziehung etc.). Aber das ist nicht so sehr das, was mich letzten endes so berührt.

Es ist oftmals die Art und Weise wie wir darüber sprechen. Nach kurzer Zeit stellt sich eine Dynamik ein, in der ich derjenige bin, der es immer gut gehabt hat (Kindheit, Beruf etc.). Sie dagegen hatte das genaue Gegenteil, daher kann ich sie nicht verstehen und stelle nur blöde Fragen. Die Gespräche mit mir würden sich nicht lohnen und sie nur traurig machen. Genau in diesen Momenten ufern die Gespräche dann regelrecht aus.

Dazu kommt, dass wir recht verschiedene Kommunikationstypen sind (eher ruhig vs. eher direkt und emotional). Vielleicht ist das an sich eine sehr spannungsreiche Mischung. Das denke ich schon. Aber in den Momenten, in denen wir es dann hinbekommen, ruhig und anerkennend über schwierige Themen zu sprechen, klappt es richtig gut.

Ich will mich nicht rausziehen, aber vielleicht ist es wirklich gut einfach erst mal nur still zuzuhören, damit diese Dynamik nicht so schnell in Gang kommt. Obwohl man das auch nicht immer so einfach verhindern kann.

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Ophelia12
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Beitrag Do., 19.10.2017, 07:22

Guten morgen Noctambule,

Sorry das ich mich erst jetzt melde.

Du hast gefragt wie wir die Krise überstanden haben.
Also zuallererst haben wir ganz, ganz viel geredet.
Ich habe meinen Mann in ganz jungen Jahren kennengelernt und er hat eine Menge in meinem Elternhaus mitmachen müssen. Es gab ganz ganz viel Gewalt seit meiner frühsten Kindheit und auch als junge Erwachsene machte mein Vater keinen halt mich als seinen Besitz zu betrachten. Sowas prägt auch den Partner. Es macht mürbe und kaputt.
Irgendwann musste ich mich entscheiden, zwischen meiner Herkunftsfamilie die mich und mein Leben zerstört oder meine Zukunft mit meinen Mann.
Ich habe mich entschieden. Ich habe zu meinem Vater keinen Kontakt zu meiner Mutter sehr sporadischen. Und seitdem läuft mein und unser Leben besser.
Ich rede mit meinem Mann nicht bzw kaum noch über die Vergangenheit. Die Therapie ist meine Therapie nicht seine. Wenn er nachfragt erzähle ich ein wenig aber längst nicht mehr so viel wie am Anfang. Wir haben Zukunftspläne geschmiedet und versuchen nicht mehr so zurück zu schauen. Auch wenn die Vergangenheit mich /uns uns immer wieder mal einholt. Wir stehen für uns und unseren Weg ein. Wir versuchen uns nicht mehr so verunsichern zu lassen, wenn doch gut gemeinte Ratschläge von irgendwelchen anderen Familienmitgliedern bzgl der familiären Situation kommen. Wir müssen einfach unseren Weg gehen und auf uns schauen /achten. Das hat vorher keiner für uns gemacht, nun sind wir erwachsen und sind es uns Schuldig.
Es geht um uns nicht um diese Familie.
Es ist wahrlich kein einfacher Weg aber wahrscheinlich der einzige um glücklich zu sein.

Ich drücke euch ganz fest die Daumen. Ihr werdet das hinbekommen.

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Noctambule
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Beiträge: 12

Beitrag Fr., 20.10.2017, 15:08

Hallo Orphelia,

vielen Dank für deine Geschichte. Sie hat mir wirklich Mut gemacht. Obwohl ich auch sehe, dass wir ganz am Anfang dieses Weges stehen und das ängstigt schon auch.

Das wissen wir wohl auch beide und jeder merkt dem anderen an, dass er ängstlich ist, wenn wieder ein Kontakt mit der Familie ansteht. Natürlich sind wir in unterschiedlichen Positionen, aber ich denke, wir haben beide Angst vor dem, was nach solchen Kontakten eigentlich mit uns als Paar passiert.

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candle.
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Beitrag Fr., 20.10.2017, 15:32

Hallo Noctambule!

Ich habe deinen anderen Thread noch ganz gut in Erinnerung und auch, dass mit einem knappen Jahr die Beziehung eigentlich noch sehr frisch ist, auch wenn ihr euch vorher schon kanntet. Was hatte dich denn damals an der Frau so angezogen?

Ich habe nämlich manchmal den Eindruck hier beim Lesen als würde deine Partnerin sich lediglich über dich abarbeiten, aber Beziehung mit dir gar nicht leben. Und das scheint ja auch voll in dein Schema zu treffen mit deiner ganzen Unsicherheit. Ich würde eher sagen, dass diese Frau gar nicht zu dir paßt. Sie saugt dich irgendwie einfach aus. Ich will aber dringend anmerken, dass das nur mein Empfinden war beim Lesen!!!

Es macht mich einfach stutzig, wenn es da so viele "Beziehungsprobleme" zwischen euch gibt, die es irgendwie gar nicht geben kann in der kurzen Zeit oder anders: Du bist nur ein Stellvertreter für ihre sämtlichen "schädlichen" Familienangehörigen. Oder weiß du noch ganz klar was du überhaupt bist?
Ich rate dir da auch mal zu einer eigenen Therapie um deinen Selbstwert zu stärken.

Und was ihr Therapeut da zu dir/ über dich sagt, geht dann gar nicht und ist nicht seriös, wenn es denn so stimmt, was deine Freundin sagt, denn ich bin der Meinung, dass es auch Menschen gibt, die sich Sachen gerne so hinbiegen wie sie es verstehen wollen und Therapie an sich gar nicht "kapieren". Und das ist doch einfach auch nur fieses Verhalten sowas dann einfach über dir auszugießen ohne dabei darauf zu achten was es mit dir macht? Das gehört auch zu Partnerschaft, dass man gegenseitig etwas auf sich achtet.

Viele Grüsse!
candle
Now I know how the bunny runs! Bild

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Ophelia12
Forums-Gruftie
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Beitrag Sa., 21.10.2017, 09:37

Hallo Noctambule,

Ich glaube, auch wenn ihr erst am Anfang seid, dass ihr auf einen guten Weg seit.
Du scheinst einen Blick darauf und dafür zu haben was passieren kann, was es mit euch macht. Das ist schon viel.

Das schwierige ist, sich nicht nur äußerlich von schädigenden Familienangehörigen zu lösen, sondern auch innerlich. Es manchmal so, als ob sich ein Parasit (Vater..) ins Hirn festgebissen hätte, der dort sein Gift spuckt.

Alles Gute dir

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