Hallo,
meine Mutter ist leider vor drei Jahren an Krebs erkrankt. Lange Zeit ging es ihr gut damit, bis vor einem Jahr eine Metastase im Kopf gefunden worden ist. Das hat sie vom Wesen her sehr verändert. Sie konnte operiert werden, es ging ihr mal besser mal schlechter, aber so wie vorher war es nie wieder.
Wir hatten schon länger Sorgen, da teilweise alleine lebte, aber sie wollte nie etwas von einem Heim wissen. So haben wir lange Zeit versucht, alles rund um sie zu arrangieren, aber seit Anfang diesen Jahres hatte sie plötzlich starke Schmerzen und konnte nicht mehr aufstehen. Wir haben sie also zum Glück rasch in einem Pflegeheim unterbringen können. Da sie immer schon sehr auf ihre Selbstbestimmtheit geachtet hat, war das für sie auch in dieser Richtung schwierig zu akzeptieren, dass sie nun „irgendwo“ hingekommen ist. Da wir relativ rasch den Eindruck hatten, dass es ihr dort sehr gut geht, haben wir ihr gesagt, dass es auch ein Nachteil sein könnte, wenn wir sie in einem anderen Pflegeheim anmelden, da wir hier schon wissen, dass alles im Großen und Ganzen passt. Seitdem findet sie oft irgendwelche "Probleme", die eigentlich keine sind. Ich denke, es ist ihr nicht klar, dass es in einem anderen Pflegeheim sehr ähnlich wäre, was die anderen Patientinnen anginge die nun mal auch nicht "umsonst" in einem Pflegeheim sind. Klar ist das nicht schön und das verstehe ich auch.
Jetzt kommt noch hinzu, dass meine Mutter immer schon negative Dinge in ihrem Leben ausgeblendet hat. Auch den Krebs hat sie sich immer „schön“ geredet. Das ist natürlich einerseits gut, aber bei ihr ist es schon eher Verdrängung, als positives Denken. Nun haben wir nach einem MRT erfahren, dass sie wegen neuer Metastasen in den Knochen so starke Schmerzen hat. Außerdem meinte die Ärztin, dass sie vermutlich nur noch Monate hat. Sie bekommt seitdem starke Medikamente, was wohl dazu führt, dass sie zumindest wieder alleine aufstehen kann. Seitdem denkt sie, dass es ihr wieder gut geht und sie wieder zurück in ihre Wohnung kann.
Da das von den zuständigen Betreuern von Beginn an als nicht mehr möglich beurteilt worden ist, haben wir ihre Wohnung gekündigt und sind seit Wochen dabei, alles auszuräumen. Derzeit spricht sie aber immer öfters davon, dass sie wieder alleine leben kann. Ich erkläre ihr dann, dass es ihr auch wieder so gut geht, weil jetzt immer jemand für sie das Essen macht, ihr beim Anziehen hilft, auf ihre Medikamente schaut, schaut, dass sie genug trinkt etc. Das sieht sie dann ein, aber kommt dann wieder damit. Teilweise liegt das befürchte ich auch an der noch vorhanden Raumforderung im Kopf und teilweise an ihrer üblichen Art, schlimme Dinge zu verdrängen und sich schön zu reden.
Es fällt mir so schwer, ihr immer wieder ihre Vorstellungen wegfegen zu müssen und versuche das auch immer ihr vorsichtig zu vermitteln. Vor allem habe ich Angst, dass sie irgendwann darauf besteht, aus dem Pflegeheim raus zu wollen und wieder in einer Wohnung zu leben.
Schwere Erkrankung bei Mutter
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Kannst du akzeptieren, dass sie sich in diese Vorstellungen flüchtet?Es fällt mir so schwer, ihr immer wieder ihre Vorstellungen wegfegen zu müssen und versuche das auch immer ihr vorsichtig zu vermitteln
Und ihr zeigen, dass du sie damit verstehst und ihr zuhören, wie sie sich vorstellt, eigenständig zu leben und wie sie sich damit fühlt, es nicht mehr zu können.
Ich vermute, wenn du ihr wirklich zuhörst, statt ihre Bedürfnisse "wegzufegen", könnte sie ihre Situation auch annehmen.
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka
Franz Kafka
Malia, natürlich höre ich bzw wir ihr auch zu, wenn sie über Ihre Sorgen spricht und versuchen ihr unser Verständnis dafür zu vermitteln. Meist hören wir dann, dass wir es nicht wirklich verstehen. Natürlich kann man etwas wirklich erst so richtig realisieren, wenn man selbst in der Situation ist, auch das versuchen wir ihr zu verstehen zu geben. Derzeit ist sie aber meistens ziemlich wütend auf alles (auch das verstehen wir) und hören ihr zu.
Bezüglich ihrer Vorstellungen, dass doch alles in Ordnung wäre sind wir nur sehr vorsichtig. Auch hier haben wir natürlich zugehört auch und nicht jedes Mal darauf hingewiesen, dass es nicht so ist. Es macht aber keinen Unterschied. Sie fragt Verwandte und Bekannte, dass sie sie zukünftig finanziell oder auch als Pflegekraft in einem eigenen Heim unterstützen.
Sie ist momentan sehr in die Idee verrannt, dass es ihr entweder so gut geht und sie wieder alleine leben kann (und fragt zwei Minuten später, ob man ihr die Haare waschen kann oder die Schuhe zubinden oder ihr die Nagelfeile sucht - was ja wohlgemerkt alles ok ist, aber nicht in dem Zusammenhang) Oder sie ist sich doch darüber bewusst, dass es für sie nicht leicht ist und meint, wir müssten sie bei all ihren Wünschen (auch finanzielle Wünsche, die auch kostengünstiger möglich wären) unterstützen, weil jetzt sie wichtig ist.
Ich bin mir dessen bewusst, dass das für sie die schwerste Zeit ihres Lebens ist und dass man da nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen kann, hart ist es trotzdem, wenn man seit Monaten täglich alles versucht unter einem Hut zu bringen, um entweder Dinge für sie zu organisieren, oder sie zu besuchen (was wir so oft es geht, aber mindestens einmal die Woche) oder ihre alte Wohnung auszuräumen (dass sie das nicht so sieht, dass wir das für sie machen, auch das können wir natürlich nachvollziehen - erledigt muss es trotzdem werden).
Bezüglich ihrer Vorstellungen, dass doch alles in Ordnung wäre sind wir nur sehr vorsichtig. Auch hier haben wir natürlich zugehört auch und nicht jedes Mal darauf hingewiesen, dass es nicht so ist. Es macht aber keinen Unterschied. Sie fragt Verwandte und Bekannte, dass sie sie zukünftig finanziell oder auch als Pflegekraft in einem eigenen Heim unterstützen.
Sie ist momentan sehr in die Idee verrannt, dass es ihr entweder so gut geht und sie wieder alleine leben kann (und fragt zwei Minuten später, ob man ihr die Haare waschen kann oder die Schuhe zubinden oder ihr die Nagelfeile sucht - was ja wohlgemerkt alles ok ist, aber nicht in dem Zusammenhang) Oder sie ist sich doch darüber bewusst, dass es für sie nicht leicht ist und meint, wir müssten sie bei all ihren Wünschen (auch finanzielle Wünsche, die auch kostengünstiger möglich wären) unterstützen, weil jetzt sie wichtig ist.
Ich bin mir dessen bewusst, dass das für sie die schwerste Zeit ihres Lebens ist und dass man da nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen kann, hart ist es trotzdem, wenn man seit Monaten täglich alles versucht unter einem Hut zu bringen, um entweder Dinge für sie zu organisieren, oder sie zu besuchen (was wir so oft es geht, aber mindestens einmal die Woche) oder ihre alte Wohnung auszuräumen (dass sie das nicht so sieht, dass wir das für sie machen, auch das können wir natürlich nachvollziehen - erledigt muss es trotzdem werden).
Hallo Nusserl
Es dauert seine Zeit, bis man sozusagen angekommen ist, akzeptiert hat, dass eine Beziehung nicht mehr klappt, der Job gewechselt werden muss, ... Das kann lange Zeit ein Hin und Her sein zwischen "Ich versuche es noch mal" und zu akzeptieren, dass es nicht mehr klappt.
Das, was deine Mutter durchmacht, ist ein normaler Prozess, wie ich ihn bei vielen Pflegebedürftigen im Seniorenzentrum erlebt habe. Es ist nicht leicht zu akzeptieren, dass man alles loslassen muss: Gesundheit, eigenes Zuhause, Selbstständigkeit, ... Es ist bei vielen Pflegebedürftigen lange Zeit ein hin und her zwischen die Situation akzeptieren und dem Gedanken "Ich kann mir selber helfen, ich brauche keine Hilfe". Einerseits wollen sie Hilfe haben, andererseits trauern sie ihrem eigenen Heim nach, ihrer Selbstständigkeit und denken "Ich könnte es wieder alleine schaffen".
Es gibt Dinge im Leben, die ein jeder selber schaffen muss. Dazu gehört zu akzeptieren, dass man loslassen muss. Das muss deine Mutter mit der Zeit selber lernen.
Danach solltest du vesuchen deine eigenen Grenzen zu finden und sie auch nach Außen zu setzen.
Ich habe z.B. Pflegebedürftige erlebt, die jeden Tag irgendetwas eingekauft haben wollten. Da kann man z.B. sagen "Schreib eine Einkaufsliste, das gehe ich dir dann einmal die Woche alles auf einmal einkaufen".
Bevor Pflegebedürftige ins Heim kamen, hatten berufstätige Kinder in der Regel auch nicht die Zeit gehabt ihre Eltern jeden Tag zu besuchen. Das muss deine Mutter akzeptieren lernen. Sag ihr z.B., "dann und dann muss ich arbeiten, dann und dann brauche ich Zeit für mich, ..., dann und dann komme ich Dich besuchen".
Sei für sie da, aber achte auch auf eigene Grenzen.
Unterstützt sie, aber geb ihr auch ihre eigene Eigenverantwortung an sie zurück. Sie muss selber lernen loszulassen. Das ist ein Prozess aus Trauer, Wut, Akzeptanz, ... Da muss sie durch.
Vielleicht hilft es Dir, wenn Du dich an eigene ähnliche Situation erinnerst, in der es seine Zeit dauerte, bis du etwas akzeptieren konntest. Sei es eigene Krankheit, Trennung, Jobwechsel, ...Sie ist momentan sehr in die Idee verrannt, dass es ihr entweder so gut geht und sie wieder alleine leben kann (...) Oder sie ist sich doch darüber bewusst, dass es für sie nicht leicht ist (...)
Es dauert seine Zeit, bis man sozusagen angekommen ist, akzeptiert hat, dass eine Beziehung nicht mehr klappt, der Job gewechselt werden muss, ... Das kann lange Zeit ein Hin und Her sein zwischen "Ich versuche es noch mal" und zu akzeptieren, dass es nicht mehr klappt.
Das, was deine Mutter durchmacht, ist ein normaler Prozess, wie ich ihn bei vielen Pflegebedürftigen im Seniorenzentrum erlebt habe. Es ist nicht leicht zu akzeptieren, dass man alles loslassen muss: Gesundheit, eigenes Zuhause, Selbstständigkeit, ... Es ist bei vielen Pflegebedürftigen lange Zeit ein hin und her zwischen die Situation akzeptieren und dem Gedanken "Ich kann mir selber helfen, ich brauche keine Hilfe". Einerseits wollen sie Hilfe haben, andererseits trauern sie ihrem eigenen Heim nach, ihrer Selbstständigkeit und denken "Ich könnte es wieder alleine schaffen".
Es gibt Dinge im Leben, die ein jeder selber schaffen muss. Dazu gehört zu akzeptieren, dass man loslassen muss. Das muss deine Mutter mit der Zeit selber lernen.
Ich denke, dass mit der Zeit mehr Ruhe einkehren wird, wenn z.B. die Wohnung leergeräumt ist.Ich bin mir dessen bewusst, dass das für sie die schwerste Zeit ihres Lebens ist und dass man da nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen kann, hart ist es trotzdem, wenn man seit Monaten täglich alles versucht unter einem Hut zu bringen (...)
Danach solltest du vesuchen deine eigenen Grenzen zu finden und sie auch nach Außen zu setzen.
Ich habe z.B. Pflegebedürftige erlebt, die jeden Tag irgendetwas eingekauft haben wollten. Da kann man z.B. sagen "Schreib eine Einkaufsliste, das gehe ich dir dann einmal die Woche alles auf einmal einkaufen".
Bevor Pflegebedürftige ins Heim kamen, hatten berufstätige Kinder in der Regel auch nicht die Zeit gehabt ihre Eltern jeden Tag zu besuchen. Das muss deine Mutter akzeptieren lernen. Sag ihr z.B., "dann und dann muss ich arbeiten, dann und dann brauche ich Zeit für mich, ..., dann und dann komme ich Dich besuchen".
Sei für sie da, aber achte auch auf eigene Grenzen.
Unterstützt sie, aber geb ihr auch ihre eigene Eigenverantwortung an sie zurück. Sie muss selber lernen loszulassen. Das ist ein Prozess aus Trauer, Wut, Akzeptanz, ... Da muss sie durch.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.
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- [nicht mehr wegzudenken]
- , 38
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Nusserl hat geschrieben: ↑Sa., 25.05.2024, 19:14
Sie ist momentan sehr in die Idee verrannt, dass es ihr entweder so gut geht und sie wieder alleine leben kann (und fragt zwei Minuten später, ob man ihr die Haare waschen kann oder die Schuhe zubinden oder ihr die Nagelfeile sucht - was ja wohlgemerkt alles ok ist, aber nicht in dem Zusammenhang) Oder sie ist sich doch darüber bewusst, dass es für sie nicht leicht ist und meint, wir müssten sie bei all ihren Wünschen (auch finanzielle Wünsche, die auch kostengünstiger möglich wären) unterstützen, weil jetzt sie wichtig ist.
Ich würde das Spiel in der Kommunikation einfach mitspielen und ganz nett sagen, jaja, Mama, klar, machen wir, kein Thema. Und einfach weiter das fahren was gerade läuft, nämlich dass sie in dem Pflegeheim bleibt und fertig.
Sich da in verbale Konflikte verrennen bringt absolut nichts. Nach jeder ihrer spontanten Launen zu hüpfen bringt genauso wenig.
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