Welche Therapie bei chronischer Depression bzw. Dysthymie?

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Beitrag So., 10.07.2022, 21:55

kaja hat geschrieben: So., 10.07.2022, 05:01 Für die Behandlung chronischer Depressionen wurde CSASP entwickelt.
Das ist eine spezifische und strukturierte Psychotherapie zur Behandlung chronischer Depressionen.
Danke, das klingt sehr interessant!
Grundsätzlich wird aber auch die beste Therapie nichts bringen, wenn du nicht bereit bist deine Komfortzone zu verlassen und dich mal wirklich auf etwas neues einzulassen. Das liegt in deiner Eigenverantwortung. Es sind nicht die Therapeuten die für eine Methode werben und dir schmackhaft machen müssen. Du willst etwas, also mach es.
Mir ist bewusst, dass ich die Verantwortung für mich selbst und in weiterer Folge für meine Gesundheit und meinen Therapieerfolg trage. Ich weiß dennoch nicht, wie ich zu einem Punkt kommen könnte, an dem ich von vornherein von einer Methode oder einem Therapeuten so überzeugt bin, dass ein Therapeut keine Überzeugungsarbeit mehr leisten müsste. Das ist mEn schlicht unmöglich, weil ich ja erst die Methode und den Therapeuten erleben müsste, um mir eine Meinung dazu zu bilden. Es gibt sicher Leute die so viel Urvertrauen haben, dass sie das können. Ich gehöre da nicht dazu, was ja auch mit ein Grund dafür ist, dass ich überhaupt Therapie brauche.
lisbeth hat geschrieben: So., 10.07.2022, 08:38 Wenn du Schwierigkeiten hast, dich selbst und deine Emotionen auszudrücken und insgesamt eher (über)kontrolliert bist und das mit deinen Depressionen in Zusammenhang steht (und ich denke mal, nach deinen bisherigen Erfahrungen hast du zumindest eine Ahnung, was Ursachen und Zusammenhänge betrifft) könnte dir auch Radically Open DBT helfen.
Danke für den Tipp, ich denke aber nicht, dass ich in die Zielgruppe passe. Ich denke eher, dass ich eine wenig ausgeprägte Selbstkontrolle habe, daher auch meine Neigung zu Suchtverhalten.
chrysokoll hat geschrieben: So., 10.07.2022, 10:41 ich halte dich nicht für eine hoffnungsvollen Fall.
Du hast bisher offensichtlich nur ambulante Therapie ausprobiert, einzeln.
Es gibt gute Gruppenansätze, und ich kann mir vorstellen dass dir auch ein Klinikaufenthalt bzw. eine Tagesklinik weiter helfen könnte. Kannst du in diese Richtung mal recherchieren?
Interessante Idee. Einen Klinkaufenthalt möchte ich für’s Erste vermeiden. Meinst Du mit Tagesklinik so etwas? promente-reha.at/standorte/apr-graz
Worin siehst Du den Vorteil in einer Tagesklinik im Vergleich zu einer gewöhnlichen Therapie?

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Beitrag So., 10.07.2022, 21:59

münchnerkindl hat geschrieben: So., 10.07.2022, 11:33 Also nachdem du bei dem Beheben des Problems bisher scheints nach dem Verfahren "schauen wir mal" vorgegangen bist und die Fachpersonen die es besser wissen müssten sich als Fehlgriff herausgestellt haben ist hier evtl mal sinnvoll generalstabsmässig an die Sache heranzugehen und erst mal gründlich zu anlaysieren was los ist bevor man anfängt irgendwas zu machen.
Die meisten der Therpauten waren Empfehlungen meines Psychiaters. Ich bin davon ausgegangen, dass er besser beurteilen kann als ich, welche Therapie bzw. welcher Therapeut für mich passend ist, aber da habe ich wohl zu viel erwartet.
Gründliche Analyse finde ich aber immer gut, daher fange ich jetzt gleich damit an!
Wann genau und wie hat das mit den Stimmungs- etc Problemen angefangen. In welchem Alter, kam es plötzlich oder eher schleichend. Was für Faktoren gab es in der Zeit wo das angefangen hat oder der Zeit davor, die man als belastend oder schwierig bezeichnen .
Schlechte Stimmung inklusive Suizidgedanken haben bei mir mit etwa 16 Jahren angefangen und erreichten ihren Höhepunkt etwa um mein 17. Lebensjahr. Das war aber keine Depression im Wortsinn, denn ich hatte inneren Antrieb, und war wohl stark mit Liebeskummer und allgemeinen jugendlichem Weltschmerz verknüpft.
Erste Phasen der Antriebslosigkeit folgten mit dem Beginn des Studiums, diese waren aber wohl vor allem dem exzessiven Lebensstil geschuldet, den ich in meiner Studienzeit pflegte – mehrmals die Woche ausgehen, wenig Schlaf und viel Alkohol und Marijuana hinterließen da ihre Spuren.
Das mit der Antriebs- und Motivationslosigkeit fing am Ende meines Studiums an und wurde mit dem Beginn der Diplomarbeit richtig schlimm. Ich verfing mich in einer Prokrastinationsschleife, genährt aus Perfektionismus und Versagensangst und konnte schlicht nicht mit der Diplomarbeit beginnen.
Die ersten Symptome, die mich so weit aufhorchen ließen, dass ich zum Arzt ging, fingen auch in dieser Zeit an: Ich wurde äußerst vergesslich. Vergaß ständig mein Handy, meine Schlüssel, Termine etc. hinzu kamen Wortfindungsstörungen. Es gab einen Fall im weiteren Bekanntenkreis, wo sich plötzliche Vergesslichkeit als Anzeichen eines Gehirntumors herausgestellt haben, nur deswegen hatte ich genug Panik um überhaupt einen Neurologen aufzusuchen. Nach einem MRT kam heraus, dass mein Gehirn vollkommen normal aussieht und es fiel der Verdacht auf „depressive Pseudodemenz“.
Dieser Verdacht blieb für’s Erste ohne Konsequenzen, ich war einfach froh, keinen Gehirntumor zu haben. Erst nach dem einige Jahre ins Land zogen, und ich mich noch immer nicht dazu aufraffen konnte, die Diplomarbeit anzugehen, der soziale Druck stieg, ein Studienplanwechsel anstand und mir immer mehr bewußt wurde, dass ich kurz davor bin, ohne Abschluss dazustehen, war der Leidensdruck groß genug, um mich nach Therapeuten und Psychiatern umzusehen. Das ist jetzt fast 10 Jahre her.
Du redest von pessimistischer Weltsicht, geringem Selbstwert und Perfektionismus. Sowas entsteht ja in der Regel nicht völlig ohne Grund. Was ist da der Hintergrund?
Die Ursachen für den geringen Selbstwert und Perfektionismus sind wohl in der frühen Kindheit zu verorten. Ich bin ein Scheidungskind und die ersten 3 Jahre meines Lebens waren von ständigem Streit zwischen meinen Eltern geprägt, die Zeit danach, von einer zunehmenden Distanz zu meinen Eltern. Zu meinem Vater, weil er schlicht weg war und zu meiner Mutter, weil sie alleinerziehend und vollzeit berufstätig war. Hinzu kommt ein sehr dominanter und vereinnahmender Bruder, der sicherlich auch dazu beigetragen hat, dass sich in mir die Überzeugung verfestigt hat, nicht wichtig zu sein.
Und dann gibt es da die Frage, welche Faktoren in deiner Einstellung halten das derzeit aufrecht.
Ich denke, dass dieses Selbstbild bei mir so verfestigt ist, dass alles was diesem entgegen steht sich einfach falsch anfühlt. Ich kann mir zwar sagen, dass ich ein wertvoller Mensch bin, ich kann es mir auch sagen und gleichzeitig fest daran glauben, dass diese Einstellung gut und richtig ist, das ändert aber nichts daran, dass ich die Aussage selbst nicht glaube. Es kommt mir so vor, als würde ich mich selbst belügen, so, wie man ein Kind belügt, wenn man sagt, die Geschenke kommen vom Christkind…

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Beitrag So., 10.07.2022, 22:01

Fortsetzung:
münchnerkindl hat geschrieben: So., 10.07.2022, 11:33
kann da nur von mir sagen was ich irgendwann bei mir entdeckt habe und was es bei mir getan hat: Wenn es einem schlecht geht neigt man dazu sich dazu zu zwingen zu funktionieren. Wenn man sich zwingt zu funktionieren überstrapaziert dieser mentale Daueraufwand die mentalen Kräfte komplett und deswegen wird man noch gestresster und geschwächter. Man muss sich also noch weiter zusammenreissen. Weil das alles nicht wirklich funktioniert fühlt man sich als Versager, weiterer Grund sich scheisse zu fühlen und sich zusammenreissen zu müssen....
Und so weiter. Teufelskreis. Die FRage ist, hast du sowas am Start?
Nein, darin kann ich mich nicht wiedererkennen. Mein Teufelskreis ist eher die Selbstsabotage. Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich mich selbst sabotiere, um mein negatives Selbstbild aufrecht zu erhalten. Typisches Beispiel: Ich habe mir für den nächsten Tag viel vorgenommen. Was mache ich am Vorabend? Ich gehe nicht zeitig ins Bett, sondern bleibe bis 4 in der Früh wach und betrinke mich. Resultat: Ich komme kaum aus dem Bett, bin den ganzen Tag müde, gereizt und unkonzentriert, und komme meinem Ziel kein bisschen näher. Dafür habe ich aber mein Selbstbild bestätigt, dass ich nichts auf die Reihe bekomme.
Erst mal solltest du glasklar wissen wie die Misere hier entstanden ist, weil nur dann hast du eine Chance da anzusetzen wo die Entwicklung noch gesund war und von da aus weiterzumachen.
Ich glaube nicht, dass meine Entwicklung jemals „gesund“ war. Die Familiensituation, in die ich hineingeboren wurde, war bereits vor meiner Geburt zerrüttet. Die Frage ist für mich eher, wie ich meine Geschichte und meine negativen Glaubenssätze hinter mir lassen kann.

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Beitrag So., 10.07.2022, 22:41

Kellerkind hat geschrieben: So., 10.07.2022, 12:06
Den Job für eine Therapie zu riskieren, sollte von daher nur das allerletzte Mittel sein. Die Erfolgsaussichten sind ziemlich mau vor allem im fortgeschrittenem Alter und Krankheitsverlauf. Es ist zwar nicht unmöglich, noch mal die Kurve zu kriegen, aber nun mal ja nach Einzelfall relativ unwahrscheinlich. Zu glauben, dass Therapie eine 100%ige Erfolgsquote hat, wenn man es nur wagen und nur hart genug versuchen würde, ist... salopp gesagt... ziemlich naiv und an der Reailtät vorbei. Von daher will es gut überlegt sein, da muss es einem schon wirklich schlecht gehen, dieses Risiko einzugehen und alles, was einem gerade noch so Halt und Struktur gibt, aufzugeben.
Hallo Kellerkind! Welch sprechender Name! ;-)
Es ist schön, die Perspektive eines anderen Betroffenen zu hören, auch wenn die Perspektive selbst natürlich nicht besonders schön ist 😉 Auch ich habe ähnliche Bedenken, und möchte daher keinenfalls in einen längeren Krankenstand gehen.
Der Vollständigkeithalber: natürlich sollte es THEORETISCH möglich sein, trotz Vollzeitjob auch Therapie machen zu können oder sogar eine Auszeit auf Krankenschein in einem Reha-Zentrum. Nur sieht die Praxis nunmal anders aus. Es auf dem ersten Arbeitsmarkt immer noch ein Stigma, und in der Regel ist der Job dann kurz - oder langfristig weg. Und wenn man nicht gerade jung und flexible ist, dann findet sich so schnell auch keiner mehr.
Wir haben gerade genauso einen Fall in der Firma: Ein Kollege ist bereits seit mehreren Wochen in stationärer Therapie, und die Stimmung schlägt schon langsam von Mitleid in Unverständnis über. Ich glaube nicht, dass er nach der Reha wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird. Eher glaube ich, dass sein Arbeitsverhältnis „im Einvernehmen“ beendet wird,
In meinem Fall müsste ich akut und berechtigterweise davon ausgehen, dass ich danach wahlweise im HartzIV oder Frührente landen würde, und ich bezweifele sehr, sehr akut, dass dies langfristig meiner psychischen Gesundheit zuträglich wäre, im Gegenteil.
Dieses Damoklesschwert schwebt zum Glück nicht über mir. Ich bin derzeit in der privilegierten Situation, einer Teilzeitarbeit nachzugehen, keine besonders hohen Ausgaben zu haben und weitgehend nur für mich selbst verantwortlich zu sein. Zusätzlich habe ich Familienmitglieder, von denen ich mir in der Not auch größere Geldbeträge leihen könnte.
Ich bin daher an einem Punkt, wo ich tatsächlich mehr zu gewinnen als zu verlieren habe, und dementsprechend könnte ich sogar meinen Job auf’s Spiel setzen.
Allerdings teile ich deine Ansicht, dass es mir nicht gut tun würde, nicht zu arbeiten. Der einzige Grund, warum ich morgens aufstehe, mittags Esse und abends ins Bett gehe, ist weil mir mein Job eine Tagesstruktur vorgibt. Ohne diese kann ich locker bis 12:00 im Bett liegen bleiben, ohne den geringsten drang zu verspüren, irgendetwas tun zu wollen, außer, wenn der Harn drängt…
Wie gesagt, das ist ein Einzelfallentscheidung, ein Balance-Akt. Wäre ich Anfang 20, würde sich auch für mich die Kosten/Risiken-Abwägung anders gestalten. Dann könnte man über großangelegte Neustart und ein oder zwei Jahre "Krankheitspause" durchaus eher nachdenken. Da hätte ich auch noch Hoffnung, dass dies oder jenes funktioniere.
Ein bis 2 Jahre Krankheitspause kann und will ich mir nicht leisten. Ich würde es aber riskieren, meine Teilzeit-Anstellung noch auf ein bis zwei Jahre zu verlängern, obwohl ich meinem Chef schon zugesagt habe, im nächsten Jahr auf 30 und im übernächsten auf 40 Stunden zu erhöhen….

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Anti Lope
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Beitrag Mo., 11.07.2022, 10:52

Hi Blumentopferd,

hast du dich insgesamt mal durchchecken lassen? Es gibt ja auch Krankheiten, deren Symptomatiken einer Depression sehr ähneln, wie z. B. Hashimoto, eine Autoimmunkrankheit die die Schilddrüse angreift. Da gibt es sicherlich noch viele andere Erkrankungen, vielleicht mal in die Richtung schauen.

Alkohol KANN auch dazu beitragen, dass es einem auf psychischer Ebene sehr schlecht geht. Ein blöder Kreislauf, weil der Alkhohol ja eigentlich dazu dienen soll, Gefühle zu betäuben. Macht er ja auch, aber er betäubt halt nicht nur die unangenehmen Gefühle.
Ich höre seit einiger Zeit einen Podcast zum Thema Aklkohol ("Ohne Alkohol mit Nathalie") und auch wenn mir vieles schon bekannt war, bin ich doch so manches Mal erstaunt, was sich bei den Menschen verändert, wenn sie mit dem Trinken ganz aufhören.

Ich wünsche dir, dass du einen guten Weg findest deine Lage zu verbessern!
Alles Gute!
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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 11.07.2022, 17:08

Blumentopferd hat geschrieben: So., 10.07.2022, 22:01 Ich glaube nicht, dass meine Entwicklung jemals „gesund“ war. Die Familiensituation, in die ich hineingeboren wurde, war bereits vor meiner Geburt zerrüttet. Die Frage ist für mich eher, wie ich meine Geschichte und meine negativen Glaubenssätze hinter mir lassen kann.


Das habe ich fast befürchtet ::?

Hast du schon mal was von der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung gehört?

https://de.wikipedia.org/wiki/Komplexe_ ... %C3%B6rung


Und ne, das ist nicht "nur" eine Depression.

Und hier noch ein toller Youtube Kanal von einer Psychotherapeutin zu dem Thema

https://www.youtube.com/c/DamiCharf

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Philosophia
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Beitrag Mo., 11.07.2022, 18:53

Richtigstellung: Dami Charf ist Heilpraktikerin.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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lisbeth
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Beitrag Mo., 11.07.2022, 20:23

Blumentopferd hat geschrieben: So., 10.07.2022, 21:55 Danke für den Tipp, ich denke aber nicht, dass ich in die Zielgruppe passe. Ich denke eher, dass ich eine wenig ausgeprägte Selbstkontrolle habe, daher auch meine Neigung zu Suchtverhalten.
Suchtverhalten kann aber auch ganz andere Ursachen haben, zB dass du nie gelernt hast, mit deinen Emotionen 'gesund' umzugehen. Und sie daher eher unterdrückst, weil deine Emotionen dafür sorgen, dass du dich schlecht fühlst. Und da sind dann Suchtmittel oft eine Art Krücke zur Emotionsregulierung. Weil mit Suchtmittel fühlst du dich dann (erstmal) 'besser'. Das hat nicht unbedingt was mit fehlender Selbstkontrolle zu tun...
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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Beitrag Mo., 11.07.2022, 22:36

Anti Lope hat geschrieben: Mo., 11.07.2022, 10:52 Hi Blumentopferd,

hast du dich insgesamt mal durchchecken lassen? Es gibt ja auch Krankheiten, deren Symptomatiken einer Depression sehr ähneln, wie z. B. Hashimoto, eine Autoimmunkrankheit die die Schilddrüse angreift. Da gibt es sicherlich noch viele andere Erkrankungen, vielleicht mal in die Richtung schauen.
Iich habe sehr oft das Gefühl, dass etwas körperlich nicht mit mir stimmt, denn ich fühle mich auch körperlich nicht wohl. Fühle mich ständig sehr müde, schlaff und schwach, bin ungeschickt, vor allem in der Früh mir fallen ständig Dinge aus der Hand, stoße mich dauernd irgendwo mit dem Fuß oder mit dem Kopf und ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal eine normale Verdauung hatte. Ich war erst letztens bei einer erweiterten gesundenuntersuchung, wo neben den üblichen Untersuchungen auch Vitaminspiegel und Schilddrüsenwerte ausgewertet wurden und ein Belastungs-EKG gemacht wurden und es war alles unauffällig.

Von daher gehe ich weiterhin davon aus, dass diese Symptome überwiegend psychisch bedingt sind.
Alkohol KANN auch dazu beitragen, dass es einem auf psychischer Ebene sehr schlecht geht. Ein blöder Kreislauf, weil der Alkhohol ja eigentlich dazu dienen soll, Gefühle zu betäuben. Macht er ja auch, aber er betäubt halt nicht nur die unangenehmen Gefühle.
Ich höre seit einiger Zeit einen Podcast zum Thema Aklkohol ("Ohne Alkohol mit Nathalie") und auch wenn mir vieles schon bekannt war, bin ich doch so manches Mal erstaunt, was sich bei den Menschen verändert, wenn sie mit dem Trinken ganz aufhören.
Dass Alkohol schlecht ist, weiß ich natürlich auch, nur leider habe ich bisher noch nicht die Erfahrung gemacht, dass es mir ohne Alkohol besser gehen würde. Ich habe immer wieder Anläufe gemacht, auf Alkohol vollkommen zu verzichten, Wochenlang keinen Tropfen getrunken, aber dabei keinerlei Unterschied in meiner Stimmung und meinem Wohlbefinden erfahren, sodass mir irgendwann wieder die Motivation, darauf zu verzichten, verloren gegangen ist. Jetzt kann man natürlich sagen, "Ein paar Wochen sind viel zu kurz! Die positiven Wirkungen von Alkoholverzicht spürt man erst nach Monaten / Jahren!" aber da fehlt mir dann leider die Ausdauer, etwas ohne irgendeinen positven Effekt monatelang durchzuziehen.

Das erscheint mir ähnlich wie mit dem Laufen - das soll ja auch solche Wunder bewirken, natürlich nur wenn man es eisern, regelmäßig und gaaaaaaaanz lange durchzieht. Letztes Jahr bin ich 3 Monate am Stück jeden Tag laufen gegangen. Ich war in Bildungskarenz und hatte keine Ausreden, es nicht zu tun. Vom positiven Effekt habe ich aber nicht viel gemerkt. Ja, kurz nach dem Laufen fühlte ich mich aktivierter und lebendiger. Der Effekt verpuffte aber innerhalb einer halben Stunde und wurde mit jedem Mal Laufen gehen weniger anstatt mehr... Jetzt könnte man natürlich sagen, "3 Monate sind viel zu wenig, das muss man JAHRELANG durchziehen!" aber naja, siehe oben... ;-)

Ich wünsche dir, dass du einen guten Weg findest deine Lage zu verbessern!
Alles Gute!
Anti
Danke!

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Beitrag Mo., 11.07.2022, 22:51

münchnerkindl hat geschrieben: Mo., 11.07.2022, 17:08
Blumentopferd hat geschrieben: So., 10.07.2022, 22:01 Ich glaube nicht, dass meine Entwicklung jemals „gesund“ war. Die Familiensituation, in die ich hineingeboren wurde, war bereits vor meiner Geburt zerrüttet. Die Frage ist für mich eher, wie ich meine Geschichte und meine negativen Glaubenssätze hinter mir lassen kann.


Das habe ich fast befürchtet ::?
..........
Danke, ja das hört sich alles sehr zutreffend an. Wie gesagt, ich vermute die Ursachen in meiner Kindheit, das Resultat ist aber ganz eindeutig eine chronische Depression...

Gibt es da Therapieansätze, die vielversprechend sind? Also abseits von "SEI" was ja vor allem ein Markenname zu sein scheint?
Zuletzt geändert von Pauline am Di., 12.07.2022, 04:31, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Bitte nur relevante Textteile kopieren - siehe Netiquette. Danke.

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Beitrag Mo., 11.07.2022, 23:06

lisbeth hat geschrieben: Mo., 11.07.2022, 20:23
Blumentopferd hat geschrieben: So., 10.07.2022, 21:55 Danke für den Tipp, ich denke aber nicht, dass ich in die Zielgruppe passe. Ich denke eher, dass ich eine wenig ausgeprägte Selbstkontrolle habe, daher auch meine Neigung zu Suchtverhalten.
Suchtverhalten kann aber auch ganz andere Ursachen haben, zB dass du nie gelernt hast, mit deinen Emotionen 'gesund' umzugehen. Und sie daher eher unterdrückst, weil deine Emotionen dafür sorgen, dass du dich schlecht fühlst. Und da sind dann Suchtmittel oft eine Art Krücke zur Emotionsregulierung. Weil mit Suchtmittel fühlst du dich dann (erstmal) 'besser'. Das hat nicht unbedingt was mit fehlender Selbstkontrolle zu tun...
Das kann schon sein, dass ich Probleme habe, mit meinen Emotionen umzugehen, die mangelnde Selbstkontrolle ist aber sicherlich auch am Start. Ich wüsste jedenfalls nicht, wo ich die jemals gelernt haben sollte und kann auch nur wenige Beispiele aus meinem Leben aufzählen, die ich mit Selbstkontrolle in Verbindung bringen würde. Ich habe eher den Eindruck, dass ich ein typisches wohlstandsverwahrlostes Generation-Y-Kind war, dem es materiell an nichts gefehlt hat, aber dafür an Halt, Bindung und Sinn.

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Beitrag Di., 12.07.2022, 05:20

Ich war erst letztens bei einer erweiterten gesundenuntersuchung, wo neben den üblichen Untersuchungen auch Vitaminspiegel und Schilddrüsenwerte ausgewertet wurden und ein Belastungs-EKG gemacht wurden und es war alles unauffällig.
Das sagen die immer!

Wenn man sich da nicht selbst mit dem Thema auseinander setzt, sich die Werte geben lässt und notfalls eine Zweitmeinung anhört, kannst du darauf nichts geben.
Die große Mehrheit von Hashimoto wird von der normalen Schulmedizin erst mal nicht erkannt, und gerade wenn man psychische Probleme hat, wird man erst recht in diese Ecke abgeschoben.

Hab ich selbst... (habe Hashimoto)...so erlebt, erlebe es noch bei meiner Tochter, die mit TSH-Werten von 4,17 noch als unauffällig gilt, obwohl andere Ärtze und andere europaische Länder bei 2,5 schon Alarmschlagen. Hatte Ärtze, die mir meine Blutwerte verweigerten, weil... das könne ich ihnen schon glaube, dass ich sinngemäss es nur an der Psyche habe. Nur um dann 2 Jahre später die Diagnose von einem anderen Arzt zu bekommen und das war auch nur ein Zufallsbefund, weil bei einer Vertretung landete, die auch heilpraktisch praktizierte. Sonst würde ich vermutlich heute noch in eine Schublade abgeschoben werden. Das Internet (und die Statistiken) sind voll von solche Geschichte.

Fazit: blindes Vertrauen in die Schulmedizien ist nicht angebracht. Eigenverantwortung. Sich die Werte geben lassen, informieren, manchmal ist auch ein Arztwechsel nötig. Ähnliches gilt für Zölikiae. "Die werden schon (besser) wissen, was sie machen!", das ist ein Satz, den du aus deinem Kopf streichen solltest. Definitiv nicht, wenn es um solche Dinge geht. Erst recht nicht bei Hashimoto, und bei Psychopharmka hab ich auch so eine Bedenken ob das so viel mehr ist als blindes Rumprobieren....(basierend auf Theorien, die über 50 Jahre alt und in der Wissenschaft längst widerlegt sind).
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "

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Beitrag Di., 12.07.2022, 09:12

Blumentopferd hat geschrieben: Mo., 11.07.2022, 22:36 Dass Alkohol schlecht ist, weiß ich natürlich auch, nur leider habe ich bisher noch nicht die Erfahrung gemacht, dass es mir ohne Alkohol besser gehen würde. Ich habe immer wieder Anläufe gemacht, auf Alkohol vollkommen zu verzichten, Wochenlang keinen Tropfen getrunken, aber dabei keinerlei Unterschied in meiner Stimmung und meinem Wohlbefinden erfahren, sodass mir irgendwann wieder die Motivation, darauf zu verzichten, verloren gegangen ist. Jetzt kann man natürlich sagen, "Ein paar Wochen sind viel zu kurz! Die positiven Wirkungen von Alkoholverzicht spürt man erst nach Monaten / Jahren!" aber da fehlt mir dann leider die Ausdauer, etwas ohne irgendeinen positven Effekt monatelang durchzuziehen.


Ich denke du nutzt den Alk zur Selbstmedikation, weil Alk halt eine dämpfende Substanz ist, schlechte Gefühle betäubt, Grübeln verringert.

Das dürfte auch der Grund sein warum du immer wieder zur Flasche greifst, weil du gelernt hast Trinken = Erleichterung. Und so lange du nicht alternative Möglichkeiten hast für dein Wohlergehen zu sorgen wird der Drang dann nicht weggehen.

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Beitrag Fr., 15.07.2022, 22:07

...........
Danke für diesen Input! Tatsächlich hatte ich in meinem Leben bereits Schilddrüsenprobleme (Überfunktion, die kurzzeitig auftrat und wieder verschwand), die durchaus zu Hashimoto passen würden. Ich werde möglichst bald einen Schilddrüsen-Spezialisten aufsuchen und das nochmal abklären lassen!
Zuletzt geändert von Pauline am Sa., 16.07.2022, 04:09, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Fullquote entfernt. Bitte keine Komplettzitate verwenden!

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Beitrag Fr., 15.07.2022, 22:26

münchnerkindl hat geschrieben: Di., 12.07.2022, 09:12
Ich denke du nutzt den Alk zur Selbstmedikation, weil Alk halt eine dämpfende Substanz ist, schlechte Gefühle betäubt, Grübeln verringert.

Das dürfte auch der Grund sein warum du immer wieder zur Flasche greifst, weil du gelernt hast Trinken = Erleichterung. Und so lange du nicht alternative Möglichkeiten hast für dein Wohlergehen zu sorgen wird der Drang dann nicht weggehen.
Ich weiss. Und ich tue das im vollen Bewusstsein, dass es mir schadet.

Manchmal, ja eigentlich meistens, da hadere ich damit zur Flasche zu greifen und denke mir "Stopp, tu das nicht! Du weißt, dass es schlecht für dich ist, und Du weisst dass es dir damit langfristig noch schlechter geht!". Leider weiß ich aber auch, dass es mir auch ohne Alkohol langfristig schlecht geht. Das kann ich aus jahrzehntelanger Erfahrung mit mir selbst mit einiger Gewissheit sagen. Und dann steht eine potentielle Verschlechterung meines Wohlbefindens in einer vagen, fernen Zukunft, einer sicheren Verbesserung meines Wohlbefindens in einer unmittelbaren Zukunft entgegen. Die Wahl, zur Flasche zu greifen, fällt da leider gar nicht schwer...

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