Psychotherapie: Kassen stellen Reformkonzept vor (BRD)

Gibt es demnächst themenbezogene TV- oder Radio-Sendungen? Kinofilme? Fanden Sie interessante Artikel oder Pressemeldungen in Zeitschriften oder im Internet, Bücher oder DVD's? Hier können Sie die anderen davon informieren...

ziegenkind
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Beitrag So., 15.12.2013, 13:56

ich sage nicht, dass dicke nicht auch viel in die kk einzahlen. ich sage, es ist gefährlich, der "allgemeinheit" die entscheidung zu überlassen, was sie gewillt ist zu bezahlen und was nicht. ich glaube, es gibt die allgemeinheit nicht. ich befürchte, dass das lustiger polemik tüt und tor öffnen würde, so zu argumentieren. und wenn man mir sagt, meine therapie sei ein luxusbedürfnis, das ich selber zahlen soll, dann sage ich, dass ist strukturell ein ähnliches argument, wie die verweigerung an medizinische hilfe an dicke. (eine verweigerung, die ich nicht befürworte).

was ich auch nicht verstehe: was hat jemand, der tfp macht und mit seinen 80-100 stunden nicht auskommt (was ich gut verstehe), davon, dass ALLE nur noch 50 stunden bekommen?

ich fürchte übrigens, dass ich das noch ein drittes mal sagen muss und dann wird es vielleicht immer noch nicht verstanden. nicht jeder blick, den ein mensch auf die welt wirft, kreist um die eigene person. wer weiß, vielleicht bin ich ja beides, analysand und dicke.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Jenny Doe
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Beitrag So., 15.12.2013, 14:03

@ ziegenkind
ziegenkind hat geschrieben:noch einmal, weil hier schon das aufkündigen von solidarität gedanklich vollzogen wird: als jemand, der auch jetzt mehr in die kk einzahlt als er rauskriegt, (...)
Irgendwann wirds vielleicht anders sein. Dann biste 70, brauchst ein künstliches Hüftgelenk, die Zähne fallen dir raus, ... und dann sind es die anderen, die dafür zahlen, dass dir geholfen wird.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).


leberblümchen
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Beitrag So., 15.12.2013, 14:08

In einer Solidargemeinschaft ist die Frage "wer zahlt mehr ein" ja auch nicht wirklich angemessen. Ein gesunder Mensch zahlt logischerweise immer mehr ein, als er 'bekommt' - so lange, bis er krank wird. Wenn man das am Ende alles wieder aufdröseln würde, bräuchte es dieses System nicht: Es funktioniert nur, weil man weiß, dass es IMMER Menschen gibt, die mehr zahlen, als sie bekommen - genauso wie es Menschen gibt, die mehr bekommen, als sie zahlen. Das ist so, und daran ist auch gar nichts verkehrt.


ziegenkind
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Beitrag So., 15.12.2013, 14:13

genau, finde ich auch. nur dann sollte man in dem gedanken auch konsequent sein. und eine solidargemeinschaft, die in jedem fall die leicht manipulierbare mehrheit entscheiden lässt, dies ja, dies nein, die ist die längste zeit eine solidargemeinchaft gewesen. da ist das eifersüchtige sich gegenseitige zerfleischen vorprogrammiert. das wollte ich mit meinem dicken-beispiel zeigen. und am ende entscheidet dann der chefredakteur von bild, was geht und was nicht. um es noch mal drastisch zu sagen: es gibt ja auch einen grund dafür, dass mehrheitsentscheidungen z.B. keine grundrechte außer kraft setzen können.
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Jenny Doe
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Beitrag So., 15.12.2013, 14:17

@ Stern
Was sollen denn objektive Kriterien für den Erfolg von Therapien sein, die alle Menschen, gleichermaßen betreffen sollen?
Es existieren einheitliche Kriterien, wie z.B. Medikamenteneinnahme reduziert, Anzahl der Arztbesuche reduziert, weniger Fehltage am Arbeitsplatz, Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeitkeit, ... Also all das, was auch der Gesamtwirtschaft zugute kommt. Nur, .. die individuellen Therapieziele können davon abweichen, und bleiben in solchen Fragebögen unberücksichtigt.
So argumentiert aber die Kasse nicht... sondern die argumentiert eher über den Zeitfaktor.
Stimmt schon, was du sagst, doch ich denke, dass die Stundenbegrenzung insbesondere für die PA, weil sie tiefer geht, nicht folgenlos bleiben wird, auch wenn eine Einzelfallprüfung möglich ist. Eine Beschränkung auf 50 Minuten wird für den Analytiker bedeuten, erst mal nicht zu tief zu gehen und für den Klienten, sich besser erst mal nicht zu tief einlassen, ... denn wenn mal die Wunden aufgerissen wurden und es dann nach 50 Stunden heißt, "keine Verlänerung", dann steht der Klient da und es geht ihm vielleicht schlechter als vorher.
Auch wenn die Kasse nicht sagt "PA abschaffen", die Stundenbegrenzung wird die PA verändern, denke ich.
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stern
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Beitrag So., 15.12.2013, 14:25

Jenny Doe hat geschrieben:
(und ich bin vorsichtig, weil ich sonst von den VTlern wieder eine auf den Deckel krieg). Ich fühle mich von dem Krankheitskonzept der VT einfach nicht verstanden (...).
Ich finde das nicht schlimm. Deshalb gibts ja verschiedene Therapieverfahren
Ja, noch . Man formuliert es zwar anders... sei es als Beratung, Aufklärung, Sprechstunde oder Koordinationsstelle, lange Wartezeiten, usw.... aber faktisch wird die Wahlfreiheit eingeschränkt. Es wird ja relativ explizit formuliert, dass es Patienten geben soll, die gar keine Therapie bräuchten.

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ich befürchte, dass das lustiger polemik tüt und tor öffnen würde, so zu argumentieren. und wenn man mir sagt, meine therapie sei ein luxusbedürfnis, das ich selber zahlen soll, dann sage ich, dass ist strukturell ein ähnliches argument, wie die verweigerung an medizinische hilfe an dicke. (eine verweigerung, die ich nicht befürworte).
nur klarstellend, weil ich dazu ja auch etws geschrieben hatte. Auf deine Therapie bezog ich mich nie (wäre zumindest nicht beabsichtigt). Sondern allgemein: Wenn etwas nicht (mehr) der Krankheitsbehandlung dient, so finde ich es schon recht und billig, wenn dafür nicht die Solidargemeinschaft aufkommen muss. Krankheiten wie PS sind natürlich zu finanzieren.

Und die Kasse versucht Kriterien zu entwickeln (wie gerecht die sind, ist natürlich streitbar), zu ermitteln, was notwendig und angemessen ist.

Allerdings sehe ich es anders als die Kasse eher so: Wenn jeder wirklich das erhalten würde, was notwendig ist, Krankeit zu beseitigen bzw. zu lindern, bräuchte es eine Ausweitung des Therapieangebotes . Das ist aber (wenn ich recht gelesen habe und erinnere) nicht geplant, das Angebot zu erhöhen (sondern das bleibt eher gleich... aber man überprüft die Selektion). Meine Lesart.

Interessant fände ich die Frage: Woran macht die Kasse fest, dass manches "Luxusbehandlung" ist also Leute Therapien erhalten habe, für die andere Maßnahmen sinniger (gewesen) wären. Studien sind halt so eine Sache: I.d.R. gibt es ja mehrere... darunter welche, die das belegen, was man behaupten will. Und solche, die das genau widerlegen. Man muss sich dann nur die richtige von beiden aussuchen, eine schlüssige Argumentation basteln... und alles was negativ klingen könnte (wie Leistungskürzung der Zugangskontrolle) positiv formulieren (z.B. Verteilungsgerechtigkeit erhöhen) .
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Beitrag So., 15.12.2013, 14:44

Jenny Doe hat geschrieben:Es existieren einheitliche Kriterien, wie z.B. Medikamenteneinnahme reduziert, Anzahl der Arztbesuche reduziert, weniger Fehltage am Arbeitsplatz, Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeitkeit, ... Also all das, was auch der Gesamtwirtschaft zugute kommt. Nur, .. die individuellen Therapieziele können davon abweichen, und bleiben in solchen Fragebögen unberücksichtigt.
Natürlich berücksichtigt die Kasse (und das auch heute schon) auch wirtschaftliche Kriterien.

Nur das ist doch unzureichend: Also welche Kriterien legt man an denjenigen an, der arbeitet, obwohl er eine psychische Kranhkeit hat. Bzw. nicht alle psychischen Störungen gehen zwangsweise zu Lasten der Arbeitsfähigkeit, d.h. manche schaffen es die Arbeitsfähigkeit aufrecht zu erhalten, sei es weil sich gute Ressourcen haben oder eine nicht sooo starke Funktionsbeeinträchtigung erleiden. Manche nehmen keine Medikamente oder bei manchen Störungen greift das nicht so gut.

Es soll etwas (und das standardisiert) objektivieren werden, das nicht wirklich objektiv werden kann (meine Meinung). Dabei kommt doch Pseudoobjektivität heraus.

O.k. halbernst gemeint (aber vielleicht kommt die message an): Für einen Arztphobiker kann es sogar ein Erfolg sein, wenn die Arztbesuche sich erhöhen. Insofern zweifele ich, dass es wirklich valide objektiv-einheitliche Kriterien gibt, die man über jeden stülpen kann. Auch die Diagose sagt nur bedingt etwas darüber aus, wie leicht bzw. schwer die Störung wirklich ist bzw. welcher Behandlungsaufwand angemessen ist... weil da vieles eine Rolle spielt. Auch beim Neurotiker können Funktionsbereiche massiv gestört sein, vgl. Klinik. Deneben gibt es Menschen mit PS, die funktionieren in einigen Belangen sehr gut... usw.
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Beitrag So., 15.12.2013, 14:48

Man kann sich ja viel vormachen, Tatsache ist aber, dass durch zuwachs der Alten, Sozialhilfeempfängern, Zivilisationskrankheiten usw. die Solidargemeinschaft auf kurz oder lang dazu gezwungen wird, sich zu überlegen, was sie bezahlt und was nicht. Das hat auch gute Seiten. Sonst sind wir irgendwann soweit, dass sich wenige alles leisten können, der Rest nichts.

Klar, die Entscheidung dürfte nicht anhand einer allgemeinen Umfrage erfolgen, da müssen Sachverständige her. ABER: Die gibt es in der Psychoszene nicht. Und weil man auch keine Notwendigkeit erkennt, die Wirksamkeit von Psychotherapien Schulunabhängig zu erforschen, sind die Verkürzungsmaßnahmen auch so willkürlich. Da argumentiert die Kassa eben mit der Therapiedauer, die nun gar nichts aussagt. Und davon betroffen sind jetzt Plazebopatienten und schwer Kranke gleichermaßen. Das ist wirklich absurd. Dabei wäre zur Beurteilung ein zuverlässiges Diagnosesystem, eine wirksame Therapie und Prognose notwendig. Dann könnte man auch selektieren. Aber die Diagnosen sind für die Fisch', in dem Fall für die Kassen, Therapie kann jder machen, wenn ihm der Schuh drückt und die Prognose hängt von der Schule ab. Also bei der VT heilt die Krankheit in 60, bei der Analyse in 300 Stunden etc.

Man wird sich angesichts dieser Missstände schwer tun, gegen die Kassen vorzugehen.
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stern
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Beitrag So., 15.12.2013, 15:06

ziegenkind hat geschrieben:was ich auch nicht verstehe: was hat jemand, der tfp macht und mit seinen 80-100 stunden nicht auskommt (was ich gut verstehe), davon, dass ALLE nur noch 50 stunden bekommen?
natürlich nichts... also wie gesagt: ich hoffe eh, das Positionspapier kommt nicht zur Umsetzung.

So wie ich es verstanden habe, geht es dann allen Therapien an den Kragen (weil... was für eine Begründung... ja 2/3 der Therapien eh vor 25h beendet werden, usw.). Nur ist logischerweise der Unterschied zwischen 50 und 100 weniger deutlich als zwischen 50 und 300, aber beides ist im Grunde genauso übel (also ganz unabhängig vom Verfahren). Denn natürlich trifft es auch den TFPler oder VTler, wenn dessen Therapie mit aufgerissen Themen und bei fortbestehender Behandlungsnotwendigkeit zwangsbeendet wird. Ist doch für jeden sch***, wenn er eine Therapie nicht zufriedenstellend beenden kann oder es dann vielleicht Leute gibt, die von Kurzzeittherapie zu Kurzzeittherapie geschubst werden, oder nicht?

Und dazu gibt es, wie gesagt, auch Studien, die zu dem Ergebnis kamen, 2/3 der Patienten (VT/TFP) reicht bereits das bisherige Höchstkontigent nicht. Ich weiß nicht, ob man dann weiter rechechiert: Was passiert danach. Nun gut, manche werden privat zahlen. Andere wechseln vielleicht das Verfahren (soweit möglich). Manche gehen stationär (soweit möglich). Andere gehen vermutlich auch vor die Hunde.

Und berücksichtigt man den volkswirtschaftlich Kosten, die durch mangelhafte Behandlung entstehen, denn nicht?
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Beitrag So., 15.12.2013, 15:33

@ Stern
Und dazu gibt es, wie gesagt, auch Studien, die zu dem Ergebnis kamen, 2/3 der Patienten (VT/TFP) reicht bereits das bisherige Höchstkontigent nicht.
Ja, das ist die Frage, wo man die Grenzen setzen soll. Die Medizin hats da einfacher. Wenn die Chemotherapie nicht wirkt, dann wars das für den Patienten, dann ist er weg. Aber in der Psychotherapie besteht die Erwartung, dass immer weiter gezahlt wird.

Und: Ich möchte gerne wissen, wie sich die Patienten, denen Therapie nicht hilft, zusammensetzen. Da wird es therapieresistente Klienten geben, Klienten, die aus Abhängigkeit oder Gewohnheit in Therapie bleiben, Klienten, die beim falschen Therapeuten oder im falschen Therapieverfahren gelandet sind oder bei unfähigen Therapeuten, Patienten mit komplexen Störungen, ...
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Broken Wing
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Beitrag So., 15.12.2013, 15:41

@ Stern: Schön, dass man über die zwei Drittel Klarheit erlangt hat. Was bedeutet das? Soll nun durchgezählt und jedem Dritten nur noch 50 Stunden gewährt werden? Oder für alle mehr als der Mindestzeit, weil das bei der Mehrheit nicht funktioniert?

Solche Studien sind absolut nichts wert.
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leberblümchen
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Beitrag So., 15.12.2013, 15:59

stimmt, jenny, das ist das Doofe: Es besteht die Erwartung, dass immer weiter gezahlt wird - was grundsätzlich ja sinnvoll ist, nur: Es gibt eben keinerlei Beweise, dass Psychotherapie jedem Patienten hilft. Unter anderem liegt das auch - wie du sagst - an Faktoren, die im Patienten liegen, und die zu überwinden keinem Therapeuten gelingen würde. Und dennoch will natürlich auch die Kasse nicht, dass ihre Patienten weiter leiden. Dieses Problem kann gar nicht gelöst werden - zumal man auch nicht genau weiß (nicht mal der Therapeut weiß das immer), warum eine Therapie entweder scheitert oder aber zu wenig hilft.

Die einzige Möglichkeit, zumindest ansatzweise etwas zu ändern, wäre die Eigenbeteiligung.

Ich habe mal von einem Analytiker gelesen, der sagt, es sei die Aufgabe des Patienten, sich um die Antragsstellung bei der Kasse zu kümmern. Das fand ich schon mal gut - kann aber sein, dass das halt auch nur bei den 'funktionierenden' Patienten angemessen ist. Aber es wäre immerhin ein Weg, dem Patienten zu verklickern: Wenn du etwas möchtest, dann kümmere dich auch darum - anstatt nur darauf zu warten, dass du 'oral' versorgt wirst.


chaosfee
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Beitrag So., 15.12.2013, 16:05

leberblümchen hat geschrieben:Und es ist und war schon immer so: Reichtum und Chancen sind ungleich verteilt. Warum sollte das ausgerechnet in Bezug auf die Psychoanalyse anders sein?

Wichtig wäre nur, wie gesagt, den Patienten vorher darüber zu informieren, dass die Analyse eben nicht 'voll' finanziert wird.

Leberlümchen, weil du das hier immer und immer wieder anführst: Es sollte in Bezug auf Psychotherapie (es geht nicht allein um PA) anders sein, weil sie eine Maßnahme zur Heilung von Erkrankungen ist. Ich finde deine Einstellung gefährlich, zumal in Zeiten, in denen ein niedriger sozialer Status Risikofaktor für eine psychische Erkrankung ist.
Das kann man natürlich mit einem Schulterzucken hinnehmen, wenn man in der Lage ist, eine solche Behandlung privat zu zahlen. Viele Betroffenen werden das nicht sein.

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stern
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Beitrag So., 15.12.2013, 16:06

Broken Wing hat geschrieben:@ Stern: Schön, dass man über die zwei Drittel Klarheit erlangt hat. Was bedeutet das? Soll nun durchgezählt und jedem Dritten nur noch 50 Stunden gewährt werden? Oder für alle mehr als der Mindestzeit, weil das bei der Mehrheit nicht funktioniert?
Von Klarheit sprache ich bisher nie... sondern eher, dass es für alles mögliche zwei Arten von Studien gibt: Solche die das nachweisen sollen, das man beweisen will... und solche die das Gegenteil davon beweisen. Man muss dann nur die passende zitieren. Ach ja, und natürlich gibt es für beide Positionen auch Experten, die dann nachweisen, dass die Studie, die der eigenen Überzeugung widerspricht, methodische Mängel vorzuwerfen sind.

Das gilt natürlich auch für besagte Studie.

Zwangsbeendigungen bzw. Verfahrenswechsel sind aber doch Realität... oder bezweifelst du das? Das behaupte ich auch ganz ohne Studie, sondern indem man sich mit Leuten unterhält. Der exakte Umfang ist streitbar, das stimmt.

Was den Kassen vorschwebt, ist dem Postionspapier zu entnehmen... wenn ich mich darauf beziehe, entspricht das natürlich nicht notwendigerweise meiner persönlichen Meinung. Die ich vielmehr damit kenntlich gemacht, dass ich hoffe, das Papier kommt in der Form nicht zur Anwendung.

Um in Erfahrung zu bringen, dass manchen Kassen die PA ein Dorn im Auge ist, dazu braucht man jedoch nur zu lesen... die TK formuliert das ja noch unverblümter:
Für die TK erscheint es aber nicht nachvollziehbar, wenn die gleiche Diagnose bei einem Verhaltenstherapeuten in einer Kurzzeittherapie in 25 Stunden behandelt werden könne, bei einem Analytiker jedoch mindestens 40 Stunden in Anspruch nehme.

Die Kasse hat sich zudem die Diagnosen genau angeschaut. "Jeder Vierte, der eine Psychotherapie erhält, leidet an einer leichteren Erkrankung. Für diese Patienten könnten vielleicht andere Angebote hilfreich sein", sagt Thomas Ballast, stellvertretender Vorsitzender im Vorstand der TK.
http://www.spiegel.de/gesundheit/psycho ... 97643.html
Wie gesagt: Zitate entsprechen nicht notwendigerweise meiner Meinung... aber vielleicht verteilt die Kasse lieber 6 x 50h VT an 6 Patienten als an einen Patiente 1 x 300h PA... und bei den 6 Patienten muss man dann noch genau schauen, ob Selbsthilfegruppe nicht auch ausreicht. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dies sei nur Polemik.

Wenn es wirklich so ist, dass Patienten Schwierigkeiten haben, ein Therapieangebot zu finden, dann könnte man so zwar in der Tat (quantitativ) mehr Patienten versorgen (global und eindimensional betrachtet). Aber warum weitet man dann nicht das Angebot aus? Ha ha, vermutlich weil man sagt: es werden Leistungen in Anspruch genommen, die entweder nicht nötig sind oder effizienter behandelt werden können.

Eine Lösung, die für alle gerecht ist, wird es dabei so oder nicht nicht geben. Oder gab es das schonmal? Ist mir etwas entgangen.
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Beitrag So., 15.12.2013, 16:11

Es ist natürlich leicht, Ungerechtigkeiten anzuprangern. Es ist auch wichtig. Aber es ändert leider nichts daran, dass es diese Ungerechtigkeiten immer geben wird.

Niemand sagt, dass PT nicht garantiert werden sollte! Nur ist doch klar, dass nicht für jeden Menschen dasselbe im Leben bereitsteht: Ich meine damit noch nicht mal Armut, sondern den Unterschied zwischen einer Familie, die sich zu viert eine Dreizimmer-Wohnung an der Hauptstraße teilen muss, während eine andere Familie eine Villa im Grünen hat. Von der Partizipation an Bildung und Kultur (Reisen, Instrumente, Konzerte) mal ganz abgesehen. Wenn du es richtig anpacken willst, dann musst du erst mal das Verteilungsproblem lösen - was dir nicht gelingen wird... Das Problem ist nämlich, dass beengte Wohnverhältnisse in schlechten Gegenden als solche schon krankmachend sind.

Wie gesagt: Es gibt Länder, in denen die PT eine staatliche Leistung ist, die einem zusteht und die gratis ist, und zwar ohne Kontingente. Das ist aber 'nur' das Standardprogramm und nicht die Luxusversion, bei der jeder seinen 'Privatanalytiker' hat. Dennoch wird das schon auch helfen. Wer mehr möchte, der zahlt. Und das ist schei.ßegal, auf welchen Lebensbereich du das beziehst! Schule, Gesundheit, Ausbildung, Wissen...

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