Umgang mit Quasselstrippe und Selbstdarsteller

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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PeterKL
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Umgang mit Quasselstrippe und Selbstdarsteller

Beitrag Mi., 13.09.2023, 16:00

Hallo zusammen,
ich bin froh dass ich hier eine Frage stellen kann, die mir gerade zu schaffen macht. Ich erwarte kein Allheilmittel, sondern Denkanstöße in alle Richtungen.

In unserer Tanzgruppe (Standard/Latein) haben wir einen Mann, ca 40-50 Jahre alt, der sich ziemlich anstrengend verhält. Für mich jedenfalls, und ich bin nicht der einzige.
Er ist grundsätzlich ein lieber Typ., aber auch eine unsägliche Plaudertasche. Es gibt kein Thema, zu dem er nicht ungefragt weiterspricht, wenn man es denn mal geschafft hat, selbst ein Thema zu beginnen. Wenn man vom letzten Urlaub erzählen will, hört er nur sehr abgelenkt zu um dann sofort von seinem, dem aktuellen oder vorherigen, oder von dem eines Freundes/Bekannten im selben Reisegebiet, zu erzählen. Und immer ist etwas schöneres, etwas gefährlicheres oder etwas interessanteres passiert. Zeigt man ihm eine Kamera erzählt er von einem Freund, der eine doppelt so teure hat. Nur Beispiele, aber ich denke jeder weis was ich meine. Er braucht immer Zuhörer und kann selbst so schlecht zuhören. Ruhig mit einem Tischnachbarn zu reden ist nahezu unmöglich, wenn er dabei ist.
Die Person meiden ist nicht so einfach. Meine Frau ist auch oft in der Runde dabei und sie versteht sich mit den anderen prima. Ich mit praktisch allen ja auch.

Ich bin ein eher ruhiger Typ. Ich schaffe es nicht, mich dagegen zu wehren, dabei habe ich auch Ansatzpunkte. Er fotografiert oft Sternbilder mit aufwendigem Equipment und viel Aufwand. Wenn er mir ein neues Bild zeigt, könnte ich, nach seiner Art, nur eine Anmerkung über das James-Webb-Weltraumteleskop und dessen tolle Bilder machen. Und danach nur noch über darüber sprechen.

Kann mir bitte jemand Tipps für den Umgang geben. Lesestoff oder ähnliches.

Danke für die Geduld.

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sebi
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 16:25

Hm. 🤔 Könnte es sein, dass dieser Mensch dir spiegelt, was dir fehlt? Oder er ein Spiegel für das ist, was du selbst bist (aber verdrängt hast oder nicht sein willst)?
Ihn kannst d u nicht ändern. D u kannst nur deine Einstellung zu Quasselstrippern ändern, indem du dich fragst, was verbirgt sich hinter meinem Ärger über diesen Menschen. Denn, so hab ich interptetiert, nicht alle ärgern sich über ihn, oder?
"Jeder Mensch sucht nach Halt. Dabei liegt der einzige Halt im Loslassen." Hape Kerkeling


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PeterKL
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 17:07

sebi hat geschrieben: Mi., 13.09.2023, 16:25 nicht alle ärgern sich über ihn, oder?
Danke für die Reaktion.
Da ist was dran. Ich kann da nicht in die Köpfe kucken. Aber soweit ich das sehe, sind andere wesentlich gelassener, weil sie sehr viel forscher ihre Themen zur Sprache bringen. Sie haben Mechanismen damit umzugehen, die ich nicht habe. Zb sich nicht so schnell unterbrechen zu lassen. Oder auch mal ein ‚ich war noch nicht fertig‘ freundlich einzuwerfen.
Ich hatte mal einen, leider zu früh verstorbenen, Freund, der hat in so Situationen einfach ruhig weitergeredet. Und wenn er durch eine Sache unterbrochen wurde, konnte er ohne mit der Wimper zu zucken genau an dem Punkt weiterreden, an dem er unterbrochen wurde. Hört sich arrogant an, aber er hörte dann auch geduldig zu. Oder andere, die nett und lustig mal einwerfen ‚kommt man bei Dir auch mal zu Wort‘. Sowas fehlt mir.
Gruß

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Reverie
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 17:15

Es gibt immer Menschen, die glauben, dass die Welt sich nur um sie dreht. Ich war auch einer solchen Situation mehrfach ausgesetzt und habe irgendwann gemerkt, dass ich den Redefluss des Dauerredners mit meinem Verhalten unbewusst animierte, denn ich stand da, hörte scheinbar zu und nickte ab und zu.

Vielleicht könntest Du versuchen, einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck zu wahren, weder Gestik noch Mimik anzuwenden und zu schweigen. Du vermittelst dann Gleichgültigkeit und gibst diesem Menschen dadurch das Gefühl, kein wirkliches Gegenüber zu haben.

Nach meiner Erfahrung sind solche Menschen sehr empfindlich. Eventuell könntest Du einmal freundlich äußern, dass es wünschenswert wäre, wenn alle Beteiligten zu Wort kommen. Viele vergessen einfach, dass eine Konversation eben kein Monolog ist.

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sebi
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 17:21

PeterKL hat geschrieben: Mi., 13.09.2023, 17:07 Oder andere, die nett und lustig mal einwerfen ‚kommt man bei Dir auch mal zu Wort‘. Sowas fehlt mir.
Gruß
Dann weisst du doch, was dir fehlt und könntest es dir vlt aneignen. Üben!
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chrysokoll
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 18:21

PeterKL hat geschrieben: Mi., 13.09.2023, 17:07
Da ist was dran. Ich kann da nicht in die Köpfe kucken. Aber soweit ich das sehe, sind andere wesentlich gelassener, weil sie sehr viel forscher ihre Themen zur Sprache bringen. Sie haben Mechanismen damit umzugehen, die ich nicht habe. Zb sich nicht so schnell unterbrechen zu lassen. Oder auch mal ein ‚ich war noch nicht fertig‘ freundlich einzuwerfen.
Du kannst dir vielleicht vorab für dich eine Strategie überlegen die passt.
Du wirst den Mann nicht ändern, aber du kannst für dich z.B. vorab zwei, drei Sätze üben.
Etwa sowas wie: "Peter, ich bin noch nicht fertig". Oder auch "STOPP" und dann "unterbrich mich nicht". Und dann nicht lächeln, sondern ihn einfach fest und klar ansehen.
Solche Leute merken das nicht einfach so, die brauchen sehr klare Signale. Und zwar immer wieder.

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sebi
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 18:50

Wir leben nach wie vor in einer polaren Welt. Und wenn mich etwas sehr betrifft/ärgert/aufwühlt/beschäftigt, weiss ich, d a s hat mich schon mal getroffen. Also schon bevor, bevor das jetzt.
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Reverie
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 18:55

Du fragtest nach geeigneter Lektüre:
François Lelord: Der ganz normale Wahnsinn; Vom Umgang mit schwierigen Menschen. –
Hier werden die einzelnen Charaktere beschrieben, wie man sie verstehen und den Umgang mit ihnen erlernen kann.

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sebi
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 19:02

Ich stelle mal die Fakten in den Raum. Ein Mensch, 65 Jahre alt, ich gehe davon aus, reich an Alterserfahrungen, ärgert sich (i c h ärgere m i c h) über einen Selbstdarsteller.
Nicht falsch verstehen Peter! Ich finde diese Reflektion extrem wichtig. Und macht mir Mut. Es braucht Menschen/Männer, die zu hinterfragen beginnen. Ihre eigene Geschichte.
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chrysokoll
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Beitrag Mi., 13.09.2023, 19:30

Reverie hat geschrieben: Mi., 13.09.2023, 18:55 Hier werden die einzelnen Charaktere beschrieben, wie man sie verstehen und den Umgang mit ihnen erlernen kann.
Also ich persönlich würde die ja gar nicht genauer verstehen wollen.
Mir genügt es da mein "Territorium" zu verteidigen.
Ich habe aber auch kein Problem damit klarzustellen: Stopp. Unterbrich mich nicht. Ich bin noch nicht fertig.

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Gespensterkind
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Beitrag Do., 14.09.2023, 06:40

Ich weiß auch nicht, ob ich wirklich bei allen nervigen Mitmenschen, die mir über den Weg laufen, den Anspruch habe, mich in diese hineinversetzen zu wollen oder diese verstehen zu wollen.
Meine Schwiegermutter übrigens scheint auch so ein Typ zu sein und ich komme damit schwer klar.
Ich hab aber mal gelesen, dass es oft wenig hilft, diese Menschen ständig drauf aufmerksam zu machen, weil es geht ja nicht nur ums Unterbrechen und einmischen, sondern auch darum, dass diejenigen ständig das, was erzählt wird, übertrumpfen wollen oder von sich selbst erzählen wollen.
Danach, was ich gelesen habe dazu, soll man eher versuchen, dann darauf gar nichts zu erwidern und dann einfach mit dem eigenen Thema weiter zu sprechen. Also auch nicht sagen "ja, toll" oder ähnliches.
Weiß nicht, ob das funktioniert. Aber es wäre zu probieren.

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Louna
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Beitrag Do., 14.09.2023, 10:54

Ich kenne leider solche Menschen auch. Wenn sie in einen Raum kommen, ist der Raum "voll". Das ist ganz furchtbar schwer auszuhalten für mich.
Ich kann diesen Menschen dann auch nicht zuhören und gehe dann. Wenn das als unhöflich rüber kommt, ist mir das egal, aber ich bin nach solchen Gesprächen immer völlig fertig, das möchte ich mir nicht mehr antun.

Eine Strategie für Dich entwickeln musst Du selbst, jeder geht anders damit um. Schau was Dir in solchen Momenten gut tut, wie es besser werden kann, wie es anders werden kann damit es Dir gut geht.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 14.09.2023, 11:22

manchmal hilft tatsächlich nur gehen. Und solche Menschen meiden.
Man muss nicht jeden verstehen und man muss nicht für jeden pädagogisch wertvolle Strategien entwickeln, finde ich.
Es gibt im Alltag und im Berufsleben genug Menschen, die man nicht komplett meiden kann. Wenn man es kann ist das manchmal schlicht die beste Strategie.


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PeterKL
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Beitrag Do., 14.09.2023, 12:47

Das waren eine Menge Reaktionen. Ich habe sie natürlich alle mit bedacht gelesen. Danke an Alle!

Ich hab mal gelernt, dass einem das aufschreiben, in der Form das man es anderen erklären will, auch die eigene Gefühlslage, schon viel helfen kann. Ich habe schon gemerkt, dass ich da genau überlegt habe, wie ich es formuliere.

Mein Bekannter war in der Tanzstunde mit anderen schon in einer Gruppe. Und eines Abends hat er mich und meine Frau angesprochen. Das wir ganz gut in ihre Gruppe passen würden. Sie würden auch manchmal nach dem tanzen essen gehen. Und ob wir nicht Lust hätten, mit zu kommen. Es war durchaus unterhaltsam und ich spürte mich auch gemocht. Meine Frau ist ein offener Typ. Sie kommt mit jedem ins Gespräch und seit ich mit ihr zusammen bin, habe ich erst richtige engere Kontakte zu den anderen Tanzpaaren. Gemocht wurde ich vorher auch, aber ich war eben eher ruhig. Jetzt fühle ich mich in Summe schon sehr wohl.

Dieser Bekannte hat etwas in mir ausgelöst. Dieses ‚sich nicht mehr alles gefallen lassen‘. Ist mir einfach zu oft im Leben passiert. Dabei bin ich nicht an dem Punkt, dass ich ihn meide. Das würde ich, wenn wir nicht mit allen zusammen ausgehen würden. Und das ist eine liebe Truppe. Aber so ist er ‚nur‘ ein Ärgernis, ja nachdem an welcher Seite des Tisches ich sitze. Übrigens hat er beim letzten Mal noch ein anderes Paar gefragt, ob sie mitgehen wollen. Und dem Mann hat er dann den ganzen Abend von seiner Sternen-Fotografie erzählt. Hab ich mitbekommen obwohl ich weit weg saß. Irgendwie ist es sogar amüsant. Ich wird mal in Gedanken ein paar Situationen durchspielen.
Und gerade als ich das schreibe, fällt mir was auf. Zuerst war es eine Gruppe von 3 Paaren mit eigene WhatsApp Gruppe, zu der er uns eingeladen hat. Für mich war es ein fester Kreis und ich fand es toll, gefragt zu werden. Mittlerweile werden immer mehr eingeladen. Aber nicht von der Gruppe, sondern von ihm. Es wird niemand der ‚alten‘ gefragt, ob wir die neuen mitnehmen. Das macht er. Hmm….ob er dauernd Nachschub braucht?

Ich muss mich jetzt in Ruhe mehr mit den Gedanken beschäftigen. Ein Psychologe hat mir für solche Situationen geraten, mir selbst immer in aller Ruhe folgende Fragen zu stellen: 1. Wie ist gerade die Situation? 2. Was will ich? Und diese Fragen auch mit Worten selbst beantworten. So profan das jetzt klingt, aber dieses sich selbst mal ruhig diese zwei Fragen zu stellen, hat mir schon viel geholfen, klar im Kopf zu werden.

Gruß

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