Wie geht Multikulti miteinander?

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hawi
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Wie geht Multikulti miteinander?

Beitrag Mi., 01.09.2010, 09:30

Auch wegen der Diskussion im Thread „Warum nur verherrliche ich die Nazi-Zeit?“:

Burkaverbote, Al Kaida Ängste, aktuelle Politikerthesen, Fachkräftemangel, Integrationsregeln, soziale Missstände, bis hin zum Forschungsstand zu genetischen Unterschieden versus alltäglichem Rassismus, ein buntes Wirrwarr aus für und wider, rechts und links, Toleranz/Intoleranz.

So bunt, dass ich selbst nur weiß, dass ich fast nichts weiß, mich schwer tue, auch nur eine Einstellung für mich zu finden, die nicht allzu widersprüchlich ist.

Eins meine ich zu wissen: Es ist mir nicht gleichgültig! Aber …
Wie weit darf, muss Toleranz gelten und an welchem Punkt muss sie enden, sollten kulturellen, religiösen, sprachlichen Unterschieden Grenzen gezogen werden.

Ganz ohne etwas, das überhaupt das Miteinander möglich macht?

Mir missfällt jedenfalls bereits jetzt, dass Multikulti oft wenig miteinander, dafür sehr viel nebeneinander und oft auch gegeneinander ist.

Womöglich als Thema zu weit gefasst?! Aber genau da schwimme ich halt schon, schaffe es kaum, zu fokussieren.

hawi
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Katzenauge
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 10:06

So weit, wie bei allen anderen Dingen auch - solange nicht die Rechte anderer verletzt werden.

Ich finde das eine recht simple, allgemein gültige Regel.

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hawi
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 10:41

Katzenauge hat geschrieben:So weit, wie bei allen anderen Dingen auch - solange nicht die Rechte anderer verletzt werden.

Ich finde das eine recht simple, allgemein gültige Regel.
Hmm! Reicht das, um zu einem Miteinander zu kommen? Und welche Rechte eigentlich? Nur die, die auf dem Papier stehen?

Nur mal als Beispiel: die Sprache! Jemand der eine andere als ich spricht, verletzt mich nicht!
Und dennoch, das Miteinander scheitert schon daran, überhaupt miteinander kommunizieren zu können!

Und z.B. eine Burka. Mich verletzt sie nicht, andere wohl auch nicht, aber womöglich die Trägerin, einfach weil sie als Person, Persönlichkeit quasi nicht vorhanden ist. Und einfach auch so auffällig ist, dass ein „normales Miteinander“ mit ihr erstens kaum möglich ist und ja wohl auch nicht gewollt.

Ich glaube, nur das, was schon da ist, reicht nicht, um zu einem wirklichen Miteinander zu kommen! Aber vieles, was dann gefordert wird, wird wiederum als unzulässig gesehen, als Intoleranz.
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frozen rabbit
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 11:19

Multikulti funktioniert in einem bürokratischen Staat nicht.

Nehmen wir einfach das Schulessen. Der sekulare Schüler hat zwar Vorlieben, aber keine strikten Regeln. Dem muslimischen Schüler setzt man dagegen ein Essen ohne Schwein vor. Der hinduistische Schüler will vegetarisch oder zumindest nichts aus Kuh. Kommen noch zwei andere Kulturen mit bestimmten Essregeln dazu, haben wir entweder 5 verschiedene Mahlzeiten, die für Schüler hergerichtet werden müssen, oder einen langweiligen Brei. Das kann nicht funktionieren. Das würde darauf hinauslaufen, dass Eltern ihren Schülern kaltes Essen mitgeben, womit wiederum eine parallele Essensgesellschaft entsteht, oder die Eltern schon vorher die Schule nach deren Essensplan aussuchen. Dann haben wir zwischen Schulen Parallelgesellschaften.

Ähnliches mit Geschlechtertrennung. Es wird darauf hingewiesen, dass diese eh nur im Gebetshaus stattfindet, aber was, wenn die ersten Gläubigen in Zügen oder Bussen sich beschweren, dass sich zu ihnen jemand vom anderen Geschlecht dazugesetzt hat und man sich wegsetzen soll, obwohl das der einzige freie Sitzplatz ist?

Ist dann funktionierendes Multikulti, dass man aufsteht oder dass der andere voller Wut akzeptieren muss, dass man sitzen bleibt?

Verschiedene kleinere unterschiedliche Vorlieben halte ich nicht für Multikulti. Rapidler und Austrianer verstehen sich im Stadion auch nicht, würde mich bei schwingenden Fahnen in Zügen auch nicht dazu setzen, trotzdem kommen sie im Privatleben gut aus.

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hawi
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 12:26

@frozen rabbit

Verschieden Kulturen in einem Staat, das gab es, gibt es, wird es immer geben. So gesehen ist multikulturell nicht neu uns nichts besonderes. Auch die Konflikte, die daraus resultieren haben Geschichte.
Das Stichwort ist vor allem „Parallelgesellschaften“. Und soweit mir bekannt, ging so was nie gut, vieles endete arg übel, ja verheerend.

Grad das ist ja das, was mich rätseln lässt, suchen lässt.

Wie lässt sich Hass, Ausgrenzung, verhindern, wie geht integrieren.
Und wie geht, auch vor historischem Hintergrund, überhaupt inhaltliche Auseinandersetzung, ohne sie gleich mit Schlagworten, Plattitüden, zu Nichte zu machen. Fremdenhass, Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, das kommt von der einen Seite, Überfremdung, populistische Ausgrenzung bestimmter Gruppen oder gleich von allem Fremden von der anderen Seite.

Etwas, das sich mit den Realitäten wirklich auseinandersetzt, ohne zu polemisieren oder zu idealisieren und eben gangbare Wege zum Miteinander aufzeigt, so was fehlt mir.
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Schneekugel
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 13:02

Also generell werden teilweise Probleme erst seit dem 11. September gemacht. Bis dahin hat sich niemand daran gestört, wenn ein paar Mädels statt schwimmen zu gehen lieber beim ohnehin stattfindenden Ersatzunterricht teilnehmen und um die Schwimhalle rumlaufen. Auch ohne muslimischen Glauben gabs bei uns genugs Mädels die einfach net schwimmen wollten. Man braucht auch keinen Buddhismus um Vegetarier zu sein, haben ich und genug andere von 1995-2000 problemlos ohne jedwede Religion geschafft. Auch muslimische Schüler gabs zuvor schon an meiner HTL. Die glorreiche Lösung fürs Essenproblem hat so ausgesehen, dass du dir am Essenplan vorher angeschaut hast was es gibt und dann hast du vorne bei der Ausgabe einfach um das gebeten was du essen willst. Und wenn es 2 Schnitzel waren halt 2 Schnitzel und wenn du lieber mehr Gemüse und Nudeln hast anstelle dem Schnitzel eben Gemüse und Nudeln. In 5 Jahren bin ich kein einziges Mal ohne Essen aus der Schulkantine rausgegangen, nachdem bei vegetarischem Essen auch kein Schwein oder Rind vorkommt hat sich das somit auch erledigt ohne irgendeine einzige Extrawurscht für irgendwen zu braten oder zusätzlichem Aufwand. Meist gibts sowieso Hühnchen in Schulen, einfach weils das billigste Fleisch ist.

In Österreich gibts im öffentlichem Raum abgesehen von Sanitäranlagen keine Geschlechtertrennung. Wer damit nicht umgehen kann, muss den öffentlichen Raum halt meiden. Das ist genauso wie mit Leuten die es nicht aushalten wenn Kinder spielen. Kinder sind Teil der Gesellschaft und wer mit kindlichem Verhalten nicht klarkommt muss sich halt von der Gesellschaft fernhalten oder an sich arbeiten. Das ist dann zwar kein funktionierendes Multikulti, aber es ist ein funktionierendes Ignorieren von Personen die an einem funktionierendem Multikulti kein Interesse haben.

Zum Privatleben von Austrianern und Rapidlern, wegen der violetten Vignette haben einige Rapidler aus Trotz die Vignette verkehrt herum auf ihr Auto geklebt. Nicht wenige der nun als Rapidfans zugehörig erkennbaren Autos wurden daraufhin beschädigt.

Ich find überhaupt nichts intolerantes daran, sich zu wünschen, dass die Einwohner eines Landes auch eine verbindende Sprache sprechen. Ich weiss nur net wie das funktionieren soll, wenn bestimmte Parteien zwar wollen, dass Leute binnen eines Jahres perfekt die Sprache sprechen (was bei Erwachsenen nie möglich sein wird), ihnen gleichzeitig möglichst Geld geben wollen und sich andererseits wieder darüber aufregen wenn von anderen Seiten mit öffentlichen Geldern geförderte Kurse für den Spracherwerb angeboten werden. Na ich mein wie jetzt? Soll Harry Potter kommen und den Zauberstab schwingen oder aus welchem Märchenland soll die Kenntnis der deutschen Sprache kommen? Wenn wir wollen, dass Leute deutsch lernen, dann muss man auch für diese Leute erschwingliche Deutschkurse anbieten. Wenn ich Apfelkuchen backen will, muss ich halt Äpfel besorgen.

Ansonsten weniger nach Problemen suchen und einfach bei irgendwelchen Fakten bleiben. Oft stören sich Menschen ja nur an vielen Dingen aus Gründen die sie selber erst hineininterpretieren.

Und klar ist Multikulti funktionierendes Nebeneinander. Ein Miteinander hab ich mit meinem Freundeskreis. Neben jedem anderem lebe ich neben ihm her. Egal woher der ist.

Etwas woran wir gerade arbeiten sind unsere eigenen Problemkinder. Wir schaffen gerade durch die diversen Bildungskürzungen eine Generation ohne Bildung die uns dann auf der Tasche liegen wird. Multikulti brauchts dafür nicht, die Kevins und Tschakellinnen aus dem Nachmittagsfernsehen haben wir auch ganz ohne Unterstützung versumpern lassen.

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frozen rabbit
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 13:48

Die von Schneekugel beschriebene Ansicht ist der praktische Weg, den auch ich befürworte. Sind Eltern nicht mit der Auswahl des Schulessen zufrieden und finden die Reste (Gemüse) nicht gut genug, weil 2x Schnitzel angeboten wurde, tritt der juristische Weg in Kraft.

@hawi:
Früher war die gesellschaftliche Situation eine andere. Kleinere Bevölkerung, zersiedelte Bevölkerung (vor kurzem gab es die Wende, dass 50% der Weltbevölkerung in Städten lebt), die meisten waren in der Landwirtschaft tätig (heute nur mehr weniger als 3-5%), da arbeiteten nicht Angehörige verschiedener Kulturen Schreibtisch an Schreibtisch. Zudem lebte in Städten vorwiegend die liberalere Gesellschaftsschicht, die mit "Fremden" aufgrund des Handels regelmäßigen Kontakt hatte.

Da hatte ja schon China als Vorsorge gegen soziale Unruhen durch zu schnellen Zuzug die Idee, Genehmigungen fürs Leben in der Stadt an Landbewohner zu vergeben, wo Stadtbewohner keinen Landbesitz haben durften und Landwohner Landbesitz haben, aber nicht in der Stadt arbeiten durften.

Integration wird eine Jahrhundertaufgabe sein und das in allen Ländern der Welt. Man wird auch hoffen müssen, dass nach Vollendung die Nationalisten langsam aber doch alt wurden und ausgestorben sind. In den USA muss man ja auch warten, bis die letzten reichen alten Republikaner von dannen gehen, bis es wieder größeren Fortschritt geben kann.

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hawi
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 14:05

Hallo Schneekugel,

der 11. September, hat er erst Probleme gemacht? Ich finde, er hat manches noch mal zugespitzt.
Aber ich merk grad vor allem, dass ich als jemand, der vor allem in Bremen und Berlin gelebt hat, irgendwas in Österreich konkret gar nicht beurteilen kann.
Vor allem aus Berlin habe ich halt anderes erlebt. Etwas, das ich fast wie eine Ghettoisierung empfunden habe. Bezirke, Wohngegenden mit Bewohnern, die überwiegend türkische Wurzeln haben, hatten. Gegenden, mit sehr hoher Arbeitslosigkeit, niedrigem Bildungsniveau und hoher Kriminalitätsrate. Gegenden, die sozialen Sprengstoff enthielten, enthalten.

Ein Sprengstoff, Resultat aus etwas, dass ich selbst fehlende aktive Integrationspolitik nennen würde. Das Resultat, wenn niemand sich aktiv um Integration bemüht. Einerseits dabei hilft, andererseits aber wohl auch fordert, einfordert. Ich würde das, auch was ich heute immer noch sehe und höre, vor allem als Gleichgültigkeit sehen. Einfach eine ganze Gruppe allein da stehen lassen. Ihr einerseits kaum Türen öffnen, ihr andererseits aber auch deshalb gar nicht erst sagen, was denn nun erwartet wird. Bzw. fälschlich erwarten, die gehen schon wieder.

Auch da gibt es noch Ausnahmen. Ein Teil ist mittlerweile ja durchaus integriert, aber nach meinem Empfinden ist das dann so Multikulti gar nicht mehr.
Aber da, wo die Integration auch nach fast einem halben Jahrhundert nicht geklappt hat, da häufen sich Probleme, wächst nach meinem Empfinden das Gegeneinander von Kulturen eher, als das Miteinander.

Und das was ich da selbst sehe, ist sicherlich auch etwas, dass insgesamt mit sozialen Schieflagen zu tun hat, mit Armut. Nur dass davon halt grad die Nationalitäten, Kulturen, an die ich denke, überproportional betroffen sind, also in gewisser Weise doppelt getroffen sind, arm + fremd.

hawi
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hawi
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 14:18

frozen rabbit hat geschrieben: In den USA muss man ja auch warten, bis die letzten reichen alten Republikaner von dannen gehen, bis es wieder größeren Fortschritt geben kann.
Die sich dort grad erst aufschwingende „Tea Party“ Bewegung sieht mir eher nach etwas aus, das nicht grad hoffen lässt.
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Hamna
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 14:36

Etwas, das ich fast wie eine Ghettoisierung empfunden habe. Bezirke, Wohngegenden mit Bewohnern, die überwiegend türkische Wurzeln haben, hatten. Gegenden, mit sehr hoher Arbeitslosigkeit, niedrigem Bildungsniveau und hoher Kriminalitätsrate. Gegenden, die sozialen Sprengstoff enthielten, enthalten.
Haben wir das nicht mittlerweile in jeder Stadt? Sogar mehrfach, also in verschiedenen Stadtteilen, wenn man z. B. an Bremen denkt?

Und gab es diese "Ghettos" nicht schon immer, nur dass früher vielleicht der Ausländeranteil nicht so hoch war wie heute, aber Gegenden mit Sozialbauwohnungen, niedrigem Bildungsstand und hoher Arbeitslosigkeit hat's doch immer schon gegeben. Ich denke nur auch, dass sich das aufgrund der Wohnungspreise nicht verhindern lässt, es wird diese "armen" Stadteile immer geben. Inwieweit die dort lebenden Menschen miteinander umgehen und Ausländer dort integriert sind, entzieht sich aber leider meiner Kenntnis.

Vielleicht muss man auch anders herum fragen - inwieweit sind die dort lebenden Deutschen integriert, denn soweit ich weiß, ist der Ausländeranteil da tatsächlich höher als der Anteil der Deutschen, zumindest in einigen Wohngebieten. Würde mich wirklich interessieren, wie dort so miteinander umgegangen wird, ob da die Deutschen auch über "Überfremdung" lamentieren und sich über das sich verändernde Stadtbild mit vielen ausländischen Geschäften klagen, als würde der Anblick ihre Augen beleidigen.

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Beitrag Mi., 01.09.2010, 15:38

Rilke hat geschrieben: Würde mich wirklich interessieren, wie dort so miteinander umgegangen wird, ob da die Deutschen auch über "Überfremdung" lamentieren und sich über das sich verändernde Stadtbild mit vielen ausländischen Geschäften klagen, als würde der Anblick ihre Augen beleidigen.
Etwas ganz Aussagekräftiges kenne ich selbst auch, würde mich selber auch interessieren.
Aus eigener Anschauung, eigenem Gefühl heraus:
1. Als es in meiner Bremer Wohngegend noch wenige Ausländer gab, habe ich mehr „Alltagsrassismus“, pauschale Abwertungen gehört, auch gespürt, als jetzt mit wohl knapp 40%igem Anteil an Bewohnern mit vor allem türkisch/kurdischem Kulturhintergrund.
2. In Bremen erlebe ich Ausgrenzung/Abgrenzung der Kulturen weniger stark, als das in Berlin der Fall war.
3. Wenn lamentiert wird, dann noch am wenigsten über Geschäfte u.ä., eher über Schulen, grad Grundschulen mit vielen „Fremden“, die der Bildung „deutscher Kinder“ im Weg stehen, aber auch einfach über z.B. Musik, die Art, die Lautstärke und Schuldzuweisungen, „wegen der Türken“ hätten Deutsche kein Arbeit, all das habe ich gehört, erlebt, grad bei Leuten aus eben recht „kleinen Verhältnissen“.
4. In unterschiedlicher Geschwindigkeit, aber das scheint allgemein Realität zu sein, die Menschen stimmen mit den Füßen ab, sprich, wer kann, zieht eben einfach in eine bessere Gegend. Das mag dann nicht allein an kulturellen Gegensätzen liegen, aber ein Grund ist es wohl. Zurück bleiben Probleme, viele und halt grad auch für die vielen aus anderen Kulturen. Das ist eindeutig schlimmer geworden, auch wenn es schon immer da war. Wer in gewissen Gegenden wohnt, hat schon dadurch einen argen Makel. Umgekehrt, auch wenn es noch nicht richtig „rassistisch“ ist, dass jemand einfach nur deshalb nichts taugen kann, weil er falsch wohnt, ist auch eine Barriere, von der ich meine, sie wird höher, nicht niedriger.
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frozen rabbit
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 15:49

hawi hat geschrieben:
frozen rabbit hat geschrieben: In den USA muss man ja auch warten, bis die letzten reichen alten Republikaner von dannen gehen, bis es wieder größeren Fortschritt geben kann.
Die sich dort grad erst aufschwingende „Tea Party“ Bewegung sieht mir eher nach etwas aus, das nicht grad hoffen lässt.
Die von Werbung und ihren Aktionären abhängigen Medien trauen sich leider oft nicht die Wahrheit über solche Bewegungen zu berichten, dass nämlich öfters mal Multimillionäre oder sogar Milliardäre als Finanziers dienen. Z.B. der New Yorker hat aktuell einen Artikel über die Kochs, zwei von vielen Finanziers der Tea Party.


Hamna
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 15:58

Wer in gewissen Gegenden wohnt, hat schon dadurch einen argen Makel. Umgekehrt, auch wenn es noch nicht richtig „rassistisch“ ist, dass jemand einfach nur deshalb nichts taugen kann, weil er falsch wohnt, ist auch eine Barriere, von der ich meine, sie wird höher, nicht niedriger.
Stimmt, gerade bei Bewerbungen ist die falsche Adresse hinderlich, oder bei Kreditanträgen.

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hawi
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Beitrag Do., 02.09.2010, 09:35

Auch weil es grad in Deutschland in Sachen „Sarrazins Thesen“ weiter hoch her geht, es einerseits leider mehr Demagogie von links, von rechts und auch von der einen und der anderen Kultur ist, aber allein die Aufregung, das Ausmaß der Diskussion zeigt, dass da was nicht in Ordnung ist, ein paar meiner Gedanken dazu:

Eigentlich ists doch ganz einfach, denn egal wer da grad mit welcher Kultur und Ansicht rumläuft, evolutionstechnisch sind alle ein Volk, stammen wir alle aus Afrika.

Erst ne Ecke später wird es multikulti in „Deutschland“ Bin in so was nicht grad bewandert, aber irgendwann hab ich schon gelernt, dass Völker wanderten. Deutsch ist danach eher ein Multikulti-Sammelwort für Germanen, Slawen, Hunnen, Kelten, etc.

Schon die Betrachtung ist also eine Frage des Blickwinkels.
Und so betrachtet sollte eigentlich jedem bewusst sein, dass wohl alle, die da grad miteinander und gegeneinander reden, Nachfahren von Stämmen, Ethnien sind, die integriert wurden

Auch und grad die Sarrazins, die schon dem Namen nach nicht grad germanisch klingen und nach dem, was ich lese, wohl erst als Sabäer im heutigen Jemen lebten, erst semitischen Glaubens, dann muslimischen, die bis nach Frankreich gelangten, sich dort mit den protestantischen Hugenotten mischten, die dann wiederum glaubensvertrieben in Preußen landeten. Also in gewisser Weise eine echte Opfer/Täter Geschichte. Und womöglich grad bei diesem Mann paradox in der heutigen Meinung, da ja einiges dafür spricht, dass grad er genau die Gene besitzt, die ihm anscheinend an anderen in Deutschland nicht gefallen.

Mehr Gedanken vielleicht später.
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Beitrag Do., 02.09.2010, 10:43

Vor dem Hintergrund frage ich mich vor allem, wie es eigentlich überall und immer wieder zu ja zum Teil völlig abstrusen Situationen kommt, in denen das Gegeneinander betont wird und nicht das Miteinander. Nicht nur in Sachen Integration. Wenn schon genetisch nach was gesucht wird, warum dann nicht in diese Richtung suchen, nach dem Urgen, wenn das denn gibt, das uns so konfliktfreudig sein lässt, seit Urzeiten.

Was tolles dazu? Ich habe nur eine Studie für Deutschland 2005 gefunden, wonach nur 37% der der Deutschen folgende Aussage ablehnt: „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet.“

Natürlich nur meine Meinung, aber ich denke, da haben sich die Menschen seit Jahrhunderten kaum verändert und ich glaube auch nicht daran, dass es ein deutsches Phänomen ist, sondern halte es für ein weltweites.
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