Siezt oder duzt ihr euren Therapeuten/eure Therapeutin?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Pippi Langstrumpf
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Beitrag Mi., 03.06.2009, 21:19

SandyP. hat geschrieben: will ich ihn nicht als person wahrnehmen und anerkennen?
lasse ich ihn damit zu nah an mich heran?

ich habe keine befriedigenden antworten. du?
Mir fällt auch nur ein,was du da gerade erwähnst.
Jemanden mit dem Namen anzusprechen ist doch etwas sehr Intimes,finde ich.
Möglicherweise ist das das Problem

Lg Pippi
(...)und bräche nicht aus allen seinen Rändern
aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,
die dich nicht sieht. Du musst dein Leben ändern.

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Miss_Understood
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Beitrag Mi., 03.06.2009, 21:48

Hallo zusammen,

Zunächst zum eigentlichen Thema: ich käme so nicht wirklich auf die Idee, dass ich (m)eine offizielle TherapeutIn dutzen würde - ein Therapeut hat für mich mental den Status Arzt und ich duze keinen meiner Ärzte.

Das Siezen hinderte mich nicht daran, auch privateste Dinge anzusprechen und meine ehemalige Thera und ich redeten uns sogar recht oft mit dem Namen an - "Also Frau Schmidt ... " etc. etc.. Vielleicht war es bei mir aber auch so, dass ich von Anfang an das Gefühl hatte, ich habe meine Lieblingslehrerin vor mir. Was mich bei ihr auch wohl fühlen liess, war dass ihr es auch unglaublich gut gelang, genau zu spüren, wann es für mich wichtig war, mich direkt ich nenns jetzt mal "quasi"-per-du anzusprechen und dann war sie wirklich sehr kreativ darin, diese Sätze, die für mich wichtig waren in Zitate anderer Menschen zu verpacken so à la: "Also wenn dann Ihr Partner zu Ihnen kommt und sagt:"Du, (Vorname) - ...kannst du mal xyz" fühlt sich das dann an wie "Du bist nicht in Ordnung"?"

Zum Thema "Sie + Vorname" muss ich persönlich sagen, das find ich durchaus angenehm. Eine schöne Zwischenlösung der Anrede, die einige meiner ehemaligen Profs im Studium (was recht international war) eingeführt haben. Ich hätte nichts dagegen, wenn sich das in mehreren Feldern durchsetzen würde.

Als ich meiner Thera mal einen Brief schrieb, habe ich auch erst ein bischen überlegt, wie ich sie anreden soll - weil "Sehr geehrte Frau Schmidt" wäre mir viel zu förmlich vorgekommen - ich wählte dann eben "Liebe Frau Schmidt" und das war für mich auch stimmig.

Darüber hinaus habe ich bereits ein paar Mal Wochenenden zu verschiedenen Themen besucht, die von Therapeuten geleitet wurden, in solchem Gruppenworkshops duzt man sich eigentlich bisher immer. Die Leitung fragt zwar meistens am Anfang, wie die Teilnehmer gerne angesprochen werden möchten, habe bis jetzt aber auch noch niemanden erlebt, der dann sagte "lieber per Sie". Ok, da kann natürlich auch Gruppendruck eine Rolle spielen und ich fragte mich, wie man sich das als Leiter dann merken könnte, wenn ein drittel gesiezt und der Rest geduzt werden wollte.

Habe mich allerdings schon auch mal gefragt, wie es wäre, wenn ich dann bei einem der Theras mich entschliessen sollte eine Therapie zu machen. UND noch ein ähnlicher Fall beschäftigt mich: ich gehe ab und zu in ein Meditationszentrum und weiss von meinem Hausarzt, dass er dort auch ganz oft ist und ich bin ihm einmal über den Weg gelaufen bei einem Vortrag. Ich habe ihn nur begrüßt mit "Hallo Herr Wegner!" und es war mir schon etwas komisch und ich bildete mir ein, dass seine Begleitung auch irritiert guckte, weil "man" sich in diesem Kreis insbesondere einfach von Anfang an duzt. Andererseits - die meisten werden ja wissen, was dieser Mann für einen Beruf ausübt. Wiederum andererseits gibt das schon ein komisches Stimmungsbild, wenn sich per se alle duzen und nur zwei siezen ... Da ich gerade keine EtikettenexpertIn in meinem Freundeskreis habe: Wechselnde Anrede je nach Kontext, kann man das machen - oder was meint ihr? Kennt jemand so nen Fall?

Es gab auch mal eine Frau, die ich in einem Board zum Thema Naturheilmethoden kennenlernte, die mir dann ein Erstgespräch angeboten hatte. Im Board duzte ich sie erst, weil man in dem Board eben per du war. Als ich sie anrief, Siezte ich sie und bei dem Gespräch auch. Später traf ich sie bei einer Tanzveranstaltung wieder, dann sagte ich erst wieder "Sie" - etwas unsicher - Sie duzte mich dann und dann duzte ich auch wieder. Fand ich irgendwie auch ganz sympathisch, so eine fliessende Lösung. Wenn sich sowas durchsetzen würde, fände ich das gut. Wenn ich das richtig erinnere, reden sich zb ja auch Japaner unterschiedlich an je nach Kontext in dem sie sich gerade bewegen und wer noch gerade dabei ist - nur "gleichrangige", nur "Verwandte" oder gemischte Hierarchien .... Wie werden denn dort Therapeuten angesprochen? "Sensei" - Lehrer?

Herr Fellner - Sie Siezen hier in Ihrem Heimatboard ja auch alle SchreiberInnen - auch wenn das Internet ja überwiegend ein Duz-Raum ist - inwieweit ist das für Sie ein wichtiger Aspekt?

Neugieriger Gruß,
Miss_Understood *g
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Uhura
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Beitrag Mi., 03.06.2009, 21:57

SandyP. hat geschrieben: habe allerdings bemerkt, dass es für mich eine große überwindung darstellt, ihn mit Herr XY anzusprechen. Hab ich erst 1x geschafft.
Mir geht das genauso! Ich glaube, ich hab das auch nur einmal gemacht - als ich ihr auf den AB gesprochen habe. Sie macht das bei mir, soweit ich mich erinnern kann, auch nicht. Merkwürdig, nicht? Ob sie, bewusst oder unbewusst, in diesem Punkt mein "Verbalverhalten" spiegelt?
SandyP. hat geschrieben: im deutschen gibt es ja noch die unsägliche version zu siezen und dann den vornamen zu verwenden:
Ich find das irgendwie schick. Bin aber selbst so noch nie angesprochen worden (oder hab jemanden so angesprochen); ist in Süddeutschland aber auch nicht gebräuchlich, eher so ein Hamburger "Ding". Hab mal vom Altkanzler Helmut Schmidt gelesen, dass er diese Anredeform bevorzugt.

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Canonia
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Beiträge: 73

Beitrag Mi., 03.06.2009, 23:19

Wir siezen uns auch. Ich könnte sie nicht duzen, da habe ich zu viel Respekt vor ihr.
Soll jetzt aber nicht heißen, dass man keinen Respekt hat, wenn man jemanden duzt
Liebe Grüße
Canonia

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Hamna
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Beitrag Mi., 03.06.2009, 23:28

*seufz* Eigentlich wollte ich nichts dazu schreiben, weil ich das Thema auch schon in meinem Blog hatte.

Jetzt schreib ich aber doch, weil ich das Gefühl habe, das Thema wird bald oder ist sogar wieder aktuell.

Also, wir siezen uns auch, aber ich kann da zunehmend nicht gut mit umgehen, weil mich diese künstliche Distanz daran hindert, mich zu öffnen. Ich kenne meinen Therapeuten ja schon länger, die erste Therapie habe ich vor 14 Jahren angefangen, die zweite vor neun Jahren beendet. Damals hatte ich damit auch schon ein Problem, so dass die Therapie irgendwie stagnierte, denn ich konnte mich einfach nicht noch weiter einem Menschen gegenüber öffnen, zu dem ich andererseits so eine Distanz halten muss, und ich empfinde sie jetzt auch wieder als irgendwie "künstlich".

Würde mich interessieren, ob ihr das irgendwie trotzdem nachvollziehen könnt, obwohl ihr ja alle sagt, ihr bräuchtet diese Distanz zu euren Theras.

Liebe Grüße, Rilke

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Miss_Understood
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Beitrag Mi., 03.06.2009, 23:46

Liebe Rilke, da möcht ich noch was ergänzen - mir fällt ein bzw. auf, dass ich wohl auch gerade durch Therapie gelernt habe, dass ich eben /auch/ mit Menschen, die ich sietze "persönlich" umgehen kann. Vorher habe ich mich gegenüber Menschen, die ich Sietze so gut wie nie geöffnet. Sätze wie "Ach, wissen Sie Herr Meyer, ich fühle mich xyz ..." hätte ich vorher NIE gesagt.

Und mir ist bewusst geworden, dass der vielzitierte Respekt doch noch etwas anderes ist. Auch etwas anderes als Ehrfurcht, die man manchmal verwechselt. VOR meiner ersten Therapie wäre ich kaum auf die Idee gekommen, dass ich eben /auch/ mit Menschen, die ich Sietze über Gefühle sprechen die Befähigung habe.

Hm. Je länger ich drüber nachdenke, umso mehr komme ich zu der Frage: Wozu genau braucht es in einer mehr oder weniger gleichberechtigten Gesellschaft das "Sie" eigentlich (noch)? Hierarchie-Betonung? In bestimmten Branchen duzen sich die Menschen, nur dann nicht den Geschäftsführer, in anderen Berufen sietzen sich alle Jahrelang - es ist ziemlich kompliziert.

Ich hab ja zunächst gesagt: professionelle Distanz, wie eben bei Ärzten. Und ich rechne die Therapeuten auch dazu. Vermutlich WEIL die einen einem ja sehr nahe kommen, seelisch - ggf. körperlich und dazu brauchts einen Ausgleich um sich von einer Freundschafts- oder Partnerbeziehung zu unterscheiden. "Braucht" es das, diesen Unterschied, um das - sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite - das nicht zu verwechseln? Ist diese gefahr wirklich nur dann größer in der Anrede - oder ist das nicht eine Sache der persönlichen Abgrenzungsfähigkeit? Keine Ahnung ....

Ich lese gerade ein Buch über eine Frau, die eine Therapie macht in einer Klinik ("Bonding" als Körpertherapiemethode steht im Vordergrund) und dort sind alle per du und in dem Fall liest sich das für mich sehr stimmig.

Nachdenklicher Gruß,
die Miss.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Hamna
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Beitrag Do., 04.06.2009, 00:16

mir fällt ein bzw. auf, dass ich wohl auch gerade durch Therapie gelernt habe, dass ich eben /auch/ mit Menschen, die ich sietze "persönlich" umgehen kann
Ja, dann bist du da echt einen Schritt weiter als ich. Ich kann das eine bestimmte Zeit, und dann ist irgendwie Schluss, weiter "rein" lasse ich denjenigen dann nicht mehr.

Ich habe das gerade aktuell gemerkt, weil ich da was hätte, was ich eigentlich ehrlich mit ihm besprechen müsste und auch wollte, aber ich werde mich da morgen gnadenlos drumherum lügen. Und beim Lesen der Beiträge hier ist mir klar geworden, dass ich mit der Ehrlichkeit in dem Punkt nicht so das Problem hätte, wenn wir uns duzen würden. Definitiv nicht! Das war auch der Anstoss, dann doch hier zu posten.
Wozu genau braucht es in einer mehr oder weniger gleichberechtigten Gesellschaft das "Sie" eigentlich (noch)?
Das frage ich mich auch oft. Ich bin z. B. immer wieder negativ berührt, wenn andere Eltern aus der Klasse meiner Tochter mich siezen, da wir ja auch ungefähr alle in dem selben Alter sind. Ich finde es z. B. auch total lächerlich, dass der Herr Fellner - als einziger! - hier von allen gesiezt wird. Noch nie im Leben habe ich den Betreiber eines Forums siezen müssen! Das ist mMn irgendwie auch (falschverstandene und überflüssige) Ehrfurcht.

Ich arbeite in einem großen Konzern, und der Geschäftsführer ist ein Holländer Das Thema war hier ja schon - der dutzt alle, egal ob Niederlassungsleiter, Sekretärin oder Arbeiter, und selbstverständlich duzen ihn auch alle! Edit: obwohl sie untereinander, also in der Firmen-Hierarchie weit unter ihm, oft per "Sie" sind.
ist das nicht eine Sache der persönlichen Abgrenzungsfähigkeit?

Sehr schön gesagt!
Ich lese gerade ein Buch über eine Frau, die eine Therapie macht in einer Klinik ("Bonding" als Körpertherapiemethode steht im Vordergrund) und dort sind alle per du und in dem Fall liest sich das für mich sehr stimmig.
Ja, gerade aus der Körpertherapie kenne ich das aus der Literatur auch, dass geduzt wird, wo man doch meinen sollte, dass da Abgrenzung gerade nötig wäre. Und gerade beim Bonding, wenn ich das jetzt nicht verwechsle, wo man sich körperlich so nahe kommt, wird eben darauf verzichtet. Vielleicht, weil man sich sonst gar nicht darauf einlassen könnte, auf diese körperliche Nähe?

Schwierige Sache! Ich mag es aber auch in meiner Therapie nicht wieder zum Thema machen, das ging ja schon mal nach hinten los.

Liebe Grüße und Danke für deinen tollen Beitrag, liebe Miss!

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Messina
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Beiträge: 375

Beitrag Do., 04.06.2009, 07:00

Wir siezen uns auch.
Und ehrlich...ich hab auch lange drüber nachgedacht, ob mir das besser gefällt oder weniger...
Aber ich muss auch sagen: ich brauche diesen Abstand.
Für mich steht immer im Hinterkopf: er wird dafür bezahlt, gewöhn Dich nicht an Ihn, nach ein paar Stunden ist eh alles vorbei etc.
Sobald ich Du sagen würde, würde meine innerliche Grenze wahrscheinlich brechen und ich ihn "näher" an mich lassen. Und das wäre der Anfang vom Ende.
Wir können uns sehr gut unterhalten - manchmal wie zwei alte Freunde, manchmal neutral.
Er erzählt, ich erzähle.
Aber halt mit dem Hintergrund: er ist mein Therapeut - nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Er wird mich niemals enttäuschen - hoffe ich...

Nunja...viele Worte am Morgen *lächel*
Also - wir "siezen" uns

Wünsche Euch einen schönen Tag!
LG
Messina
Manchmal muss man einem Menschen den man liebt loslassen, damit er glücklich sein kann auch wenn man selbst daran zerbricht.

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royksopp
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sporadischer Gast
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Beiträge: 9

Beitrag Do., 04.06.2009, 07:02

hallo zusammen!
also meine therapeutin und iich duzen uns auch. das kam von ihr und es funktioniert sehr gut. also ich fühlmich nicht unwohl damit.
wir haben eine sehr gute beziehung, warm aber doch professionell!

lg an alle

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Wanda
sporadischer Gast
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Beiträge: 14

Beitrag Do., 04.06.2009, 09:28

Meiner hat mich nach ein paar Stunden gefragt, ob wir uns duzen wollen, was mich sehr erleichterte.
Es passte einfach.
Und ich weiß, dass das sein normales Vorgehen ist, und zu seinem therapeutischen Konzept dazugehört.
Er besitzt eine natürliche Autorität, und beherrscht die Balance zwischen sich zeigen und sich abgrenzen.
Für seine therapeutische Herangehensweise, wäre das Siezen hinderlich. Seine therapeutische "Kunst" besteht im besonderen daraus, das er mir auf einer Augenhöhe, sehr authentisch, freundschaftlich und glaubwürdig als Mensch und begegnet, und eben nicht mit dem typisch therapeutischen Habitus.
Das würde mich eher abschrecken.

Und ich bin eh keine Freundin vom "Siezen".

Er hat mir mit dem "DU" vermittelt, das er nicht nur mir, sondern auch "uns" vertraut. Und ich habe das mit der Zeit auch gelernt.

Und trotz all der "freundschaftlichen" Schwingungen, ist es klar, dass er mein Therapeut ist und wir ein "Arbeitsverhältniss" haben.


Man kann natürlich auch bei dem "DU" schrecklich entfernt bleiben ...

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elisa
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Beiträge: 137

Beitrag Do., 04.06.2009, 11:45

Rilke hat geschrieben: Ich finde es z. B. auch total lächerlich, dass der Herr Fellner - als einziger! - hier von allen gesiezt wird. Noch nie im Leben habe ich den Betreiber eines Forums siezen müssen! Das ist mMn irgendwie auch (falschverstandene und überflüssige) Ehrfurcht.
Finde ich gar nicht lächerlich. Herr Fellner siezt die Forumsteilnehmer, wenn er mal wo postet - da würds für mich gar nicht passen, per du zu antworten.

so long,
elisa

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Pippi Langstrumpf
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Beitrag Do., 04.06.2009, 12:33

Dieser Umgang ist manchmal auch je nach Schule anders.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele (Integrative)Gestalttherapeuten ihre Patienten/Klienten eher duzen und umgekehrt. Das entspricht wohl auch ihrem Menschen- und Weltbild und ihrer Philosophie.
Die Begegnung auf gleicher Augenhöhe, die dialogischen Prinzipien(im Sinne der Gleichwertigkeit) werden hier sehr stark betont.
Ich finde diese Gedanken schön,glaube aber, dass man einander auch auf gleicher Augenhöhe begegnen kann, wenn man einander siezt. Auch das stellt ein mehr oder weniger horizontales Verhältnis dar.
Ich persönlich halte es nicht für notwendig/möglich alle Hierarchien auszublenden.
Das Schüler/Lehrer-Verhältnis ist ja auch ein hierarchisches. Aber damit hatte ich nie ein Problem. Im Gegenteil halte ich diese natürliche Autorität eines guten Lehrers für etwas sehr wichtiges.
Wenn die Autorität ihre Grundlage in der Kompetenz des Lehrers hat und nicht auf Macht/Sadismus beruht.

Ähnlich ist es für mich in der Therapie.

Die nötige Distanz zueinander kann-in meine Augen- durch das Siezen besser aufrechterhalten werden. Ich denke aber, dass die Grenzen des Patienten auch eine große Rolle spielen. Wenn jemand seine Grenzen gut wahrnehmen kann, dann ist es für ihn/sie möglicherweise weniger problematisch, den Therapeuten mit "du" anzusprechen.
Mir ging es oft so, dass die Grenzen unklar wurden.
Ich wusste oft nicht mehr, wen ich vor mit hatte. Ist er ein Freund? Ein Vater? Ein Therapeut? Meine Gefühle haben mich diesbezüglich sehr verwirrt.

Die Grenzen wurden für mich unklar und so konnte ich nicht mehr weiterarbeiten.


Lg Pippi
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MissionImpossible
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Beiträge: 259

Beitrag Do., 04.06.2009, 13:03

Ich mag meine Therapeutin sehr und vertraue ihr. Trotzdem wäre es mir sehr unwohl, sie zu duzen, denn bei allem ist es wichtig nie zu vergessen, dass sie meine Therapeutin ist. Vielleicht findet sie mich auch sympathisch und mag mich, das wäre für den Therapieerfolg sicher nicht negativ, aber zu privat darf es nie werden. Ich würde sie auch nicht privat treffen wollen, das wäre mir unangenehm, weil ich instinktiv weiß, dass es falsch wäre.

Deswegen Siezen wir uns und das ist gut so.

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Anne1997
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Beiträge: 625

Beitrag Do., 04.06.2009, 13:11

@Pippi Langstrumpf: alle Gestalttherapeuten hier bei uns in der Gegend siezen ihre Klienten, auch mit Bubers (etc.) dialogischem Prinzip u.ä. gelagerten Grundannahmen. Und das passt vollkommen zum "Menschenbild" (es gibt auch hier kein einheitliches..... ). Eine grundlegende Philosophie hat auch die klinische Gestalttherapie nicht, ob integriert oder nicht. Sie fußt auf vielen komplexen Theorien und Annahmen, so wie die VT, PA, GT, ST etc. auch, je nach Zeit, Entwicklung und "Vordenkern".
In den Ausbildungsgruppen zum Psychotherapeuten für Gestalttherapie wird sich i.d.R. geduzt (soweit mir das bekannt ist).
Gleichwertigkeit im "Mensch sein" ja, Anerkennung der fachlichen Qualitäten als Therapeut(in) und damit eben auch ein gewisses Gefälle schließen sich da nicht aus.
Ich durfte das "Siezen" als sehr angenehm erfahren, ohne auf Nähe zu verzichten und mit der Erfahrung eines tiefen Respekts (auch hier wohl wechselseitig, hoffe ich doch). Vom Empfinden geht es mir hier ähnlich wie MissionImpossible.

@Rilke: das Siezen im Forum seitens des Forenbetreibers finde ich persönlich sinnvoll und auch ein Zeichen von Respekt und zwar auch wechselseitig / reziprok. Mir ist bewusst, dass dies auch mit dem "Du" genauso funktionieren würde.
Dennoch: er arbeitet als Therapeut (in Wien) und ist hier mit seinem Namen sehr präsent.
Und da ist eine gesunde, "berufspolitische" Distanz, denke ich, notwendig und wichtig,
sicherlich auch kulturell und gesellschaftlich bedingt.
Das hat nichts mit Ehrfurcht zu tun. Ehrfurcht kann man vor jedem, der hier offen und ehrlich mit sich und seinen Problemen ringt oder andere so spürbar mit seinem Schreiben und durch Aufmerksamkeit unterstützt (viele von uns durften dies hier schon erfahren), haben.

Herzliche Grüße
Anne

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Zack die Bohne
Forums-Insider
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weiblich/female, 45
Beiträge: 178

Beitrag Do., 04.06.2009, 14:42

Hallo!

also ich habe meine Pychologin immer gesiezt denn ich bin der Meinung etwas abstand sollte man sich schon vor behalten denn es ist ja nicht meine Freundin oder meine Schwester den als Patient will ich ja auch nicht das die /der pyschologe du zu mir sagt.
Manchmal würde ich gerne an meinen eigenen Grab stehen,nur um die Menschen die dort sind zu fragen,wo sie waren als ich noch gelebt habe.

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