Scientology - Ziele, Methoden, Gefahren

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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yamaha1234
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Beitrag Do., 20.09.2012, 11:00

Blaubaum hat geschrieben: nach meinem verständnis könnte es ursprünglich geheissen haben "du KANNST nicht töten". das ewige leben heisst nicht umsonst ewig; der mensch kreiert es nicht, noch kann er es vernichten (in der höhle kommt es ihm nur so vor, als könnte er es)...
das war nur ein Beispiel mit dem töten, es könnte auch heißen: "du wirst nicht stehlen, wenn du dich mit Gott verbunden fühlst, "du wirst nicht rumhuren, wenn du dich mit Gott verbunden fühlst usw.usf.), es geht eben um die "Rückverbindung" zu/mit Gott, die eigentlich der Kern von allen Religionen ist.

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sinnliche
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Beitrag Do., 20.09.2012, 11:53

Blaubaum hat geschrieben:
wenn jemand nach soundsovielen jahren höchst aktiver mitarbeit bei scientology irgendwann die reissleine zieht und aussteigt, dann in fernsehshows rumgereicht wird und an seiner ehemaligen "religiösen" heimat kein gutes haar lässt, dann frage ich mich schon, ob der eigentlich die ganzen jahre die (möglichst auch noch akademisch gebildeten) augen ganz fest zu hatte oder ob er seine moralischen bedenken erst zum 50sten geburtstag geschenkt bekommen hat...
sehr glaubwürdig erscheint mir DIESES szenario dann jedenfalls nicht.
lieber blaubaum!

ja, es "scheint" so, dass die S.-aussteiger sehr vehement gegen S. vorgehen. aber ich sehe das nicht als "kein gutes haar" lassen... sondern, dass ein S.-aussteiger die ERKENNTNIS hat, dass eine sekte sein Leben über Jahre (oder auch fast sein ganzen Leben) "genommen" hat. wobei der PUNKT darauf liegt, dass er durch excellente psychoschiene angeworben wurde, und sich diesem psychoprogramm nicht entziehen konnte, weil er es nicht sah - worauf ja das psychoprogramm voll abzielt (und wir alle wissen, wie gut herrliche psychospiele einen menschen einverleiben können).

TROTZDEM können einige menschen (was sicher sehr schwer ist), zu einem zeitpunkt ihres lebens erkenne, was für ein fataler fehler das GANZE SYSTEM dort ist. (und ich habe großes mitgefühl mit diesen menschen, denn es ist sicher eines der schlimmsten dinge, erkennen zu müssen, dass man jahre- oder jahrzehntelang nach einem "programm funktioniert" hat).

und WEIL diese aussteiger das in ihrer vollsten grausamkeit am eigenen leib erkennen musste, ist natürlich (von einem emotional gesunden menschen) die bestrebung äußerst stark, so vielen menschen wie möglich dieses leid zu ersparen. das kann ich aus tiefstem herzen verstehen. und da S. einfach eine ausgesprochen "fatal funktionierende" psychologische umpolung hat, KANN ein aussteiger nichts anderes tun, als das bedingungslos und überall so gut wie möglich transparent zu machen. um andere menschen zu schützen einerseits, und andererseits: dieses tun als seinen weg der "heilung" zu beschreiten. denn würde er es nicht tun (können), würde er wohl zerbrechen.

man muss sich diesen punkt im leben eines aussteigers vorstellen: zu ERKENNEN, dass man sein ganzes (oder halbes) besch.. leben einer verdammten psychoscheiße gegeben hat. das ist eines der bittersten erkenntnisse, die man haben kann, sein leben vergeudet zu haben, weil ein paar köpfte gutes anwerben und umpolen gelernt haben...
ich glaube, dass viele menschen der sekte nach wie vor beiwohnen, weil sie den SCHMERZ dieser erkenntnis nicht tragen könnten. da machen sie lieber weiter mit und hinterfragen nicht. denn die antwort wäre "unpackbar".

ich verstehe dich, dass es "eigenartig" anmutet, wenn diese menschen so eine vehemenz an den tag leben. aber ich finde es situativ angepasst.

es mag natürlich "eigenartig" für menschen anmuten, wenn sie zuerst 20 jahre voll dabei sind, und dann ihre eigenen reihen beschmutzen sozusagen . aber in diesem fall finde ich das äußerst gesund *lol*. und auch sehr wichtig.

vielen menschen, die sich sekten entziehen und sehen, was gelaufen ist, ist dieses vehemente kämpfen danach zu eigen.

und da sind wir beim punkt, warum ich sage: schweigen ist gefährlich. oder "lassen", sich nicht drum kümmern.

und wenn du mal auf die site vom wilfried handl gehst: http://www.blog-gegen-scientology.wilfriedhandl.com/, kannst du mal sehen, was für ein wahnsinn das ganze wahr *g*. handl wird extrem von S. beobachtet, und du kannst mir glauben, hätte er irgend etwas auf seiner homepage, was nicht "rechtens" wäre, hätte ihn S. schon zerpflückt. auch, wenn die beiträge teilweise emotional gefärbt sind (was ich sehr nachvollziehbar finde), steht dort die wahrheit. und die ist echt schlimm. ich verstehe so sehr, dass aussteiger dem kampf gegen S. ihr restliches leben widmen. denn sie haben ihnen das eigene genommen..

alles liebe!
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Blaubaum
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Beitrag Do., 20.09.2012, 13:07

yamaha1234 hat geschrieben:...wenn du dich mit Gott verbunden fühlst
einerseits kann nur leben, wer auch tötet, und wenn es nur mikroorganismen sind, die in den körper gelangen, pflanzen, die wir essen oder insekten, die wir bei einem gang über eine wiese zertreten, ohne es zu merken oder zu wollen.
andererseits stirbt das leben als solches für mich nie. auch unrechtmässig erworbener besitz hat nur scheinbar den besitzer gewechselt, es kommt zu seinem rechtmässigen besitzer zurück, so oder so.
ich denke, mit gott verbunden fühlen muss man sich dafür nicht... . nicht jeder mensch, nicht jedes lebewesen fühlt einen gott, oder er/es fühlt einen gott, der tötet, der rache übt und dieses auch von seinen gläubigen fordert, und dennoch: wir können nichts schaffen und nichts vernichten...das ist für mich die frohe botschaft (oder ein teil davon): kein leben, kein tod, keine nicht-verbindung mit gott, keine (vor)bedingung, auch keine verneinung .
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Blaubaum
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Beitrag Do., 20.09.2012, 13:40

sinnliche hat geschrieben:man muss sich diesen punkt im leben eines aussteigers vorstellen: zu ERKENNEN, dass man sein ganzes (oder halbes) besch.. leben einer verdammten psychoscheiße gegeben hat.
ja, das kann ich nachvollziehen. und auch viele christliche priester dürften davon betroffen sein, sofern sie nicht völlig abgestumpft sind.
ich glaube, dass viele menschen der sekte nach wie vor beiwohnen, weil sie den SCHMERZ dieser erkenntnis nicht tragen könnten. da machen sie lieber weiter mit und hinterfragen nicht. denn die antwort wäre "unpackbar".
ja. und wenn dann noch eine karriere, pensionsansprüche und das ganze soziale umfeld auf dem spiel stehen...
vielen menschen, die sich sekten entziehen und sehen, was gelaufen ist, ist dieses vehemente kämpfen danach zu eigen.
sicher gibt es aussteiger, die sehen und umkehren. andererseits würde man vielleicht, wenn man hinter die kulissen schauen könnte und interna wüsste, so manchen "erwischen", der nicht einer besseren einsicht folgt, sondern vielleicht aus anderen gründen radikal umsteuert, z.b. wegen eines verlorenen machtkampfes innerhalb des systems, enttäuschter aufstiegshoffnungen...

wie auch immer, gegenwind kann nicht schaden (und auch gegen den wind kann man segeln).
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yamaha1234
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Beitrag Do., 20.09.2012, 21:09

@blaubaum
Sorry, ich glaube wir reden aneinander vorbei. Mit ging es um Kritik am Dogma, dass sich häufig durch "du musst" oder "du darfst nicht" oder "du sollst" Sätze ausdrückt und die Gläubigen sozusagen unterdrückt und dominiert. Im Kern von Religion geht es aber um die Erkenntnis, dass man das aufgrund seiner eigenen Rückverbindung sozusagen erkennt, dass die einhaltung dieser Gebote und ethischen Maßstäbe für das eigene seelenheil unabdingbar sind, dass gewisse Regeln einfach Sinn machen und ein Verstoß gegen diese regeln immer Konsequenzen nach sich zieht.

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Blaubaum
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 00:51

yamaha1234 hat geschrieben: ich glaube wir reden aneinander vorbei.
nö.
Im Kern von Religion geht es aber um die Erkenntnis, dass man das aufgrund seiner eigenen Rückverbindung sozusagen erkennt, dass die einhaltung dieser Gebote und ethischen Maßstäbe für das eigene seelenheil unabdingbar sind, dass gewisse Regeln einfach Sinn machen und ein Verstoß gegen diese regeln immer Konsequenzen nach sich zieht.
ja.

das geht aber auch ohne religion, oder? ich finde, eine religion, die nicht ohne sich selbst auskommt, ist keine.

und: gebote und ethische maßstäbe ändern sich im laufe der zeit, entstehen und vergehen nicht unabhängig von weltlichen erfordernissen und sehr diesseitigen bedürfnissen (z.b. kein schweinefleisch essen aus hygienischen gründen, nicht milchiges und fleischiges kombinieren, weil es zusammen schwer verdaulich ist, nicht "rumhuren", um geschlechtskrankheiten einzudämmen, ungewollten nachwuchs, um den sich niemand kümmern mag, zu verhindern, oder schlicht um eifersuchtsgefühle und -dramen zu vermeiden.....).

all diese sehr praktischen aspekte kann man, wie die heutige zeit zeigt, jedoch auch anders erreichen als mit religiösität, atheisten befolgen diese regeln genauso gern oder ungern wie religiöse menschen.


religion muss also mehr sein als das einhalten von regeln aufgrund der verbindung mit gott, viel mehr. vielleicht ist religion auch die verbindung mit gott/göttlichem OHNE irgendwelche regeln einzuhalten, ohne überhaupt zu wissen, was regeln sind?

ich glaube, dass, wenn ich mich durch etwas gestört fühle, mich betroffen fühle, mich aufrege etc., meine verbindung zu gott vorübergehend unterbrochen ist. dafür schäme ich mich nicht. ich bin ein mensch.
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yamaha1234
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 12:07

Blaubaum hat geschrieben: gebote und ethische maßstäbe ändern sich im laufe der zeit, entstehen und vergehen nicht unabhängig von weltlichen erfordernissen und sehr diesseitigen bedürfnissen (z.b. kein schweinefleisch essen aus hygienischen gründen, nicht milchiges und fleischiges kombinieren, weil es zusammen schwer verdaulich ist,
so manche Werte ändern sich eben nie. Nicht umsonst wird dem Menschen so etwas wie "Mitgefühl" mitgegeben, wenn Menschen dazu nicht mehr fähig sind, sind sie psychisch krank, aus diesem Grund ist bspw. "jemanden töten" weniger ein Gebot, als die logische Konsequenz dessen was ihm mitgegeben wurde. Tiere kennen dies nur bedingt (Welpenschutz). Warum es dennoch ein "Gebot" war, erkläre ich weiter unten.
Blaubaum hat geschrieben:
nicht "rumhuren", um geschlechtskrankheiten einzudämmen, ungewollten nachwuchs, um den sich niemand kümmern mag, zu verhindern, oder schlicht um eifersuchtsgefühle und -dramen zu vermeiden.....).


es geht dabei sicher nicht nur um Geschlechtskrankheiten, Nachwuchsverhinderung, oder Eifersuchtsgefühle. Es geht um den Schutz der ganzheitlichen Sexualität. Sexualität die zwei Menschen verbindet, sie "eins" werden lässt. Sexualität ist im Grunde eine zutiefst spirituelle Erfahrung, das was die Gesellschaft in den letzten 60 Jahren daraus gemacht ist, dieses "alles ist erlaubt solange es Spaß macht", ist bspw. etwas was für mich persönlich nichts mehr mit der "Verbindung zu Gott" zu tun hat. Ich habe die Erfahrung mit Menschen gemacht, dass je öfter diese ihre Sexualpartner wechseln, desto unglücklicher, ja geradezu innerlich "leer" wurden diese, irgendwann kam dann der Punkt, dass sich viele überhaupt nicht mehr auf eine wirkliche Verbindung einlassen konnten. Das Fleisch ist vielleicht willig, aber unsere Seele ist nicht dafür gemacht zügellosen Sex mit vielen Menschen zu haben. Es findet dann keine ganzheitliche Verbindung zwischen zwei Menschen statt, also Körper zu Körper und Seele zu Seele, sondern der sexuelle Akt wird reduziert auf eine "Begegnung der Geschlechtsteile". Der Mensch ist jedoch viel mehr....in dem Fall bin ich ein sehr großer Fan der "christlichen Sexualmoral", da sie die Sexualität des Menschen schützen möchte.

Blaubaum hat geschrieben:
vielleicht ist religion auch die verbindung mit gott/göttlichem OHNE irgendwelche regeln einzuhalten, ohne überhaupt zu wissen, was regeln sind?
genau das meine ich! Ich persönlich glaube, dass es sozusagen neben all dem Mitgefühl, der Liebe, den lebensbejahenden Werten selbstverständlich auch eine Kehrseite gibt, Hass, Neid, Missgunst, usw. . Ich glaube die Regeln "helfen" denjenigen die nicht in ihrer Mitte sind, und nicht mehr spüren können, welchen "Wert" sie gerade (aus)-leben. Ich denke aber übrigens, dass all die vermeintlich "christlichen Werte" in Wirklichkeit "humanistische Werte" sind. Erst durch die Zeit der Aufklärung wurden Menschenrechte usw. eingeführt. Die Kirche als Institution kannte und kennt leider nur das Dogma, auch wenn einiges "gut gemeint" ist, ist das Dogma sicher der falsche Weg.

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Passat
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 13:00

yamaha1234 hat geschrieben:in dem Fall bin ich ein sehr großer Fan der "christlichen Sexualmoral", da sie die Sexualität des Menschen schützen möchte.
... und die menschliche Integrität ganz generell.
yamaha1234 hat geschrieben:Ich denke aber übrigens, dass all die vermeintlich "christlichen Werte" in Wirklichkeit "humanistische Werte" sind.
In dem Zusammenhang hatte ich kürzlich ein Buch des italienischen Philosophen Gianni Vattimo gelesen. Grob zusammengefasst geht es ihm nämlich unter anderem genau darum: Die institutionalisierte Macht der katholischen Kirche aufzulösen; die von ihr seit jeher überlieferten Werte aber als humanistische, nicht-sakrale Werte aufrecht zu erhalten; biblische Inhalte also als Grundlage des menschlichen Miteinanders anzuerkennen.
In der Hinsicht kommt man also heute ohne Gott aus. Denn der Zwang durch die Kirche, die biblischen Inhalte strikt zu befolgen, ist irrelevant geworden. Von einer Religion des Zwanges hin zu einer Religion der Nächstenliebe. Man kann für sich danach leben, muß es aber nicht mehr für eine Institution tun und mit Bestrafung ihrerseits rechnen.
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Blaubaum
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 16:41

yamaha1234 hat geschrieben:so manche Werte ändern sich eben nie.
da bin ich mir nicht so sicher. dem wertewandel folgend wäre es z.b. bald an der zeit, die verwertung von tieren zum essen/leder produzieren etc. in die gebots/verbotsliste aufzunehmen, denn immer mehr menschen empfinden so. ebenso sollte man vielleicht aufhören, einerseits zu sagen "du sollst nicht (menschen) töten", und andererseits unendlich viele ausnahmen zuzulassen (krieg, todesstrafe, notwehr/nothilfe, staatliche gewaltausübung...). offensichtlich hat dieses christliche regelwerk nicht besonders viel mit dem empfinden der menschen zu tun (das dabei ja ständig verletzt wird), sondern es scheint machtpolitisch begründet zu sein.
Ich habe die Erfahrung mit Menschen gemacht, dass je öfter diese ihre Sexualpartner wechseln, desto unglücklicher, ja geradezu innerlich "leer" wurden diese, irgendwann kam dann der Punkt, dass sich viele überhaupt nicht mehr auf eine wirkliche Verbindung einlassen konnten.
ich denke, sie sind vorher schon leer. demnach wäre leere (und innere würdelosigkeit) die ursache und nicht die folge. genausogut kann leere und würdelosigkeit aber auch die ursache für lieblose monogamie sein.
Das Fleisch ist vielleicht willig, aber unsere Seele ist nicht dafür gemacht zügellosen Sex mit vielen Menschen zu haben. Es findet dann keine ganzheitliche Verbindung zwischen zwei Menschen statt, also Körper zu Körper und Seele zu Seele, sondern der sexuelle Akt wird reduziert auf eine "Begegnung der Geschlechtsteile"
.empfinde ich auch so. ich würde das aber nicht verallgemeinern, und ich würde auch nicht den umkehrschluss ziehen, dass in monogamen beziehungen eine warme, herzliche, tiefe verbindung die regel ist. oft ist angst/enge die triebfeder zur monogamie. oder auch ökonomische aspekte...
in dem Fall bin ich ein sehr großer Fan der "christlichen Sexualmoral", da sie die Sexualität des Menschen schützen möchte
gut,dass Du "christlich" in anführungsstriche gesetzt hast.
in china wurden früher sogar witwen oder witwer, die "fremdgegangen" sind, umgebracht. so eng legten sie das treuegebot aus, ohne dabei christen zu sein.
demgegenüber gab es offensichtlich taoistische gemeinschaften beiderlei geschlechts, in denen promiskuität in liebe, achtung und würde praktiziert wurde, ohne dass jemand innerlich leer war oder daraus entstehend wurde, im gegenteil. die menschen legten ihre innere erstarrung ab, übten freigebigkeit, kollektive grosszügigkeit ohne kleinliche eifersucht und besitzstreben. sie liebten, ohne zu bewerten.

dagegen haben christliche päpste und priester jahrhundertelang "die puppen tanzen lassen", und es gibt heutzutage nicht wenige stimmen christlicher menschen, die behaupten, dass Jesus tantrischen sex praktiziert hat. aus dem, was ich aus der bibel über ihn "weiss", spricht tatsächlich einiges dafür, wie ich finde.
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yamaha1234
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 18:09

Blaubaum hat geschrieben:da bin ich mir nicht so sicher. dem wertewandel folgend wäre es z.b. bald an der zeit, die verwertung von tieren zum essen/leder produzieren etc. in die gebots/verbotsliste aufzunehmen, denn immer mehr menschen empfinden so.
wirklich? Ich glaube eher der Eindruck täuscht, zwar gibt es immer mehr Vegetarier und Menschen die aus ethischen Gründen Fleischkonsum ablehnen, aber sorry, wenn ich das jetzt schreibe, sind das jetzt nicht eher "Luxusprobleme"? In Ländern in denen demografisch gesehen die Anzahl der Bevölkerung stetig wächst, herrscht große Armut, und in diesen Ländern könnte man sich diese "ethischen Maßstäbe" gar nicht leisten, webei dort der Fleischkonsum ohnehin geringer ist als in der westlichen Welt.
Blaubaum hat geschrieben: ebenso sollte man vielleicht aufhören, einerseits zu sagen "du sollst nicht (menschen) töten", und andererseits unendlich viele ausnahmen zuzulassen (krieg, todesstrafe, notwehr/nothilfe, staatliche gewaltausübung...).offensichtlich hat dieses christliche regelwerk nicht besonders viel mit dem empfinden der menschen zu tun (das dabei ja ständig verletzt wird), sondern es scheint machtpolitisch begründet zu sein.
Naja die Menschen die diese Macht ausführen, also andere im Krieg töten, die Todesstrafe anwenden, denen wurde das Gewissen ja sozusagen "abtrainiert". Hast schon mal gesehen wie bspw. Soldaten ausgebildet werden? Da ist kein Platz für ein persönliches Gewissen, sondern es werden Befehle befolgt. Ebenso findet sich so gut wie kein Arzt der die Todesstrafe ausführt, das sind Gefängniswärter die ähnlich wie Soldaten, extra dafür "geschult" wurden. Diejenigen die die Macht ausüben, also die Befehle erteilen, sind letztendlich vom tatsächlichen Geschehen sehr weit entfernt, und haben dadurch auch eine Möglichkeit ihrem Gewissen zu entgehen. Ich glaube aber, dass ein Mensch ohne diese "Vorbildung" oder ohne "psychischen Deffekt" eben nicht losziehen und andere Menschen töten kann.
Blaubaum hat geschrieben:aber nicht verallgemeinern, und ich würde auch nicht den umkehrschluss ziehen, dass in monogamen beziehungen eine warme, herzliche, tiefe verbindung die regel ist. oft ist angst/enge die triebfeder zur monogamie. oder auch ökonomische aspekte...
Da stimme ich dir absolut zu, interessant finde ich auch deinen Gedanken, dass womöglich erst die "Leere" bestand bevor es zum Sex "mit vielen" kam. So herum habe ich das bisher nie betrachtet. Finde ich einen spannenden Aspekt...
Blaubaum hat geschrieben: demgegenüber gab es offensichtlich taoistische gemeinschaften beiderlei geschlechts, in denen promiskuität in liebe, achtung und würde praktiziert wurde, ohne dass jemand innerlich leer war oder daraus entstehend wurde, im gegenteil. die menschen legten ihre innere erstarrung ab, übten freigebigkeit, kollektive grosszügigkeit ohne kleinliche eifersucht und besitzstreben. sie liebten, ohne zu bewerten.
finde ich auch interessant, kann ich mir aber nicht vorstellen, sobald liebe mit Sexualität korreliert gibt es meiner Meinung nach eine Art "exklusive" Verbindung. Sonst wäre die Partnerwahl ebenso wie der Sex beliebig.
Blaubaum hat geschrieben: dagegen haben christliche päpste und priester jahrhundertelang "die puppen tanzen lassen", und es gibt heutzutage nicht wenige stimmen christlicher menschen, die behaupten, dass Jesus tantrischen sex praktiziert hat. aus dem, was ich aus der bibel über ihn "weiss", spricht tatsächlich einiges dafür, wie ich finde.
klingt auch spannend, welche Stellen meinst du da genau? Und zu den Priestern: ja, eine Art "Doppelmoral" gab es in christlichen Weltanschauungen schon immer, in Sachen Integrität sicher kein Vorbild......

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yamaha1234
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 18:13

Passat hat geschrieben: In dem Zusammenhang hatte ich kürzlich ein Buch des italienischen Philosophen Gianni Vattimo gelesen. Grob zusammengefasst geht es ihm nämlich unter anderem genau darum: Die institutionalisierte Macht der katholischen Kirche aufzulösen; die von ihr seit jeher überlieferten Werte aber als humanistische, nicht-sakrale Werte aufrecht zu erhalten; biblische Inhalte also als Grundlage des menschlichen Miteinanders anzuerkennen.
hatte dieses Buch den Titel? "Jenseits des Christentums: Gibt es eine Welt ohne Gott?"

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Passat
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 19:11

yamaha1234 hat geschrieben:hatte dieses Buch den Titel? "Jenseits des Christentums: Gibt es eine Welt ohne Gott?"
Yep! Hast es ja schon gefunden.
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yamaha1234
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 19:27

Passat hat geschrieben:
yamaha1234 hat geschrieben:hatte dieses Buch den Titel? "Jenseits des Christentums: Gibt es eine Welt ohne Gott?"
Yep! Hast es ja schon gefunden.
Ja, und schon gekauft, klingt interessant

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Passat
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 20:11

yamaha1234 hat geschrieben:Ja, und schon gekauft, klingt interessant
Ich hätte dir auch mein Exemplar geliehen.

Ist aber inhaltlich schon recht anspruchsvoll, obwohl der Klappentext Einfachheit verspricht. Stell dich also auf eine hochphilosophische Abhandlung ein und nicht auf einen locker-leichten Lebensratgeberstil.
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Blaubaum
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Beitrag Fr., 21.09.2012, 22:43

yamaha1234 hat geschrieben:In Ländern in denen demografisch gesehen die Anzahl der Bevölkerung stetig wächst, herrscht große Armut, und in diesen Ländern könnte man sich diese "ethischen Maßstäbe" gar nicht leisten, webei dort der Fleischkonsum ohnehin geringer ist als in der westlichen Welt.
eben. und jemandem, der in der polarregion lebt, vegetarismus zu empfehlen, wäre dann völlig abwegig.
so abwegig, wie die forderung, sich von gierigen ausbeutern bis auf's blut aussaugen zu lassen und "noch die andere backe hinzuhalten". alles politik. nicht umsonst rekrutierte sich das christliche führungspersonal aus dem hochadel (und kollaboriert immer noch mit ihm).

ich glaube wie Du an eherne innere gesetze, aber ich denke, sie existieren unabhängig von gottes- oder religiösen vorstellungen.

es ist ein anderes gefühl für ein baby, ob es liebevoll oder kalt behandelt wird. und dieses gefühl ist die grundlage für alles weitere leben und erleben. Du hast völlig recht: diesem gesetz zuwiderzuhandeln hat etwas mit psychischer krankheit (in einem umfassenden, nicht klinischen sinn) zu tun.
sobald liebe mit Sexualität korreliert gibt es meiner Meinung nach eine Art "exklusive" Verbindung. Sonst wäre die Partnerwahl ebenso wie der Sex beliebig.
diese einstellung kann ich gut verstehen, z.t.teile ich sie. sie entsteht mE aus unserem erfahrungshintergrund (z.b. als kinder in den verschiedenen entwicklungsphasen in einer kleinfamilie: "heute gehört mama/papa mal ganz mir" ) und unendlich vielen entwicklungsdefiziten, die uns zeitlebens nicht mehr loslassen.

was wir heutzutage akzeptieren, ist der partnerwechsel nach einer angemessenen abstinenzzeit. trennung, abstinenz, neu verlieben...das geht. ging früher mal nicht, und wird in christlichen und vor allem muslimischen kreisen z.t. immer noch als sünde betrachtet und stigmatisiert.
es wandelt sich eben. früher hätten die meisten menschen gesagt: wenn man mal einen menschen wirklich liebt, kann man nie wieder einen anderen genauso lieben. stimmt aber nicht, wie wir sehen.

warum sollte es also nicht möglich sein, MENSCHEN zu lieben, unabhängig von anzahl, zeit, geschlecht, institutionellen verstrickungen (ehe)....und diese liebe auch körperlich auszudrücken?
welche Stellen meinst du da genau? Und zu den Priestern: ja, eine Art "Doppelmoral" gab es in christlichen Weltanschauungen schon immer, in Sachen Integrität sicher kein Vorbild......
ich habe die bibel vor jahrzehnten konsumiert, frag mich bloss nicht nach bibelstellen. hängengeblieben ist jedoch der allgemeine eindruck, dass Jesus, knapp gesagt, keine unterschiede gemacht hat, zwischen was auch immer. "huren und zöllner" waren ihm gleich viel wert wie "anständige leute". er hat diese doppelmoralige wohlanständigkeit gebrandmarkt und nicht als göttlich oder von gott gegeben/gefordert eingestuft. er hat die liebe als solches hervorgehoben. und die kennt eben keine grenzen, sie dehnt sich in's universum aus (wenn sie denn echt und vollständig ist).

und es gibt die bergpredigt

dazu mal eine frage: stell Dir vor, zwei menschen heiraten und geloben sich vor der gemeinschaft ewige treue. daneben stehen andere menschen, die sich schon ausgiebig in diese beiden verliebt haben und sie ebenfalls gerne geheiratet hätten, dies aber nun nicht mehr können. sie gehen leer aus. fühlt sich die strikte aufeinander-bezogenheit der beiden eheleute für Dich warmherzig oder kaltherzig an?
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