Bindungsangst

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Anti Lope
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Beitrag Do., 24.06.2021, 09:44

chrysokoll hat geschrieben: Mi., 23.06.2021, 08:36 In einer anderen Therapierichtung (Verhaltenstherapie z.B.) musst du sehr viel weniger aufdröseln!
Das ist blitzschnell abgehakt, das wird sofort konkret. Etwas, das mir nach langer Analyse wirklich sehr gut tut!

Aber natürlich sind auch da keine sofortigen Erfolge zu erzielen mit der Verhaltenstherapie

Vielleicht hilft dir ja ein "Trick" den ich in solchen Fällen bei mir oft und erfolgreich anwende:
Ich versuche nicht das "große Ganze" zu sehen, sondern nur den aktuellen Tag, die aktuelle Situation.
Also nicht: Ich muss da bis ans Lebensende eine glückliche, nahe Beziehung führen, überspitzt gesagt.
Sondern: Heute geniesse ich den Tag / die Nacht mit diesem Mann.
Vielleicht ist es ja wirklich gut, das nochmal auf einer anderen Ebene anzugehen. Ich erwarte auch keine sofortigen Erfolge, aber derzeit zieht es mich immer wieder runter, bei dem Gedanken, dass das eine Lebensaufgabe sein könnte mich mit dieser Beziehungsangst auseinanderzusetzten.

Diesen "Trick" kenne ich :lol: Ich neige nämlich sehr dazu immer das "große Ganze" zu sehen mit dem Gefühl, wenn ich da jetzt auf ihn zugehe, ist das ein Zugeständnis aus dem ich nie, nie wieder rauskomme :kopfschuettel: . Und wenn er sich in Zukunftsplänen verliert, z.B.einen gemeinsamen Sommerurlaub im September, da kann ich mit dem "Trick" nichts mehr ausrichten.

Danke, es hilft wirklich sehr mich mit euch darüber auszutauschen :)
"Wenn ich einen grünen Zweig im Herzen trage, wird sich der Singvogel darauf niederlassen."
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chrysokoll
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Beitrag Do., 24.06.2021, 09:51

diese Gefühle kenne ich zu gut, gerade auch wenn es um gemeinsame Planungen geht!

Mir hilft es dann mir das zuzugestehen, also dass es nunmal für mich schwierig ist.
Und mir dann anzuschauen was es doch "erträglicher" machen würde: Also z.B. erst mal ein Kurzurlaub, nur eine Woche statt zwei, getrennte Hotelzimmer oder eine Fewo mit Rückzugsmöglichkeit oder oder

Und: Ich sichere das ab und sage mir wenn es wirklich absolut überhaupt nicht geht, dann geht die Welt nicht unter wenn ich doch nicht kann oder abbreche. Also wenn ich mir klar mache und auch dafür sorge: Ich komme da raus wenn ich es brauche
Meist entlastet das schon so sehr dass es doch geht

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Anti Lope
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Beitrag Do., 24.06.2021, 10:00

Tröte hat geschrieben: Di., 22.06.2021, 10:45 In dem er seine Verlust- und Du Deine Bindungsangst bearbeitest. Es geht hier um das große Thema (Ur-) Vertrauen.
Das sind sicherlich keine Themen, die von heute auf morgen "weg" sind, aber wenn einer sich bewegt und die Entwicklung kommt, passiert in Eurer Verbindung schon ganz viel. Weil wenn er z.B. keinen Druck macht, brauchst Du keinen Abstand und wenn Du Dich nicht zurückziehst, hat er keine Verlustangst. Das ist sehr miteinander verzahnt und hängt ganz doll zusammen. Das muss man sich einfach klar machen, dass es immer ein Spiel Aktion-Reaktion ist, die Eure Verhaltensweisen verstärken oder minimieren.

Wenn Du keine Therapie möchtest, wäre vielleicht ein auf Bindungsangst/Verlustangst spezialisiertes Coaching auch eine Alternative ? Das geht über eine überschaubare Anzahl an Stunden und ist sehr praktisch angelegt.
Allerdings muss man dies aus eigener Tasche zahlen und preisgünstig ist da auch anders...

VG
Tröte
Es ist wie auf einer Waage, wird die eine Seite zu viel, schmiert die andere ab. Dieses ausjustieren empfinde ich momentan als sehr anstrengend. Mir fehlt tatsächlich die innere Sicherheit, dass meine Abwehrreaktionen wirklich aus der Bindungsangst entstehen, oder ob es nicht doch einfach "nur" nicht passt.
Ich bilde mir ein, wenn ich wüsste, dass es die Angst vor dieser Bindung ist, würde ich voll mit einsteigen und ausprobieren. So bleibt aber ein Zweifel und ich eiere herum.

Ich würde sagen, DAS ist ein Teil des Spiels, oder? :roll: :lol:
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Fairness
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Beitrag Do., 24.06.2021, 11:11

Liebe Anti-Lope, was schätzt du an eurem Miteinander und was erhoffst du dir in eurer Beziehung, wovon du denkst, dass es in einer guten Freundschaft nicht zu finden ist?

Wenn du dir viel Zeit mit ihm zuhause vorstellst, fühlst du Geborgenheit oder Stress? Und wie wäre die passende Beziehung für dich, falls kein gemeinsames Leben? Könntet ihr deine Vorstellung auch gemeinsam teilen, oder sucht er eher etwas anderes?

Das sind solche allgemeinen nüchternen Fragen, welche du dir oder ihm stellen könntest, da die Emotionen schon da sind... vielleicht bekommst du dann mehr Gefühl dafür, wolang es für dich oder euch weitergeht... wenn die Bedürfnisse ähnlich sind, hat die Beziehung bessere Chance, glaube ich.

Lieben Gruß
Man sieht, was man am besten aus sich sehen kann. (C.G.Jung)

Grief is just love with no place to go. (Jamie Anderson)

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Tröte
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Beitrag Do., 24.06.2021, 16:19

Anti Lope hat geschrieben: Do., 24.06.2021, 10:00 Es ist wie auf einer Waage, wird die eine Seite zu viel, schmiert die andere ab. Dieses ausjustieren empfinde ich momentan als sehr anstrengend. Mir fehlt tatsächlich die innere Sicherheit, dass meine Abwehrreaktionen wirklich aus der Bindungsangst entstehen, oder ob es nicht doch einfach "nur" nicht passt.
Ich bilde mir ein, wenn ich wüsste, dass es die Angst vor dieser Bindung ist, würde ich voll mit einsteigen und ausprobieren. So bleibt aber ein Zweifel und ich eiere herum.

Ich würde sagen, DAS ist ein Teil des Spiels, oder? :roll: :lol:
genau, es ist (für beide Seiten) mega anstrengend, weil es eine emotionale Achterbahnfahrt ist. Ziel des ganzen ist es, dass man so mit sich "in Frieden" ist, dass die gegenseitigen Befindlichkeiten niemanden mehr aus der Bahn werfen.
Es geht darum sich GUT zu fühlen, unabhängig von äußeren Geschehnissen und ohne Bedingungen lieben zu lernen.
Dies setzt voraus, dass man den anderen nicht braucht.
Und ja, ich sage nicht, dass das leicht ist. Meine Partnerin und ich sind zwar nicht mehr am Anfang, aber auch noch nicht da, wo wir hinwollen.

Dieses ambivalente Verhalten "es passt nicht" ist übrigens auch ein Hinweis/Symptom der Bindungsangst. Meine Partnerin hat früher so oft gesagt, dass sie mich nicht liebt und nicht mit mir zusammen sein kann, obwohl sie es einige Zeit später bereut hat und im August sind wir zwei Jahre zusammen, somit kann es wohl nicht so "richtig" gewesen sein, mit ihrer Aussage :lol: Dieses Verhalten ist ein "Druck ablassen".... man braucht Abstand, weil es zuviel ist, deswegen redet man sich ein, dass es nicht passt oder keine Liebe da ist. Dies ist aber der wirkliche Grund (also bei meiner Partnerin gewesen, bei Dir weiss ich es natürlich nicht).
Frage Dich mal, in welchen Situationen Du "es passt nicht" denkst...gab es ggf. vorher eine Situation, in der Du "abgeschmiert" bist? In der Du Dich unter Druck gesetzt fühlst? Wie ist es in Situationen, in denen Du Dich wohl fühlst und Ihr schöne Erlebnisse habt? Ist Dein "es passt nicht" auch da?
Und.... gab es früher Situationen, in denen Du auf Abstand gegangen bist? In denen Du dachtest "es passt nicht"?
Meine Partnerin ist früher als Kind schon mit ihrem Dreirädchen abgehauen, wenn es zuviel wurde. Auch bei Freunden zieht sie sich im Konfliktfall zurück. Sprich D. hatte das schon immer und sie hat verstanden, dass ich zwar Auslöser dieses "ich muss weg Bedürfnisses" bin, aber nicht die Ursache...
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Kellerkind
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Beitrag Do., 24.06.2021, 18:03

Hi Tröte, ich kann mich gerade zu 100% mit deiner Partnerin identifizieren, inklusive der Ausreiß-Versuche im Alter von 2 bis 3....

Dennoch bin ich ein wenig skeptisch, und sehe es so wie die TE. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies alles NUR Bindungsangst ist bzw. dies so eine krasse Wirkungn haben sollte, dass man der eigenen Wahrnehmung, dass es nicht passe so überhaupt nicht trauen kann.

Allein von der Logik her würde ich vermuten wollen, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt. Sowohl als auch. Wenn etwas (kurzzeitig oder dauerhaft nicht passt) wird das Fluchtgefühl ausgelöst. Aber nicht, dass man sich entscheiden muss zwischen

ENTWEDER das "Nicht-Passt-Gefühl" ist korrekt, rational und vernünftig ODER alles nur Zeichen der Angst.

Würde vermutlich Sinn ergeben, oder? Aber ich weiß nicht, dazu bin ich selbst viel zu verunsichert, welchen Gedanken bzw. Gefühl ich da vertrauen kann.

Letztes WE hab ich einen Abend mit dem Ex und dessen Schwester&Familie verbracht, und zu Beginn sah ich ein paar störtende Faktoren und war total im "No-way, nie und nimmer wird das wieder was, so schon mal gar nicht!"-Gefühl.... aber im Laufe des Abends änderte es sich zu so happy, dass ich Pipi in den Augen habe, tiefste Zugehörig und "hier gehöre ich hin!"... Ehm, ja, was denn nun?!

Und mal ehrlich: zweifeln und hinterfragen normale Menschen (hier: Nicht-Bindungsängstliche) nicht auch hin und wieder ihre Beziehungen? Ist das wirklich so unnormal? Oder ist es nicht möglicherweise die Gewichtung, dem man dem beimisst, die den Unterschied ausmacht? Könnte das sein? Also, dass ein nicht-bindungsängstlicher Partner zwar auch hier und da solche Gedanken hat, die aber flüchtig sind wie die an das Mittagessen und keine Bedeutung beigemessen wird, während der bindungsängstliche Partner sich stundenlang gedanklich daran aufhängt? Keine Ahnung, sagt ihr es mir.
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Tröte
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Beitrag Fr., 25.06.2021, 13:00

Hi Kellerkind,
so wirklich gut beantworten kann ich Dir die Frage nicht, ich bin ja eher die "Verlustangsttype", die klammert und nicht wegläuft.
Was ich aber an meiner Partnerin beobachte ist, dass diese Flucht- und Nähephasen von jetzt auf gleich kippen können, insbesondere, wenn Stress oder eine Überforderung da ist. Da kippt ganz schnell die Laune: gestern noch "lass uns zusammenziehen" und heute " ich kann mir nicht vorstellen jemals mit jemanden Tisch und Bett zu teilen". Dieses von Null auf hundert und umgekehrt, ist (vermute ich) wenig rational. Da wird aus einem Affekt agiert.

Natürlich gibt es Dinge am anderen, die einen nerven und die vlt. langfristig nicht passen und die Beziehung ggf. deswegen scheitert. Was ich an der Stelle aber elementar wichtig finde ist, dass diese Dinge in "normalen" Phasen, wo man sich gut versteht kein (großes) Problem sind und wenn der "Fluchtreflex" da ist, dann ist das ein Trennungsgrund. Und dies erweckt in mir den Eindruck, dass es nicht ein grundsätzliches "es passt nicht" ist, sondern ein "ich brauche Freiheit, das ist hier zuviel Druck", sonst wäre aus meiner Sicht das "es passt nicht" auch in guten Zeiten da. Vlt. nicht so präsent, aber trotzdem vorhanden. Wenn etwas nur kommt, wenn es mir schlecht geht, dann hat das m.E. etwas mit mir selber zu tun und nicht mit der Beziehung.

Wenn ich Verlustangst habe, mache ich ALLES, dass dieses mehr als unangenehme Gefühl weg geht und ich denke, dass dies bei Menschen, die eher distanzorientiert sind ebenfalls so ist.
ABER... ich bin kein Psychologe und kann nur von meiner Wahrnehmung/meinen Erfahrungen nach bald zwei Jahren Beziehung mit einem bindungsängstlichen Menschen berichten. Wenn alles cool ist, gibt es nur einen Streitpunkt (der jüngste Sohn, bzw. das Verhalten meiner Partnerin ihm gegenüber), sonst nix... wenn alles doof ist, ist alles "sch..." und ein möglicher Trennungsgrund.

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Kellerkind
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Beitrag Fr., 25.06.2021, 20:02

Ich fasse mal zusammen:

Klingt für mich wirklich nach einem Problem des WERTENS einer Situation, die je nachdem ob das bindungsängstliche Muster gerade getriggert ist oder nicht: Die Situation ist und bleib ein und dasselbe. In dem einem Fall ist es vielleicht etwas nervig, aber unwichtig, in der Trigger-Situation ist es omni-präsent und im Vordergrund. Je nachdem, wie man ein - und dieselbe Situation gerade wertet, oder?
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Tröte
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Beitrag So., 27.06.2021, 19:37

ja, sehr gut zusammengefasst.
"But these stories don't mean anything, when you got no one to tell them to. It's true, I was made for you "

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