Tramal-Abhängigkeit

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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I_have_a_dream
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Tramal-Abhängigkeit

Beitrag Do., 12.06.2014, 11:12

Hallo Leute,

Ich bin 29 Jahre alt und nehme seit etwa 6 Jahren Tramal und bin auch stark Abhängig.


Ich möchte aber etwas im Voraus schon klären. Ich bin hier weil ich meine Erfahrungen (egal ob positiv oder negativ) mit euch teilen möchte und gleichzeitig wünsche ich mir eine Unterstützung durch andere Betroffene oder Leute die sich bestens in der Materie auskennen. Ich möchte keine Standpauke, ich möchte nicht das ich als der Böse und rücksichtslose Junkie hier angemacht werde. Denn das brauch ich wirklich nicht. Das ist bei einem Betroffenen eher kontraproduktiv. Weil man sich sonst komplett abisoliert und keine Hilfe zulässt.

Meine Tramalgeschichte baute sich sehr klassisch auf. Natürlich versuch ich mich seit längerer Zeit mit diesem Thema auseinander zu setzen und konnte beobachten das es plus minus immer sehr ähnlich abläuft.

Durch einen Gendefekt leide ich an einer Stoffwechselerkrankung. Es ist eine sehr sehr seltene Erkrankung deshalb möchte ich näher darauf eingehen, man könnte anhand der Erkrankung leicht auf meine Identität schließen.
Einer der Symptome sind Schmerzen die einen jeden Tag begleiten. Mal leicht zu ertragen mal garnicht leicht. Es kommt häufig zur Ohnmacht nach einer aggressiven Schmerzattacke.
Die Erkrankung steuert somit mein ganzes Leben, sie entscheidet über all meine Aktivitäten, es strukturiert meinen chaotischen Tagesablauf.

Vor 8 Jahren erst konnte man endlich diesen Symptomen eine Krankheit zuordnen und ich galt endlich nicht mehr als psychisch auffälliger Hypochonder. Zeitgleich wurde mir von meinem behandelnden Arzt Tramal empfohlen weil man bei dieser Erkrankung gute Erfahrungen damit gemacht hätte.
Es war ein Segen, was ne Wohltat. Ich war zum ersten mal in meinem Leben schmerzfrei (diesen Tag werde ich nie vergessen!!!).

Manchmal hat eine Tablette zur Schmerzfreiheit ausgereicht, manchmal nicht. So nahm ich ohne darüber nachzudenken eine zweite. Dadurch das die Schmerzen und ich gezwungen waren Freunde zu werden, kannten wir uns sehr sehr gut. Das heißt ich konnte schon zu Tagesbeginn sagen wie stark die Schmerzen in etwa sein werden könnten. Ob es auszuhalten ist oder ob es mich wieder wie eine Walze überrollen wird. So nahm ich also auch mal prophylaktisch eine oder zwei mehr.
Tramal ist aber dafür bekannt das sich der Körper rapide daran gewöhnt. So also wurden aus den 1-2 Tabletten schnell 4.
Wenn man die Tramal-Smarties so schnell wie ich leer macht, empfiehlt ein Hausarzt, so auch mein kompetenter Hausarzt, mir einfach mit der Dosierung hoch zu gehen damit ich net so oft wegen dem Rezept kommen brauch. Bietet sich ja auch an ne? Der Arzt hat weniger zu tun, die Arzthelferin weniger auszudrucken, ich konnte mir den Sprit und den Stress ersparen. Das waren genug Gründe um für einen zur Sucht neigenden ICH noch mehr in die Abhängigkeit zu drücken.

Ich war bei 6 Stück je 200mg=1200mg angekommen. Jeden Morgen, Tag für Tag 6 Tabletten auf einmal.

Meinen Zustand, wenn mal aufgrund Feiertagen, Wochenenden oder Urlaub des Hausarztes keine Tabletten genommen werden kann, diesen Zustand können alle Betroffenen nachvollziehen:

Meine Nase läuft, hab das Gefühl das ich Grippe bekomme, der Hals wird dick, Gelenke tun weh, die Schmerzen die man normalerweiße bekämpft werden doppelt dreifach so stark. Man bekommt eine sogenannte Gefühlsinkontinenz, man ist nicht mehr so Tolerant. Das zeigt definitiv die Aggressivität. 3 Tage am Stück nicht schlafen zu können hilft einem sehr gut sich noch mehr in die Depression zu steigern. Der Körper und mein Gehirn zeigten schnell keine Funktion mehr. Ich konnte beobachten wie es in meinem Zimmer plötzlich anfing zu schneien. Ich hab richtig dicke Flocken gesehn. Wenn ich net so müde wäre und die Hände net so stark zittern würden, hätte ich bestimmt mal versucht einen Schneeball zu formen.
Ach ja: Ganz einfache Blutuntersuchungen ergaben immer einen erhöhten Leberwert, der Ärzte dazu brachte mich für einen Alkoholiker zu halten. Ich trinke aber 1-2 mal im Jahr mal ein Radler wenn es mal so richtig heiss ist.

Noch deutlicher das ich Süchtig bin kann mir mein Körper garnicht zeigen.
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I_have_a_dream
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Beitrag Do., 12.06.2014, 11:14

Aber auch die Psyche wird durch langjähriger Konsum angegriffen:

Man wird gleichgültig, gleichzeitig sehr emotional, man kann sich nicht konzentrieren, zum lernen für meine Prüfungen könnte man mich in ein komplett leeres Zimmer einsperren, ich würde dennoch bestimmt etwas finden um mich abzulenken, nur um nicht das zu machen was eigentlich wichtig ist. Es ist ein chronisches Aufschieben von Wichtigkeiten. Ich kann keine Prioritäten setzen. Diese Depression und die Gleichgültigkeit ist natürlich kein Geheimrezept für eine liebevolle Ehe. Die Ehe geht den Bach herunter. Das und die gefühlte Hilflosigkeit, das Gefühl das es keine Therapiemöglichkeit, keinen Entkommen für mich gibt, bringt mich in eine tiefere Depression und schon beißt sich der Hund in seinen eigenen Schwanz und der Teufelskreis dreht sich wie ein Kreisel.

Ich werde jetzt Papa und habe große Angst davor das meine Spermien nicht gerade die gesündesten waren (Ich denke das ich nach meinem Termin bei der Humangenetik etwas schlauer sein werde).

Den Leuten die noch die Möglichkeit oder einfach die Selbstdisziplin haben rate ich damit sofort aufzuhören.
Tramal wird bei stärkeren Schmerzen von Ärzten mit einer Leichtigkeit rezeptiert, in der Hoffnung den Patienten in naher Zukunft nicht mehr mit diesen Problemen behandeln zu müssen. Man muss sich als Arzt vorab erst informieren, den genauen Grund für die Schmerzen kennen, in etwa abschätzen und planen können wie lange die Tramal eingenommen werden ; und noch wichtiger: Den Patienten das Absetzten selbst zu überlassen ist ein sehr großer Fehler der fatale Probleme mit sich bringt. Der Patient befindet sich dann in eine Lücke wo er schnell nicht mehr rauskommt und Hilfe von Außen benötigt.

Ich bin deshalb auch voll dafür Tramal als Opiat auch als Betäubungsmittel in der Medizin zu führen um diesen Leichtsinn ein Ende zu setzen.

Ich bitte um Kommentare und hoffe auf aktive Teilnahme an diesem Forum.

Gruß Derek
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Tupsy71
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Beitrag Do., 12.06.2014, 16:14

Hallo I_have a dream,

Erstmals, gratuliere ich dir zu deiner Vaterschaft und wünsche dir viel Freude damit. Ich denke nicht, dass das Kind durch eine einzige Spermie geschädigt ist wegen dem Medikament-(weiß es aber auch nicht genau). Soweit ich weiß, kommen von den Millionen Sperimien die BEste ans ZIel Bedenklicher wäre es, wenn die Frau so ein Suchtverhalten bzw. Drogen oder so konsumiert. So weit ich weiß, können dadurch die Eizellen, die ja von Geburt an, da sind, geschädigt werden(hab das mal gelesen). Also bei massiven KOnsum halt.

Was deine Abhängigkeit betrifft: Wäre es evtl. möglich dich mal in eine Klinik zu begeben um unter ärtzlicher Aufsicht auf Entzug zu gehen??? Denke das wäre für dich vielleicht das Beste, denn alleine ist man nicht stark genug(ich wärs zumindest nicht)

Wünsch dir jedenfalls gute Besserung und eine freudige Vaterschaft

Tupsy71

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BillieJane
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Beitrag Do., 12.06.2014, 19:38

Hallo I-have-a-dream.

Es ist die Frage ob du medikamentös richtig eingestellt bist. Ich finde es etwas bedenklich was du beschreibst. In einer verantwortungsvollen Praxis solltest du eigentlich nicht einfach ein Rezept abholen, ohne dass der Arzt dich vor der Rezeptvergabe nochmal untersucht hat oder geschaut wie es dir geht, gerade bei einer Dauermedikation.

Die erhöten Leberwerte finde ich auf Dauer ebenso nicht gut.

Warst du schon mal in einer Schmerzambulanz?

Falls du aus annonymitätesgründen nicht öffentlich schreiben magst, können wir uns gerne auch per PM unterhalten vielleicht fällt mir da noch etwas ein.

Liebe Grüße,

BillieJane

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I_have_a_dream
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Beitrag Fr., 13.06.2014, 22:21

Hallo Leute,

vielen dank für eure Mühe und die Antworten.

@ Tupsy: Dein Beitrag baut mich auf vielen dank. oj, die freudige Vaterschaft hab ich jetzt schon :D es ist wirklich ein faszinierendes Gefühl zu wissen dass man schon ganz bald Papa wird.

@ BillieJane: Genau wie du es auch in deinem Beitrag schon schriebst, ich bin definitiv nicht richtig eingestellt. Das ist nichts ganzes, nichts halbes. Mein Hausarzt dient momentan eigentlich nur zum ausstellen der Rezepte. Ich brauch nicht mal den Arzt dazu. Ich ruf an, sage am Telefon das ich wieder ein Rezept brauche und fahre es dann auch gleich abholen. Also innerhalb ner viertel Stunde hab ich dann das Rezept. Diese Prozedur ist natürlich kein Standard. Ich werde gleich weiter unten erklären warum sich das so mit der Zeit ergeben hat.

In DE gibt es etwa 3-5 spezielle Zentren (meist in einer Uniklinik, ein Team bestehend aus mehreren Oberärzten aus verschiedenen Bereichen wie Nephrologie, Kardiologie, usw.). Diese Behandeln in diesen Zentren die Betroffenen.

Genau dieses Team hatte mich auf Tramal gebracht. Im Arztbrief für den Hausarzt stand das ich bei Bedarf Tramal haben darf. Am Anfang war das auch nur so; bei Bedarf eben. Als aber die Abstände immer kürzer wurden in denen ich ein neues Rezept gebraucht hab, hat einmal eine Arzthelferin gesagt: "Geht nicht, kann ich dir nicht geben. Das hab ich dir erst vor kurzem gegeben, das System erlaubt mir das nicht, wenn dann musst du erst mit Doc. absprechen!" Dok. meinte ich soll ihm eine neuen Arztbrief bringen worauf geschrieben steht das du das auch in dieser Menge haben darfst. Gesagt getan, in der Uni bescheid gegeben, das ich mit der Dosis hoch bin, der HA braucht Erlaubnis um mir das stets rezeptieren zu dürfen.

Und genau aus diesem Grund ruf ich nur beim HA, der nickt das mit seiner Unterschrift ab, und ich bin wieder ein Rezept reicher.
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I_have_a_dream
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Beitrag Sa., 14.06.2014, 11:27

Ein Rezept reicher hört sich nicht schön an.

Natürlich bin ich der jenige der das ganze Steuert. Aber 10-15% Schuld an meiner Sucht, so glaube ich, verdanke ich der Leichtigkeit an das Rezept zu kommen.

Der Arzt weiß wie ich darüber denke. Ich hab schon häufig ein Gespräch mit ihm geführt darüber. Das ich davon wegkommen will, das ich es alleine nicht schaffe, dass er mir bitte helfen soll. Doch er nahm mir meinen Elan in dem er mal zu mir gesagt hat:
Bei einem Schmerzpatienten, der gezwungen ist sein ganzes Leben mit starken Schmerzen leben zu müssen, bei dem Spricht man nicht von einer Sucht. Dieser Patient nimmt diese Medikamente um sein Leben wenigstens etwas besser leben zu können. Ob das jetzt Tramal, ein Morphin Schmerzpflaster ist oder aber nur ein einfaches Aspirin ist, der wird das sein Leben lang nehmen müssen.
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BillieJane
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Beitrag Sa., 14.06.2014, 14:55

PM hast du.


sevenheaven
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Beitrag Fr., 28.11.2014, 21:47

Ich finde solche Berichte sehr wichtig, weil es viele Menschen gibt die davor gewarnt werden das Zeug zu nehmen wie ein Vitaminpräperat oder ähnlich harmloses.
Ich habe selbst schon mal Tramal verschrieben bekommen und auch genommen weil ich solche Schmerzen hatte über längere Zeit, ich hatte das Glück dass ich insgesamt sehr wenig genommen habe und die Schmerzen dann wieder weggingen als ich 25kg abgenommen habe.

Aber ich verstehe sehr gut wie man da reinrutschen kann.

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