Meine Mutter ist tot, habe sie im Stich gelassen

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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byebye
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Meine Mutter ist tot, habe sie im Stich gelassen

Beitrag So., 25.01.2015, 11:17

Ich komme überhaupt nicht mehr klar auf mein Leben. Vor kurzem ist meine Mutter gestorben und ich mache mir seid dem schreckliche Vorwürfe und Schuldgefühle.
Aber nun erst mal zu der ganzen Geschichte, um sich ein Bild davon zu machen:

Meine Mutter war kein einfacher Mensch, sie war körperlich unheilbar krank und wollte sich einfach nicht helfen lassen! Egal, wie man es versuchte sie zu ermutigen, sie hatte sich schon lange selbst aufgegeben, hat auf alles geschissen, auf ihre Gesundheit (ging nicht mehr zum Arzt) auf ihre Familie und Freunde (wollte Niemanden mehr sehen) obwohl ihr keiner was getan hat! Meine Mutter lebte mit meinem Vater zusammen, wenn ich sie besuchen wollte und in der Haustür stand, wusste sie, das ich es bin (hatte noch einen Schlüssel zu der Wohnung) sie meinte dann genervt zu meinem Vater: Was will die hier? Und ich hatte keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte, sie war zu allen so, als ich noch zu Hause gewohnt habe und es hieß der Opa (ihr Vater) kommt vorbei, hat sie auch einen riesen Theater gemacht: Der brauch nicht rüber kommen! Als mein Vater dann meinte wieso denn nicht, ist doch dein Vater, bekam man darauf keine Antwort. Noch mal: Es hat ihr keiner was getan! Sie wollte einfach mit niemanden mehr was zu tun haben! Am Telefon hat sie auch immer abgeblockt, wollte erst nicht mit mir reden, bis sie es dann doch tat, und immer nur zu hören bekam "Ist alles in Ordnung". Das letzte mal als ich sie besuchte, das war zwei Monate vor ihrem Tod! Ich hatte sie eigentlich in guter Erinnerung und nicht das Gefühl, das sie bald nicht mehr lange macht. Dennoch hat mich das alles so aufgefressen, dieses hilflose Gefühl, dieses keine Ahnung wie das weiter gehen soll mit ihr, dieses nicht reden wollen, was den ihr Problem ist, ich hatte irgendwann keine Ahnung mehr, wie ich mit ihr umgehen sollte, es zerfrisste mich, ich bekam dann wieder nach ihrem besuch Psychosomatische Schmerzen, und ich dachte mir nur, jetzt reichts, sie zieht mich mit ihrem nichts tun wollen so runter, dann nehme ich halt abstand zu ihr, vielleicht tut das gut, doch es war ein Fehler!!
2 Monate später war sie nämlich Tod, 2 Monate in dem ich sie nicht gesehen habe, wo ich mir kein Bild davon machen kann ob es ihr wirklich so scheiße ging, vielleicht wäre mir ja was aufgefallen? Ich komme mir vor, als habe ich sie im stich gelassen, den ich gehörte nur noch zu den wenigen aus der Familie, die sie noch besuchten, der Rest traute sich nicht, wie scheiße muss sich meine Mutter nur in den letzten 2 Monaten gefühlt haben, dass sich auch noch ihre Tochter von ihr distanzierte? Ich werde mir das nie im Leben verzeihen können! Niemals! Ich wollte doch nur etwas Abstand von ihr haben, aber doch nicht für immer!! Warum nur?? Ich weiß überhaupt nicht was ich mir von diesem Beitrag hier erhoffe, vielleicht hat so was jemand ähnliches erlebt und macht sie nun auch Schuldgefühle.

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viciente
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Beitrag So., 25.01.2015, 11:27

hi bb,

.. es ist völlig verständlich, dass du auf diese gedanken kommst; so einleuchtend es ist, so unangebracht sind aber diese schuldgefühle. es ist wirklich JEDE(R) für sein leben selbst verantwortlich und auch für sämtliche konsequenzen aus dem eigenen verhalten; es ist zwar relativ beliebt, andere - vor allem "kinder" - mit u.a. krankheit und selbstvernachlässigung zu "erpressen", kann jedoch nicht sein, andere für das eigene leiden in geiselhaft nehmen zu wollen. da bleibt einem die abgrenzung zum eigenen sachutz nicht erspart.
.. es tut mir leid wegen deines verlustes! leider bleibt uns das allen nicht erspart, irgend wann mal nicht mehr zu sein. also kopf hoch - etwas geduld, das wird wieder!
Zuletzt geändert von viciente am So., 25.01.2015, 11:31, insgesamt 1-mal geändert.

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Draußen
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Beitrag So., 25.01.2015, 11:30

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast du in den letzten 2 Monaten endlich geschafft, den Wunsch deiner Mutter zu respektieren und Abstand gehalten. Dir tut das weh und ich verstehe das schon, aber für deine Mutter war das sicherlich eine Erleichterung. Sie wollte offensichtlich schon lange alleine sein, aus welchen Gründen auch immer. Es war IHR Wunsch auch alleine zu sterben und du hast den respektiert, vielleicht kann es dich trösten, dass es dabei um Deine Mutter ging und nicht um Dich.

GX draußen


Vincent
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Beitrag So., 25.01.2015, 11:52

Hallo byebye,

es liest sich für mich so, als sei es deine Mutter gewesen, die DICH zu Lebzeiten aus ihrem Leben herausgeekelt hat, nicht umgekehrt. Zufällig ist sie dann gestorben, nachdem du sie ernstgenommen hast und Abstand nahmst.

Ich denke, es kann nicht das Gefühl sein, sie im Stich gelassen zu haben. Denn eigentlich war es doch sie, die dich im Stich gelassen hat, oder?

Später in deinem Leben wirst du ihr vielleicht vergeben können.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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byebye
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Beitrag So., 25.01.2015, 12:16

Hallo Liebes Forum,

ich bin ganz durcheinander, sie hat mich im Stich gelassen? Nein, das kann ich ja überhaupt nicht so sehen, sie war doch die jenige die krank war, und ich war scheinbar nicht genug für sie da. Das letzte mal als ich sie gesehen habe, meinte ich zu ihr "Bis nächste Woche dann" und sie meinte dann "Das sagst du doch eh immer" ja, tatsächlich sagte ich das immer und hab sie nicht so oft besucht, wie den auch, wenn die eigene Mutter zu einem sagt "Was willst du hier??? Wenn man das Gefühl hat, man ist irgendwo unerwünscht? Ach verdammt noch mal, warum war die den so? Ja, alle hat sie irgendwo vergrault, ihre eigene Mutter, die sie nicht mehr besuchen kam, die sich aber ständig den Kopf über ihre Tochter zerbrochen hatte, genauso wie den Rest aus der Familie.
Es war nicht absehbar das sie bald stirbt, aber vielleicht hatte SIE es ja geant, das sie nicht mehr lange macht? Warum wollte sie das nicht anders? Das einzige, was mir geholfen hatte war das Gespräch mit meinem Vater, der zwei Tage vor ihrem Tod noch mit ihr geredet hatte, wie das den alles weiter gehen soll, sie müsse doch auch mal reden, er könne ihr sonst nicht helfen. Und was hat sie gesagt? Geh Arbeiten, ich komm klar!!

Es ist so schwer es zu verstehen, dass sie einfach aufgegeben hat.


Vincent
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Beitrag So., 25.01.2015, 12:41

byebye hat geschrieben: "Was willst du hier??? Wenn man das Gefühl hat, man ist irgendwo unerwünscht? Ach verdammt noch mal, warum war die den so? Ja, alle hat sie irgendwo vergrault, [...].
Ist sie denn früher auch schon so gewesen? Oder erst in den Wochen/Monaten vor ihrem Tod?
Zuletzt geändert von Vincent am So., 25.01.2015, 12:46, insgesamt 1-mal geändert.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)


Yumi
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Beitrag So., 25.01.2015, 12:42

byebye hat geschrieben: warum war die den so? Ja, alle hat sie irgendwo vergrault, ihre eigene Mutter, die sie nicht mehr besuchen kam, die sich aber ständig den Kopf über ihre Tochter zerbrochen hatte, genauso wie den Rest aus der Familie.
Ja, sie war unheilbar krank, das wußte sie sicher und wollte vielleicht nicht darüber reden, euch vielleicht auch nicht
damit belasten, alles sollte seinen normalen Gang gehen, vielleicht wollte sie euch nicht leiden sehen.

Dann kann es auch sein, dass sie selber verbittert war sterben zu müssen, während alle anderen weiterleben durften.
Von daher ihre schlechte Stimmung. Und wenn man sterbenskrank ist will man sicher auch nur noch seine Ruhe haben
und nicht mehr am Leben teilnehmen.

Da brauchst du keine Schuldgefühle zu haben, das kann ein ganz normaler Sterbeprozess sein.
Ein Tropfen Liebe hat mehr Bedeutung als ein Ozean von Wissen.
Blaise Pascal

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Beitrag So., 25.01.2015, 12:47

Vincent hat geschrieben:
byebye hat geschrieben: "Was willst du hier??? Wenn man das Gefühl hat, man ist irgendwo unerwünscht? Ach verdammt noch mal, warum war die den so? Ja, alle hat sie irgendwo vergrault, [...].
Ist sie denn früher auch schon so gewesen? Oder erst in den Wochen/Monaten vor ihren Tod?

Nein! Früher, als sie noch "gesund" war, waren ihr immer Freunde und Familie sehr wichtig, sie war eine sehr Lebenslustige Frau. Doch in den letzten Jahren, als das mit ihrer Krankheit immer schlimmer wurde, hat sie sich immer mehr zurück gezogen, hat sich um 180 grad gedreht.

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Chancen
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Beitrag So., 25.01.2015, 12:48

Hallo Byebye,

verstehen, was in deiner Mutter vorgegangen ist, das wird niemand können. Sie hat ihre Wünsche nach in Ruhe gelassen werden wollen aber immer wieder klar geäußert und sich geärgert, wenn den Wünschen nicht entsprochen wurde. Sie scheint die ganze Zeit sehr verärgert gewesen zu sein.

Vielleicht hat sie endlich Ruhe gefunden als sie gemerkt hat, dass man sie endlich in Ruhe lässt. Ihr ganzes Leben scheint sie um dieses in Ruhe gelassen werden gekämpft zu haben. Und am Ende hat sie es geschafft, dass sie in Ruhe gelassen wird, und so konnte sie in Ruhe von dieser Erde gehen. Ihr Auftrag war erfüllt.

Was da mit deiner Mutter los war, das weiß kein Mensch. Vielleicht noch nichtmal sie selbst.
Es kann soviel schief gehen, in einer Seele. Depressionen, Störungen, etc.

Da können Ehemann, Kinder, Eltern, Freunde tun was sie wollen - wenn sich jemand nicht helfen lassen will, dann will er nicht. Dieser Wunsch ist zu respektieren. Deine Mutter mag zwar krank gewesen sein, aber sie war ein Erwachsener Mensch, der für sich entscheiden durfte, was er will und was er nicht will.

Deine Mutter hat sich entschieden, dass sie nicht will: reden, Probleme lösen, sich mit Familie auseinandersetzen, weiterleben, Freundschaften pflegen, gesund werden, Pflege, Besserung, Hilfe, Ärzte, Kommunikation.

All das wollte sie nicht. Es war ihre Entscheidung.

Wenn man sie mit Besuchen und Hilfe zwangsbeglückt hätte, wäre sie zutiefst unglücklich gewesen. So wie sie es zu Lebzeiten ja gewesen ist, wie du's beschreibst.


Von "Im Stich lassen", so wie in deinem Thread-Titel ist hier keine Rede! Eher von "In Ruhe gelassen".
Du hat endlich deine Mutter in Ruhe gelassen.

Schuldgefühle, die du jetzt spürst, sind vollkommen nachvollziehbar. Aber haben brauchst du sie nicht. Du hast deiner Mutter die letzte Ehre erwiesen, indem du den Abstand nahmst, den sie wollte.

Vielleicht hat sie sich insgeheim gefreut, über ihren Triumpf, endlich alle losgeworden zu sein und ist mit einem zufriedenen Lächeln eingeschlafen.

Aus deiner Sicht ist so ein Zustand natürlich schade. Aber du kommst mir so ganz anders vor als deine Mutter.
Für dich dürfte Zusammenhalt, Freundschaft und Hilfe sehr wichtig sein.

Aber du bist auch ein eigener Mensch, mit dem Recht auf eigene Wünsche. Nicht zu vergleichen, mit deiner Mutter, so wie ich finde.

Mit deinem Vater scheinst du dich eher verbunden zu fühlen?

Chancen

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byebye
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Beitrag So., 25.01.2015, 12:50

Yumi hat geschrieben:
byebye hat geschrieben: warum war die den so? Ja, alle hat sie irgendwo vergrault, ihre eigene Mutter, die sie nicht mehr besuchen kam, die sich aber ständig den Kopf über ihre Tochter zerbrochen hatte, genauso wie den Rest aus der Familie.
Ja, sie war unheilbar krank, das wußte sie sicher und wollte vielleicht nicht darüber reden, euch vielleicht auch nicht
damit belasten, alles sollte seinen normalen Gang gehen, vielleicht wollte sie euch nicht leiden sehen.

Dann kann es auch sein, dass sie selber verbittert war sterben zu müssen, während alle anderen weiterleben durften.
Von daher ihre schlechte Stimmung. Und wenn man sterbenskrank ist will man sicher auch nur noch seine Ruhe haben
und nicht mehr am Leben teilnehmen.

Da brauchst du keine Schuldgefühle zu haben, das kann ein ganz normaler Sterbeprozess sein.
Danke! Genau so war sie/dachte sie wohl. Aber warum wollte sie damit niemanden belasten? Hat sie den gar nicht gemerkt, das sie alle viel mehr damit belastet, das sie mit uns nicht zu tun haben wollte?


Yumi
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Beitrag So., 25.01.2015, 13:03

byebye hat geschrieben: Aber warum wollte sie damit niemanden belasten?
Ich könnte mir vorstellen, dass deine Mutter sich da auch selber nicht mit belasten wollte.
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