Alkoholmissbrauch

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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staden
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Alkoholmissbrauch

Beitrag Fr., 29.02.2008, 17:56

Hallo an alle! Vielleicht finde ich jemanden mit ähnlichen Schwierigkeiten.
Ich bin seit etwa anderthalb Jahren in Psychotherapie (analytisch-tiefenpsychologisch) ungefähr zweimal die Woche. Ich nehme auch Antidepressiva seit dem. Schon bevor ich mit der Therapie begann hatte sich bei mir die Angewohnheit eingeschlichen, jeden Abend Rotwein zu trinken. Um mich zu betäuben, zu entspannen und weil es kurzfristig meine Laune gebessert hat. Laut Packungsbeilage sind keine Wechselwirkungen der AD und Alkohol bekannt. Weiß natürlich trotzdem, dass die Kombination dumm ist aber ich konnte irgendwie nicht anders.
Das mit dem trinken hat sich dann immer mehr gesteigert, bis ich irgendwann bei 1-2 Flaschen Wein am Abend war, manchmal auch stärkere Drinks.
In der Therapie war das auch Thema, jedoch meinte meine Therapeutin, dass sie nicht zwei Probleme gleichzeitig angehen könne und wenn ich das Problem nicht in den Griff bekäme, könne sie mich nicht weiterbehandeln. Das hat mich natürlich unheimlich unter Druck gesetzt und ich habe nicht weiter über meinen Alkoholkonsum gesprochen (und wenn sie mal danach fragte habe ich diesbezüglich auch ein wenig untertrieben)
Seit ein paar Wochen ist es besser geworden, ich schaffe es dann auch regelmäßig mal 2-3 Tage ohne Alkohol auszukommen und meine Therapeutin ist damit sehr zufrieden (ich natürlich auch). Nur dann kommt wieder ein Tag dazwischen, wo es gar nicht mehr geht und ich fange wieder bei Null an.
Ich frage mich nur, ob ich mir da nicht etwas vormache mit dem Erfolgserlebnis und ich schon tiefer in der Abhängigkeit stecke als ich mir eingestehen will. Denn eine Woche mal ganz ohne, das schaffe ich nicht (psychisch, nicht körperlich).
In meiner Therapie mag ich darüber nicht mehr reden, hab Angst, dass meine Therapeutin mich "verlässt".
Ich hoffe, dass ich das irgendwie packe, auch ohne stationäre Therapie. Vielleicht brauche ich nur noch mehr Zeit?
Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
LG staden

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lemon
[nicht mehr wegzudenken]
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Beiträge: 2005

Beitrag Fr., 29.02.2008, 18:28

Hallo staden,
vielleicht könntest du paralell zu deiner Therapie mal ein Gespräch bei den Anonymen Alkoholikern machen. Klingt zwar irgendwie hart, doch schaden kann es meiner Meinung nach nicht. Ich denke, dass du dort am besten Tipps bekommen kannst und es dir vielleicht mit einer Gruppe gelingt, weniger bzw. nichts mehr zu trinken. Ich habe einen Bekannten, der hat es so gemacht, er war kein "richtiger" Alkoholiker, wobei man die Grenze ja schwer festlegen kann; er hat einfach hin und da viel getrunken und hat dann dort, mit deren Hilfe es geschafft seinen Konsum zu drosseln, er trinkt nun kaum noch was, hin und da, bei Festen und so..., anscheinend war er dann kein richtiger Alkoholiker, sonst könnte er das ja nicht, so richtig kenne ich mich da allerdings auch nicht aus, doch ein Versuch wäre es doch wert, oder.
Liebe Grüße
lemon
[center]Das, was wir Menschen am meisten brauchen,
ist ein Mensch, der uns dazu bringt,
das zu tun, wozu wir fähig sind.[/center]

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R.L.Fellner
Psychotherapeut
männlich/male
Beiträge: 822

Beitrag Sa., 01.03.2008, 00:37

lemon hat geschrieben:paralell zu deiner Therapie mal ein Gespräch bei den Anonymen Alkoholikern machen.
bitte aber in jedem Fall mit Ihrer Therapeutin absprechen.

Freundliche Grüße und alles Gute,
R.L.Fellner

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liv
Helferlein
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Beiträge: 85

Beitrag Sa., 01.03.2008, 16:21

Hi staden,

also, alles was ich schreibe ist meine Meinung und hat keine Garantie auf Richtigkeit.

Ich bin selber Drogensüchtig und Alkoholikerin. Mit den Drogen konnte ich vor Jahren aufhören und nun bin ich seit über 10 Monaten auch trocken. Also für mich gibt es nur Alkis oder eben "nicht Alkis" so ein bisschen Alki gibt`s nicht - zumindest hab ich noch nie einen getroffen. Mir ist es viel leichter gefalln, gar nicht mehr zu trinken, als jeden Tag der sinnlose Versuch kontrolliert zu trinken. Diese Versuche haben mich unendlich viel Kraft gekostet und haben mich echt zermürbt.

Tage und Wochen Pause zu machen, gehört mit zu der Sucht, wie der Kontrollverlust. Diese Trinkpäuschen dienen grob gesagt nur der Selbsttäuschung und "na siehste ich kann auch ohne ... jetzt habe ich mir aber ein Bier verdient".

Ich besuche seit einem halben Jahr die AA und mir ist es eine gute Stütze. Zu verlieren hast Du ja dabei nichts.

Ich nehme auch AD`s und damit geht es mir recht gut. Aber das beste, was ich mir je getan habe, war mit dem Saufen aufzuhören. Dies solltest Du jedoch nicht alleine zuhause machen. Um das ganze ernsthaft anzugehen, ist ein Besuch beim Arzt Pflicht. Erstens klärt dieser ab, ob ein ambulanter Entzug bei Dir gefährlich werden könnte und zweitens ist es psychisch ein wichtiger Schritt raus aus den Heimlichkeiten und dem Verstecken, hinein in Offenheit und der Fähgikeit Hilfe anzunehmen. Leider glauben viele Leute, es sei besonders stark, wenn sie es ganz alleine schaffen ... doch ich glaube, das kann keiner. Ich verstand, bevor ich mir Hilfe gesucht habe nicht, wie wichtig gewisse Grundbausteine (wie Alkoholfreies Zuhause, Alkfreies Umfeld, aktiv werden, Tagesstruktur ...) sind und dass es ohne das kaum zu schaffen ist.

Lass Dich nicht von Deinen Trinkpäuschen blenden!

gruss liv

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staden
sporadischer Gast
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Beiträge: 21

Beitrag Sa., 01.03.2008, 21:07

Hallo! Vielen Dank für eure Tipps! Das heißt, eigentlich war es ja nur einer: suche die AA auf.
Das war auch mal der Rat meiner Therapeutin, hatte aber immer den totalen Horror vor diesem Schritt.
Aber ich sollte es wohl doch mal versuchen, denn so geht es ja nicht weiter und was anderes fällt mir auch nicht ein.
Ich war auch ein paar mal in einer Suchtberatung. Die Frau war selbst Psychotherapeutin und meinte nach zwei Gesprächen "sie sehe im Moment auch keine andere Entspannungsmöglichkeit für mich und da sie bei mir 'kein Suchtpotenzial' sehe, solle ich eben weiter trinken, bis ich aus meiner Krise raus bin". Sie sagte das wirklich O-Ton so! Sie meinte, die Menschen, mit denen sie normalerweise zu tun hat, würden deutlich mehr als 1-2 Flaschen Wein am Tag trinken und würden sich auch nicht eingestehen, dass sie damit ein Problem hätten. Durch diese Einsicht bin ich also atypisch und nicht wirklich gefährdet. Da frage ich mich natürlich, wo der Sinn einer Suchtberatung liegt, denn wer sich sein Problem nicht eingesteht würde ja nie eine aufsuchen. Ich konnte es nicht fassen und bin nicht mehr hin gegangen.
Ich werde mir euren Rat zu Herzen nehmen und es mal bei den AA versuchen.
Danke nochmal für euren Rat!!
LG staden

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ostra
sporadischer Gast
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Beiträge: 13

Beitrag Sa., 01.03.2008, 23:14

staden

ich denke ich hab deine probleme. Ich war früher "gut drauf" mit einer menge bier... ich hasse das jetzt - ich bin aggressiv, alles!

ich bearbeite den text oben nicht...

Ich brauche hilfe - student der ausführlichen bericht will kriegt hilfe - ich bin mit 120 clever genug. ich hab diese droge noch nicht gechecket

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Tara
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Beiträge: 852

Beitrag So., 02.03.2008, 13:17

Hello Staden!
So seltsam und paradox die Aussage der Suchtberaterin erscheint- möglicherweise hat Sie dadurch erst recht deinen inneren und unbewussten "WIderstand" entschärft-
Schließlich scheinst du nun recht motiviert an die Sache ranzugehen!
Gegen ein Gläschen ist ja eigentlich nichts einzuwenden- bei einer Flasche am Tag jedoch, geht es tatsächlich nicht mehr um genüsslichen Konsum- Schön, dass du das für dich erkennst und dem entgegensteuerst* wünsche Dir auf deinem Weg das Beste!
"Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können." (Einstein)

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Thread-EröffnerIn
staden
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Beitrag So., 02.03.2008, 23:01

Hallo Tara,
ich weiß nicht, ob der Rat der Suchttherapeutin wirklich etwas Positives in mir bewegt hat. Das Gespräch ist fast ein Jahr her und erstmal hat es nur bewirkt, dass ich dieses Problem bagatellisiert habe und dachte "so schlimm ist es also nicht". Außerdem habe ich mich komplett allein gelassen gefühlt. Habe dann erstmal weitergetrunken bis ich vor meiner anderen Therapeutin körperlich wie psychisch zusammengebrochen bin. Die Suchttherapeutin konnte auch nicht nachempfinden, wie schlimm es ist "keine Gefühle mehr zu haben". Meinte dann zu mir, dass es doch nicht so schlimm sei, keine Gefühle zu haben, immerhin besser als negative Gefühle. Jemand, der diesen "Gefühllosigkeitszustand" nicht kennt kann wohl schwer nachvollziehen, wie quälend das ist.
Jedenfalls hat es mir gezeigt, dass nicht alle Therapeuten etwas taugen und man oft lange suchen muss, um den Richtigen zu finden, zu dem man Vertrauen hat und der auf der eigenen Wellenlinie ist. Nur darf man eben nicht aufgeben und vergessen, das man selbst einen großen Anteil am Erfolg einer Therapie hat.
Für meine andere Therapie musste ich 7 Erstgespräche führen um eine zu finden, die mir sympathisch war. Ich habe da Psychotherapeuten kennengelernt, von denen ich glaube, dass meine Probleme nichts im Vergleich zu ihren sind. Eine hat mir beispielsweise während des ganzen Gesprächs nicht ein einziges Mal in die Augen gesehen. Habe da noch andere Stories auf Lager. Jedenfalls gibt es ziemliche Freaks da draußen, die sich Therapeuten schimpfen und die Erwartungen an sie sollten nicht allzu hoch sein.
Aber immerhin habe ich jetzt eine gefunden, die mir liegt. Ich erwarte keine Wunder aber zumindest das Gefühl "ernst genommen zu werden".
Gruß, Staden

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Tara
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Beiträge: 852

Beitrag Di., 04.03.2008, 09:46

"Die Suchttherapeutin konnte auch nicht nachempfinden, wie schlimm es ist "keine Gefühle mehr zu haben". Meinte dann zu mir, dass es doch nicht so schlimm sei, keine Gefühle zu haben, immerhin besser als negative Gefühle. Jemand, der diesen "Gefühllosigkeitszustand" nicht kennt kann wohl schwer nachvollziehen, wie quälend das ist."

Bin absolut platt... Du hast recht, es gibt tatsächlich absolut inkompetente "Professionisten"
Schade, dass du an so etwas geraten musstest....
Ich finde das mit deiner "Gefühlslosigkeit" sehr tragisch... Wie geht es dir jetzt damit? Woher rührt dieser "Taube" Zustand? Hängt es eventuell mit dem Alkoholkonsum zusammen?- oftmals ist es ja so, dass man sich in eine Sucht flüchtet, wenn man Gefühle, die uns nicht gut tun, totmachen möchte- oder ist es bei dir eher umgekehrt?
"Die Theorie bestimmt, was wir beobachten können." (Einstein)

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