Tierleid verdrängen

Was Sie in Bezug auf Ihre eigene Zukunft, oder auch die gegenwärtige Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt oder nachdenklich macht.
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candle.
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 16:49

Nico hat geschrieben: als depperln hingestellt und das möchte ich wiederum nicht unbedingt respektvoll stehen lassen.


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freeway
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 18:04

ich habe, ohne jetzt nochmal extra nachzulesen, nichts sonderlich respektloses in erinnerung Nico, wobei ich mir aber eben eventuell auch darüber bewusst bin, mit was ich in einem tierleid-thread zu tun habe... wenn jemand nachfühlt, spürt, sieht, acht darauf hat, etc. wie tiere leiden (dass viele unserer versorgung wegen gehaltenen dies tun, wird wohl kaum abstreitbar sein?) dann kann ich mir einfach gut vorstellen, dass das auch mal etwas massiver zum ausdruck gebracht wird... (ganz abgesehen davon, müsste ich ja auch nicht unbedingt warten, bis ein anderer mit respekt anfängt, entweder ich hab welchen...oder eben nicht)...

was da vielleicht auch mal am rande mitkommt halte ich nicht für respektlosigkeit, sondern für ausdruck des leids... und ich denke, wenn jemand mit leid-enschaft bei der sache ist, hat das nichts mit mir, mit dem was ich sage, tu oder nicht tu zu tun, sondern resultiert aus diesem tiefen "mitempfinden" mit leidenden tieren... und für mich gilt da auch eine art verständnis, für das unverständnis, dafür dass es immernoch menschen gibt, die dieses leid durch tierproduktekonsum "unterstützen" und dann auch noch in (vermeintliche?) "angriffshaltung" gehen...

ich glaube, dass in dieser sache keine echte gegenseitige, zufriedenstellende verständlichmachung möglich ist, nicht mit "verständnis" und nicht mit "konflikt" und ich glaube nichtmal, dass sie notwendig ist...

kein veganer wird mir beim schnitzel essen abnehmen (können, und augenscheinlich ja auch zu recht), dass ich ähnliche empfindungen/gedanken habe wie er, lediglich zu einem anderen resultat gekommen bin... und das ist auch ok so... im prinzip DARF er mich gar nicht verstehen, er hat ja diese ganz andere "aufgabe"...

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Nico
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 18:25

freeway hat geschrieben: kein veganer wird mir beim schnitzel essen abnehmen (können, und augenscheinlich ja auch zu recht), dass ich ähnliche empfindungen/gedanken habe wie er, lediglich zu einem anderen resultat gekommen bin... und das ist auch ok so...
Deine Meinung sei dir ungenommen freeway aber gerade das sehe ich sehr wohl anders.
Ich esse Schnitzel und zwar von ganz besonderen Schweinen, von denen ich weiß wie sie gehalten und geschlachtet werden und ich behaupte von mir, dass ich in meiner Tierliebe und in meinen Aktionen die ich für das Wohl von Tieren aktiv setze um nichts und zwar überhaupt nichts gegenüber irgendeinem Vegetarier nachstehe. Ganz im Gegenteil vermute ich, dass sich viele Vegetarier aufgrund ihres Fleichverzichtes schon derart moralisch überlegen fühlen, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, dass Tiere auch dringend andere Hilfe benötigen.
Ich denke jedenfalls nicht daran mich von diesem pseudo moralischen Gegackere beeindrucken zu lassen.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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freeway
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 18:30

ich hab gar nichts dagegen, wenn sich ein veganer moralisch überlegen fühlt... ich hätte auch nichts dagegen, wenn z.b. du dich mit deiner art des kümmerns moralisch überlegen fühlen würdest... ich finde das alles gut und bin gelegentlich auch sehr gerne beeindruckt...

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Nico
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 18:37

Das ist dein Zugang, meiner ist da wieder anders.
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freeway
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 18:48

ja... unterm strich geht es ja sicher auch jedem, der es in irgendeiner weise zu "seiner sache" macht, um die "sache"... und jedem tier, welches aufgrund von irgendwas, von irgendwem und irgendwie weniger oder gar nicht leidet, dürfte es schnurzpiep sein, was wir uns an eitelkeiten und sonstwas um die ohren hauen oder nicht...

dazu müssen wir sie denke ich wirklich nicht noch zusätzlich missbrauchen...

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Nico
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 18:52

freeway hat geschrieben: dazu müssen wir sie denke ich wirklich nicht noch zusätzlich missbrauchen...
Siehst du und genau DAS ist es was mir bei dieser aufgesetzten Tierleid- und Weltschmerzdiskussion in den Sinn kommt....
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freeway
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 19:03

ja, hab ich ja gelesen... aber ich finde es nützt doch nichts anderen zu unterstellen, sie würden mit ihrer art damit umzugehen eher sowas verfolgen, um dann DARAUF zu reagieren... selbst wenn man irgendwen diesbezüglich "entlarven" könnte... davon leidet eben aber kein tier weniger...

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Nico
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 19:09

Mir liegt nix daran hier jemanden zu entlarven, aber ich kann hier wie jeder andere auch meine Meinung posten, oder ?
Glaubst du die hier stattfindende Tierleid- und Weltschmerzposting - Welle bewirkt dass ein Tier weniger leidet ?
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freeway
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Beitrag Mo., 05.01.2015, 19:22

klar, wenn mich deine meinung nicht sogar interessieren würde, würd ich ja auch nicht antworten.. freu mich ja, wenn du's schreibst...

wenn ich schon genau darauf gekommen wäre, was dazu beiträgt dass ein lebewesen weniger leiden muss oder was ich dazu genau lassen oder tun muss, bräuchte ich hier ja gar nicht schreiben... hier tiere retten geht wohl kaum, nur mit dem thema beschäftigen geht...

möcht's jetzt aber auch nicht überstrapazieren...

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Rezna
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Beitrag Di., 06.01.2015, 14:07

Mir stellt sich hier die Frage, wo das "Tun" anfängt. Wenn sich jemand vegan oder vegetarisch ernährt und damit den Tod von rund 1000 Tieren "verhindert", scheint das nicht als "tun" zu gelten, denn es wird immer und immer wieder nachgefragt, was er denn tut. Oder wenn er auf ein Auto verzichtet und damit CO2 einspart. Das ist kein Tun. Das ist Nicht-Tun. Es ist also völlig sinnlos und bringt der Welt genau nichts.

Dagegen ist "etwas tun" genau das, was hier im Forum dauernd angekreidet wird. Als Veganer/Tierschützer kann man also nur verlieren. Tut man nichts, ist man bös. Tut man was, ist man auch bös.
Das liegt aber in der Natur der Sache. Wer Widerstand leistet, auf welchen Weg auch immer, legt sich mit der Masse an.
Es gibt verschiedene Ansätze. Erfahrungen zeigen, dass die Veränderung nicht primär von unten hinauf passiert, (wie viele glauben), sondern von oben herunter. Hierarchische Systeme eben. In der Basis kann nur die Bereitschaft erzeugt werden, die Taten aber erfolgen durch "oben". Deswegen verändern Tischdiskussionen nichts. Dagegen bringt es mehr, direkt mit Politik und Wirtschaft in Interaktion zu treten, mit den Köpfen ganz oben in Interaktion zu treten, um zu erreichen, dass Gesetze oder freiwillige Maßnahmen installiert oder erlassen werden. Parallel haben Kampagnen die Aufgabe, in der breiten Masse Akzeptanz und Bereitschaft für eine Ändrung zu installieren.

Fast jeder Fleischesser, den ich kenne, sagt, er ist gegen Massentierhaltung, gegen Qualzucht und Co. Fast jeder Flesichesser behauptet, er isst nur Tiere vom Bauernhof (den er persönlich kennt.) Wären Denken und Handeln allerdings eins, dann würde es wohl seit über dreißig Jahren keine Tierfabriken mehr geben. Offenbar klafft also zwischen Wollen und Tun eine Lücke.
Das war auch bei den Eiern so. Umfragen ergaben, 80% der Leute waren gegen Käfigeier, gekauft wurden diese Eier aber dennoch fleißig. Hier musste dann von "oben" angesetzt werden und so erfolgte nach zähen Verhandlungen und Kämpfen endlich das Käfigeierverbot. Die Industrie hat natürlich gemotzt, aber der Konsument begrüßte dieses Gesetz und nun bedenkenlos zugreifen zu können.
Auf diese Weise werden durchaus immer wieder Dinge erreicht. Aber: Weil die Tierschützer damit so erfolgreich sind, wurden durch Intervention der Wirtschaft eine SOKO ins Leben gerufen, die die Tierrechtler überwacht, unterwandert und schließlich monatelang in U-Haft gesteckt hat. Der folgende jahrelange Prozess hat bei den Betroffenen Schulden im sechsstelligen Bereich erzeugt und ihnen ihre Jobs gekostet. Das zerstört nachhaltig Existenzen, was ja Ziel der Sache war: Mundtot machen.

Eine ähnliche Methode, wie mit den Eiern, wird hoffentlich früher oder später auch beim Fleisch fruchten. Aktuell erfolgt der Kampf unter anderem gegen die Kastenhaltung von Schweinen. Ich kenne zwar keine Zahlen, aber ich gehe davon aus, die meisten Fleischesser sind gegen Kastenhaltung. Dennoch existiert sie und das Fleisch davon wird fleißig gekauft.
Auch hier wird man letztendlich nur von oben herab einen Sieg eringen können, da Erkenntnis das Konsumverhalten oftmals nicht ändert. Die Stärke des Menschen, Anpassung, Gewöhnung und sein Bruder die Bequemlichkeit, sind ungünstig, wenn es um Veränderungen geht, die nicht durch persönlichen Schmerz und Leid erzwungen werden, sondern rein aus Vernunftgründen erfolgen.
Zwar achten die meisten Leute auf die Herkunft des Fleisches, wenn sie es selbst zubereiten, aber bereits in der Kantine, beim Imbiss, im Restaurant, bei Freunden und Verwandten, Tiefkühl- und anderen Fertigprodukten, wird nicht darauf geachtet. Oft wird auch nur gekauft, was da ist, oder billiger. Gibt es keine Alternative, wird sich kaum ein Konsument beschweren. In die eine wie die andere Richtung. Wer kein Fleisch in der Theke findet, das Biobauernhoffleisch kennzeichnet, beschwert sich eher selten beim Filialleiter oder steigt eben auf eine vegetarische Mahlzeit um. Umgekehrt ist ebenso unwahrscheinlich, dass sich einer bei der Fleischtheke aufregen würde, weil er kein Schwein aus Kastenhaltung vorfindet.

Spannend wird, was sich die Wirtschaft einfallen lassen wird, sollte diese Umstellung tatsächlich erfolg haben. Es ist nicht davon auszugehen, dass die murrend die Beine stillhalten. Gut möglich, dass dann wieder das Image der Tierrechtler medial an Terroristen angenähert wird oder andere vergleichbare Szenarien. Immerhin wird permanent versucht, während des Kampfes für eine Sache, die Errungenschaften einer anderen wieder abzubauen, manchmal leider erfolgreich.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
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Rezna
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Beitrag Di., 06.01.2015, 14:26

Je nach persönlicher Präferenz gibt es also verschiedene Möglichkeiten des Kampfes. Wer wirklich was verändern will, das zeigt sich immer wieder, muss damit rechnen, dass er eine Gefängniskarriere oder zumindest ein nettes Verwaltungsstrafenregister in seinen Lebenslauf bekommt, dass er und seine Familie und Freunde Repressalien ausgesetzt werden. Das erleben aktuell weltweit nicht nur Tierschützer, sondern auch Umweltschützer, Menschenrechtler oder andere Kämpfer wider Wirtschaftsinteressen. Nicht jeder hält das psychisch aus. Mancher lässt sich abschrecken, und sei es, um seine Familie zu schützen.

Als das in Österreich mit den Tierschützern so akut wurde, haben mich tatsächlich Freunde(!) gebeten, zu ihnen keinen Kontakt mehr aufzunehmen, weil sie Angst hatten, dann ins Visier der Ermittlungen zu kommen. Keine E-Mails, keine Telefonate. Ja, ich habe Augen gemacht. Obwohl ich selbst nur Peripherie war, hatte das soziale Auswirkungen auf mich. Von mir existiert gewiss eine Akte, auch, weil ich ja nicht nur im Tierschutz unterwegs bin. Sogar der Text hier kann (und wird) sich zu diesen Akten hinzufügen, das wissen wir spätestens seit Snowden.

Als "Tun" gilt (abgesehen für Behörden) auch nicht, bei Demonstrationen mitzumarschieren, Informationsmaterial zu erstellen und Unterschriften zu sammeln. Die Frage bleibt: Was tust du?

Bisher war ich nicht aktiv genug, um im Gefängnis zu landen. Reicht das? Aber aktiv genug, um in Listen aufzuscheinen, die durchaus auch meine Reisefreiheit einschränken. Reicht das?
Nein. Denn aktuell "tu" ich nichts. Ich habe mich zurückgezogen und lebe nur noch "passiven Widerstand", wenn man so sagen darf. Verzicht auf Fleisch, Auto, andere Formen von Materialanhäufung und so weiter.
Meine letzten Kämpfe galten der Meinungsfreiheit und gegen die Abschaffung von Bürgerrechten durch diverse EU-Abkommen. Das war noch vor Snowden. Als ich sah, wie derartig schnurzpipegal den meisten Menschen das ist, kam ich zu dem Entschluss, dass sie die Überwachung verdient haben und alles, was daraus noch erwächst. Offenbar muss also wieder eine Generation erfahren, wie es ist, unfrei zu sein, zu fürchten, abgeholt zu werden, wenn man seinen Mund zu weit aufmacht. Wie auch früher in der Geschichte wird es zu spät sein, wenn die Masse endlich aufwacht.

Wenn ich anspreche, dass die Meere so verseucht sind, dass es nicht nur den Fischen an den Kragen geht, sondern vor allem die Sauerstoffproduktion des Planeten ordentlich in die Knie gezwungen wird, nebenbei die Regenwälder kaum mehr die Luft reinigen können, hören die meisten Leute weg. "Meer", das ist noch viel ferner als "Massentierhaltung", und "Luft" ist kein so aktiver Genuss wie Fleisch.

Was ich dagegen tu? Nichts. Warum ich nichts tu und wie meine Sicht auf die Zukunft der Menschheit und das Feedback auf ihr (Nicht-)handeln ist, habe ich auch schon erklärt. Mir tun nur die Kinder leid, aber wenn ich etwa ihre Eltern anspreche, was sie denn gegen die negativen Entwicklungen tun, werde in der Regel ich angegriffen. Sie haben Kinder, das ist genug "tun". Wenig originell kommt jedes Mal die Frage, was "ich" denn tu. Zähle ich auf, was ich immerhin "nicht tu", finden sie Ausreden, warum das bei ihnen nicht geht.

Irgendwann wurde mir bewusst, dass es ein Kampf gegen Windmühlen ist. Eine Person rennt gegen hundert, tausend oder hunderttausend an. Was eine Person macht, wiegt wenig, weswegen zurecht gesagt wird, "nur" vegan oder vegetarisch leben, "nur" Demonstrationen oder Unterschriftenlisten zu machen, ist kein "tun".
In der Tat könnte ich SUV fahren, kaufen wie besessen, jedes Jahr Flugmeilen sammeln, jeden Tag ein Kalb essen, lautstark gegen die Demonstranten wettern, deretwegen mein Einkaufssamstag ein latent stressiges Erlebnis war, und es käme aufs Selbe raus. Das habe ich erkannt. Nach einem jahrelangen Kampf ist das ernüchternd. Zwar war ich immer schon Aussenseiter und Sozialphobiker, aber der ständige zusätzliche Kampf, die Ablehnung als Spaßverderber, Kostverächter und Gutmensch, das geht irgendwann einfach nicht mehr. Dafür fehlte mir schlichtweg irgendwann die Kraft – und das hält aktuell an.

Aber ich schließe nicht aus, dass der Hass auf das alles irgendwann zu einem Motor wird. Vielleicht, in einem Ich-habe-nichts-mehr-zu-verlieren-Zustand, bringe ich doch noch eine Message an. Vielleicht erhalte ich auch durch eine glückliche Wendung in meinem Berufsleben die Chance, Einfluss auf mehr Menschen zu nehmen.
Was das betrifft, hilft mir die Auseinandersetzung hier. Es sind genau solche Provokationen, denen ich lernen muss, souverän zu begegnen. Zwar dachte ich, das hätte ich schon drauf, aber offenbar nicht. Eine wertvolle Erkenntnis, daran arbeite ich jetzt. Auch damit umzugehen, ständig gezielt missverstanden werden zu wollen. Vielleicht ist meine Miesanthropie nur eine Station auf meinem Weg.
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montagne
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Beitrag Fr., 16.01.2015, 10:54

Auch wenn ich denke, dass es ökologisch und damit ethisch (bezogen auf alle Menschen, Tiere und Pflanzen, also das Gemeinwohl der Erde betreffend) sinnvoller wäre, wenn dieser übermäßige Konsum tierischer Produkte stark eingeschränkt werden würde und ich dies für mich auch tue, so denke ich auch immer wieder noch etwas anderes, bei solchen Diskussionen:

Ich denke, dass vegan Leben, sich als Veganer definieren, gar Tiere aus der Massentierhaltung befreien ebenso egoistische Motive hat, wie für Kinder in Afrika spenden, ehrenamtlich bei der Tafel arbeiten oder Kindern an Brennpunktschulen was vorzulesen oder auch XXL-Schnitzel zu essen, Auto zu fahren und ein Haustier zu halten.
Natürlich unterschiedne sich diese Aktivitäten in der Sinnhaftigkeit sowohl für den Menschen der es tut, für andere konkrete Menschen und für die Gesellschaft. Aber dennoch denke ich, ist es immer ego-angetrieben. Jeder tut dass, was seinen Selbstwert und sein Wohlgefühl maximiert. Der eine genießt ein gutes Fleischgericht, der nächste kuschelt mit seiner Katze und einigen tut es eben auch gut, sich als Wohltäter und Retter zu sehen oder sich mit vermeintlich progressiven oder gar rebellischen Gesellschaftsgruppierungen identifizieren zu können.

Und dann denke ich, warum missionieren manche und andere nicht?
Und ich sehe, wie freeway schreib, nicht selten Leid bei denen, die missionieren, bei denen die "Aktionen" durchführen, die höchstens symbolisch sind, aber nicht zielgerichtet, gemessen an eben jeden Ziel.
Ein Leid aus gegen Windmühlen kämpfen und nichts erreichen können, sich hilflos fühlen. Klar, missionieren in einer modernen Gesellschaft und gegen Windmühlen kämpfen ist immer frustran.
Und dann frage ich mich, warum so oft dieses in meinen Augen, eigentlich gute Anliegen auf so unproduktive und teils destruktive Weise ausgelebt wird.
Hat es mit der Dringlichkeit des Bedürfnisses nach einer besseren Welt zu tun? Oder mit dem dringlichen Bedürfnis die Menschen in gut und böse einzuteilen, um "Ordnung" zu haben, um ein Feindbild zu haben, auf dass man eigene unliebsame Anteile projizieren kann?
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Hiob
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Beitrag Fr., 16.01.2015, 15:46

Ich denke, die Flut an Vegetariern und Veganern ist nur dadurch möglich, dass sie zu jeder Jahrezeit Bananen, Datteln, Avocado und Co. zu kaufen können. Würde das nicht von Eineurojobbern in Südamerika und mit Erdöl, für welches Kriege geführt werden, hier herangekarrt, müsste der Aktivist zumindest den Winter über weitgehend Kartoffeln, Kohl, RoteBeete und Einlegegurken essen. Wenn man sich dann den Vegetarier so spätestens im April, wenn seine Vorräte fast alle sind, vorstellt, wie er guckt, wenn dann ein gebratenes Huhn vor ihm liegt...naja.

Als ich mein erstes Huhn um die Ecke gebracht und zerlegt hab, fand ich das ziemlich schwierig. Auch gefühlsmäßig war das nicht lustig, gewöhn ich mich auch nicht dran. Normalerweise ist der Aufwand viel zu groß, um sowas aufzuziehen und dann pfannenfertig zu machen. Ich bin daher eigentlich schon ganz froh, dass man sowas einfach kaufen kann, schön wäre es, wenn der Vegetarismus dazu führt, dass die Nachfrage sinkt und die Tiere besser gehalten werden. Jeder einigermaßen klare Mensch versteht das.... dennoch, gehts beim Erzeugen von Lebensmitteln viel weiter, man müsste das generell, ebenso wie die Krankenversorgung, die Kinderaufzucht und die soziale Betreuung vom Geld als Regelungsmechanismus entkoppeln. Die Ideologie Vegetariertum ist ok, gut gemeint und für den, der sich ekelt und nicht Schuld sein will, geeignet. Aber das Geldsystem grundsätzlich anzuschaun, geht viel weiter und wird uns nicht erspart bleiben.

Ich denke, wenn man diese Dinge verändert, kann man auch wieder zu einer normalen Tierhaltung und Fleischessen zurückkehren, ohne sich schlecht zu fühlen. Ich bin ja selber Teilzeitvegetarierin. Die Isländer und Schotten gäbe es allerdings garnicht, wenn sie Vegetarier gewesen wären, die griechischen Opis, die Kroatischen Omis, die Spanier...all die nett durch ihe Zahnlücke grinsenden alten Leute gäbe es garnicht, wenn die kein Fleisch, Getreide, Milch, Hühnerei, Öl bis zumabwinken gehabt hätten, was heute angeblich alles so ungesund sei.

Aus meiner Sicht muss man die neue gesunde Ernährung und das Vegetariertum, so forschrittlich das auch ist, selber für sich durchdenken und seinen eigenen Umgang damit finden. Ich hab daher inzwischen über 70 verschiedene Obst- und Gemüsesorten angebaut. Aber trotzdem würd ich damit nicht ohne Fleisch über die Runden kommen. Das ist halt die Praxis.

Hiob

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Nico
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Beitrag Fr., 16.01.2015, 16:00

Hiob hat geschrieben:Ich bin ja selber Teilzeitvegetarierin.
Aha
Eine Hiobine sozusagen.

Ich finde es eher eine faule Ausrede immer für alles das Geld verantwortlich zu machen.
Ist ja genauso wenn Leute sagen:" ich würde schon Fleisch aus artgerechter Haltung kaufen wenn ich es mir leisten könnte."
Aber 3 Flatscreens habens schon daheim und 40 Tschik pro Tag können sie sich auch leisten.
Und dann kaufen sie das billigste Hendl das mit 10000 anderen in einem 400 Quadratmeter Stall in Rekordzeit gemästet wurde.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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