Trauer verarbeiten - wo und wie?

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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Rosshauptnerin
neu an Bo(a)rd!
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Trauer verarbeiten - wo und wie?

Beitrag Sa., 03.10.2009, 18:32

Hi -
bin neu hier, wollte aber mal fragen, ob mir vielleicht jemand Tips geben kann.
Ich habe bisher nur verhaltenstherapeutische Maßnahmen erfahren und die haben mir leider nicht viel weiter geholfen. In den letzten Jahren fallen mir immer öfter Ereignisse wieder ein, die in mir Trauer hätten hervorrufen müssen, mir wurde aber die Trauer in meiner Kindheit verboten und ich habe dieses Verhalten nie abgelegt.
Diese latente Trauer ist, soweit ich heute erkennen kann, die Ursache für meine innere Wut, mein Selbsthass und eine Aggression, die sich letztendlich gegen mich richtet.
Wo finde ich Hilfe hiermit umzugehen? Wäre hier eine tiefenpsychologische Behandlung angebracht? Oder sollte ich gleich in einer Aggressionstherapie gehen? Ich kenne mich da nicht so aus.

Rosshauptnerin

(Hinweis Admin: Betreffzeile präzisiert und Beitrag in den korrekten Bereich verschoben.)

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ENA
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Sa., 03.10.2009, 19:50

Also ich kann mir da eine tiefenpsychologische Therapie schon ganz gut vorstellen, weil sie ja eben in die Tiefe geht. Ich denke, da werden dann ja auch die Gefühle im Vordergrund stehen, die kommen. Bei einer Aggressionstherapie steht die Aggression und der Umgang damit im Vordergrund.

Was bedeutet denn eigentlich das hier:
Rosshauptnerin hat geschrieben:Ich habe bisher nur verhaltenstherapeutische Maßnahmen erfahren und die haben mir leider nicht viel weiter geholfen. In den letzten Jahren fallen mir immer öfter Ereignisse wieder ein, die in mir Trauer hätten hervorrufen müssen,
Fühlst Du die Trauer nicht, vermutest sie aber anhand von beobachteten Verhaltensweisen?...oder fühlst Du Aggression und vermutest, dass da unverarbeitete bzw, festsitzende Trauer hinter steckt?

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Lilie9
sporadischer Gast
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Beiträge: 9

Beitrag So., 13.12.2009, 19:56

Ich wäre auch für eine tiefenpsychologische Therapie, da dein Verhalten ja eindeutig von deiner Kindheit her kommt. Dies aufzuarbeiten wäre sehr wichtig für deine weitere positive Entwicklung und für deine Trauerverarbeitung. Deine Wut, Agressionen und dein Selbsthass würde so auch irgendwann verschwinden. Am Anfang zumindest weniger werden.

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Tigerkind
[nicht mehr wegzudenken]
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Beiträge: 2175

Beitrag Do., 04.02.2010, 20:38

Hm, möchte dieses Thema gerne nochmal aufgreifen.

Habe auch das Problem Trauer nicht zulassen zu können.Mache bereits tiefenpsychologische Therapie, mein Therapeut meint dazu ich soll diese Trauer mit Freunden verarbeiten.Das möchte ich aber nicht, es ist mir peinlich vor meinen Freunden zu weinen.

Kann man denn Trauer nicht auch in einer Therapie verarbeiten oder geht das nicht ? Weil Trauer selbst ist ja keine Krankheit, sondern eine gesunde Reaktion, vielleicht schickt er mich deshalb mit diesem woanders hin ?
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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Innere_Freiheit
Forums-Gruftie
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Beitrag Do., 04.02.2010, 20:51

Hallo,

ein Weg, ein Gefühl zu verarbeiten ist, es zu fühlen..... es bewusst zu fühlen,... es akzeptierend zu fühlen, .... es immer mehr zu fühlen.... um es dadurch zu Ende zu fühlen, so dass es unseren Körper wieder verlassen kann.
Um das zu können, braucht man die innere Erlaubnis, ..... die Erlaubnis, dass das Gefühl, in deinem Fall die Trauer, wirklich da sein darf. - Wenn du dir selbst diese Erlaubnis geben kannst, dann ist für dich vielleicht der Thread "Gefühle wirklich fühlen.." interessant.

Wenn du dir diese Erlaubnis selbst nicht geben kannst, oder wenn du bei deinem Fühlen einfach Unterstützung haben möchtest, dann ist ein Begleiter recht nützlich..... ein Begleiter, der Traurigkeit akzeptieren kann, der damit gut umgehen kann.
Freunde sind hier vielleicht nur bedingt geeignet, wenn sie nicht selbst schon einen längeren Reifeprozess hinter sich haben..... - meiner Ansicht nach ist gerade dies die Aufgabe eines Therapeuten, hier Unterstürzung zu bieten. - Dies geht freilich nur, wenn der Therapeut selbst für sich schon das Thema "Trauer" bearbeitet hat, wenn er nicht selbst Angst vor Trauern hat....

Ich wünsche dir, dass du - so oder so - die nächsten Schritte mit deiner Trauer gehen kannst.

Innere Freiheit
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nichtmehrda
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Beitrag Mo., 22.02.2010, 23:48

Hallo Tigerkind!
Darf ich mal fragen, worum / um wen du trauerst? Klar, Trauer ist ein ganz normaler Prozess, und sicher keine Krankheit. Es ist halt auch die Frage, wie lang du schon trauerst. Trauer die nicht zugelassen wird, Trauer, die auch kein Ende zu nehmen scheint (zB länger als etwa ein Jahr nach dem Tod eines nahestehenden Menschen immer noch nicht besser wird) sollte wohl wirklich besser in die Hände eines Therapeuten, der damit umgehen kann. (wie schon Innere Freiheit angemerkt hat) Die Anmerkung deines Therapeuten finde ich eher befremdlich. Auch ich bin in Therapie und meine Thera ist natürlich auch der Meinung, dass Freunde eine ganz wichtige Stütze und Begleitung sind. Auch sie hat mir schon mal gesagt, dass traurig zu sein eine ganz gesunde Reaktion ist.Aber sie würde mich nie "wegschicken" zu meinen Freunden, um meine Traurigkeit zu verarbeiten.

Das mit den Freunden ist so ne Sache... Meine Erfahrung ist, dass Freunde und gute Bekannte unheimlich wichtig sind. Auch wenn man nicht weinen mag vor ihnen. Ich habe eine Freundin, die ist meine Anlaufstelle zum Ausweinen. Aber es gibt auch Grenzen denn ich will sie nicht überfordern. Und dann hab ich auch Freunde, denen würde ich nicht gern all meine Trauer erzählen (obwohl sie natürlich schon von einigen Dingen wissen, die mich traurig machen) und schon gar nicht möchte ich bei ihnen weinen. Sie sind aber dennoch eine ganz wichtige Stütze, meine "Lachgruppe" sozusagen. Denn trotz aller Trauer, trotz aller Sorgen entdecke ich immer mehr, wie wichtig es auch ist, das Lache nicht zu verlernen, oder womöglich sogar wieder-zu-erlernen, auf ganz andere Gedanke zu kommen, einfach mal wieder unbeschwert sein...
Hilfreich kann auch eine Trauergruppe sein. Eventuell kann dir eine Hospizeinrichtung Tipps geben, ob es sowas in deiner Nähe gibt. Auch Krebsberatungsstellen haben oft mal Anlaufstellen für Trauernde.

Ganz lieben Gruß
momo
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nichtmehrda
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Beitrag Di., 23.02.2010, 00:03

noch ein Nachtrag:

wenn die Ursache deiner Trauer / Traurigkeit noch tief vergraben ist oder du sie nicht zulassen kannst, weil du die Ursache nicht wissen willst oder nicht hinschauen kannst, ist es natürlich unumgänglich, eine Therapie zu machen. Wenn die Ursachen einmal klarer sind, oder ohnehin schon immer klar waren, geht es wohl mehr darum, im Rahmen einer Therapie Wege zu erarbeiten wie du aus deiner Trauer rauskommst. Und da kann dir niemand Patentrezepte vorsetzen, sondern das kannst nur du selbst (mit Unterstützung des Therapeuten!!!) rausfinden.
Das Umsetzen dieser Erkenntnisse ist dann sicher mehr oder weniger deine Sache. UNd dafür können Freunde natürlich schon eine ganz wichtige Hilfe sein. Denn es ist so wichtig, dass du nicht in deiner Traurigkeit zudem noch einsam und allein gelassen bist!
Eine (zusätzliche) meiner Erfahrung nach recht gute Sache kann auch sein, sich jeden Tag selbst eine "gute Tat" zu schenken, sich jeden Tag was Gutes zu tun, und wenn es nur eine ganz kleine Kleinigkeit ist. was tut dir gut? was brauchst du, damit es dir gut geht? Was tust du gern, was macht dir spaß?
hast du genug zu essen, zu trinken, hast du genug geschlafen? Gerade wenn die Zeiten traurig sind (oder sehr stürmisch) vergesse zB ich oft ganz leicht vor lauter Grübeln und Nachdenken auf solche "banalen" Dinge.
was war heute schön? was möchtest du dir vielleicht morgen gern schenken? Vielleicht ein Lächeln, das dir wer schenkt, ein schönes Bild, das du wo siehst, ein genüssliches Vollbad, eine angenehme Massage...

Aber wie gesagt - das sind nur ein paar möglichkeiten, sich langsam aus der trauer rauszuholen. was für dich zutrifft und dir hilft, kannst nur du selber draufkommen!

und noch was: Trauer darf sein!!! Schieb sie nicht weg und vergiss sie aber: du darfst sie auch mal in "einen Koffer packen" und für ein paar Stunden zur Seite stellen!!!! das kann manchmal auch ganz schön helfen!

nochmals lg
momo
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Tigerkind
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Beitrag So., 14.03.2010, 19:47

Hallo momo_will_leben, vielen Danke für Deine Antworten.

Sorry, das ich mich erst jetzt melde, hatte sehr, sehr viel um die Ohren.

Ja, es ist so das ich dieses Thema des öfteren angesprochen hatte, es kam dabei heraus, das ich Trauer nicht zulassen kann, leider haben wir aber nie geguckt warum das so ist, wäre vielleicht mal ein gutes Thema für eine Sitzung.
Einmal war es so, das er sagte, am Trauerthema (Tod von Vater und Bruder) möchte er mit mir nicht arbeiten, da er Angst hat, das ich dann tieftraurig nach Hause gehe und niemand da ist, der mich tröstet.
Ich habe sehr gute und enge Freunde, aber ich spüre das ich für dieses Thema jemanden mit etwas Distanz brauche ( z.B. den Thera ), ich habe mit einigen Freunden eine sehr, sehr große Nähe und gerade deshalb geht es nicht. Kann man das nachvollziehen ?
Ich würde es sehr gerne in der Therapie bearbeiten, aber was soll ich machen, wenn er nicht will ?

Gruß Tigerkind
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-George Orwell-

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ENA
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag So., 14.03.2010, 22:49

Tigerkind hat geschrieben:Ich würde es sehr gerne in der Therapie bearbeiten, aber was soll ich machen, wenn er nicht will ?
Hallo Tigerkind!

Was hälst Du von nochmal ansprechen oder Therapeut wechseln...oder neben der jetzigen Therapie in eine zusätzliche Trauergruppe gehen?
Habt ihr denn in der Therapie schon mal darüber gesprochen, wie Du jemanden finden, der Dich auch zu Hause trösten kann? Ich meine, vielleicht hat er ja auch ein ganz anderes Bild von Dir, als Du... .
Auf jeden Fall finde ich, gehört so ein Thema in die Therapie. Denn wenn Du noch nicht mal in der Therapie mit jemanden über Deine Trauer reden kannst, dann besteht doch die Gefahr, dass Du darauf sitzen bleibst. ...Vielleicht könnt ihr in der Therapie Ressourcen entwickeln, wie Du dahin kommen kannst, die Trauer auszuhalten (außerhalb und innerhalb der Therapie)?....Dann könntet ihr auch über diese sprechen!...

Wünsche Dir viel Erfolg und alles Gute,

ENA!

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nichtmehrda
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Beiträge: 399

Beitrag So., 14.03.2010, 23:17

Hallo Tigerkind!
Irgendwie finde ich es eigenartig, dass der Therapeut es ablehnt mit dir zu arbeiten, weil du sonst traurig heimgehst... ??????
ENA schrieb dir bereits das, was ich dir auch schreiben wollte...

ich wünsch dir auch alles Gute!
momo
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aisiola
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Beitrag Mi., 01.09.2010, 16:44

am 4 september jährt sich wieder der todestag meiner tochter, die vom sohn des nachbarn erschossen wurde, weil der vater die jagdwaffe nicht entladen hatte. ich kann meine trauer nicht überwinden. bin seit jahren in therapie, aber immer wenn die sprache auf meine tochter kommt, bekomme ich magen weh und innerliches zittern und will nicht davon sprechen. bei dem punkt kommen wir nicht weiter.. jetzt kommt wieder die ganze trauer in mir hoch. und auch der haß. da bin ich mir nie sicher was ich machen werde. danke fürs zuhören. beim schreiben tue ich mir leichter

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aisiola
Helferlein
Helferlein
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Beiträge: 86

Beitrag Mi., 07.09.2011, 17:19

hallo
jetzt ist wieder ein jahr vorbei, seit ich das letzte mal geschrieben habe. meine therapie habe ich auch weiter gemacht. nur bei diesen punkt, beim tod meiner tochter, kommen wir nicht weiter. meine therapeuten versucht immer wieder mit mir darüber zu reden. beim letzten mal, fehlten mir die worte, ich brach in tränen aus. was vielleicht ein fortschritt ist. eine reaktion, ich habe mein herz etwas geöffnet. ich kann auch manchmal auf den friedhof gehen, aber es tut furchtbar weh. und täglich sehe ich meine nachbarn, die das verschuldet haben, daß ist noch furchtbarer. und meine innerliche wut wächst immer mehr. manchmal weiß ich nicht, was ich tun soll.

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