MBSR / Meditation / Achtsamkeit - ggf gemeinsam?

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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Miss_Understood
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Beitrag Fr., 02.03.2012, 20:54

wikipedia fragen und dazulernen ... interessant: http://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsei ... che_Trance
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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shouqici
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Beitrag Fr., 02.03.2012, 20:59

@ Phönixia

Kann ich nur unterschreiben - Kontemplation ist intensives Da-sein,
wahrnehmen, völlige Geistesklarheit - Trance ist eher das Gegenteil...

() shouqici
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montagne
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Beitrag Fr., 02.03.2012, 21:58

@ shouqici:
Sicher ist da ein ziel. Für aktive Gläubige Nirvana, Ende von Samsara. ich weiß nicht ob ich so weit glauben kann. Eher nicht. Aber ich glaube auch, durchaus aus gewisser Erfahrung, dass es wichtig ist wie man gelebt hat, dafür wie man später stirbt. Ob man innerlich in Ruhe stirbt und altern oder in Unruhe und was ja nicht selten vorkommt mit schweren psychischen Störungen. Ob man im Moment des Abgang klar ist.
Ich denke zentrale Lebenshaltungen und Momente spiegeln sich im Moment des Todes.

Ich mag den Zen wie Therapie. Nett, okay.
Meine Praxis ist mehr am Ursprung, am tibetsichen Buddismus orientiert. Das mit den zertifikaten kenne ich aus dem Kampfsport. Da gehört es hin. Mein Meister oder Sensei sagt mir, wie weit ich bin. Auch da gibts Stufen bis zur Erleuchtung (ist ja mehr als nur Körperübungen), bis zum meister- oder großmeistertum. Find ich okay.
Auch da ist es ja so, dass nur weil ich nie den meistertitel erreichen werde, es nicht heißt, dass ich nichts erreicht habe, das ich dastehe wie ein blutiger Anfänger.

Aber mein spiritueller Weg ist nicht objektiv messbar. Nichtmal ich kann es "objektiv" messen. Ich kann nur sagen wie ich mich fühle, so global. Aber bei mir ist es halt auch so, Gefühle geben mir Halt. (Das ich sowas mal sagen würde tsss, tsss.)

Ansonsten gibt es sicher Überschneidungsbreihe, wie stern auch sagt. Immerhin Thich Nath Han hat Vorgeschlagen man solle mit Buddha sprechen, sich ihn vorstellen, seine Hilfe annehmen. Ein Traumatherapeut würden sagen einen inneren Helfer rufen.zenn ist aber nicht immer, das was wirklich Buddhismus ist. Aber trotzdem gut, was eigenständiges.

"Gutes tun, Böses unterlassen, und den Geist klären". Auf die abweisende Rückantwort "Aber das weiß doch jedes Kind!" sagte er "Ja - ein kleines Kind mag das wissen, aber auch ein alter Weiser hat Schwierigkeiten es zu tun"
Ja. Simple und doch so gut und wahr.
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shouqici
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Beitrag Sa., 03.03.2012, 05:25

montagne hat geschrieben:Sicher ist da ein ziel. Für aktive Gläubige Nirvana, Ende von Samsara. ich weiß nicht ob ich so weit glauben kann. Eher nicht. Aber ich glaube auch, durchaus aus gewisser Erfahrung, dass es wichtig ist wie man gelebt hat, dafür wie man später stirbt.

Ja, da gehe ich ganz mit Dir konform - da Nirvana ja schon definiert ist als 'jenseits aller Vorstellungen', ist es natürlich eine Glaubensangelegenheit. Ich sehe mich auch nicht als 'gläubigen Buddhisten', habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass für mich die Denkmethoden des Buddhismus und Taoismus bisher am hilfreichsten waren.
Auch da ist es ja so, dass nur weil ich nie den meistertitel erreichen werde, es nicht heißt, dass ich nichts erreicht habe, das ich dastehe wie ein blutiger Anfänger.

Aber mein spiritueller Weg ist nicht objektiv messbar. Nichtmal ich kann es "objektiv" messen. Ich kann nur sagen wie ich mich fühle, so global.
Gerade bei sich selbst ist Objektivität wohl am schwersten...
Das mit dem 'blutigen Anfänger' würde ich gar nicht so negativ sehen - von Shunryu Suzuki gibt es das Buch 'Zen-Geist, Anfänger-Geist', und mein letzter Lehrer, der einmal Mitarbeiter von ihm war, hat mal zu mir gesagt "Bis gestern war ich Buddhist, was ich heute bin weiß ich nicht so genau, und morgen möchte ich ganz von vorne wieder anfangen..."
Immerhin Thich Nath Han hat Vorgeschlagen man solle mit Buddha sprechen, sich ihn vorstellen, seine Hilfe annehmen. Ein Traumatherapeut würden sagen einen inneren Helfer rufen.
Ja, das würde ich auch eher unter 'Therapie' einordnen. Thich Nhat Hanh hat viel in diese Richtung gemacht - einer seiner ältesten Schüler ist ein guter Freund von mir, und ich habe da einmal eine solche 'geführte Meditation' von ihm übernommen - war gut, ist aber irgendwie nicht mein Stil; Therapeut bin ich ja nicht
zenn ist aber nicht immer, das was wirklich Buddhismus ist. Aber trotzdem gut, was eigenständiges.
Naja, das würde ich auch von den div. Vajrayana-Schulen sagen - dem Ursprung am nächsten (soweit man das historisch zurückverfolgen kann) ist sicherlich der 'Weg der Alten', Theravada...

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shouqici
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Beitrag Sa., 03.03.2012, 09:33

Hallo Phönixia,
Ah, ein Staubsauger ist das also, ich habe schon überlegt, was es sein könnte.
Ich habe jetzt noch weitere ähnliche Sounds gefunden. Ich kannte das vorher gar nicht.
Verschiedenen Schallklänge und Theta-Wellen.
Mein erster Eindruck war auch 'Staubsauger im Nebenzimmer' - dann habe ich mir doch Stereokopfhörer geholt - dann war's ein fliegender Staubsauger, der mich umkreiste wie eine Wespe, wenn ich Obst esse - keine so beruhigende Assoziation...

Mit Theta-Wellen habe ich mal etwas recht Interessantes erlebt - das muss jetzt ca. 25 Jahre her sein - da hatte ich irgendwo gelesen, dass sich Gehirnwellen äußeren Stromreizen anpassen würden; jemand hatte da eine Versuchsperson über Elektroden am Kopf getakteten Stromimpulsen ausgesetzt, und die Gehirnwellen hatten sich dann diesem Takt angepasst.
Heute wäre ich wahrscheinlich vorsichtiger, aber damals habe ich mir so ein Gerät besorgt und den Versuch selbst gemacht. Ich hatte auch den Eindruck, dass ich bei der richtigen Frequenz schneller in eine tiefe Meditation kam, aber irgendwie war mir die Sache dann doch zu schräg, mich da mit einem 'Hirnschrittmacher' elektrisch zu 'stimulieren', und ich hab's wieder gelassen...

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montagne
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Beitrag Mo., 05.03.2012, 09:38

Gut, dann muss ich es wertend sagen: Mit Ursprung meine ich nicht alter, sondern Entwicklung HIN zum Ursprung.
Nach meiner Laienbeobachtung ist die Praxis gerade in Ländern, in denen die Menchen dem Theravada anhängen so weit weg von dem ursprünglichen Gedanken. Ungefähr so weit, wie die katholische Kirche vom wirklichen christlichen Glauben.
Ich kann doch meinen weg in den Himmel oder ins Nirvana nicht erbeten und erkaufen!
Und so mancher Zen-Lehrer verwechselt vllt. den Weg mit dem Ziel. Nicht alle, aber so mancher. Im Buddhismus generell kommt ja noch das Sprach- und Überlieferungsproblem hinzu. Gerade im Theravada werden die alten Schriften aus Unwissenheit und mangeldner Sprachkentnis falsch übersetzt und ausgelegt. Die eingeschlichenen Fehler setzen sich immer weiter fort. Ist auch ein interessantes Thema für akademische Indologen und vergleichende Kultur- und Regionalwissenschaften.
Was ich eben auch kritisch an dem Meister-Schüler-System finde, egal ob es um Glauben, kampfsport oder Kaligraphie oder sonst was geht.


Ich will eigentlich nicht über Richtungen streiten, ist hier auch nicht Ziel des Threads, denke ich. Ich bin eh nicht der Typ irgendwelchen Meistern einfach zu glauben. Oder zu sagen, an dem orientiere ich mich jetzt. Ich gehe meinen eigenen Weg.

Und mehr wollte ich wohl nicht sagen: Jeder muss seinen Weg finden und gehen, seinen eigenen, von innen heraus. Und zwar in kleinen Schritten. Und ich denke letzlich kann man nur selbst beurteilen, wie weit man auf dem Weg gekommen ist und wie weit man noch möchte.

Denn ein Meister kann meine Bewegungen ansehen und daran vllt. ermessen wie weit ich bin, ob ich die nächste Schärpe erhalten kann oder nicht ob ich meine bewegungen mehr vervollkommnet habe oder nicht. Aber es kann doch niemand in mich rein sehen und daher auch niemand beurteilen wie weit meine innere Entwicklung wirklich ist.
Ist aber auch wieder vllt. ein Teilziel, sich realtisch einschätzen könen, fühlen lernen, wo man steht.
amor fati

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shouqici
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Beitrag Mo., 05.03.2012, 16:46

Hallo montagne,

da gehe ich weitgehend mit Dir konform - über Richtungen zu streiten bringt's nicht; JedeR muss den 'richtigen' Weg für sich finden, und auch beim Meister-Schüler-System bin ich ganz Deiner Meinung - das hat sich ja auch erst nach etlichen Generationen 'eingeschlichen'. In welchen buddhistischen Ländern sich ein ganz unbuddhistischer Aberglaube entwickelt hat und wo nicht, möchte ich lieber nicht werten - da halte ich mich eher an das, was kompetente Lehrer - ob Asiaten oder 'Westler' - so verzapfen (und inwieweit sie ihre eigenen Weisheiten auch leben )
Ich kann weder Pali noch Sanskrit, kann also auch die Sachkenntnis der Übersetzer nicht beurteilen - weiß allerdings, dass die 'klassische' Übersetzung von Neumann einigermaßen fehlerbehaftet ist - aber da gibt es zumindest teilweise auch neuere und genauere... Gerade was Meditation anlangt sind für mich aber eher die Mahayana-Texte interessant, die meist in Chinesisch vorliegen, und da habe ich zumindest ein wenig die Möglichkeit selbst nachzusehen - halte aber einen Abgleich mit den alten Texten grundsätzlich für wichtig. Die Geschichte mit 'Weg' und 'Ziel' habe ich hier ja schon mal angesprochen.
Dass man seinen eigenen Fortschritt nur selbst beurteilen kann - im Prinzip ja (erinnert mich ein wenig an Krishnamurti) - aber man kann sich auch gewaltig täuschen dabei... Irgendwo hab' ich mal geschrieben, ein 'Meister' sei so etwas wie ein Turnlehrer - er kann dir Hilfestellung geben, er kann aufpassen dass du nicht 'runterfällst - aber springen musst du selbst...

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shouqici
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Beitrag Mi., 07.03.2012, 10:46

Gerade habe ich in einem anderen Forum das Posting eines lieben Freundes gefunden, in dem es u.A. um verschiedene Schulen und auch um das Verhältnis zwischen meditativer Praxis und religionswissenschaftlicher Auseinandersetzung geht - so treffend kann ich's nicht ausdrücken, ich zitiere lieber daraus... (mit seinem placet natürlich )
Mir hat die Beschäftigung mit dem akademischen Ansatz zur Erforschung
verschiedener Aspekte der buddhistischen Geisteswelt - als eine Ergänzung
zu meiner Meditations- und Achtsamkeitspraxis - reichlich Früchte getragen.
Dieses Lesen und Nachdenken hat mir einerseits landestypische kulturelle
Aspekte buddhistischer Schulen aufgezeigt, die von Lehrern dieser Schulen
gerne als 'universelle Wahrheiten' dargestellt werden, und mir so geholfen,
diese und andere Konzepte für mich zu dekonstruieren, also klarer in ihrem
bedingten Entstehen (und Vergehen) zu sehen.
Andererseits haben mich meine bescheidenen Versuche, gemeinsame
Muster in den Praxisansätzen der verschiedenen buddhistischen Schulen
und den mystischen Bewegungen anderer Religionen zu erkennen, zu einer
verstärkten Beschäftigung mit aktuelleren neurologischen Erkenntnissen
zur Phänomenologie des meditativen Erlebens geführt.
() shouqici
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sandrin
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Beitrag Mi., 01.11.2017, 08:19

Ich würde diesen Thread gerne mal reaktivieren :-).
Und zwar beschäftige ich mich schon seit einiger Zeit intensiv mit dem Thema Achtsamkeit und wollte fragen, ob es hier Gleichgesinnte gibt.
Wie baut ihr Achtsamkeit in euren Alltag ein? Wie geht ihr mit formalen Achtsamkeitsmeditationen um (das ist immer ein wenig mein Problemfeld) um bzw. macht ihr diese tatsächlich regelmäßig? Wer hat Erfahrung mit MSBR (ich meine mich zu erinnern, dass eine userin das schonmal geschrieben hat)?

Ich würde mich freuen, wenn wir uns da ein wenig austauschen könnten, weil ich finde, dass dieser Ansatz großes Potenzial hat. Mir tut er zumindest sehr gut!

LG und einen achtsamen Tag!


Waldschratin
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Beitrag Mi., 01.11.2017, 09:14

Hallo sandrin,
jaaaaa, bin ich begeisterte Anhängerin davon! :ja: :-D

Ich hab mal so ein Programm über ein paar Wochen mitgemacht, da auch recht diszipliniert durchgezogen, aber dann sehr schnell alles recht individuell auf mich angepasst.
Formale Achtsamkeitsmeditationen mache ich also gar nicht (mehr), obwohl ich grade liebäugle, an nem Kurs mitzumachen, der in meinem Fitnessstudio angeboten wird. (Zumal für mich als Mitglied kostenlos...)

Ansonsten hab ich Achtsamkeitsübungen von Anfang an direkt in meinen Alltag mit eingebaut. "Kleinigkeiten" also, wie z.B. achtsames Zähneputzen. :-D Macht man eh jeden Tag mehrmals, also warum nicht mal den "Auto-Modus" durchbrechen und sich "nebenbei" in Achtsamkeit üben?

Meinen Kaffee oder Tee mal achtsam schlürfen, im Bus achtsam sitzen, mal die Geräusche aus der Nachbarwohnung achtsam meditieren, wenn Fr. Nachbarin mal wieder mit vollem Ärger und Widerwillen ihren Hausputz macht, anstatt mich nur über den Lärm und das Gepolter zu ärgern.

Ich nehme mir allerdings auch jeden Tag "meine" Zeit, meist verbunden mit meiner Gebetszeit, wo ich achtsam wahrnehmend durch meinen Körper geh (also diesen bekannten Körperscan) oder bestimmte Gedanken, Gefühle, Intuitionen, Bilder etc., die in mir auftauchen, "durchmeditiere".

Da ich eh schmerzbedingt so alle 2-3 Std. mal ne Pause machen und mich hinlegen muss, nutz ich diese Zeiten dazu.
Anstatt "rumliegen und nix tun" dann halt meditieren. :-D

Was machst du denn für Erfahrungen damit?
Und in welchen Bereichen tut es dir gut?

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sandrin
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Beitrag Mi., 01.11.2017, 10:22

Hallo Waldschratin,

genau, du warst es. Ist mir partout nicht mehr eingefallen :-).

Ich bin auch eher so, dass ich viele achtsame Momente in meinen Alltag einzubauen versuche. Vieles von dem, was du erwähnt hast, mache ich auch, z. B. das achtsame Kaffeetrinken in kleinen Schlückchen.

Ich versuche, mich auch immer wieder im Außen zu orientieren (z. B. was höre, schmecke, sehe... ich). Das hilft mir dabei, nicht so sehr in meinem inneren Vakuum gefangen zu sein und erdet mich. Dazu gibt es auch gute Apps, die mich mit einem Gong daran erinnern :-). Ich bin wirklich oft in diesem besagten Autopiloten und muss mich da rausholen. Es gibt mir irgendwie ein Gefühl von Lebendigsein.

Auch im Bereich Schmerz habe ich mich jetzt eingelesen. Es gibt viele Studien, die belegen, dass man durch Achstamkeit anders mit Schmerzen umgehen lernt. Dieses Annehmen des Ist-Zustandens, das Aufgeben des Kampfes - ich glaube, das bringt schon sehr viel.

Ich mache auch Atemübungen, weil mich das immer beruhigt, wenn ich innerlich einmal wieder total überdrehe oder das Gefühl habe, mir entgleitet gerade alles. Mit dem Bodyscan komme ich nicht so klar (erstens will ich mich immer hinlegen und das soll man ja eigentlich nicht, zweitens dauert der mir immer so lange).

Die Probleme, die sich bei mir auftun, sind, dass ich es irgendwie nicht schaffe, mir bewusst 20 Minunten Zeit für eine Meditation zu nehmen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich die Zeit doch "sinnvoller" (haha) einsetzen müsste.

Und dann frage ich mich manchmal, ob es nicht auch gefährlich sein kann, wenn man immer auf einer Metaebene seine Gefühle beobachtet. Verstehst du? Ob ich mich da nicht eher weiter von meinen Emotionen wegbringe, weil ich sie nur "beobachte" und von ihnen entfernt bin. Wie siehst du das?

LG Sandrin


Waldschratin
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Beitrag Mi., 01.11.2017, 11:13

sandrin hat geschrieben:Ich bin wirklich oft in diesem besagten Autopiloten und muss mich da rausholen. Es gibt mir irgendwie ein Gefühl von Lebendigsein.
Ja, das kenn ich auch, so auf Autopilot unterwegs zu sein. :ja:
Es fehlt einen dann halt tatsächlich das bewusste Erleben - und damit die Lebendigkeit.
Ich merk das immer dann, wenn ich das Gefühl hab, die Zeit vergeht irrsinnig schnell und ich kriegs gar nicht mit. :)
Da fehlt dann einfach die Lebendigkeit in dieser Zeit, da hab ich irgendwie nicht wirklich "teilgenommen", obwohl ich ja "anwesend" war.
sandrin hat geschrieben:Es gibt viele Studien, die belegen, dass man durch Achtsamkeit anders mit Schmerzen umgehen lernt. Dieses Annehmen des Ist-Zustandens, das Aufgeben des Kampfes - ich glaube, das bringt schon sehr viel.
Für mich war und ist das der Schlüssel, um mit meinen Schmerzen klarzukommen.
Hab ja Fibro und Rheuma und ein kaputtes Kreuz, also Dauerschmerzen. Ich bin schon seit Jahrzehnten nicht mehr schmerzfrei, nie, hab da keinerlei "Auszeiten" mehr und werde auch wenn ich schlafe, oft durch die Schmerzen geweckt.

Diese bedingungslose Akzeptanz dessen, was grade ist, seh ich da als Schlüssel.
Es gibt ja auch die ACT- Therapie, die geht in ne ähnliche Richtung.
Achtsamkeitsübungen setzen das sozusagen "praktisch gelebt" ins Tun und Spüren um, was man innerlich als richtig erkannt hat und etablieren möchte im Denken und Bewerten.

Viele haben dann die Befürchtung, dass es "ausartet" in ne Art sich vormachen, verdrängen und nicht wahrhaben wollen.
Aber genau das ist es eben NICHT!
Man macht sich ja den Schmerz, der grade da ist, bewusst. Man spürt ja direkt hin und rein und macht sich auch die körperlichen und mentalen Reaktionen auf den Schmerz bewusst.
Und dann akzeptiert man, dass es grade so ist, wie es grade so ist.
Und geht raus aus dem Bekämpfen.

Für mich beinhaltet das v.a., dass ich mein "Anspruchsdenken" aufgebe. Den "Anspruch" : So etwas DARF nicht sein, darf MIR nicht passieren, ich habe doch ein "Recht" auf Wohlbefinden und "gutes Leben" und "Unkompliziertheit" .

Und das stimmt eben einfach nicht.

Da müssen wir Menschen erst wieder, "dank" unseres Gehirns und Selbstverständnisses als "Nabel der Welt" und des "Größenwahnsinns" daraus :) , hinfinden zu nem "natürlicheren" Verständnis, dass wir auch nur "Teil eines großen Ganzen" sind und eben mit allem "verwoben" und keine "Ausnahme". Auch wenn wir "individuell" sind und jeder einzigartig.

Wenn man sich so in der Natur umschaut, wird einem schnell klar, dass Schmerz und "Not" und "Druck" allgegenwärtig sind. Und allen unseren Mitgeschöpfen eine "Selbstverständlichkeit". Kein Grashalm würde sich je drüber aufregen, dass er im Schatten eines Gebüschs wachsen "muss". Er würde drunter "leiden" - aber er könnte gar nicht anders, als diesen Umstand des Leids zu akzeptieren.
Und dann würde er sich nur noch damit beschäftigen, wie er für sich das Beste draus machen kann. :)

Und ich kann aus eigener Erfahrung sagen : Dieses Bewusstmachen von Schmerz und der Not damit macht einen auch stärker. Da liegt "Energie" drin.
Besser kann ich das grade nicht beschreiben...


Waldschratin
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Beitrag Mi., 01.11.2017, 11:17

sandrin hat geschrieben:Ich mache auch Atemübungen, weil mich das immer beruhigt, wenn ich innerlich einmal wieder total überdrehe oder das Gefühl habe, mir entgleitet gerade alles.
Ja, das ist meine "Nothilfe" auch immer, wenn mir was zusetzt!
Ausatmen v.a., das aktiviert ja auch den Parasympathikus. Ein recht wirksames Mittel, wenn ne Angst grad zur Panik werden will.
Gar nicht so versuchen, sich "runterzufahren", sondern den "Gegenspieler" des Sympathikus "ins Feld schicken", indem ich bewusster aufs Ausatmen achte. :ja:
sandrin hat geschrieben:Mit dem Bodyscan komme ich nicht so klar (erstens will ich mich immer hinlegen und das soll man ja eigentlich nicht, zweitens dauert der mir immer so lange).
Ich muss ehrlich sagen, mir ist das inzwischen reichlich wurscht, was "man soll" oder nicht. :)
Ich mach den Scan IMMER im Liegen, ist für mich am angenehmsten und effektivsten, also basta! :-D
Probiers einfach aus, was dir am meisten bringt. :ja:
Du kannst den auch "teilweise" machen, also dir nur ne bestimmte Körperregion "vornehmen", dann dauerts auch nicht so lange.
sandrin hat geschrieben:Die Probleme, die sich bei mir auftun, sind, dass ich es irgendwie nicht schaffe, mir bewusst 20 Minuten Zeit für eine Meditation zu nehmen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich die Zeit doch "sinnvoller" (haha) einsetzen müsste.
Oh, das kenn ich auch! :ja:
Mir geht das oft auch mit dem Duschen so oder dem Hausputz : absolut vertane Zeit, da "Routinetätigkeiten" für mich nix per se "Sinnvolles" haben. :-D
Aber mal umgedacht : Ich würde mich "ungewaschen-ungekämmt" genauso wenig wohlfühlen wie in ner zugemüllten, dreckigen Wohnung.
Also seh ich meine Auszeiten inzwischen als "Reinigungsmaßnahmen", halt nicht für Körper oder Umfeld, sondern für Geist und Seele. :)
sandrin hat geschrieben:Und dann frage ich mich manchmal, ob es nicht auch gefährlich sein kann, wenn man immer auf einer Metaebene seine Gefühle beobachtet. Verstehst du? Ob ich mich da nicht eher weiter von meinen Emotionen wegbringe, weil ich sie nur "beobachte" und von ihnen entfernt bin. Wie siehst du das?
Als ehemals Multiple war ich ja NUR so unterwegs früher. Nach wie vor bin ichs immer noch überwiegend, weil die Verknüpfungen in meinem Hirn halt nunmal "anders" entstehen mussten als Kleines, und so ganz "aufgelöst" bekomm ich das nicht, sondern muss auch da umgehen mit dem, was nunmal "ist".

Ich erlebs genau umgekehrt wie du, nämlich dass mich grade dieses Betrachten von außen hinbringt zu ner Verknüpfung zu meinem Erleben dabei...
Hab ich jetzt grade mal ein bissl drüber nachdenken müssen.

Ich kann dich schon nachvollziehen, denn eigentlich ist es das ja, ne Metaebene, auf die man da geht.
Ich hab die halt nicht nur "von Haus aus", sondern in so nem Maße, dass sie schon wieder hinderlich geworden war.

Andererseits erlaubt mir diese Metaeben, mich deutlich mehr auf meine Gefühle einlassen zu können, weil ja die "Gefahr", davon überschwemmt und "weggespült" zu werden (damit meine ich diesen "Trancezustand" , wo man "unwirklich" wird und "verschwimmt"), sich minimiert, bzw. ganz vermieden wird.

Und das erlaubt dann wieder eher ne "sanfte Annäherung" und sowas wie ne bessere "Dosierung" des Erlebens, als lebendig, als dran teilnehmend (also "bewusst") und somit dann auch als "erlebt" und "ge-lebt", und das in ner aktiven Form, nicht mehr als "Erdulder/Erleider" eines Gefühls...

Ich kriegs leider grad nicht besser in Worte gefasst, was ich da meine... :gruebel:
Hoffe, du kannst was damit anfangen!

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sandrin
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Beitrag Mi., 01.11.2017, 14:22

Ich versteht schon, was du meinst. Erst durch eine gewisse Distanz kann man sich einlassen, weil man sonst hundert prozent identifiziert wäre. Ich muss da immer an einen Staubsauger denken (:-)), der mich reinzieht. Und wenn ich achtsam bin, dann lasse ich mich nicht so leicht einsaugen, dann kann ich sagen: Okay, so ist das also. Jetzt schauen wir halt mal...

Überhaupt - und da schließt sich jetzt der Kreis zu ACT - tut mir diese Einstellung, dass Dinge nun einmal so sind, wie sind, gut. Man klammert wirklich nicht mehr so sehr an Erwartungen. Du hast auch Recht, wenn man sich das Leben und auch das anderer Menschen anschaut, dann erkennt man, dass es einfach eine Illusion ist, dass alles immer gut sein muss.

Gelenkschmerzen und Fibromyalgie also. Tja, das ist inzwischen auch meine Baustelle. Gerade chronische Schmerzen können so zermürben. Ich hab da ein Hörbuch angehört mit dem Namen "Achtsamkeit und Schmerz", da werden die Mechanismen aufgezeigt. Und gerade in solchen Fällen ist es ja auch wichtig, den eigenen Körper nicht als Feind anzusehen, sondern besonders achtsam mit ihm umzugeben. Interessant ist auch die Tatsache, dass sich das Schmerzempfinden bzw. wenigstens der Umgang mit dem Schmerz auch beeinflussen lässt, wenn man sich dem Schmerz nicht ausliefert, sondern ihn urteilsfrei wahrnimmt (wobei das bei Schmerzen oft schon schwer ist).

Die Atemübungen sind halt praktisch, weil man sie immer machen kann. Es ist so simpel, dass ich anfangs dachte, dass kann ja nichts helfen ("Einatmend weiß ich, dass ich einatme, ausatmend weiß ich, dass ich austme").


Waldschratin
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Beitrag Mi., 01.11.2017, 14:43

Ja, über das Argument bin ich anfangs auch gestolpert : Sooo einfach kanns doch gar nicht sein! :-D
Und da drüber stolpern sehr viele Leute, v.a. weil man ja nen Leidensdruck hat, vieles schon ausprobiert, nix hat tatsächlich "geholfen" - und dann soll so was Zermürbendes "so einfach" in den Griff zu bekommen sein?!

Ich glaub, da scheitert dann auch so manches dran : Dass man in der Behandlung ne "Würdigung" des eigenen Ausmaßes sucht. Und sich davon nicht mehr so leicht "wegbringt". Es dann gar nicht mehr in erster Linie um Linderung geht, sondern um diese "Würdigung". So nach dem Motto : Etwas, das solche Ausmaße hat für mich, MUSS auch ähnliche "Ausmaße" und Aufwendigkeiten in der Behandlung brauchen. Sonst hätte man sichs ja vielleicht alles nur "eingebildet" oder "künstlich aufgebauscht".

Deinen Vergleich mit dem Staubsauger find ich sehr passend! :-D Das fasst es gut in ein Bild, wie einen sowas einnehmen kann. :ja:

Nach dem Hörbuch werde ich mich mal umsehen, das klingt sehr interessant!
sandrin hat geschrieben:Interessant ist auch die Tatsache, dass sich das Schmerzempfinden bzw. wenigstens der Umgang mit dem Schmerz auch beeinflussen lässt, wenn man sich dem Schmerz nicht ausliefert, sondern ihn urteilsfrei wahrnimmt (wobei das bei Schmerzen oft schon schwer ist).
Ja, das ist schwer. :ja: Aber erlernbar. Braucht halt auch mal wieder ein gut Teil Mühe und Anstrengung.
Dass sich Schmerz tatsächlich beeinflussen läßt, einzig schon mal durch die eigene Bewertung, find ich auch faszinierend.
Es ist im Prinzip beim körperlichen Schmerz ähnlich wie beim seelischen : Das, was man denkt (darüber), bestimmt, wie man lebt, in welcher "Welt" man lebt.
Es fängt tatsächlich alles im Kopf an - und endet auch dort.

Nicht der Schmerz an und für sich ist das, was beeinträchtigt, sondern tatsächlich, wie man ihn für sich bewertet.
Schmerz kostet natürlich per se schon Energie, das wissen v.a. chronisch Schmerzkranke, wie sehr sowas "zehrt". Da hat man augenscheinlich den ganzen Tag kaum was getan und trotzdem ist man erschöpft wie`n Schwerstarbeiter. Und das einzig vom Schmerz, der da ist.

Was aber tatsächlich "Not" macht, ist die eigene Bewertung des Ganzen.
Ich kann viel aushalten, wenn ich auf meine "Energiebilanz" achte, aber den Schmerz als solchen nicht weiter im Fokus hab. Sondern eher als "Arbeit" sehe, die ich leiste.
Wenn ich aber anfange rumzumaulen und mich zu wehren versuche gegen den Schmerz, dann ist es um ein Vielfaches schwerer "plötzlich", damit klarzukommen.

Für mich hat sich mit der Zeit klar etwas rauskristallisiert . Und das gilt bei mir sowohl für körperliche, wie auch für seelische Schmerzen:
Wenn ich es schaffe, vom "Erleidenden", Passiven, also dem "Opfer", mit dem etwas gemacht wird und der dem ohnmächtig ausgeliefert ist wegzukommen.
Und hinfinde zum Aktiven, zum "Macher" werde, der nen aktiven Umgang mit dem Leid pflegt, weg von der Ohnmacht hin zur "Macht", die ich ergreife.
Dann hab ich schon die Hauptsache gewonnen.
Das Faszinierende daran finde ich, dass es an der "Menge" des Leids gar nix geändert hat, ich dann aber beiweitem weniger "tatsächlich" drunter leide.

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