Freund sah Toten! Wie kann ich helfen?

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.

Widow
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Beitrag Di., 08.11.2011, 12:50

Liebe Bina,

nur kurz heut:
Ich darf Dich noch einmal zitieren (obgleich ich das oben schon tat), diesmal greife ich die prägnanteste Stelle heraus:
Bina hat geschrieben:frag ihn doch mal nach allem möglichen und erkläre ihm, dass du sowas vielleicht noch nie gesehen hast, es total interessant findest. Damit wäre eigene Neugierde befriedigt und er kann darüber reden...[Herv. v. Widow]
Wer prinzipiell so über Tote redet ("total interessant", "eigene Neugier befriedigt"), nämlich wie über die neuesten Ergebnisse der Hirnforschung oder meinetwegen auch der Astrophysik oder wie über die Funktionsweise eines Flachbildfernsehers, der verdrängt - gelinde gesagt - und zwar massiv.
Und wer so über Tote mit einem reden mag, der gerade ob einer verstümmelten Leiche traumatisiert wurde, der erschiene mir wie die Gaffer am Rande des Unfalls.

Sorry, ist nur mein Empfinden.
Da ich zu diesem Thread nichts Sachdienliches beitragen kann, bin ich hier raus.

Einen herzlichen Gruß an alle,
Widow

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Bina
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Beitrag Di., 08.11.2011, 13:27

Widow hat geschrieben:Wer prinzipiell so über Tote redet ("total interessant", "eigene Neugier befriedigt"), nämlich wie über die neuesten Ergebnisse der Hirnforschung oder meinetwegen auch der Astrophysik oder wie über die Funktionsweise eines Flachbildfernsehers, der verdrängt - gelinde gesagt - und zwar massiv.
Und wer so über Tote mit einem reden mag, der gerade ob einer verstümmelten Leiche traumatisiert wurde, der erschiene mir wie die Gaffer am Rande des Unfalls.
SO habe ich das mit keinem Wort gesagt! Es ging mir nicht um die neueste Hirnforschung, etc., sondern wie in meinem ersten Beitrag geschrieben um Unfallhergang, wie es demjenigen ging (Bazinga's Freund), der dann als beruflicher Helfer dazu kam, was er gesehen hat, etc. Das ist für mich keine Verdrängung, sondern immer und immer wieder das Erlebte erzählen und vielleicht so irgendwann damit abschließen können. Reden hilft! Was machen wir in unserer Therapie denn anderes? Da ist jemand, der sich immer und immer wieder das anhört, was wir als Kinder oder aktuell oder wie auch immer erlebt haben, der uns aufmerksam zuhört, interessiert Fragen dazu stellt, sich in uns hineinversetzen möchte, interessiert ist daran, wie es uns damals und heute ging/geht. Verdrängen wir also auch alle in unserer Therapie? Sehe ich persönlich nicht so!
Damit, dass ich schrieb, dass es natürlich schön ist, wenn der Zuhörer zusätzlich auch noch beruflich ähnliche Situationen kennt, meine ich, dass derjenige eben aufgrund seiner eigenen Berufserfahrung auch noch Reaktionen zeigen kann wie "Ah...ok...SO habt ihr das gemacht, wir machen das immer anders..." oder ähnliches. Ich weiß, dass man das jetzt schon wieder missverstehen kann, wenn man es missverstehen will...aber vielleicht versteht unter euch ja auch jemand, wie ich es eigentlich meine. Ich finde es schwer, da Worte für zu finden.

Gruß

Bina


Widow
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Beitrag Di., 08.11.2011, 15:51

Liebe Bina,

wahrscheinlich hast Du recht: Ich bin einfach nur hysterisch, und was Du geschrieben hast, ist ein gutes Beispiel für Resilienz.
Entschuldige.

Eine Gruß,
Widow

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flowerbomb2
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Beiträge: 546

Beitrag Di., 08.11.2011, 16:01

Ich finde das schon was ganz anderes, wenn jemand tot ist, den man nicht kennt, oder jemand stirbt, den man nich kennt oder eben die persönliche Sache.
Ich habe schon Leichen obduziert und war kein bisschen berührt, weil es wirklich medizinisch war. Aber bei jemandem, der mir nahe stand, dessen "Leiche" im Sarg lag, habe ich mich übergeben, immer und immer wieder. Weil dieser Mensch Mensch bleibt, auch nach dem Tod, irgendwie lebendig tot erscheint, unwirklich, grausam. Ich würde auch da niemals von Leiche sprechen. Medizinisch ist das was ganz anderes oder beruflich, wenn jemand tot ist. Da darf man auch gar nicht solche Emotionen haben, sonst kann man den Job nicht machen.

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montagne
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Beitrag Mi., 09.11.2011, 11:48

Hi Bazinga.
ich denke du hast das ganze richtig erkannt. ich war slest mal beruflich in einer Situation eingespannt, in der ich und andere schreckliche Dinge erleben musten. Aber auch in diesem Beruf ist es unter den Älteren verpöhnt drüber zu reden. "Wir stehen da ja drüber." Ich habe nicht drüber geredet, mir hat es geschadet.

Ich denke aber es hat auch was mit Unwissenheit und Abwehr und Gruppendynamik zu tun. Niemand ist so cool, solche Bilder gehen JEDEM nah. das ist etwa,s das ich gerade gestern wieder von anderen erfahren habe. Von Menschen in meinem Alter, die in Tränen ausbrachen, als sie erzählten, was sie gesehen und erlebt haben. Es sind solche Dinge an denen ich auch zu nagen habe, über die aber auf meiner damaligen Arbeitsstrelle, da waren so die alten Hasen und Haudegen nicht gesprochen wurde.

Aber ich kenne sie genug genug und je älter sie werden, je mehr sie erleben, das gilt auch für Feuerwehrleute und Polizisten, Soldaten umso mehr kriegen sie Risse in der Psyche. Werden teilweise verschlossen und für ihre Umwelt eher unleidliche Zeitgenossen, Ehen gehen zu Bruch, Freunde wenden sich ab, usw.

Von daher, will ich dir dringend ans Herz legen mit ihm zu sprechen. Er muss ja keine Seelsorge auf der arbeit annehmen. Er kann auch Therapie machen, keiner muss das wissen. So habe ich es anfangs auch gemacht, heimlich.
Inszwischen bin ich selbstbewusst genug, zu sagen, dass mich das Erlebte belastet hat und ich es in eienr Therapie sortiere. und nun ist es auch kein Aufreger mehr. Ein Umdenken findet ja statt und es muss Leute geben, die mutig voran gehen.
amor fati

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