TherapeutIn überzieht Stunden - wessen Verantwortung?

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sandrin
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Beitrag Fr., 03.02.2012, 15:41

Moni. hat geschrieben: In diesen Fällen sprach sie Deutungen aus. Und ich sollte assoziieren, was es bei mir auslöst, wenn meine Mitpatienten mir „meinen Platz streitig machen“. Also gerade so, als wenn sie am Geschehen der Stundenüberziehung unbeteiligt war. Das konnte ich dann nicht ernst nehmen.
Das hätte von meiner Analytikerin stammen können. Da wurde ALLES irgendwie thematisiert. "Wie geht es Ihnen damit, wenn..."

Wir haben ab und an mal 5 Minuten überzogen. Ich fand das nicht schlimm. Ich glaube auch nicht, dass es in deiner Verantwortung als Klient liegen soll. Warum soll man dir was vorwerfen? Man kann ja wohl kaum erwarten, dass du als Patient sagst, ihr müsstet jetzt aufhören, weil die Zeit um sei. Insofern, geht das schon klar.

LG Sandrin

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schmetterling.1983
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Beitrag Fr., 03.02.2012, 17:30

@Navi, das klingt als hätte es dir jmd vorgeworfen oder du würdest dies selbst tun, ist das der Fall?

Meine Meinung ist, dass der größere Teil der Verantwortung beim Therapeuten liegt, der Patient jedoch nicht vollkommen befreit ist. Meist hat man über die Gespräche doch ein ganz gutes Zeitgefühl entickelt und kann selbst ein wenig einschätzen ob man nun noch nach einer dreiviertel Stunde mit einem neuen schweren Thema anfängt.

Überziehungen gab es bei mir auch in kristischen Situationen, diese lagen jedoch immer im Minutenbereich und ich bin bisher nur einmal dem Folgepatienten begegnet. Ich stelle mir vor, dass meine Therapeutin das bei allen ihren Patienten tut, weil es ihr wichtig ist, dass sie einermaßen stabil raus gehen können.
Beim Stundenende achte ich mittlerweile eher darauf die letzten Minuten frei zu halten, weil ich gern mit einem angenehmen Situation (nicht gerade vom heftigen Streit mit jmd sprechen und dann Tschüß sagen..) raus gehe und manchmal etwas länger dafür brauche um mich wieder in die "normale Welt" zu bekommen. Ich versuche das zwar mit der Zeitverantwortung abzugeben, aber einerseits brauche ich selbst irgendwie die Kontrolle und andererseits merke ich wie Sie selbst die Zeit ab und an vergisst und das ist mir zu unsicher. Ein schlechtes Gefühl habe ich dann nämlich auch, mehr ein schlechtes Gewissen, weil ich mir denke, dass SIe wegen mir dann nicht mal mehr 5 min. Pause hat.
Ansonsten kenne ich die Situation von Mary-Lou, dass noch mal ein abschließendes Bild von ihr gegeben wird. Ich finde das sehr beruhigend, weil es irgendwie ordnet und ich hatte lange Zeit und manchmal noch immer mit Gedankencaos zu kämpfen.

Wenn jedoch so heftig überzogen wird wie bei dir Moni, finde ich, dass tatsächlich ein ernsthaftes Gespräch statt finden muss.
Schön ist eigentlich alles, wenn man es mit Liebe betrachtet.
Christian Morgenstern

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carö
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Beitrag Fr., 03.02.2012, 17:50

Moni. hat geschrieben:Ja, ich hab's angesprochen... die Reaktion ermutigte nicht zu weiteren Versuchen. Ansonsten, wie in meinem ersten Beitrag beschrieben (künstlich auf die Übertragungsebene gezogen). Und carö, ehrlich gesagt, waren mir die Themen IN meinen 50 Minuten noch wichtiger. Da gab es genug Stoff.
das ist sehr bedauerlich, dass du nicht ermutigt wurdest, das zu thematisieren. finde schon, dass es sehr wichtig ist, etwas zu thematisieren, was einen dazu bringt, sich nicht wichtig genommen zu fühlen bzw. weniger wert zu fühlen als andere. ich bezweifle, dass man so überhaupt halbwegs gut zusammenarbeiten kann... deswegen finde ich, dass solche sachen, egal was der anlass ist, immer und immer wieder im mittelpunkt stehen müssen... wobei ich jetzt natürlich nur von mir ausgehen kann... so empfinde ich das halt. ich konnte mich arbeitsmäßig nur einlassen, wenn das grundvertrauen hergestellt war. notfalls war dann eben die herstellung des vertrauen das hauptthema... aber ok, ich geh da jetzt zu sehr von mir aus, ist vermutlich auch bei jedem anders.

aber das war sicher keine besonders gute erfahrung für dich

LG
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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heissundkalt
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 12:51

Ich bin ziemlich verwundert, dass anscheinend bei so vielen von euch Stunden überzogen werden...

Ich sehe die Uhr nicht, sie steht für mich sichtbar, nur verkehrt herum auf dem Tisch und meine Therapeutin beendet die Stunde manchmal verbalr mit "Unsere Zeit ist leider um" o.ä. oder aber ich merke schon an ihrer Körperhaltung bzw an nonverbalem Verhalten, dass die 50Min wohl vorbei sind. Meistens fasst sie noch etwas zusammen und oft endet es auch damit, dass wir einen Termin für die nächste Woche ausmachen oder, wenn es derselbei ist, wie jede Woche, dass sie das nochmal kurz andeutet, das finde ich auch immer sehr beruhigend, da ich dann sofort im Kopf habe, dass es dann und dann weiter geht
Andere Patienten treffe ich NIE. Und ich bin seit Anfanf 2009 in Therapie. Mir wude vor der ersten Probesitzung gesagt, dass man immer auf Punkt kommen sollte, da sie 10 Min vor Beginn eventuell auch noch m Telefon ist ect und nocht öffnen kann. Ganz selten musste ich dann mal 1-2 Minuten, nie länger, warten, weil sie noch was erledigen musste (also telefonieren oder so). Und einmal hat eine neue Patientin mitten in meiner Stunde geklingelt (vll 10/15 min vor Ende) und darauf die wunderbare und faire Antwort der Therapeutin: "Da mache ich jetzt nicht auf."
Das ist nur fair - ich komme ja auch nicht 10 Minuten früher.
Ich muss sagen, ich mag diese Regelung, auch wenn ich jedes Mal (!) mindestens 10 Minuten zu früh vor der Tür stehe und nochmal um den Block laufe. Aber ich weiss, dass es jedem so geht und bei keinem ewig überzogen wird. Bei mir waren es vll mal 2 Minuten. Aber allermeistens wird 10 Minuten zur vollen Stunde beendet.
Und das liegt natürlich erst in ihrer Verantwortung. Da ich aber eher ein Problem habe zu nehmen, was mir zusteht, bin ich nicht der Typ, der dann versucht die Stunde hinauszuzögern. DANN läge es natürlich auch in der Mitverantwortung des Patienten, wobei es wieder darauf ankäme, wie der Therapeut darauf reagiert.
Ich weiss aber, dass ich sehr anhänglich sein kann (ich weiss das beisst sich mit oben gesagtem) und finde es gut, dass eine Überziehung nicht zur Debatte steht.

lg h&k
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Moni.
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 19:52

carö hat geschrieben: das ist sehr bedauerlich, dass du nicht ermutigt wurdest, das zu thematisieren. finde schon, dass es sehr wichtig ist
carö, ich stimme dir doch zu. Nun, es gab die Standardreaktionen: a) leugnen bzw. „Ich kann mich nicht erinnern“, b) zynische Kommentare: „Ja ja , die Welt ist schlecht“, c) Übertragungsdeutungen (Mitpatienten würden mir meinen Platz streitig machen – in Richtung analytischer Geschwisterrivalität) oder d) schweigen

... alles nicht so recht für eine Klärung geeignet.


(Ich weiß, ich hätte gehen müssen. )


leberblümchen
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 19:58

Wie, die hat zu dir gesagt: "Ja, ja, die Welt ist schlecht", wenn sie einen Fehler gemacht hat? Na, super. Ich stelle mir das ganz grausam vor. Vielleicht bin ich da zu empfindlich, aber ich glaube, ich könnte so einen Spruch von meinem Therapeuten nicht ertragen.

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Moni.
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 20:22

Es war grausam.

Nach dieser Analyse ging es mir schlecht. Ich habe anschließend für 3 Jahre nichts mehr fühlen können, einfach alle Gefühle weg – eingefroren. Zuvor hatte ich eine lebendige Persönlichkeit.

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carö
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 20:50

@Moni.
sorry ich hatte dich dann falsch verstanden.

dass du hättest gehen müssen .. naja ... ich bin da inzwischen nicht mehr so rigoros mit diesem hätte-sollen-müssen-ding... es ging halt nicht. wichtig ist doch, dass du inzwischen vermutlich besser auf dein gefühl achten kannst und eher als früher weisst, was du dir wünschst und brauchst ...

mir hat meine erste therapie insofern auch etwas gebracht (auch wenn sie sonst nichts gebracht hat). ich habe mir damals vorgenommen, nie mehr so blind durch die gegend zu laufen und mich herumschieben zu lassen - so unendlich brav zu sein... zwar war ich erstmal ne ganze weile weiter recht "blind", das war teil meines problems, aber ich war im gegensatz zum ersten mal nicht mehr so duldsam.. im gegenteil, es war ein wenig so.. als hätte sie sie losgelassen
mir war das zeitweise echt peinlich, wie ich mich da aufgeführt habe...kindisch, nervig, tobend.. heulend... bäääh... und natürlich habe ich mir selbst auch ordentlich wehgetan damit. aaaber... inzwischen glaube ich, dass es gut für mich war, nicht hinterm berg zu halten mit meinen gefühlen... ich KONNTE auch gar nicht anders und sicherlich war das auch dem umstand geschuldet, dass ich immer und immer wieder sehr ermutigt wurde, mich auch entsprechend zu trauen... und wenn ich mich "gemaßregelt" fühlte (betonung liegt auf fühlte, nicht dass ich das tatsächlich wurde), dann bin ich erst recht weiter ausgeflippt... die ersten jahre (uff) waren sehr bewegt in meiner analyse... mir war anfangs gar nicht bewusst, dass ICH es war, die so ein enormes auf und ab produziert hat, habe aber gleichzeitig eine stabilität und sicherheit empfunden, wie noch nie zuvor in meinem leben... vielleicht konnte ich es erst da wagen so "durchzudrehen", denn sonst musste ich immer "brav" funktionieren. vielleicht hätte ein anderer längst hingeschmissen mit mir - es war manchmal echt an der grenze, ich hatte aber das glück, dass es da vermutlich eine gute passung gab... es immer wieder neu miteinander zu versuchen... ich muss sagen, ICH habe auch viel ausgehalten und mitgemacht, genauso wie mein analytiker. aber ich hatte IMMER dieses gefühl im bauch, bei allen missverständnissen, allen manchmal auch ätzenden und ablehnenswerten und idiotischen übertragungsdeutungen, dass es stimmig ist, was wir zusammen machen... zweifel natürlich inklusive... es ist vermutlich nie wirklich sicher festzustellen, wann hätte man gehen sollen-müssen, wann ist es gut zu bleiben.
ich glaube, wenn es nicht immer wieder momente der annäherung und des sich verstanden-fühlens gibt und natürlich auch positive auswirkungen dessen im RL (und seien sie noch so klein) und die therapie sich über weite strecken kalt und leer anfühlt, dann wird es vermutlich zeit...


joa, sorry falls total OT... ich denke da auch für mich so darüber nach immer wieder ...

liebe grüße
carö
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leberblümchen
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 21:24

Carö, wenn du ein Buch über deine Analyse schreiben würdest - ich würde es kaufen

Ich vermute, dass letztendlich viele (die meisten?) Patienten solche Sorgen und Gedanken haben und sich immer fragen: "Was passiert hier eigentlich mit mir / mit uns"? Mich selbst macht das auch ganz 'wuschig'. Wenn man dann liest, dass es anderen Leuten auch so ging, dass Tränen liefen und Fetzen geflogen sind (dass es auch warme, schöne Stunden gibt, ist natürlich richtig, aber über die sorgt man sich ja nicht ), dann fühle ich zumindest mich gleich viel sortierter.

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carö
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 21:51

@titus höm
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stern
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 22:38

carö hat geschrieben:@titus höm
Ich würde auch ein Exemplar ordern .
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

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Osa
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Beitrag Sa., 04.02.2012, 22:51

stern hat geschrieben:
carö hat geschrieben:@titus höm
Ich würde auch ein Exemplar ordern .
Ich hätte dann auch gern eins

Ich finde es ganz toll, wie du über deine Analyse schreibst - das macht Mut! Und weckt vor allem die Neugier auf eine eigene Analyse

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