Schwierige Beziehung:Ich klammere, er hat Bindungsangst

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Pepper
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Schwierige Beziehung:Ich klammere, er hat Bindungsangst

Beitrag Di., 18.09.2012, 09:37

Hallo,

ich bin auf der Suche nach ein paar Tipps, wie man in einer Beziehung glücklich werden kann, die unter dem Aspekt leidet, dass ich wegen starker Selbstzweifel große Verlassensängste habe und sehr klammerig bin, während mein Partner sehr unabhängigkeitsstrebend ist, viel Freiraum will und regelrecht Angst vor Nähe hat.
Kurz zum Rahmen: Wir sind seit 10 Jahren ein Paar, haben eine 4jährige Tochter und waren im Sommer kurz getrennt, auch räumlich. Nun ist er wieder zurück gekommen und stellte in einem Streitgespräch fest, dass er nicht mit der Beziehung aber auch nicht ohne sie leben kann. Mir geht es ebenso. Wir sind uns einig geworden, dass wir uns beide sehr wünschen, dass es mit uns funktioniert, doch er scheint aktiv nicht daran arbeiten zu wollen. Er möchte Verbesserungen, will aber nichts dafür tun, sondern wirft mir stattdessen vor, ich wäre zu schnell und würde übertreiben.

Ich habe ihm nun mal einen Artikel über Bindungsängste zugemailt, in dem ich ihn sehr deutlich wiederfinde. Er kämpft immer darum, Freiraum zu haben, akzeptiert und anerkannt zu sein, sich nicht verteidigen und erklären zu müssen etc. Ich habe einfach dazu geschrieben, ob er sich davon angesprochen fühlt und ob wir mal darüber sprechen wollen, denn bisher reden wir immer nur darüber, warum ich so klammere.
Ich habe ihm auch gesagt, dass ich mir wünsche, dass wir mal eine Paarberatung machen, denn allein bekommen wir das nicht auf die Reihe. Aber auch da merke ich sofort deutlich seinen Widerstand. Er sagte, unsere Probleme gingen fremde Leute nichts an. Ich sehe darin auch nur wieder die versteckte Botschaft, dass er sich nicht öffnen will.

Wie können wir also auf einen gemeinsamen grünen Zweig finden? Ich weiß, dass ich etwas lockerer werden muss und ich arbeite wirklich hart an mir, doch ich merke immer wieder, dass mich das sehr unglücklich macht, denn ob ich ihn loslasse oder nicht - ich bekomme bei weitem nicht so viel Nähe (vor allem auch körperliche), wie ich gern hätte und bräuchte. Das führt dann in regelmäßigen Abständen zu Auseinandersetzungen.
Mein Loslassen führte letztendlich auch mit zu der Trennung. Er weiß wohl selbst nicht so richtig was er will. Er will das Gefühl der Bindung haben, aber nicht gebunden sein, könnte man fast sagen.

Wer hat einen Tipp?

Vielen Dank und viele Grüße.

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mitsuko
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Beitrag Di., 18.09.2012, 10:09

Hallo Pepper,
Menschen mit starken Bindungsängsten leben normalerweise ja nicht schon seit 10 Jahren in einer Beziehung und das sogar mit Kind. Das klingt also erstmal gar nicht so sehr nach Bindungsangst. Daher fände ich es hilfreich, wenn du mal beschreiben würdest, wie er sich verhält. Und auch, was du tust, was er dann als Klammern wahrnimmt.
LG
mitsuko

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Pepper
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Beitrag Di., 18.09.2012, 10:53

Hallo,

na ja, ich sage ja nicht, dass er komplett bindungsunfähig ist. Aber er ist im Rahmen unserer Beziehung verhältnismäßig distanziert. Es lässt sich sehr schwer beschreiben. Er will z. B. regelmäßig Sex, will aber bloß nicht umarmt werden oder gar kuscheln. Oder er findet, dass er regelmäßig zuhause und damit gegenwärtig ist, wäre genügend Nähe. Dass er dann aber überwiegend nur mit sich befasst ist, am PC sitzt, liest, schläft, fernsieht etc. und dann erst recht nicht mal angefasst werden will, sich nicht auf Gespräche einlassen will (O-Ton von ihm: Ich bin jetzt beschäftigt. Ich muss jetzt das und das machen. Lass mich doch mal!), ignoriert er. Gestern hat er zu mir gesagt, ICH müsse ein Gespür dafür entwickeln, wann bei ihm der richtige Moment für Nähe ist, worauf ich erwiderte, dass ich leider nicht Gedanken lesen kann. Er gibt mir also quasi noch die Schuld dafür, dass ich nicht die benötigte Nähe bekomme, da ich ja eben immer im falschen Augenblick ankomme.
Ich habe das Gefühl, er reicht mir zwar die Hand (in der Form, dass wir schon so lange ein Paar sind), hält mich aber immer irgendwie am ausgestreckten Arm.

Was er als klammernd empfindet (ich aber teilweise auch), ist, dass ich einfach nie genug bekomme vom Händchen halten, zusammen kuscheln, sich miteinander beschäftigen. Ich könnte stundenlang eng umschlungen mit ihm auf dem Sofa liegen und es wäre einfach nicht genug. Wenn er sich dann aus der Umarmung lösen will, halte ich ihn teilweise wirklich krampfhaft fest, bitte ihn um einen weiteren Moment und bin wirklich jedes Mal persönlich beleidigt und fühle mich als Person abgelehnt, wenn er nicht darauf eingeht. Das liegt bei mir daran, dass die Verweigerung körperlicher Nähe oder Ablehnen jeglicher Interaktionen miteinander als Strafe genutzt wurde in meinem Elternhaus. Und ich war erst wieder "zugelassen" wenn ich mich entschuldigte und mich einschmeichelte und ... na ja ... meiner Mutter quasi in den A*** kroch und alle Schuld auf mich nahm. Ich bin mir dessen in diesem Momenten vollkommen bewusst, aber die logischen Gedanken, dass mein Partner so nicht ist und ich nichts falsch gemacht habe, greifen einfach nicht. Auch, dass das Klammern kontraproduktiv ist, weiß ich. Aber es ist eben dieses alte Verhaltensmuster, das da durchkommt.
Ich will auch immer wissen, wohin er geht und was er macht, wer dabei sein wird, am liebsten mitkommen etc. Ich könnte 24 Stunden am Tag mit ihm verbringen und bin am glücklichsten wenn wir in den Urlaub fahren, weil wir dann wirklich permanent aufeinander hocken. Wenn er arbeitet (er ist Taxifahrer) schreibe ich relativ häufig SMS und erwarte auch immer eine Antwort. Antwortet er nicht innerhalb einer bestimmten Frist (dich unausgesprochen setze), bin ich beleidigt.

Tja, so sieht's aus.

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lemon
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Beitrag Di., 18.09.2012, 11:06

Aktiv kannst du doch das SMSschreiben während seiner Arbeit schon mal sein lassen und dir Bereiche suchen, die dich anderweitig befriedigen, so dass dein Focus nicht mehr so arg auf deinem Partner liegt.

Mach dir bewusst, dass du ihn erdrückst und dass es keine Lust mehr für ihn macht, wenn er ständig Nähe und Kuscheln und Aufmerksamkeit kriegt. Er wird damit schlichtweg überfordert sein. Ich könnte das auch nicht aushalten, so ein Klettenverhalten. Das wäre mir schlichtweg langweilig und nervig. Ich liebe meinen Partner schließlich deshalb, weil er eine eigenständige, erwachsene Person ist.

Dass dein Problem aus der Kindheit resultiert hast du ja schon gut erkannt, wenns alleine nicht für dich klappt dies aufzulösen, würde ich an deiner Stelle eine Therapie machen sonst verscheuchst du deinen Partner wieder.

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Pepper
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Beitrag Di., 18.09.2012, 11:12

Hallo,

glaub mir - ich schränke mich schon sehr stark ein. Das habe ich viele Jahre gemacht, was soweit führte, dass ich Ende letzten Jahres vollkommen distanziert zu ihm war, keine Gefühle mehr hatte. Er kam dann zwar öfter mal zu mir um mich zu küssen und zu umarmen, aber ich bin ihm dann regelrecht ausgewichen und habe ihn zurück gewiesen.
Und, wie gesagt, wir haben da ein sehr unterschiedliches Verständnis davon, was genug ist. Was für ihn ausreichend ist, macht mich totunglücklich.
Ich weiß, dass ich viel zu sehr auf ihn fixiert war. Durch die Trennung im Sommer konnte ich mich wieder auf meine eigenen Füße stellen und habe mich sehr verändert, bin aktiver geworden und habe wieder mehr Lebensfreude. Aber mein Verschmelzungsdrang hat dadurch nicht nachgelassen. Ich kann mit seinen Zurückweisungen etwas besser umgehen, aber im Kern schmerzt es mich zu sehr. Ich habe das Gefühl, ich muss mich um 180 Grad verbiegen, damit er zufrieden ist, aber ich komme überhaupt nicht zu meinem "Recht". Er fragt mich zwar immer, was ich mir von ihm wünsche, doch wenn ich es ihm sage, tut er es ab als unmöglich und mit der Begründung, er wäre eben nicht so. Nur ist es zu viel verlangt, dass mein Partner nicht steif wie ein Brett wird, wenn ich zur Begrüßung beim Nachhausekommen die Arme um ihn lege? Dass er mich auch kurz umarmt? Kurz, wohl bemerkt, 1, 2 Sekunden lang.

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mitsuko
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Beitrag Di., 18.09.2012, 11:15

Wenn du ihn lässt, kommt er also von selbst an und will umarmen, küssen, kuscheln.
Wahrscheinlich hat er also kein generelles Problem damit. Ich vermute durch dein ständiges Fordern verliert er die Lust dazu.

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lemon
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Beitrag Di., 18.09.2012, 11:20

Ich habe das Gefühl, ich muss mich um 180 Grad verbiegen, damit er zufrieden ist, aber ich komme überhaupt nicht zu meinem "Recht".
Dann ist das natürlich schwer Pepper. Wobei ja schon mal gut ist, dass du besser für dich selbst sorgst und auch andere Interessen mittlerweile hast.

Da scheinen sich die Bedürfnisse recht arg zu unterscheiden. Einen Mittelweg sollte es sich finden lassen. Dass dein Partner keine Paartherapie machen will zeugt für mich ein wenig von Interesselosigkeit, er sollte sich für deine Belange interessieren.

Leidest du sehr darunter? Wie gehst du momentan mit der Situation um?
Bist du grad am Zweifeln ob das die richtige Entscheidung gewesen ist, wieder zusammen zu gehen?

Du schreibst ja oben, dass ihr weder mit noch ohne einander könnt. Das bedeutet dann, dass es miteinander auch nicht besser ist als ohne ihn.

Was hält dich bei ihm?

lemon
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Pepper
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Beitrag Di., 18.09.2012, 11:38

@mitsuko:
Ja, das ist mir bewusst. Nur, wie gesagt, das, was er mir freiwillig geben würde, genügt mir nicht.

@lemon:
Dass wir einen Kompromiss dabei brauchen, wissen wir beide. Und da unsere Differenzen in dieser Hinsicht scheinbar unüberbrückbar sind, möchte ich ja die Paartherapie. Vielleicht stört er sich an dem Wort Therapie. Ich sehe es eher als Beratung. Es muss ja nicht lange dauern. Manchmal genügen ja schon 1, 2 oder 3 Gespräche mit einer neutralen Person. Davon erhoffe ich mir, dass er Fokus von mir und meiner Klammerei weggeleitet wird und er auch mal darauf schaut, warum er so distanziert ist.
Bei ihm hält mich, dass wir stundenlang reden können, dass wir zusammen lachen können, seine ruhige Ausstrahlung, der emotionale und psychische Halt, den er mir gibt. In gewisser Weise auch seine Aktivität und dass er mich dadurch auch mal vom Sofa runtergeholt hat.
Das ohne ihn hatte ich ja nun schon und es war ätzend. Und er empfand es wohl genau so.

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leuchtturm
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Beitrag Di., 18.09.2012, 11:47

habt ihr denn schon mal dran gedacht, ein gemeinsames Hobby aufzubauen?
z.B. gemeinsam einem Sportverein beizutreten, einen Tanzkurs zu belegen, einen Kochkurs an der VHS,.....

Dann hättet ihr eine gemeinsame Tätigkeit, die euch beide dazu bringt, außer Haus und vom Sofa/PC weg zu gehen. Gemeinsame Tätigkeiten verbinden. Man freut sich aufs nächste Mal, man lernt gemeinsam neue Leute kennen (du würdest dann auch sehen, wie harmlos das ist! ), man bekommt neue Anregungen und macht doch was gemeinsam.
Wär das ne Option?

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Pepper
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Beitrag Di., 18.09.2012, 11:54

Ja, daran arbeiten wir. Das war sehr eingeschlafen. Es gestaltet sich nur schwierig dadurch, dass er nachts arbeitet und kein festes Wochenende hat. Etwas Regelmäßiges ist da wohl nicht drin. Aber wir machen bereits mehr gemeinsam und das tut mir sehr gut. Wie es bei ihm aussieht, weiß ich leider nicht so genau.

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leuchtturm
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Beitrag Di., 18.09.2012, 12:04

vielleicht mal nachfragen?

hat er mal gesagt, was genau ihn in eurer Beziehung hält?

Und wie ist er als Vater?

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Pepper
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Beitrag Di., 18.09.2012, 12:29

Nein, gesagt hat er mir das noch nicht. Ich werde ihn mal fragen.

Er ist ein sehr guter, engagierter und liebevoller Vater. Da gibt es nichts zu bemängeln.

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mitsuko
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Beitrag Di., 18.09.2012, 12:36

Pepper hat geschrieben: Ja, das ist mir bewusst. Nur, wie gesagt, das, was er mir freiwillig geben würde, genügt mir nicht.
Das heißt, er genügt dir nicht.
Ich frage mich was du davon hast, wenn er dir gegen seinen Willen gibt, was du von ihm verlangst.

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Pepper
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Beitrag Di., 18.09.2012, 13:26

Wenn ich gemeint hätte ER genügt mir nicht, hätte ich das gesagt. Mir genügt der körperliche Kontakt nicht (außerhalb von Sex) aufgrund meiner negativen Erfahrungen damit.
Natürlich soll er mich nicht nur halbherzig umarmen, weil ich das erwarte. Ich möchte, dass er das gern, von sich aus und genügend häufig tut. Ich weiß natürlich, dass das ziemlich schwierig bis unmöglich ist. Aber ich habe noch keinen Weg gefunden, damit umzugehen, dass er mir das wohl nicht bieten kann.

Na ja, er hat die Paartherapie gerade noch mal mit aller Deutlichkeit abgelehnt. Er will sich nicht "therapieren" lassen, sagte er. Ich erklärte ihm, dass es eine Beratung ist, um unsere Differenzen zu überwinden und wollte wissen, was in ihm bei dieser Vorstellung vorgeht. Aber da kam nur: "Ich will es einfach nicht." Mir wurde in dem Moment bewusst, wie wenig Kontakt er eigentlich zu seinen eigenen Gefühlen hat, denn er kann seine Beweggründe sehr oft nicht erklären. Das macht mich irgendwie traurig.
Aber zumindest er hat sich bereit erklärt, mit mir einen Kurs zu mehr Achtsamkeit in Beziehungen zu machen. Das zeigt mir, dass ihm doch wirklich viel an uns liegt.

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mitsuko
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Beitrag Di., 18.09.2012, 13:36

Es genügt dir nicht wie er ist. Er soll anders sein. Zur Paartherapie willst du, damit er dort umgekrempelt wird.
Pepper hat geschrieben:Davon erhoffe ich mir, dass er Fokus von mir und meiner Klammerei weggeleitet wird und er auch mal darauf schaut, warum er so distanziert ist.
IN einer Paartherapie wäre natürlich in Wahrheit deine Klammerei total im Fokus.

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