Wie lernt man schwach zu sein?

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Chantall
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Wie lernt man schwach zu sein?

Beitrag Mo., 28.05.2012, 15:10

…da ich ja eh schon am Boden bin und erstmals in meinem Leben nicht mehr die Kraft habe für andere stark zu sein, frage ich mich wie man es lernt auch mal schwach zu sein.
Es ist gerade eine totaler Kollaps unter Bekannten. Ich war immer die energiegeladene Helferin und nun geht nichts mehr, da ich kaputt bin. Und obwohl ich mich so unwohl und fremd dabei fühle auch eeeeendlich mal schwach zu sein und über meine Probleme zu reden, würde ich es gerne lernen. Ich habe es satt nur zuzuhören und andere zu stützen.

Nur glaube ich muss ich schon am Boden kriechen bis die Leute mal schnallen, dass nichts mehr geht gerade. Und was die Jobsuche angeht genau dasselbe. Es scheint nicht anzukommen, dass ich „nur“ noch arbeiten kann und den 80-Stunden-Woche-Job NICHT mehr bewältigen kann. Anscheinend komme ich immer noch zu dynamisch rüber obwohl ich echt am Ende bin. Irgendwie habe ich auch Angst mich so zu zeigen, also Angst vor Schwäche…. Aber der Kampf ist zu Ende. Versteht mich wer?

Mich würde besonders interessieren was da flasch läuft?
Kennt jd das Problem und kam da raus? Allein oder mit Therapeut?

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Kelpie
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Beitrag Mo., 28.05.2012, 16:02

Eventuell ist das Wort für dein Problem "Burn-out". Das kann dir ein Fachmann sagen.

In der Arbeitslosigkeit kam bei mir eine Menge angesammelte Müdigkeit und Aufgeben-wollen heraus. Kann es das bei dir sein?

Was die 80-Stunden-Jobs betrifft: Indem du dich gegen diese derzeitige Tendenz wehrst, generell die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, hilfst du bereits anderen. Jeder, der sich wehrt, hilft.

Warum willst du denn unbedingt allen helfen? Die sollen hübsch auf sich selber schauen. O ja, das können sie. Und wenn nicht, sollen sie es eben zügig lernen.

Bitte zieh eine Grenze.
Ich bin diesbezüglich kürzlich mit meinem lieben Freund zusammengekracht. Ich füttere tagtäglich sein Haustier. Gut bitte, ich kann Tiere nicht leiden sehen und von seiner Pflege war das arme Viech übel beisammen.
Ich gieße andauernd die Blumen. Ich hebe die Post aus. Ich helfe seine Gartenhecke schneiden und die Fenster putzen. Ich ziehe Gemüsepflänzchen groß und bepflanze die Kisterl. Eiiigentlich wäre das alles nur Urlaubsbetreuung, aber irgendwie ist es zum 365-Tage-Nebenjob geworden.
Und so ganz nebenbei hab ich zwei eigene Grundstücke zu pflegen, zwei eigene Tiere und einen Beruf. Mir hilft nur eine Person: Mein 70jähriger Vater.

Irgendwie wird man zum Gratis-Wichtel, wenn man ein hilfsbereiter Typ ist. Nur so geht das nicht. Die nächste Stufe ist: Gratis-Volltrottel.

Die arbeitsmäßige Gegenleistung ist mit 0,0 zu verbuchen.
Aber leider- für Freundschaft und allfällige Bussi kann man sich nichts kaufen, schon gar keine neuen Gelenke, keine Energie und keine Freizeit für sich selber.

Ergo: Deine lieben Bekannten sollen genauso wie mein lieber Freund selber drauf schauen, dass bei ihnen alles läuft. Und du kümmere dich nur um dich.

Kriech auf allen Vieren, wenn dir danach ist. Schlaf den ganzen Tag. Heule eine Runde und sage der Welt, dass du furchtbar fertig bist. Das tut dir gut.

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Chantall
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Beitrag Mo., 28.05.2012, 16:13

Kriech auf allen Vieren, wenn dir danach ist. Schlaf den ganzen Tag. Heule eine Runde und sage der Welt, dass du furchtbar fertig bist. Das tut dir gut.
Ich kann gerade eh nicht anders und gestern war ich so bei 2 Bekannten und es tat echt gut.
Wir treffen uns seit 3 Jahren und bislang war IMMER ich die Energiebombe. Tja vorbei.
Und eben nicht immer so stark zu sein tut auch so gut )
In der Arbeitslosigkeit kam bei mir eine Menge angesammelte Müdigkeit und Aufgeben-wollen heraus. Kann es das bei dir sein?
Also Burnout habe ich , aber aufgeben will ich mich nicht. Ich würde schon gerne wieder sofort arbeiten und das würde auch klappen. Aber eben keinen Ausbeuterjob.

Nur davor müsste ich mich schützen, sowie vor ausbeuterischen Menschen.

Ach ja und lernen mich um mich zu kümmern. Da weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll? Schafft man das alleine?

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Kelpie
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Beitrag Mo., 28.05.2012, 16:28

Also hast du eh schon eine Diagnose. Ich hatte damals kein Geld für einen Fachmann. (Arbeitslos nach Studienende.) Als ich aus der Krise wieder heraus kam und mir das Geld für eine eine Therapeutin verdiente, meinte diese rückblickend, ich hätte ziemlich sicher einen Burn-out gehabt.

Aufgeben bedeutet, dass man nicht mehr kämpft. Der Gedanke für mich damals einfach immens erholsam.

Ein Burn-out geht nicht von heute auf morgen weg. Du hast eine Grenze erreicht. Respektiere sie. Gönne dir Ruhe.

Ich weiß nicht, wie lange du schon daheim bist, aber du klingst nicht wirklich so, als könntest du eine neue Stelle annehmen. Mal abgesehen von der Arbeitszeit wärest du dort ja auch neuen sozialen Belastungen ausgesetzt. Könntest du es denn so steuern, dass du nicht die miesesten Arbeitsgebiete zugeschanzt bekämst?

Überleg dir in der Auszeit genau, was du in Zukunft tun willst und was du NICHT tun willst.
1.Punkt auf deiner Liste: 40 Wochenstunden sind genug!
Punkt 2: Keine unbezahlten Freundschaftsdienste mehr!

Ja, man kann Egoismus lernen. Das ist eine gesunde und positive Eigenschaft. Stell dir einmal vor, du wärest eine Katze.

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Chantall
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Beitrag Mo., 28.05.2012, 16:42

Ein Burn-out geht nicht von heute auf morgen weg. Du hast eine Grenze erreicht. Respektiere sie. Gönne dir Ruhe.
Du wirst nicht glauben, aber auf eine Art bin ich da sogar froh. Denn die meiste Zeit habe ich ja Hoffnung da wieder raus zu kommen – also fit zu werden. Und um anderen den Rücken zu stärken (meiner ist übrigens mittlerweile so wie bei manch 80-jährigen) bin ich ja nicht auf der Welt und ohne Burnout hätte ich viell ewig so weiter gemacht.
Aufgeben bedeutet, dass man nicht mehr kämpft. Der Gedanke für mich damals einfach immens erholsam.
Das klingt auch himmlisch. Wozu soll ich auch immer kämpfen? Nur für Gesellschaft oder paar Euro am Konto. ALso ein Grund zu kämpfen ist das ja nun wirklich nicht.
Könntest du es denn so steuern, dass du nicht die miesesten Arbeitsgebiete zugeschanzt bekämst?
Wie meinst Du das? Vom Ort her oder Aufgabengebiet?
Also ich streiche schon alles was nach Stress aussieht. Ich bin noch so gutgläubig und denke es gibt den würdevollen Job bei dem man „schon“ um 17 Uhr gehen darf.
Ich versuche ganz achtsam auszuwählen und denke in 3 Monaten wäre ich für sowas in der Lage.
Ich denke nur, dass viele Arbeitgeber lügen und kaum ist man dort geht das gemobbe und die Überstunden wieder los. Ich habe schon Panik ;(

Und auch achtsam bei den Bekannten. Ich fühle mich noch komisch, wenn ich einer Bekannten absage die gerade eine Trennung hinter sich hat. Aber ich habe sie 3 mal getroffen und gleich wieder als ihr leibeigener Seelenklemptner brauche ich ja nicht starten.

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Chantall
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Beitrag Di., 29.05.2012, 14:07

Noch eine Frage:
Wie könnte man sich denn auch mal nach außen ganz offiziell verhalten und auftreten, damit andere einen nicht als den starken, allesrettenden Beschützer wahrnehmen?
Ich muss da was komplett anderes ausstrahlen, denn Zufall kann esja nicht sein, dass ich NUR schwache Menschen anziehe.

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