Was heißt eigentlich 'konstruktiv'?

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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neko
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 09:26

ja, elfchen, das ist weise. will ich da auch hin? ja, irgendwie schon. aber manchmal auch nicht. immer nur selbst-reflexiv sein, heißt das nicht auch immer ziemlich kontrolliert sein zu müsen? ich weiß es wirklich nicht. manchmal denke ich, vielleicht kann es auch ein weg sein, sich und anderen fehler zuzugestehen, blinde flecken zu haben, muster hochzufahren (wenn die wirklich destruktiven und schmerzhaften bewältigt sind). Irgendwie gehört das ja auch zu dem So-sein von jedem einzelnen. klingt ein bisschen klischeehaft, aber ein bisschen wird die welt dadurch doch auch bunt und aufregend, weil so unterschiedlch. so frei nach leonhard cohen: "there is a crack in everything. that's where the light comes in."

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stern
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 09:29

Waldschratin hat geschrieben:Selbst ne "volle Breitseite" von jemanden,der mich niedermachen möchte,kann ich zu was Konstruktiven für mich machen - zumindest zeigt mir Kritik,die mich verletzt,v.a. und besonders meine eigenen Baustellen am allerdeutlichsten,und nicht die "Schwachstellen" der anderen,die grad grantig sind auf mich.
Das gilt jetzt für mich (wobei ich denke, es gibt mehr Leute, die so gestrickt sind): Ich neige tendenziell eh dazu, zu viele Anteile bei mir zu suchen (wie oft habe ich in Kindheit/Jugend gehört: jetzt hör' mal auf, dich für alles und jenes zu entschuldigen... um nicht zu sagen: damit hab' ich manche sicherlich auch genervt). Also selbst bei den irrigsten Aussagen/Dingen konnte ich im Zweifel noch einen Punkt finden, was ich dazu beigetragen habe bzw. wo mein Anteil ist bzw. ich hab' gleich pauschal die Schuld auf mich genommen à la es lag doch an mir (glaube das bezeichnete mein Thera auch mal als kindliches magisches Denken, vgl. wiki: Magisches Denken bezeichnet im psychopathologischen Sinne ein Symptom der irrtümlichen Annahme einer Person, dass ihre Gedanken, Worte oder Handlungen Einfluss auf ursächlich nicht verbundene Ereignisse ein bestimmtes Ereignis hervorrufen oder verhindern könne, wobei allgemeingültige Regeln von Ursache und Wirkung ignoriert werden.). Iss heute zum Glück nicht mehr so ausgeprägt... bzw. zumindest kopfmäßig kann ich mich mittlerweile von manchen Anteilen frei sprechen, selbst wenn ich so noch anders empfinde (Gefühle). Soviel zum background:

Und natürlich gibt es Aussagen, die wollen schlichtweg verletzten (sei es dass diese Absicht dem Absender bewusst oder unbewusst ist). Wenn ich mich dann ärgere (was ich nichtmal immer kann), so halte ich das dann für eine sehr angemessene Reaktion (der Nicht-Ärger ist für meinen Teil also für mich sogar bedenklicher). Ebenso wenn ich dann nicht zu sehr forste, was meine Anteile sind, dass jemand gerade "angep*sst ist. Denn ich kann weiß Gott nicht immer etwas dafür, wenn jemand gerade angep*sst oder HB-Männchen ist. Und da möchte ich echt wegkommen, mich dann allzu sehr ins Boot zu holen, was ich nun angestellt habe, dass sich jemand aufregt. Und ich gehe sogar soweit: Eine Kränkung auf eine Verletzung (die der Absender in der Absicht platzierte, UM zu verletzen - sei es dass diese Absicht bewusst ist oder nicht) ist so gesehen eine angemessene menschliche Reaktion (und nicht unbedingt Baustelle). Baustelle wäre es bestenfalls wenn ich merke, es setzt mir übergebühr zu, so dass ich zum dem Ergebnis komme, ein bissi mehr Elefantenhaut wäre nicht schlecht. Aber jemand der unberührbar wird (also auf Verletzungen gar nicht mehr Kränkung reagiert) würde ich jetzt eher als nicht so sinnig sehen... denn das Gefühl was aus einer Kränkung resultiert ist eben Ärger (der es dann auch ermöglicht sich nach außen zur Wehr zu setzen, dass man so nicht mit sich umgehen lässt). Allerdings kann man den Ärger auch nach innen nehmen, was evtl. auch nicht mehr so gesund ist (z.B. Selbstabwertungen).

Insofern finde ich solche Aussagen: "Wenn es dich kränkt/verletzt muss an meiner Behauptung in jedem Fall etwas dran sein, das mit dir zu tun hat" manchmal fast ein bisschen frech bis teils auch hoch-arrogant bis narzisstisch angehaucht. Jemand verletzt, um zu jemanden zu verletzen (wie gesagt sei es dass diese Absicht bewusst ist oder nicht bewusst ist), und sagt dann noch: Weil es dich verletzt hatte ich recht mit meiner (im Grunde recht irrigen) Aussagen. Und jo, das gibt es durchaus, und ist im Grunde genommen sogar recht fies.

Ganz soweit bin ich noch nicht... aber in solchen Fällen möchte ich dass dann eher so sehen können: Dass ich gekränkt bin (und angemesses Gefühl auf eine Kränkung ist "normal" Ärger) finde ich es auch ganz menschlich, wenn ich verletzt reagiere und evtl. ärgerlich bin... und mir nicht noch eine irrsinnige Behauptung überstülpen lasse, deren Richtigkeit dadurch bewiesen werden soll, dass ich völlig angemessen reagiere (ne Kränkung= Verletzung verletzt nunmal auch. Und ich möchte gar nicht vollkommen unberührbar werden... denn Unberührbarkeit bzw. Nicht-Empfinden von Ärger vermindert die Wahrscheinlichkeit, dass man sich zu Wehr setzen kann).

Aber (Einschränkung) =>
Zuletzt geändert von stern am Mo., 04.07.2011, 10:08, insgesamt 1-mal geändert.
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stern
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 09:31

Davon zu unterscheiden ist in der Tat, was montagne schreibt:
montangne hat geschrieben:Wen die erste Kränkung verflogen ist, fange ich an zu differenzieren und kann vllt. sagen: Okay, die Art wie es rüberkam war wirklich nicht schön, aber der Inhalt hat vllt. was wahres.
ja, das gibt es auch, keine Frage... das hast du auch bereits gut ausgeführt. Nur mir ist die Ergänzung folgender Differenzung genauso wichtig: Es gibt eben auch Verletzungen, deren Inhalt keinen wahren Kern hat. Und nur weil jemand auf eine Verletzung (oh wunder) auch mal wirklich verletzt reagiert, ist damit noch nicht unbedingt die Richtigkeit der verletzende Aussage bewiesen. Sondern natürlich kann der Inhalt schlichtweg Quatsch sein und bleiben. Kann es auch geben. Vgl. auch letztes Posting.

Man tut aber in der Tat gut daran, das eine vom anderen halbwegs unterscheiden zu können, was auch etwas mit Reife zu tun hat. Auch, dass ich meine Anteil nicht bei jeder Verletzung mit ins Boot nehmen lasse... umso mehr, wenn einem damit erst recht eins' ausgewischt werden soll.

ob's deutlich wird, was ich meine, dessen bin ich mir gerade nicht so sicher
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sofa-held
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 09:36

stern hat geschrieben:ob's deutlich wird, was ich meine, dessen bin ich mir gerade nicht so sicher
ach stern, deine kurzweilige Darstellung über zwei Beiträge ist klar wie Klosbrühe

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Elfchen
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 10:37

stern hat geschrieben:Es gibt eben auch Verletzungen, deren Inhalt keinen wahren Kern hat.
ist nun etwas aus dem zusammenhang gegriffen, aber ich finde, auf sowas muss man ja nicht reagieren. das ist ja das, was ich meine. die leute können immer alles interpretieren. so what! ich hab mir abgewöhnt, mich darüber aufzuregen. so ab und an versuche ich es, richtig zu stellen. aber oft hat es keinerlei sinn. dann zu streiten ist reine zeitverschwendung.
ich kann höchstens noch- für meine eigene psychohygiene- etwas klarstellen. aber danach ist für mich die sache erledigt.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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SamuelZ.
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 10:45

Liebe Rilke:
Gerade hier, wo es nur die schriftliche Kommunikation gibt, sehe ich es eher mit diesem Grundsatz: ICH bin dafür verantwortlich, was beim anderen ankommt.
Da diesen Grundsatz aber nicht viele mit mir teilen, wundert es mich nicht, dass es hier so zugeht wie es eben oft zugeht, mit verbalen Entgleisungen und gezielten Verletzungen und Beleidigungen.
Ich kann mich deiner Wahrnehmung voll und ganz anschließen.
Ich denke, es ist allerdings nicht nur dieser Grundsatz, der verletzendes Verhalten zu legitimieren versucht, die Schuld für verletzte Gefühle beim anderen sucht, sondern auch ganz einfach die Anonymität im Internet.

Ich finde den Hinweis von Herrn Fellner, vor dem Abschicken der eigenen Beiträge sich noch einmal zu vergegenwärtigen, dass am anderen Ende der Leitung tatsächlich ein MENSCH sitzt, sehr hilfreich.

1. Gebot der Netiquette:
Vergiss niemals, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt...

Viele Leute denken in dem Augenblick, in dem sie ihre Beiträge verfassen, leider nicht daran, daß ihre Nachricht weltweit, von Leuten im gesamten Internet, gelesen werden kann. Bitte berücksichtigen Sie dies und lassen Sie sich nicht zu verbalen Ausbrüchen hinreißen.
Aufgrund der speziellen Ausrichtung des Forums (es geht um Gesundheit und Krankheit - viele TeilnehmerInnen schreiben hier aus einer psychischen Notsituation heraus!) ist uns eine wertschätzende Formulierung Ihrer Beiträge ein besonderes Anliegen.

Im Falle von Verstößen gegen diesen Punkt der Netiquette sind die Moderatoren zum Entfernen der betreffenden Beiträge angehalten.
"Wertschätzend" bzw. "konstruktiv" heißt für mich eben NICHT zu provozieren (wie man es evtl mal mit einem sehr guten Freund tun kann), sondern es heißt, die psychische Notsituation und die Bedürfnisse nach Akzeptanz der Threadersteller zu respektieren!

Und ich habe die TE extra fett unterlegt, denn in meinen Augen sind sie es, die hier besonders geschützt werden müssen, denn sie legen Teile ihres Inneren offen und sind deshalb auch besonders verletzlich und empfindsam. Leider gibt es immer wieder Leute, die diese Verletzlichkeit der Threadersteller nicht wahrnehmen und dann wie der besagte Elefant im Porzellanladen auftreten, bzw. deren Schwäche nutzen, um langgehegte Ressentiments endlich mal an den Mann bringen zu können.

Konstruktiv heißt deshalb u.a. in meinen Augen auch erst einmal "stehen lassen", "akzeptieren" und "ernst nehmen".

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Tristezza
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 10:48

Elfchen hat geschrieben:ich kann höchstens noch- für meine eigene psychohygiene- etwas klarstellen
Aber das ist nicht zu unterschätzen. Ich jedemfalls kann ungerechte Beschuldigungen nicht mehr in mich reinfressen, ich fühle mich sonst total mies. Alleine das Aussprechen des eigenen Standpunkts hilft ungemein.

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Elfchen
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 10:49

eigentlich finde ich es schade, dass all das überhaupt erwähnt werden muss.
eigentlich sollte das selbstverständlich sein, wenn man empathisch ist und einen liebevollen umgang mit den menschen sucht....
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Elfchen
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 10:52

liebe tristezza

ich finde das auch wichtig und gut.
alleine das WIE ist entscheidend. kann ich meiner verletzung ausdruck verleihen oder muss ich grad angriffig und abschätzend werden... solange ich von mir selber ausgehe ist alles gut.

glg
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Tristezza
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 10:55

Elfchen hat geschrieben:alleine das WIE ist entscheidend. kann ich meiner verletzung ausdruck verleihen oder muss ich grad angriffig und abschätzend werden... solange ich von mir selber ausgehe ist alles gut.

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hawi
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 11:01

Ja neko ( bezogen auf ja, hawi ), wenn ich sie für mich sehe, regt mich sowohl die absolute Härte, Kompromisslosigkeit, (Intoleranz? Uneinsichtigkeit? Selbstbezogenheit?) von jemandem auf, wenn ich dann noch meine, er könne zwar gut austeilen, aber nichts einstecken, dann ist es noch schlimmer.

Manches geht sicherlich gar nicht, da komme ich dann irgendwann selbst auch zu ziemlicher Härte auf meine Art. Zwei Dinge begrenzen dies jedoch. Zum einen meine eigene Widersprüchlichkeit. Denn das, was mir bei anderen auffällt, kann ich ab und an selber auch. Auch ich bin im Austeilen besser als im Einstecken.

Das andere ist, dass ich selber grad auch in solchen Situationen lerne. Einfach nur für mich. Deshalb werde ich sie nicht bewusst schaffen, aber sind sie da, kann ich sie wohl nicht gleich, aber nach einer gewissen Zeit ansehen. Ich kann konstruktiv für mich sein.
Daran kann mich ja keiner hindern, nur ich selber.
Ich kann also z.B. von jemandem, der grad abwehrt, der vor dem Hintergrund agiert, „ich lass mir da nicht helfen, nicht rein reden“ oder „ich weiß das besser, nun nimm den Rat doch an, stell dich nicht so an“ lernen, auch und grad wenn das alles überhaupt nicht mehr nett, sinnvoll, angemessen ist. Mal weil ich darin eigene Verhaltensmuster wiedererkenne, mal, weil grad dann ja Personen sich mir zeigen u.v.m.

Aber auch da: Ich! Manchmal so sehr, dass mir halt alle anderen um mich herum sehr merkwürdig vorkommen, ich mir selbst natürlich gaaaar nicht.
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

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stern
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 11:05

ach stern, deine kurzweilige Darstellung über zwei Beiträge ist klar wie Klosbrühe
öhm ja ... dass ich manches nicht so gut auf den Punkt bringe und mich stattdessen in ellenlangen Ausführungen verstricke, kann ich irgendwie nur ganz schwer leugnen oder gar als blinden Fleck verkaufen . Sry.
sofa-held hat geschrieben:Für mich liegt da der Unterschied. Mit welcher Intention sage ich etwas.
Ich bin auch eher auf der Wellenlänge. Dass fiese ist, dass diese Absicht aber IMO nicht bewusst sein muss.

Sondern im Grunde ist das ja eine typ. Ablauf einer Kränkungsdynamik:

Jemand ist verletzt/gekränkt (eigentlich egal aus welchen Gründen). Angemesses Gefühl darauf ist Ärger (um sich vor Verletzung zu schützen bzw. zur Wehr zu setzen). Und weil der Verletzte sich nun zur Wehr setzen/schützen will ist es nichtmal abwegig, dass er nun seinerseits ausholt à la Angriff als die bester Verteidigung (und Ärger hat als Handlungstendenz/-impuls nun mal "Angriff" inne, ohne dass ich das werten will. Denn wenn ich nicht "angreifen" könnte und nur "fliehen" könnte, iss das sicherlich nicht so förderlich. Damit würde ich ja ein "Leben auf der Flucht" führen müssen. Kommt halt darauf an, ob man nun wild ausagiert oder seine Angriffstendenzen/-impulse in halbwegs konstruktive Bahnen lenken kann. Also ich meine im folgenden "Angriff" eher im Sinne von Aktivität bzw. sich aktiv/offensiv zur Wehr setzen).

Insofern: Wenn jemand verletzt ist und mithin ärgerlich ist die Absicht/Impuls gerade "Angriff" (die/der sich aber IMO der Bewusstheit entziehen kann). Und dabei kann es passieren, dass ich jemanden so "angreife", dass derjenige sich nun seinerseits gekränkt fühlt. Und nöö, das macht der Angreifer nicht unbedingt in Bewusstheit oder bösester Absicht... sondern letztlich (aus der Sicht des Angegriffenen) auch "nur" um sich zu schützen. Und da können gut und gerne solche Dymaniken draus erwachsen wie sie neko andeutete: Jemand ist gekränkt (und fordert für sich Rücksicht ein), ist sich aber nicht wirklich bewusst, dass er im Gegenzug auch ganz schon austeilt/angreift/verletzt und wie das beim anderen wirken/ankommen kann.

Das zu deeskalisieren, wenn solche Dynamiken mal angelaufen sind, ist schwer... aber nicht immer unmöglich (so zumindest meine Erfahrung aus dem RL, wo dann in der Tat beide etwas mitgenommen hatte, was anders hätte laufen können).
Elfchen hat geschrieben:Es gibt eben auch Verletzungen, deren Inhalt keinen wahren Kern hat.
ist nun etwas aus dem zusammenhang gegriffen, aber ich finde, auf sowas muss man ja nicht reagieren. das ist ja das, was ich meine. die leute können immer alles interpretieren. so what! ich hab mir abgewöhnt, mich darüber aufzuregen.
Ja, sehe ich auch so, ich muss es nicht in irgendwelche Handlungen umsetzen oder gar meine eigenen daraus erwachsenden Impulse ausagieren. Der Punkt ist aber, dass man darauf IMO schon reagieren kann - im Sinne einer emotionalen Reaktion (z.B. Ärger, z.B. wenn mir jemand hanebüchenen Mist/Intepretationen serviert bzw. mir gar links und rechts um die Ohren patscht). Der Ärger ist als Reaktion ja "normal" erstmal da.

Der Punkt ist dann, wie gehe ich mit dem Ärger nun um: Bin ich verletzt, reagiere handlungsmäßig gar nicht, und fresse es mehr oder weniger in mich rein. Versuche ich ein sachliches Gespräch, um zu verdeutlichen, dass ich mich mit dem Inhalt nicht identifzieren kann (bzw. bitte um Klarstellung, wenn ich nicht sicher bin, ob ich das erfasst habe, wie es gemeint war. Vielleicht kann man ja etwas als Missverständnis aufklären). Kann ich den Ärger ganz mit mir alleine austragen, und komme damit auch klar. Agiere ich etwas wild aus. Grenze ich mich aktiv ab à la So bitte nicht, lass' das (was jemand IMO nicht oder nur erschwert kann, der nur auf "Flucht geschalten" ist... insofern finde ich Handlungstendenz, die dem Ärger inne wohnt schon sinnvoll. Nur muss ich halt aufpassen, dass ich das nun nicht wild ausagiere), usw. Ich kann's mir jedenfalls nur schwer abgewöhnen, dass ich mich nicht aufrege, emotional zumindest nicht (bzw. besser gesagt: Das will ich mir auch gar nicht abgewöhnen, sondern eher antrainieren, dass ich Ärger besser zulassen kann, womit ich manchmal Schwierigkeiten habe. Das sagt aber noch nichts darüber aus, wie ich damit umgehe).
Zuletzt geändert von stern am Mo., 04.07.2011, 11:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 11:11

ja stern, hast recht, ich vergeß zwischendurch immer wieder, dass hier sehr viel Projektion im Spiel sein. Das ist in der Situation dann auch oft schwer zu sortieren. Man wird angegriffen und muss gleichzeitig mitreflektieren, dass der Angreifer hier sein Problem hat.

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hawi
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 11:28

@sofa-held

Ab einem gewissen Punkt sollte man auch aufpassen. Greift mich jemand an, dann reflektiere ich zwar durchaus, dass der seine eigenen Probleme hat, womöglich deshalb so ist. Zu sehr in Richtigung Rechtfertigung seines verhaltens darf das aber schon deshalb nicht gehen, weil ich dann nichts für mich, meine negativen Gefühle, meinen Ärger etc habe. Ich denke, so darf meine Einstellung nicht sein.
Ich brauch schon auch was für meinen Ärger. Aber halt auf meine Art. Kann ich die Probleme anderer sehen, werden sie dadurch für mich weniger bedrohlich, werden einfach kleiner, schwächer. Und meine ich tatsächlich einen Provokateur vor mir zu haben?! Dann kann es auch Strategie sein, nicht zu reagieren. Provokateure wollen eine Reaktion, kriegen sie das gewünschte nicht, gefällt schon das meinen „negativen Gefühlen“. Trotz allem noch unabhängig selbst sein können, für mich zählt das dabei,
Auch um mich dadurch auf meine Art von meinem Ärger zu befreien, oder ihm auf diese Art zu folgen.
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sofa-held
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Beitrag Mo., 04.07.2011, 11:36

schon hawi, aber in Laufe meines mittlerweile doch recht langen Lebens hat die Kritik an mir eigentlich mehr über die Kritiker selbst als über mich ausgesagt.

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