Angst vor der Welt

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Küken
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Angst vor der Welt

Beitrag Mi., 16.09.2009, 14:27

Hallo miteinander.

Seit einer Ewigkeit sitze ich nun hier und überlege, wo ich am besten anfange. Meine Gedanken schwirren durcheinander in meinem Kopf herum. Dieser Druck in meiner Brust verhindert es, mich überhaupt richtig konzentrieren zu können.
Ich weiß nicht mehr weiter.

Ich bin schon lange nicht mehr glücklich mit meinem Leben, trotz meines Alters, aber ich versuche meiner Meinung nach so viel alles wieder in Ordnung zu bringen, doch es gelingt mir nicht.
Meine familiäre Situation war noch nie die beste, weil mein Vater ein Alkoholproblem hat und meine Schwester und ich von klein auf mitbekommen haben wie er auf meine Mutter einschlug; selten erging es uns auch so, aber ich glaube, dass mich das am wenigsten geprägt hat. Ich hatte nie Angst um mich selbst, sondern nur um meine Mama. Die habe ich heute noch, wobei es mir heute besser möglich ist sie zu beschützen und das Ende nahe ist, weil sie sich darauf vorbereitet, ihn zu verlassen.
Ich habe jedenfalls nie viel Liebe von meiner Familie bekommen, ich hatte immer das Gefühl, dass meine Familie versuchte mir alles, was mir lieb war, schlecht zu reden. Vor allem meine Schwester hat mich immer sehr unterdrückt und mir eingeredet, bevor ich überhaupt verstand, was "der Strich" bedeutet, ich würde niemals was anderes schaffen als dort zu landen. Ich sei hässlich, dumm, schlichtweg ein Nichts. Nein, geglaubt habe ich ihr das nicht, aber ich habe eine "Ich muss viel besser, schöner, klüger werden"-Einstellung entwickelt, woraus eine Essstörung entstand, die ich 8 Jahre hatte und die teilweise noch heute mein Leben bestimmt. Darum geht es aber nicht, ich bin schon lange nicht mehr davon besessen und versuche wieder ein normales Essverhalten zurück zu erlangen. Es belastet mich einfach nur sehr, weil der Rest meines Lebens auch nicht so verläuft wie ich es mir wünsche.

Vor knapp über 3 J. war ich mit meinem 1. Freund zusammen. Ich möchte in dem Zusammenhang nicht über das Wort Vergewaltigung reden, das lehne ich ab, ich nenne es lieber "die Sache", das ist einfacher für mich zu begreifen. Ich fühl mich besser, wenn ich bestimmte Dinge nicht ausspreche, dann fühl ich mich nicht so sehr "bedrängt". Generell kann ich heute meiner Meinung nach deutlich besser damit umgehen, weil ich nicht mehr glaube selbst dafür verantwortlich zu sein. Ich hatte 2 Jahre ein Tief, das mich noch viel mehr mit der ES beschäftigen ließ. Ich habe ein einziges Mal versucht mit jemandem darüber zu reden, ein Mensch, der mir sehr nahe war. "Du brauchst viel Aufmerksamkeit, oder warum lügst Du so?" Ich hüte mich anderen zu zeigen, dass es mir nicht gut geht. Ich habe eine zu große Angst, dass mir das nochmal passiert.

Ich habe mich die letzten Jahre so sehr zurückgezogen, dass ich auch kein Problem damit hätte den ganzen Tag nur in meinem Zimmer zu sitzen. Viele Menschen machen mich panisch, ich habe Angst vor ihren Blicken, ertrage ihre Nähe nicht. Und ich habe das Gefühl mich mit niemandem unterhalten zu können. Ich kann zwar was erzählen, zB wo ich arbeite, was ich noch vor habe zu studieren und solche Dinge, aber sobald es darüber hinaus geht, kann ich nichts mehr sagen. Ich fühle mich den Menschen in meinem Alter nicht zugehörig. Seit wenigen Monaten habe ich endlich wieder das Gefühl mich über etwas freuen zu können. Ich habe so lange danach gesucht... Und jetzt GIBT es etwas, was ich mir vorstellen kann zu tun, das mich glücklich machen würde. Ich werde zwar sehr euphorisch, weil ich mich so selten über etwas freuen kann, aber es ist eine große Erleichterung, dass ich mich überhaupt wieder freuen kann.
Aber ich fühle mich eingeschränkt. Ich kann so vieles nicht machen, weil ich nicht weiß mit wem. Mein Freund ist im Grunde mein einziger richtiger Gesprächspartner. Dann ist da noch mein Körperproblem: dieses bedrückende Gefühl, das es mir unmöglich macht nur einen Fuß nach draußen zu setzen. Allein schon der Weg zur Arbeit macht mich manchmal verrückt, ich kann mich selbst nicht ertragen. Wie kann ich es den anderen Menschen verübeln, dass die mich ablehnen?

Wirklich, ich gebe mir große Mühe. Ich versuche geregelte Mahlzeiten einzunehmen, Sport zu treiben und mich so zu akzeptieren wie ich bin, damit ich mich wohl fühle. Versuche mich zu entspannen, male, bastle, lese, versuche mich selbst zu lieben. Ich kann es nicht.
Meine Selbstachtung ist zu instabil, um den Kommentaren meiner Familie standzuhalten, um die Ablehnung der anderen Menschen hinzunehmen.
Ich stehe immer wieder und wieder auf, bemühe mich um soziale Kontakte, aber werde immer vor den Kopf gestoßen. Versuche die Abwertungen nicht ernst zu nehmen, versuche einfach gegen mein Gefühl rauszugehen. Wie werde ich meine Selbstzweifel los? Wie finde ich Menschen, die mich lieb haben? Wie kann ich mein Leben wieder so gestalten, dass ich keine Angst mehr habe zur Arbeit zu gehen, dass ich stark werde?
Ich habe das Gefühl, dass der Boden unter mir einbricht....

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schmetterling.1983
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Beitrag Mi., 16.09.2009, 18:54

Hallo liebe Senseless,

also erst mal , dass ist ja eine ziemlich belastende Situation in der du dich da befindest. Allein der Satz
Ich weiß nicht mehr weiter.
du fühlst dich mit deinem Leben und der Situation anscheinend total überlastet/überfordert, was ich sehr gut nachvollziehen kann.
Wie werde ich meine Selbstzweifel los? Wie finde ich Menschen, die mich lieb haben? Wie kann ich mein Leben wieder so gestalten, dass ich keine Angst mehr habe zur Arbeit zu gehen, dass ich stark werde?
Bist du denn im Moment in psychotherapeutischer Behandlung?
Alle Fragen die Du gestellt hast -finde ich- sind ein guter Grund eine solche Hilfe in Anspruch zu nehmen, auch, da du meinst dein Essverhalten nicht in den Griff zu bekommen, was auf Dauer aber auch zur Lebensqualität gehören sollte. Mal abgesehen davon, dass es wahrscheinlich schädlich für dich ist.
Hast du denn für`s erste Freunde die dich verstehen oder geht es dir bei allen Menschen in deinem Umfel so :
Viele Menschen machen mich panisch, ich habe Angst vor ihren Blicken, ertrage ihre Nähe nicht. Und ich habe das Gefühl mich mit niemandem unterhalten zu können. Ich kann zwar was erzählen, zB wo ich arbeite, was ich noch vor habe zu studieren und solche Dinge, aber sobald es darüber hinaus geht, kann ich nichts mehr sagen. Ich fühle mich den Menschen in meinem Alter nicht zugehörig.
?

Gibt es vielleicht ein Hobby welches du intensivieren könntest, um mit anderen in Kontakt zu treten, etwas bei dem du dich sicher fühlst und gut aufgehoben?

Gut klingt doch schon mal folgendes:
Seit wenigen Monaten habe ich endlich wieder das Gefühl mich über etwas freuen zu können. Ich habe so lange danach gesucht... Und jetzt GIBT es etwas, was ich mir vorstellen kann zu tun, das mich glücklich machen würde. Ich werde zwar sehr euphorisch, weil ich mich so selten über etwas freuen kann, aber es ist eine große Erleichterung, dass ich mich überhaupt wieder freuen kann.
Was glaubst du ist der Grund dafür? Vielleicht kannst du da noch "Kohle nachlegen" und dir öfters zu einer Freude verhelfen?
Was sagt denn dein Freund dazu?
LG Schmetterling
Schön ist eigentlich alles, wenn man es mit Liebe betrachtet.
Christian Morgenstern

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Thread-EröffnerIn
Küken
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Beitrag Do., 17.09.2009, 06:53

Hallo lieber Schmetterling,

Ich bin nicht in psychotherapeutischer Behandlung. Zwar habe ich mich darum bemüht einen Therapeuten zu finden, aber bisher war die Suche erfolglos. In der Hinsicht habe ich, um ehrlich zu sein, auch die Hoffnung bereits aufgegeben und versuche immer alles auf eigene Faust. Ich weiß, dass es nicht dasselbe ist und ich vieles nicht selbst schaffen kann, aber ich finde, dass ich dennoch ein großes Stück voran gekommen bin. Besonders in Bezug auf Essen habe ich selbst verstanden wie wichtig es ist dem Körper genug zu Essen zu geben und ihn nicht zu quälen. Es ist so schwierig sich täglich darauf zu konzentrieren, damit man nicht mehr in alte Muster fällt. Aber wie ich mich so annehmen kann wie ich jetzt bin, weiß ich immer noch nicht.
Jeden Morgen habe ich das Problem mich anzuziehen, ich stehe vor einem gefüllten Schrank, aber ich brauche ewig, um mich einzukleiden, weil ich meinen Körper kaum ertragen kann. Wenn ich mich irgendwo hinsetze, weiß ich nicht wie ich mich positionieren soll. Ich möchte nicht, dass andere Menschen mich atmen hören oder sehen. Ich kann Gespräche anderer über ihre Körper nicht ertragen, weil ich oft das Gefühl habe, dass sie über mich reden.
Es gibt so viele Beispiele, die mich daran hindern mein Leben zu leben wie ich es gern würde...
Ich gebe mir Mühe nicht alles auf mich zu beziehen, den Kreislauf einfach zu durchbrechen, indem ich das tue, wovor ich Angst habe. Aber das setzt mich sehr unter Druck.

Ich habe keine Freunde. Man meldet sich nur bei mir, wenn man etwas braucht. Und seitdem ich klar gesagt habe, dass ich mich nicht mehr benutzen lassen möchte und mir das weh tut, meldet sich eben kaum jemand. Ich habe nur einen Freund, der mir nicht mehr sagen kann als "alles wird gut", was mich nicht tröstet und für mich sehr abfertigend klingt.

Ich bin eine Person, die immer wieder mit aller Kraft versucht, hoch zu kommen. Ich falle oft hin, mache aber nach einem Tief wieder weiter, weil ich mich nicht aufgeben möchte. Und deshalb habe ich jetzt sogar mehrere Hobbies, die mir richtig viel Spaß machen und mir auch immer wieder Hoffnung geben. Das hält nur nicht lange an, weil ich das Gefühl habe, zu viel Last tragen zu müssen.
Ich glaube, mir fehlt Gesellschaft. Menschen, die mich zu schätzen wissen. Aber wo ich solche Menschen treffen könnte, weiß ich nicht. Ich gehe oft zum Sport oder Ausstellungen und habe das Gefühl, da geht eher die ältere Generation hin, die mit mir nichts anfangen kann.

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Ratlosigkeit
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Beiträge: 1294

Beitrag Do., 17.09.2009, 17:01

Hallo!
Mir fällt auf, daß Du sehr gut schreibst! Sehr schöner, klarer Stil!
Alles ist gut, wenn es aus Schokolade ist.

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reptimum
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Beiträge: 32

Beitrag Do., 17.09.2009, 21:03

Ratlosigkeit hat geschrieben:Hallo!
Mir fällt auf, daß Du sehr gut schreibst! Sehr schöner, klarer Stil!
dem möchte ich mich gleich mal anschliessen! wirklich, du bist sicher keine dumme, ob du hässlich bist, so wie deine schwester dir das einredet oder eingeredet hat, kann ich nicht beurteilen, jedoch ist es mir ehrlich gesagt auch schnurzwurscht es zählen wahrhaft andere dinge. ich war mal extrem schlank, ständig hat man mir angeboten zu modeln, aber ich hatte nie den mut. dann hab ich meine tochter bekommen, ein jahr später postnatale depression, antidepressiva und über 20kg zugenommen. jetzt spüre ich, wie es ist, wenn man nicht mehr besser behandelt wird, nur weil man gut aussieht. jetzt muss ich um alles kämpfen. und sehr viele freunde hab auch ich nicht (mehr).
ich glaube wir sind uns etwas ähnlich. ich habe auch eine "soziale phobie" mir fällt es auch sehr schwer unter die leute zu gehen usw.
aber lass dich auf keinen fall unter druck setzen, von niemandem!
was mich interessieren würde ist, wie dein freund mit der ganzen situation umgeht. denn du beschreibst ja dass du deinen körper nicht magst, jedoch dein freund muss es wohl tun, denn sonst wäre er ja nicht mit dir zusammen. so gesehen kanns doch echt nicht schlimm sein! wenn er dich liebt, dann ist das doch der beste beweis, dass dein körper und dein geist äusserst liebenswert sind!
ich weiss es ist oft schwer. auch ich lebe eher zurückgezogen. aber oft hilft es wenn man die dinge mal ein bisschen aus der ferne betrachtet.

lg birgit

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