was sind Quartalsstunden?

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meersein
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was sind Quartalsstunden?

Beitrag Mi., 23.08.2023, 19:28

Hallo,
im Forum hier ist öfter von "Quartalsstunden" nach Therapieende zu lesen. Ich finde hierzu aber keine genaueren, offiziellen Informationen. Ist das Standard, können die Theras die ganz normal abrechnen? Wenn ja, wie viele?

Meine Therapeutin hat diese Option nie genannt - nur, dass ich sog. "Rückfallprophylaxe" Stunden nehmen kann. Das sind max. 16h, die aber vom genehmigten Stundenkontingent abgezogen bzw. zurückgehalten werden und dann nach dem offiziellen Therapieende nach Bedarf genommen werden können.

Jetzt frage ich mich, ob ich die Quartalsstunden noch zusätzlich nutzen könnte?

Vielen Dank vorab für ein paar erhellende Informationen zu dem Thema und eure Erfahrungen!

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Bluemoon123
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Beitrag Mi., 23.08.2023, 19:43

Das Wort "Quartalsstunden" ist nicht so ganz offiziell. Wo das her kommt weiß ich nicht.

Aber es ist so, dass alle Therapeuten pro Patient und Quartal die Möglichkeit haben ein "Psychotherapeutisches Gespräch" abzurechnen (Abrechnungsziffer 23220). Dieses psychotherapeutische Gespräch wird in 10 Minuten Einheiten abgerechnet und kann pro Quartal 15 mal abgerechnet werden. Wenn man das in die üblichen 50 Minuten Therapiestunde umrechnet, sind das 3 Stunden pro Quartal, oder eine im Monat.

Meine Therapeutin hat das z.B. am Anfang abgerechnet, nach den probatorischen Sitzungen bevor die richtige Therapie gestartet ist. Und dann nochmal, als die Akuttherapie zu Ende war und die Verlängerung noch nicht von der Kasse bearbeitet. Auch meine Hausärztin (die eine PT-Zusatzausbildung hat, aber eigentlich nicht meine Therapeutin ist) hat diese Abrechnungsziffer mal benutzt, als ich noch keine Therapeutin hatte und ich wegen der Medis bei ihr war.

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meersein
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Beitrag Do., 24.08.2023, 13:13

Vielen lieben Dank für die schnelle und umfassende Antwort!

Mich irritiert, dass meine Thera diese Möglichkeit der Abrechnung nie angesprochen/angeboten hat, obwohl wir uns einig waren, dass wir mit Kontingentende die Therapie noch nicht beenden.

Als Gründe kann ich mir vorstellen, dass die Vergütung schlechter ist und/oder dass es sich um eine Grauzone handelt, da auf diesem Weg eine Therapie ja künstlich "gestreckt" wird und die Ziffer für andere Zwecke (=kurze Gespräche) gedacht ist.

Aber hier wird der Eindruck erweckt, dass es völlig üblich ist, "Quartalsstunden" anzubieten...

Ich komme wohl nicht herum, das mit meiner Thera zu klären. Freue mich aber weiter über Erfahrungen/Infos zu dem Thema.

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SinnIch
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Beitrag Do., 24.08.2023, 14:05

Ja, ich glaube meine erste Therapeutin sagte mir wirklich mal, dass die Vergütung da geringer ist.
Hatte dadurch auch damals noch ein paar Extra-Stunden. Streng genommen sind die auch nicht für Therapie gedacht.

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saffiatou
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Beitrag Do., 24.08.2023, 14:45

Diese Stunden werden geringer vergütet, aber nicht sehr viel und ich kenne auch Theras, die diese nicht anbieten (aus unterschiedlichen Gründen, manche kenne die Möglichkeit auch einfach nicht). Mein ehemaliger Thera hat mir damit geholfen die zwei Jahre zwischen zwei Therapien zu überbrücken.

Oft ist es gut da einfach mal nachzufragen.
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Tobe
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Beitrag Do., 24.08.2023, 15:05

meersein hat geschrieben: Do., 24.08.2023, 13:13 ...Als Gründe kann ich mir vorstellen, dass die Vergütung schlechter ist
...Aber hier wird der Eindruck erweckt, dass es völlig üblich ist, "Quartalsstunden" anzubieten...
Hallo meersein,

ja die Vergütung für diese o.g. Stunden ist deutlich geringer.
Die normale Therapie-Stunde wird mit 108,14 € vergütet
und das s.g.“Psychotherapeutisches Gespräch“ mit 17,70 € je 10 Minuten,
wobei hier aber nur maximal 15x pro Quartal die 10 Minuten abgerechnet werden dürfen,
d.h. bei 50 Minuten Dauer (88,50 €) jedoch dann nur 3 mal im Quartal.

Es gibt zwar einige Therapeuten, die diese o.g. Stunden anbieten, aber eher nicht als Therapieersatz, sondern zum eventuellem Auffangen, nach dem eigentlichen Therapieende.
Also weniger ein üblicher Therapieersatz, weil das Kontingent nicht ausreicht.

Es gibt nur wenige Therapeuten, die mehr anbieten als das von den Krankenkassen genehmigte Stundenkontingent. Erwarten kann man dies natürlich nicht.

Ich bin meinem Therapeuten sehr dankbar dafür, daß er mir gegenüber mehr Leistung erbringt, als ihm meine Krankenkasse bezahlt. Jedoch erwarten tue ich dies auch nicht bei ihm und manchmal habe ich diesbezüglich auch ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber.
Jedoch hat er schon mehrfach ausdrücklich betont, daß ich mir diesbezüglich keine Gedanken machen soll und dies nicht mein Problem sein soll.
Ich denke aber, daß dies eher Ausnahmen sind, einen solchen Therapeuten zu bekommen, der mehr macht als er bezahlt bekommt.

Ich würde diesbezüglich mal mit Deiner Therapeutin sprechen, was es für Möglichkeiten es in Deinem Fall gibt. Auch das normal übliche Stundenkontingent von der Krankenkasse muss nicht endgültig sein. Je nach Diagnosen kann man durchaus auch darüber hinaus noch Stunden durch die Krankenkasse finanziert bekommen. Es ist halt nur erheblich aufwendiger, wegen Gutachten usw. und viele Therapeuten schrecken davor zurück. Vermutlich auch wegen dem Aufwand.

L.G. Tobe
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ziegenkind
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Beitrag Do., 24.08.2023, 15:25

Tobe hat geschrieben: Do., 24.08.2023, 15:05 Ich denke aber, daß dies eher Ausnahmen sind, einen solchen Therapeuten zu bekommen, der mehr macht als er bezahlt bekommt.
Ich glaube, wenn die Therapie gut läuft, kommt das ziemlich häufig vor. Ich kenne das von mir und von einer ganzen Reihe von Freunden und Bekannte.
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Tobe
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Beitrag Do., 24.08.2023, 15:45

ziegenkind hat geschrieben: Do., 24.08.2023, 15:25 Ich glaube, wenn die Therapie gut läuft, kommt das ziemlich häufig vor.
Oh, das ist schön zu lesen und nimmt mir auch ein wenig mein schlechtes Gewissen.
Ich dachte immer, daß dies sehr selten ist und dachte es liegt vielleicht auch daran, daß mein Therapeut es ggf. finanziell nicht mehr so nötig hat, weil er ja theoretisch auch schon in den Ruhestand gehen könnte.

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ziegenkind
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Beitrag Do., 24.08.2023, 16:08

Ja, genau, schlechtes Gewissen hatte ich auch lange. Da hilft es Ähnliches von ANderen zu hören
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Reverie
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Beitrag Do., 24.08.2023, 16:15

Obwohl nach Ablauf meiner ersten Therapie noch Bedarf bestand, lehnte mein damaliger Therapeut (TP) Quartalsstunden mit der Begründung ab, dass diese nicht gut bezahlt würden. Er bot mir stattdessen an, Seminare bei ihm zu buchen. Weil ich verzweifelt war, ging ich zunächst darauf ein. Später dann wurde mir klar, dass ich mich wie so oft ausnutzen ließ. Ein Muster, das dem Therapeuten nur zu gut bekannt war. Ich habe es dann geschafft, diesen Kontakt zu beenden.

Später machte ich eine Verhaltenstherapie. Dieser Therapeut bot anschließend Quartalsstunden an, die ich mehrere Jahre einmal im Monat in Anspruch nehmen konnte. Dafür war ich sehr dankbar. Wie von anderen Usern schon beschrieben, ist es kein Therapieersatz, aber es sind stützende Gespräche die durchaus auffangen. Bei mir liegt eine kPTBS vor und ich werde noch weitere, engmaschigere Hilfe benötigen.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 24.08.2023, 16:44

ziegenkind hat geschrieben: Do., 24.08.2023, 15:25 Ich glaube, wenn die Therapie gut läuft, kommt das ziemlich häufig vor.
meine frühere Therapeutin hatte das auch ausdrücklich als Option angeboten und angesprochen.

Es kam dann ja bekanntlich anders und sie wurde schwanger, und nun werden meine Stunden erst einmal über den Fonds finanziert.

Aber sie meinte sie würde das so machen, ich hätte dann auch mindestens eine Stunde pro Monat selbst zahlen können und wäre somit auf 14-tägige Termine gekommen. Natürlich ist das dann eine Art Therapie zur Überbrückung.
Und ja ok, nicht jeder kann Stunden selbst zahlen, aber eine pro Monat ist für viele Leute schon auch drin

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Tobe
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Beitrag Do., 24.08.2023, 16:57

Reverie hat geschrieben: Do., 24.08.2023, 16:15 ...Er bot mir stattdessen an, Seminare bei ihm zu buchen. Weil ich verzweifelt war, ging ich zunächst darauf ein. Später dann wurde mir klar, dass ich mich wie so oft ausnutzen ließ. Ein Muster, das dem Therapeuten nur zu gut bekannt war.
Das ist ja übel. Gut daß Du es geschaft hast dies zu beenden.
Reverie hat geschrieben: Do., 24.08.2023, 16:15 Bei mir liegt eine kPTBS vor und ich werde noch weitere, engmaschigere Hilfe benötigen.
Vielleicht ist dies bei meinem Therapeuten auch der eigentliche Grund, weshalb er bei mir beide Augen zudrückt und mehr macht, als er bezahlt bekommt.
Bei mir liegt u.a. auch seit mehreren Jahrzehnten eine unbehandelte kPTBS vor.
An guter Mitarbeit meinerseits in der Therapie wird es her nicht liegen.
Ich gehe zwar immer zu meinen Terminen zu ihm, bin somit also auch zuverlässig, aber ich kann vieles einfach nicht umsetzen.
Genauso brauchte ich mehr als ein Jahr, um ihm einigermaßen vertrauen zu können.
Ich bin für ihn bestimmt eine seiner schwierigsten Patienten und trotzdem gibt er nicht auf.
Aber ich kämpfe mit mir, ob ich nicht alles abbreche.

L.G. Tobe
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Waldschratin
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Beitrag Do., 24.08.2023, 17:07

Hallo meersein,
ich husch mal schnell vorbei.

Guck mal hier:
https://www.kbv.de/html/26956.php
Vielleicht hilft dir das ein bissl weiter.

Du kannst dich auch mit deinen Fragen direkt an die wenden.

Alles Gute!

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Reverie
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Beitrag Do., 24.08.2023, 17:29

Vielen Dank, Tobe! Es ist, wie Du schreibst, auch wenn das Muster erkannt ist, man kann die Dinge oftmals nur schwer umsetzen. Ich sah, dass ich manipuliert wurde und unterschrieb dennoch Anmeldeformulare. Dabei habe ich mich entsetzlich gefühlt. Ich war zu dieser Zeit in einer Verfassung, dass ich diesem Therapeuten sogar unter Angst eine Mail schickte, um den Kontakt zu beenden. Es hat lange gedauert, ehe ich mich einem anderen Menschen gegenüber wieder öffnen konnte.

Ich möchte Dir Mut machen, nicht aufzugeben.

Der TE möchte ich auch raten, das Thema baldmöglichst in der Therapie zu klären.

L.G. Reverie

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meersein
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Beitrag Do., 24.08.2023, 20:00

Vielen Dank für alle Antworten, sie haben mir sehr weitergeholfen!

Ich werde versuchen, die Thera danach zu fragen.

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