Bayern: Einmal psychisch krank, immer psychisch krank!

Gibt es demnächst themenbezogene TV- oder Radio-Sendungen? Kinofilme? Fanden Sie interessante Artikel oder Pressemeldungen in Zeitschriften oder im Internet, Bücher oder DVD's? Hier können Sie die anderen davon informieren...

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pandas
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Beitrag Di., 06.08.2013, 20:53

Wenn es ein Fehlurteil war, wird er finanziell entschädigt. Und kann das ganze medientechnisch auswerten. bestimmt gibt´s bald die Bio dazu.
Gut so. Das Thema ist wichtig.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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sandrin
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Beitrag Di., 06.08.2013, 20:58

Ja, das sehe ich auch so. Seitdem ich weiß, wie ausgeliefert meine Freundin in der Psychiatrie war und wie traumatisiert sie nach wie vor ist (sie musste sich nach dem Besuch eines ehemaligen Stasigefängnis sogar wieder selbst verletzen, so sehr hat sie das getriggert), seitdem bin ich der Meinung, dass die Psychiatrie grundlegend reformiert werden muss.


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pandas
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Beitrag Di., 06.08.2013, 21:04

@ sandrin

Hm, ja. Wobei hier geht es um die Forensische, das ist noch mal eine Stufe heftiger; da er gleichzeitig so als Straftäter galt. Aber wie gesagt, er wird wohl wenigstens entschädigt, das ist dann wieder ein - kleiner - Vorteil, dass das bei Strafsachen mit den Entschädigungen besser durchgeregelt ist. Womöglich muss die wohl gutbetuchte Exgattin da auch Schmerzensgeld etc. zahlen, aber nicht nur, es gibt z.b. auch eine Entschädigung "pro Tag", wenn man unschuldig im Knast gesessen hat.
Zusammen mit den Medieneinnahmen kommt er vielleicht auf einen Kampusch-Status, mal schaun.

Aber: War Deine Freundin auch im Stasigefängnis? Oder wieso ausgerechnet nach dem Besuch des Stasigefängnisses?
Sicher, die "Methoden" haben Ähnlichkeiten, aber es ist doch noch mal was anderes als die heutige Psychiatrie.

Man kann jedoch auch bei stationären Pychiatrien Schmerzensgeldverfahren einleiten; da habe ich mal eine Doku über Frauen gesehen, die das erfolgreich je für sich durchbekommen haben. Die eine Frau konnte sich davon ein Häuschen in den Cevennen (Südfrankreich) leisten.
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sandrin
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Beitrag Di., 06.08.2013, 21:06

Ihren Aussagen nach war es nichts anders. Familienmitglieder wurden gegeneinander ausgespielt. Man konnte keinem trauen, sie würde durchgehend beobachtet. Sie hat die Stasimethoden sehr an ihre Zeit in der Psychiatrie erinnert.

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haluro
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Beitrag Mi., 07.08.2013, 05:18

Sitze gerade an der Zeitung, und lese nach, was die Presse mehr weiß als das Fernsehen gestern.

Und jetzt haut es mich fast vom Stuhl:

"Dieses Attest war zwar von einem approbierten Arzt ausgestellt, der Frau Mollath auch untersucht hatte, aus dem Schriftstück ging jedoch nicht klar hervor, dass der Verfasser nicht die auf dem Briefkopf angegebene Ärztin war. Der Nürnberger Strafsenat geht daher von einer >>unechten Urkunde<< aus. Das Landgericht Regensburg hatte das noch anders gesehen und die Wiederaufnahmeanträge vor kaum zwei Wochen abgewiesen. Erstaunlich: Dass das Attest erst gut fünf Jahre nach der behaupteten Körperverletzung erstellt wurde, interessierte die Juristen damals wie heute nicht."

Ziemlich mühsam, sich die Einzelheiten so aus der Presse zusammensuchen zu müssen.

Also, der Arzt hat die Frau untersucht und danach das Attest ausgestellt. Damit hat sich die Zeitung doch schon wieder auf die Version von Frau Mollath festgelegt, ohne es genau zu wissen. Eines ist klar, dieses Attest ist nicht deshalb gebraucht worden, weil Frau Mollath am Tag nach dem Vorfall wegen der Würgemale am Hals nicht arbeiten konnte oder wollte. Vielleicht ging sie ja mit Schal zur Arbeit. Oder bewusst ohne Schal, damit es jeder sieht.
Aber vielleicht sehe ich das nur zu einfach und der Arzt hat damals nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt und sich dann jahrelang vor dem Attest gedrückt.

Mfg
haluro

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Broken Wing
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Beitrag Mi., 07.08.2013, 11:02

Arg. Der steht vor dem nichts. Dass er paranoid und gemeingefährlich sein soll, naja wer es glaubt... Aber selbst wenn das stimmt. Kranke hätten Hilfe verdient, wieder im Leben zurechtzukommen und mit ihrer Krankheit zu leben. Nicht, dass man ihnen das Leben ruiniert.
link: tvo.de/mediathek/video/bayreuth-gustl-mollath-frei-sein-statement-in-kompletter-lange/#.UgIZbIfmR3V
Was man bei dem Interview erkennt: Er kennt sich absolut nicht mehr aus im Leben. Für sieben Jahre Klapsmühle ist er allerdings erstaunlich fit geblieben, geistig meine ich.

Fragt sich nur, warum man sich bei einem Paranoiden nicht auch die Mühe machen sollte um sich zu vergewissern, dass dieser tatsächlich nicht verfolgt wird.
Ach ja. Was wäre vor einigen Jahren passiert, wenn jemand behauptet hätte, die NSA würde seinen Datenverkehr überwachen und seine Telefonate abhören?
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


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pandas
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Beitrag Mi., 07.08.2013, 12:01

@ brokenwing

Eben, so kann alles, was man nicht haben möchte, als seeeehr psychisch krank, z.b. paranoid, abgewiesen und dem Gehör beraubt werden.

Z.b. auch die NSU - Verfassungsschutz - Affäre: Das gibt es doch, dass ein Mitarbeiter etwas benennt, dass da was nicht stimmen kann, und es dann betriebs- und gesellschaftsintern als in den Mitarbeiter liegend abgewehrt wird, also nach dem Motto Herr Meier war doch schon immer ein bisschen komisch, kein Wunder, wenn er sich jetzt so Sachen ausdenkt ...

.... am Anfang der Psychiatrie war das wohl ganz schlimm, da sind wohl auch wegen Erbrivalitäten Leute in die Psychiatrie abgeschoben worden etc.

Dann gab es ja auch eine gegenläufige Phase, in den 60er, 70er wo Menschen, die furchtbare Beziehungstaten begangen haben, NICHT in das Gefängnis kamen, sondern in die Psychiatrie, was teilweise dann auch für diese Gruppe angenehmer war. Das hat sich wieder geändert, seit in vielen Ländern die Höchststrafen für Schwersttaten zurückgesetzt worden sind.

Insgesamt: Die Psychiatrie zeigt hier immer wieder erstaunlich wenig Gegenwehr, sich instrumentalisieren zu lassen.
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Broken Wing
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Beitrag Mi., 07.08.2013, 12:27

@ Biber: Ob es besser war, ins Gefängnis oder in die Klapse zu kommen, das kann nur jemand beurteilen, der aus der Forensik rausgekommen ist.
Aber theoretisch hat es ein Gefängnisinsaße manchmal besser:

- Es gibt eine Höchststrafe. Der Psychiatriepatient darf lebenslang behandelt werden. Ist auch der Grund, warum unangenehme Genossen dorthin abgeschoben werden.
- Im Gefängnis darfst du Freunde sehen, viele plädieren für Menschenrechte. Der Psychiatriepatient - naja Menschenrechte, aber wenn er Gefährlich ist...?
- Du ruinierst nicht deine geistige Gesundheit durch Misshandlung und Psychopharmaka. Nachher kannst du evtl. in der Karriereleiter aufsteigen, weil du einen intelligenten Mitstreiter kennengelernt hast.
- Und zu letzt sagt es der Betreff des Threads: Einmal krank, immer krank. Das liegt daran, dass psychische Krankheiten kaum widerlegt werden können. Auch nicht in schweren Fällen. Bsp. hätte die Story mit der Bank durchaus eine Halluzination gewesen sein können. Muss ja nicht immer um Jesus und Maria gehen. Es könnte auch durchaus sein, dass jemand von der CIA verfolgt wird, aber keine Beweise vorliegen. Diese Dinge sind allerdings nicht Alltäglich. Trotzdem. Wir haben keine Mehrheitsdiktatur, die Minderheiten Unrecht antun darf.
- Der Gefängnisinsaße kann sein altes Leben hinter sich lassen, wenn er die Kraft aufbringt. der Psychiatriepatient nicht, oder es ist um einiges schwerer.
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pandas
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Beitrag Mi., 07.08.2013, 12:42

@ brokenwing

Ja, deshalb schrieb ich ja, dass hatte (zumindest in den meisten westeuropäischen Ländern) in den 60ern und 70ern Relevanz;

das hat sich geändert, weil sich die Haftbedingungen verbessert haben so wie Du es beschreibst.

In den US z.b. dagegen ist das immer noch anders .....
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Krang2
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Beitrag Di., 24.06.2014, 20:21

"Knast oder Klapse?" Für Psychotiker und Mörder "lohnt" sich die Psychiatrie zeitlich gesehen am ehesten. Einige Sexualstraftäter werden die Psychiatrie im Vergleich zum Regelvollzug wohl als Erholungsheim betrachten müssen und deswegen vielleicht die längere Verweildauer in Kauf nehmen. Aber alle anderen sind besser beraten, als voll schuldfähig eingestuft zu werden. Die "doppelte Stigmatisierung" (es gibt schöne Dokus darüber) durch die Maßregel erschwert das "Leben danach" außerdem ungleich mehr als "nur" Gefängnisaufenthalte.

Es kommt viel häufiger vor, als man denkt, daß Einweisungen in die Psychiatrie nicht etwa durch Strafanzeigen von außen oder Selbstmordversuche verursacht werden, sondern durch Angehörige, Freunde, Verwandte. Wenn es im Hintergrund um Ehekonflikte, viel Geld oder das Sorgerecht für ein Kind geht, wird die Psychiatrie gern mal mißbraucht und läßt das auch allzuoft unkritisch zu. Männern werden auch ganz gern mal Gewalt- oder Sexualdelikte unterstellt, wenn andere Druckmittel nicht mehr ziehen. Natürlich treffen die Anschuldigugen auch oft zu, nur in diesem Bereich hat man das Gefühl, daß der Rechtsstaat auf den Kopf gestellt wird: Man gilt so lange als schuldig, bis man seine Unschuld bewiesen hat.

Der größte Kritikpunkt an diesem ganzen Gutachtersystem ist für mich die fehlende Reproduzierbarkeit der Diagnosen. Man bekommt den Eindruck, daß nicht der Fall, sondern die Gutachterauswahl die Entscheidung bestimmt. Ich meine, stellt euch doch mal vor, drei Amtsärzte würden zu drei verschiedenen Einschätzungen bezüglich einer schweren körperlichen Erkrankung kommen, was würdet ihr von deren Kompetenz halten, da ja mindestens zwei daneben liegen? A.B. Breivik (der Massenmörder aus Norwegen) muß eine sehr multiple Persönlichkeit gewesen sein, denn es gab ungefähr so viele verschiedene Einschätzungen, wie es Gutachter gab. Und darauf beruhen dann Gerichtsentscheidungen, wie gefährlich jemand ist und wie lange er weggesperrt werden soll? Da erscheint mir das normale Strafrecht trotz aller diskussionswürdigen Urteile doch um Einiges gerechter und nachvollziehbarer.
Damit komme ich gleich zum zweiten Kritikpunkt:
Die Verweildauer ist de fakto reine Psychiaterentscheidung. Die Schwere der Tat und der Schuld wird dann unwichtig, ein Mörder kann früher rauskommen als ein Exhibitionist.
Warum kommen Therapeuten nicht einmal pro Woche in den normalen Knast, und die Verweildauer wird der eines voll Schuldfähigen angepaßt, mit der Möglichkeit einer ambulanten Nachbetreuung? Das wäre billiger und gerechter.


chaosfee
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Beitrag Di., 24.06.2014, 21:42

pandas hat geschrieben:es gibt z.b. auch eine Entschädigung "pro Tag", wenn man unschuldig im Knast gesessen hat.
Nur dass die leider ein Witz sind (so was wie 30 EUR/Tag), wenn man allein bedenkt, was man in der Zeit allein durch Arbeit hätte an materiellen Werten erwirtschaften können. Soweit ich weiß, wird sogar noch Geld für "Kost und Logis" von dieser Mini-Entschädigung abgezogen. Ganz abgesehen von entgangenen Rentenpunkten und der unbezahlten Zeit, die es draußen braucht, um erst einmal wieder im echten Leben anzukommen und mit einer derartigen Lücke im Lebenslauf und einem derart geschädigten Ruf überhaupt wieder einen Job zu bekommen, geschweige denn einen auf dem Niveau, das man ohne die Haft hätte erreichen können. Eine Schande ist das eigentlich.
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Krang2
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Beitrag Di., 01.07.2014, 08:23

30€ pro Tag, das ist weniger als ALG2, und mit ALG2 darf man sich wenigstens innerhalb seines Bundeslandes frei bewegen. Aber mal ehrlich....wenn ihr mehrere Jahre unschuldig im Gefängnis oder in der Psychiatrie gesessen habt, dann werden die entgangenen Rentenpunkte wohl das kleinste Übel daran sein.


chaosfee
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Beitrag Di., 01.07.2014, 13:17

Hab ich ja auch nicht gesagt, dass das das größte Problem ist. Aber es ist ein Beispiel für die vielen kleinen Benachteiligungen, die man normalerweise nicht im Blick hat und die sich eben auch aufsummieren zu einem ganzen Batzen von finanziellen Schäden, für die man keine Kompensation bekommt.
Und das in einem Land, dessen Verwaltungsmaschinerie sich so gerne bis zur Pedanterie überzogene Korrektheit auf die Fahne schreibt.
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Beitrag Do., 03.07.2014, 10:47

Ja, als Beispiel ist es sogar sehr gut geeignet, weil sich der tatsächliche Schaden abschätzen, beziffern läßt.

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