Trauer um Großvater

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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Birdy
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Trauer um Großvater

Beitrag Do., 25.12.2014, 19:52

Hallo an alle,

ich habe mich hier angemeldet weil ich in letzter Zeit etwas verloren bin. Mein Opa ist schon 2001 gestorben. Damals war ich acht Jahre alt und kann mich gar nicht mehr wirklich an ihn und seinen Tod erinnern. Nicht einmal an die Beerdigung. Nur einzelne Momente sind mir in Erinnerung geblieben. Trotzdem vermisse ich ihn seit Mai diesen Jahres schlimmer als jeden Menschen, den ich bisher verloren habe. Mein Opa hatte besonders in den letzten Jahren vor seinem Tod große Ähnlichkeit mit Papst Johannes Paul II und als ich mir die Heiligsprechung angesehen habe, konnte ich plötzlich nicht mehr aufhören zu weinen.

Vorher habe ich eigentlich nie wirklich getrauert. Als Opa starb, war ich zu klein um es wirklich zu verstehen und als ich größer wurde, war er mir nie so präsent. Mit meinen Freunden oder meiner Familie möchte ich ehrlich gesagt nicht darüber reden, da es schon so lange her ist. Manchmal kommt es mir selbst komisch vor, dass ich plötzlich so sehr um ihn trauere. Schließlich kann ich mich fast nicht mehr an ihn erinnern. Ich weiß ja nicht einmal mehr, wie seine Stimme klang. Doch als ich vor einigen Wochen an seinem Grab stand, redete ich mit ihm (oder vielmehr mit der Grabinschrift) und mit einem Mal hatte ich das Gefühl, er stehe hinter mir. Ich konnte seine Hand auf meiner Schulter spüren.

Nun ja, ich weiß eigentlich nicht, was ich mit diesem Beitrag bezwecken möchte. Aber ich muss mir das alles einfach einmal von der Seele schreiben und würde gerne wissen, ob es jemandem außer mir auch so geht. Glaubt ihr an ein Leben nach dem Tod?

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Fundevogel
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 13:47

Hallo Birdy,

erstmal: willkommen im Forum!
Ich wünsche dir hier guten Austausch und auch die eine oder andere Anregung im Lesen von Threads.

Zu deinem Post: Ich glaube, du verbindest mit deinem Großvater etwas sehr Positives und das ist erstmal schön, dass es diesen Menschen in deinem Leben gab.
Warum du gerade jetzt so sehr um deinen Großvater trauerst, obwohl er schon so lange tot ist, ist eine ziemlich gute Frage, die du dir ja auch selbst gestellt hast. Vielleicht geht es ja gar nicht um ihn als Person, sondern um etwas anderes, was diese Traurigkeit auslöst, vielleicht Sehnsucht nach Kindheit, Angst vor Erwachsensein, Bedürfnis nach - was auch immer ...
Was das sein mag, das kannst nur du für dich selbst herausfinden. Was war das Gute, das dein Grossvater dir gegeben hat? Das und sein positives Bild in dir kann dir vielleicht dabei helfen, dich diesen Fragen zu stellen.

Alles Gute
Fundevogel

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Birdy
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Beitrag Sa., 27.12.2014, 08:53

Hallo Fundevogel,

danke!

Aus diesem Blickwinkel habe ich es noch nie betrachtet. Irgendwie habe ich wirklich Angst vorm Erwachsensein. Davor, dass ich versage und mein Leben nicht auf die Reihe bekomme. Aber wenn ich nicht um meinen Großvater trauere, sondern eigentlich vielmehr um meine Kindheit, dann habe ich ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen. Denn bedeutet dass nicht, dass ich ihn nicht als Person sehe sondern einfach als kleinen Bestandteil eines Zeitraumes, der jetzt vorbei ist?

Oh Mann, zu komplizierte Gedankengänge so früh am Morgen...
Danke, dass du mir deine Sichtweise erklärt hast.

Liebe Grüße

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viciente
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Beitrag Sa., 27.12.2014, 10:59

Birdy hat geschrieben:....... Denn bedeutet dass nicht, dass ich ihn nicht als Person sehe sondern einfach als kleinen Bestandteil eines Zeitraumes, der jetzt vorbei ist?
.. nicht ganz und gleichzeitig beides; sowohl als person als auch als "teil". personen, begegnungen, ereignisse (einer zeitspanne) - sind immer alle untrennbar miteinander und der zeit verbunden. vermutlich erinnerst du dich an deinen grossvater, wenn du dich an deine jugend (in der du ja übrigens noch mitten drin BIST ) erinnerst, umgekehrt aber genau so; das darf - auch ganz ohne schlechtes gewissen - schon so sein.

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Vincent
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Beitrag Sa., 27.12.2014, 12:24

Hallo Birdy,

ich war damals ebenso alt, als meine Lieblingsoma starb. Wie sich das für mich angefühlt hat, erinnere ich noch ganz genau. Ja, sie war meine Lieblingsoma; für mich damals im Grunde eine unfehlbare Frau, die, so würde ich das heute sogar sehen, ein fast vergöttlichtes Wesen in meiner Kinderwelt war.

Erst in den Jahren danach erkannte ich, dass auch sie nur ein Mensch war. Ich sah Fotos von ihr, ließ mir aus unterschiedlichsten familiären Quellen viel über sie erzählen, lernte ihr überlebendes Umfeld (psychologisch) verstehen, z. B. meinen Opa, meine Mutter, Tante, Onkel...

Dadurch sah ich sie also anders, nämlich so wie sie wahrscheinlicher wahr, als ich sie mit meiner kindlichen Wahrnehmung 'heiligte'.

Ich weiß nicht, ob du das willst, oder ob du die Möglichkeiten hast, jetzt noch einen realistischeren Blick auf deinen Opa zu Lebzeiten zu werfen. Es könnte dich freilich eine Illusion kosten.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Birdy
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Beitrag Sa., 27.12.2014, 12:34

Wahrscheinlich hast du recht, viciente. Mein Großvater hat sich ja sogar noch mit recht hohem Alter teilweise wie ein Kind gefühlt ("Nein, ich gehe nicht zu Altennachmittagen. Da sind doch nur alte Menschen!"), da käme es ihm bestimmt gelegen, dass ich ihn mit meiner Kindheit verbinde.

Und Vincent: Genauso geht es mir auch. Ich habe meinen Opa vergöttert und als ich später durch meinen Vater und meine Onkel/ Tanten erfuhr, dass er nicht nur der gut gelaunte, ältere Herr war, war ich doch ziemlich enttäuscht. Trotzdem, ich kannte ihn nur als den Menschen, der nachmittags mit mir in der Küche saß und mit den Holzklötzen meines Onkels gespielt hat.

Vielleicht haben du und ich es sogar manchmal mitbekommen, wenn unsere Großeltern Fehler gemacht haben und es einfach vergessen, weil wir es nicht wahrhaben wollten.


Vincent
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Beitrag Sa., 27.12.2014, 13:27

Birdy hat geschrieben:Vielleicht haben du und ich es sogar manchmal mitbekommen, wenn unsere Großeltern Fehler gemacht haben und es einfach vergessen, weil wir es nicht wahrhaben wollten.
Nee - habe ich nicht mitbekommen; nicht als Kind jedenfalls. Meine Oma hat immer alles richtig gemacht. Bis heute übrigens fühlt sich das so an. Das Bild, das ich mir nachträglich als Erwachsener von ihr gemacht habe, das konträrer zu meinem kindlichen Bild kaum sein könnte, ändert daran nichts.

Geh' doch nochmal in dich: Was erhoffst du dir von deiner Hinwendung zu deinem 'vergötterten' Opa, obwohl du dein Bild von ihm (durch andere Familienmitglieder) bereits relativiert hast.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Thread-EröffnerIn
Birdy
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Beitrag Sa., 27.12.2014, 14:22

Ja, vielleicht frag ich auch nochmal meine Eltern ein bisschen aus.

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