Psychosomatik verstehen - das ICH entdecken

Die Psyche spielt eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung des körpereigenen Abwehrsystems: immer mehr Krankheiten werden heute als 'psychosomatisch' und damit ggf. psychotherapeutisch relevant betrachtet.

LynnCard
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Beitrag Di., 09.06.2015, 09:32

Liebe Silence

Wenn Du den Friends-Link ganz liest, wirst Du sehen, dass die "Komplikation" zwischen Introvertiertheit und Extravertiertheit dort tiefergehend betrachtet wird. Die introvertierte Version der Typen bringt natürlich immer auch das Moment des intuitiven Moments in den jeweiligen Typen zum Ausdruck. Der introvertierte Intuitionstyp wäre in gewisser Weise doppelt introvertiert und die anderen introvertierten Typen 1-mal auf intuitive Weise introvertiert. Außerdem ist es ja nicht so, dass man nicht in den Aspekten wechseln kann, sie sind alle vorhanden, ob nun bewusst oder eben unbewusst. Aber ein Schwerpunkt lässt sich meistens schon irgendwo festmachen oder dann eben zwei bzw. die Mitte davon. Benachbarte Typen wären sowieso jeweils nur zur Hälfte oder 1-3 Viertel auch bewusst, man stellt sich den Kreis wie zur Hälfte mit Wasser gefüllt vor nach Jung. Das Wasser wäre der unbewusste Anteil. Wenn der Schwerpunkt zwischen zwei Typen liegt, verändert sich auch der Wasserspiegel im Winkel, d. h. bei mir liegen Denken und Intuition im bewussten Bereich, Gefühl und Empfinden jedoch im unbewussten Bereich unter dem Wasserspiegel. Ich liege auf dem Kreis als Uhr ungefähr auf 1 Uhr, also wäre ich von 10-4 Uhr im Bereich Denken (12 Uhr) und Intuition (3 Uhr) bewusst, von 4-10 Uhr wäre ich unbewusst im Bereich von Gefühl (6 Uhr) und Empfinden (9 Uhr).
LG Lynn

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LynnCard
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Beitrag Di., 09.06.2015, 10:37

Edit zu
Die introvertierte Version der Typen bringt natürlich immer auch das Moment des intuitiven Moments in den jeweiligen Typen zum Ausdruck.
den Aspekt des intuitiven Moments in den jeweiligen Typen

und nicht 2-mal Moment (aber in diesem Fall schon DAS Moment und nicht der Moment, was eine andere Bedeutung hätte)
LG Lynn

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SoundOfSilence
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Beitrag Mi., 10.06.2015, 22:41

Guten Abend!!

Ich bin mit der Friends-Analyse ein bisschen weiter gekommen, und ich komme langsam dahinter, was mein "Problem" mit den Typen bei Jung ist. Ich finde alles gut und verständlich erklärt, es gibt eine Menge Aha-Effekte, nur ich KANN mich nicht festlegen. Immer wenn ich denke "du bist Typ x", dann fällt mir wieder was total gegenteiliges ein. Ich habe schon verstanden, dass natürlich ALLES in JEDEM Menschen vorhanden ist und es nur darum geht, was überwiegt, bzw was eben bewusst ist, häufig genutzt wird und daher gut entwickelt ist, und was eben unbewusst und "ungeschliffen" ist. Und trotzdem ist eben mein Erleben nicht: Ich bin der introvertierte Empfindungs-Typ, der manchmal einen intuitiven Moment hat, sondern mein Erleben ist, dass ich mal der introvertierte Empfindungs-Typ bin und mal der extrovertierte Intuitions-Typ etc. Deswegen fällt mir die Festlegung schwer, es ist für mich einfach nicht stimmig, auch wenn ich schon verstehe, dass es nicht um 100%-Typen geht. Aber das passt ja ins Bild, mein Problem ist ja, dass ich oft so gespalten bin und meine "Widersprüchlichkeit" nicht integriert bekomme. Dass ich eben nicht flexibel hin und her schwinge innerhalb meiner Möglichkeiten/Fähigkeiten, sondern dass ich eben nur starr hin und her wechseln kann. So bin ich mir immer ein bisschen fremd, bleibe immer ein bisschen hölzern und sehr angestrengt - und gleichzeitig bin ich damit auch unheimlich anpassungsfähig (und trotzdem authentisch!). Und ich bleibe mir immer auch wenigstens ein bisschen vertraut... Nur wäre ich gerne einmal ein ganzer Mensch in meinem Erleben.

Und was beim Chef gut ankommt - die Wandlungsfähigkeit eben - kommt im Privaten zwar nicht unbedingt schlecht an, aber es ist doch auch oft so, dass mich eben die Menschen um mich herum auch nicht als GANZE Person kennen und wahrnehmen... Ganz krass erkenne ich das in dem, was mein Fast-Ex da lange Jahre lang mit mir hatte/meinte zu haben. Ich war selbstverständlich, ich war eine stets verfügbare Möglchkeit für ihn - aber wenn er nichts von mir wollte, dann war ich wie eine Puppe im Schrank... Also, auf emotionaler Ebene. Nur: den Gedanken, dass ICH doch aus mehr bestehen muss, dass da noch weitere Seiten sein müssen, selbst wenn er sich dafür nicht interessiert, der ist ihm auch nicht gekommen.... Wie ein Kind, dass eben davon ausgeht, dass die Puppe wenn sie nicht gebraucht wird "im Schrank schläft" war er dann überrascht (und gekränkt), als er festgestellt hat, dass die Puppe in Wahrheit ein Mensch mit Bedürfnissen, Problemen, Flashbacks ist. Aber das hat er gemacht, das ist sein Irrtum und (heut) auch sein Problem. Aber was habe ich gemacht? Ich habe gesucht, gefunden und aufgebaut, was ich bereits kannte. Ich habe einen Mann geheiratet, der mich ebenso gekonnt NICHT-WAHRNIMMT (und es nicht will), wie meine Eltern, der sich leicht darüber hinweg täuscht und täuschen lässt, dass ich schwach bin. Der mich ebenso ständig verfügbar haben mag, wie meine Eltern das hatten, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu wollen - wie "daheim"... Ich möchte Ko-tzen gerade...
Egal, worauf ich eigentlich hinaus wollte: ich empfinde mich oft selber nicht als "runde" Person, sondern eher als eine Person aus vielen flachen Scheiben - ich kann nur hin und her (auch schnell!), aber es geht nicht ohne springen - und ich werde auch nicht als "runde" Person WAHRGENOMMEN, ich werde irgendwie flach behandelt. Von Menschen, die mir nah stehen. Keiner, der mich kennenlernt würde sagen, dass ich irgendwie flach sei - aber mit der Zeit spielen in meinen Beziehungen (ich meine auch die Freunde) nur noch einige Scheiben eine Rolle, und dass es die anderen noch gibt wird gerne vergessen...

Aber was will ich eigentlich? Was, verdammt noch mal, fühle ich denn dabei?

Ich gebe auf - für heute...
Silence!
Hello darkness, my old friend...


LynnCard
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Beitrag Mi., 10.06.2015, 23:38

Gute Nacht, Silence!

Tja, ich bin auch noch wach ... Also erstmal: Ich finde Dich großartig, so wie Du hier schreibst, so facettenreich und ÜBERHAUPT nicht flach! (Sonst hätte ich jetzt nicht Dir, sondern dem renommierten Wissenschaftler geschrieben, mit dem ich gerade Kontakt habe und der auf eine Nachricht von mir wartet. Und der ist sehr unterhaltsam und lustig drauf!) Trotzdem schreibe ich Dir, weil Du mich mit Deinen intelligenten Beiträgen so ansprichst und berührst!

Ich würde eher vermuten, dass Du Dich nur deshalb nicht einordnen kannst, weil Du einfach jeden langweiligen Typus sprengst und vielleicht sogar mehr Dich selbst bist als der Durchschnittstyp. Du lässt Dich nicht in eine Schublade schieben, das ist Dir zu eng. Und das finde ich okay und gut, denn solche Modelle können einem Menschen nie gerecht werden, es sind nur Konstrukte und als das sollen sie auch verstanden werden. Und wenn jemand nur eine Scheibe an Dir wahrnimmt, hat das HÖCHSTWAHRSCHEINLICH (ich würde sogar sagen GANZ SICHER) mit dem Betrachter zu tun, dass er nicht fähig ist, Dich als volle Persönlichkeit wahrzunehmen, denn damit füllst Du das Bild zu sehr aus. Es ist einfacher für das Ego, das Gegenüber funktional zu sehen.

Ich glaube, Dein Fehler ist eher, dass Du Dich von anderen Menschen definieren lässt und das sogar fast noch glaubst, weil Du erwähnt hast, wie Du immer zuerst eine Bestätigung brauchst, um es dann selbst für wahr zu halten. So ähnlich hast Du es formuliert oder ich zumindest so verstanden.

Aber ich halte es für immanent wichtig, sich selbst zu definieren und dies auf keinen Fall anderen zu überlassen, sogar wenn jemand eine Diagnose hat, denn auch eine Diagnose ist nur ein Schema, das Ärzte und Therapeuten anwenden. Das hat nichts mit der vollen, runden, einzigartigen Persönlichkeit zu tun, die jeder Mensch letztlich ausmacht.
LG Lynn

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SoundOfSilence
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Beitrag Do., 11.06.2015, 05:32

Dankeschön, liebe Lynn
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Kimba&Blacky
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Beitrag Do., 11.06.2015, 12:36

LynnCard hat geschrieben:Ich glaube, Dein Fehler ist eher, dass Du Dich von anderen Menschen definieren lässt und das sogar fast noch glaubst, weil Du erwähnt hast, wie Du immer zuerst eine Bestätigung brauchst, um es dann selbst für wahr zu halten.
So sehe ich das auch.
Vermutlich ist das auch mit ein Grund für Deine Symptome.
Letztendlich kann immer nur jeder selber wissen wer er ist, weder Dein Ex-Mann noch Deine Eltern können Dich definieren.
Wenn man als Kind allerdings in seinen Möglichkeiten der ICH-Entfaltung eingeschränkt wurde, bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als das Stück für Stück "nachzulernen".

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SoundOfSilence
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Beitrag Do., 11.06.2015, 13:00

So ist es. Mühsames Nachlernen - und es sieht ja keiner, dass man da Hilfe bräuchte... Gott sei Dank nicht, aber auch leider nicht...
Ich sag ja, das ICH entdecken... Bloß die rechte Abenteuerlust stellt sich nicht ein bei mir, noch überwiegt die Angst. Denn wie findet man sich? Letztlich doch durch "das Andere" durch das "Du" - durch Reibung... Schwierig. Gefährlich.
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Kimba&Blacky
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Beitrag Do., 11.06.2015, 13:32

SoundOfSilence hat geschrieben:und es sieht ja keiner, dass man da Hilfe bräuchte... Gott sei Dank nicht, aber auch leider nicht...
Das ist bei mir auch sehr schwierig.
Man bräuchte Hilfe, müsste eigentlich zugeben, dass man in gewissen Bereichen noch Nachholbedarf hat.
Aber wenn man das dann sagt, wird es entweder nicht verstanden oder man bekommt in den falschen Bereichen Hilfe oder, im schlimmsten Fall (das ist mir leider schon passiert) wird das "Machtgefälle" schamlos ausgenutzt.
Vor allem in "Liebesbeziehungen" ist mir das passiert. Hinterher hieß es oft: "Tja, zum ausnutzen lassen gehören ja immer zwei".
Also wurden mir wieder Schuldgefühle gemacht.
Unter diesen Umständen will ich vorerst keine Beziehungen mehr eingehen, das ist mir einfach zu "gefährlich" für meine Seele.

SoundOfSilence hat geschrieben:Denn wie findet man sich? Letztlich doch durch "das Andere" durch das "Du" - durch Reibung... Schwierig. Gefährlich.
Also mir hilft mein Glauben dabei sehr, weniger andere Menschen.


LynnCard
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Beitrag Do., 11.06.2015, 22:19

SoundOfSilence hat geschrieben:Ich sag ja, das ICH entdecken... Bloß die rechte Abenteuerlust stellt sich nicht ein bei mir, noch überwiegt die Angst.
Ich bin eher nach der Suche nach mehr Selbststeuerung. Dass ich darin nicht auf der Höhe bin, hat natürlich mit der desintegrierenden Angst zu tun.

Insgesamt kann ich über mich Folgendes bilanzieren: Ich will einfach nicht leiden, weder innerlich noch äußerlich. Das ist meine Achillesferse, dass ich dort einbreche, weil ich einfach nicht leidensfähig bin und es mir dann wirklich mies geht.

Das passt auch zu mir als introvertierten Intuitionstyp, der sich von der Außenwelt "geplagt" fühlt und in sich selbst eigentlich glücklich wäre, gäbe es nicht diese vielen Anforderungen von außen.

Trotzdem habe ich in den letzten Tagen Fortschritte gemacht und eine Menge Neues für mich erkannt, kam dabei meiner Problematik auf die Spur, will mich jetzt auch wieder mehr beruflich auf das Schreiben konzentrieren, weil das Schreiben selbst mir sehr viel (auch tagesstrukturelle) Selbststeuerung vermittelt, ich eigentlich dort meinen Halt finde, der gerade in der Selbständigkeit rein äußerlich oft fehlt.

Ich hoffe, ich kann in 1 oder 2 Jahren, wenn ich vielleicht nochmal diesen Thread durchlese und vergleiche, auch einen äußeren Fortschritt erkennen, der mir Mut macht. Manches scheint sich zu wiederholen, als würde ich mich im Kreis drehen, aber wenn ich genauer hinschaue, ist der Blickwinkel ein etwas Anderer geworden, war vorher mehr von außen, der zum Innenblick wurde, was zeigt, dass ich mich nach Innen vorwärtsbewegte. Und irgendwann werde ich ganz bei mir sein und die Zusammenhänge noch mehr in einer Gesamtschau wahrnehmen.

Nach 2 Jahren kann ich die Angst nicht nur als Symptomatik von außen erfassen, sondern die Angst von innen her fühlen. Der nächste Schritt wäre, mich dem Zentrum der Angst, nämlich mir selbst als Selbststeuerungszentrale, zu nähern, dies am besten als kreativen, tagesstrukturierenden Schreibprozess, der mich beruflich vorwärtsbringt, bis ich irgendwann einfach voll aus dem Selbst heraus selbststeuernd agiere und es nicht mehr von außen habhaft erfassen muss.
LG Lynn

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SoundOfSilence
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Beitrag Fr., 12.06.2015, 09:46

Liebe Lynn,

Das mit der mangelnden Leidensfähigkeit kenne ich auch, insofern als dass ich manchmal nur unterscheide Leid an / Leid aus, aber nicht mehr flexibel wahrnehme, wie "schlimm" das Leid ist, ob es nicht etwa mal aushaltbar wäre (und leider auch übersehe, was NICHT aushaltbar ist, weil mein Schalter auf Aus steht...). Es stört mich dann, macht mir Angst, ich fühle mich ohnmächtig und werde quengellig - ich entziehe mich oder ich dissoziiere. Und andererseits halte ich unglaublich viel aus...

Was da auch statt findet ist eine Verschiebung der Gefühle, der Angst von dem wirklichen Leid weg hin zu Dingen, die eigentlich aushaltbar wären, so aber entlädt sich alles an diesem "Leid" und es wird gefühlt unaufhaltbar
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SoundOfSilence
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Beitrag Fr., 12.06.2015, 10:20

Dass du dich den Anforderungen von außen dann nicht so ganz gewachsen fühlst, das verstehe ich. Dieses Gefühl, wenn man nur für sich alleine wäre würde man klar kommen... Ich kenne das, so geht es mir ZB immer dann, wenn ich eine Phase mit Flashbacks hatte, ich bin dann einfach nicht belastbar, nicht flexibel Leidensfähigkeitl sozusagen. Dann trifft mich wieder meine Menschen-allergie...
Nur: so ohne Außen - wird man damit glücklich? Und ein Außen ganz ohne Ansprüche ist wohl auch unrealistisch.

Und ich hab immer ein bißchen Angst, dass sich dieses "ich will von allem meine Ruhe" in ein "ich will tot sein dann ist es endlich ruhig" wandelt. Denn früher oder später gehen mir dann auch die inneren Stimmen mit ihren Anforderungen etc an die Substanz.

Was meinst du mit Selbststeuerung? Klingt für mich so, als wolltest Du die Angst zwar als Symptom sehen UND als Gefühl fühlen - aber dann durch Selbstkontrolle wegmachen...
Wovor hast Du Angst? Weißt du das genau? Ich kann das nicht beantworten für mich.
Bedeutet dir das Schreiben emotional nur was in Bezug auf die Kontrolle? Du schreibst so anrührend, aber nicht kitschig. Toll. Aber was FÜHLST du als Autor?
Natürlich ist Stabilität, Regelmäßigkeit, Struktur notwendig und beruhigend - und als Selbstständige fehlt dir die Begrenzung im Außen, aber versuchst du diese Struktur durch das Schreiben INHALTLICH zu bekommen?
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Beitrag Sa., 13.06.2015, 05:45

SoundOfSilence hat geschrieben:ich fühle mich ohnmächtig und werde quengellig - ich entziehe mich oder ich dissoziiere. Und andererseits halte ich unglaublich viel aus...

Was da auch statt findet ist eine Verschiebung der Gefühle, der Angst von dem wirklichen Leid weg hin zu Dingen, die eigentlich aushaltbar wären, so aber entlädt sich alles an diesem "Leid" und es wird gefühlt unaufhaltbar
Liebe Silence

Ich dissoziiere zwar nicht, aber ich kann mich dann kaum konzentrieren, was natürlich auch Symptom einer dahinterliegenden Angst ist, weil einem einfach alles zu viel ist. Einerseits weiß ich, dass es faktisch viel ist, aber andererseits verschiebt sich die Angst auf wirklich simple Tagesaufgaben, die ich dann auch nicht mehr gut auf die Reihe kriege, auch wegen den sich stärker einstellenden Schmerzen. Dadurch fehlt der Antrieb, die Konzentration, die Zielgerichtetheit, die Motivation - eben die Selbststeuerung. In solchen Momenten hilft mir das Schreiben beim Denken und Fokussieren, manchmal nur tagesstrukturell, manchmal auch inhaltlich in der Beschäftigung mit meiner Problematik z. B. der von mir schon erwähnte Intuitionsartikel in meinem Profil, da ist es auch eine inhaltliche Annäherung. Ich schreibe dann zu verwandten Themen und suche eine etwas veränderte Annäherung, einerseits passend zum an sich anderen Thema, aber doch auch in Bezug auf meine Selbststeuerung. Gerade in der Literatur spielen Handlungsfäden und agierende Protagonisten eine wichtige Rolle, überhaupt Perspektiven, da kann ich es gut einbinden.
LG Lynn


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Beitrag Sa., 13.06.2015, 06:16

SoundOfSilence hat geschrieben:Und ich hab immer ein bißchen Angst, dass sich dieses "ich will von allem meine Ruhe" in ein "ich will tot sein dann ist es endlich ruhig" wandelt.
Ja, das ging mir auch schon durch den Kopf, aber nur durch den äußeren Druck. Meine Innenwelt ist an sich sehr glücklich. Ich fühle mich einfach nur durch die Anforderungen der Außenwelt belastet, überfordert und existenziell bedroht (was natürlich Angst auslöst), weil ich nicht mehr so gut funktioniere, um dem allem noch gerecht zu werden. Würde ich ja gerne. Innerlich möchte ich Bäume ausreißen, mich nicht begrenzen lassen, einen Marathon rennen. Doch mein Schmerzkörper gibt das nicht her.
SoundOfSilence hat geschrieben:Was meinst du mit Selbststeuerung? Klingt für mich so, als wolltest Du die Angst zwar als Symptom sehen UND als Gefühl fühlen - aber dann durch Selbstkontrolle wegmachen...
Nicht alle Gefühle (beim Schreiben z. B. fühle ich immer viel und das darf auch sein), aber meine Angst, die eben gerade zu diesem Selbststeuerungsverlust führt, will ich tatsächlich auf diese Weise abbauen und neutralisieren in ihrer negativen Wirkung. Ich hab einfach Angst, nicht allen Anforderungen gerecht zu werden. Es ist ein Existenzkampf, weil ich einfach nicht mehr den Antrieb und die Energie finde, um alles rechtzeitig zu schaffen. Es ist nicht Höhenangst oder dergleichen. Ich kann mich auch gut wehren. Aber es ist nun mal so, dass man in dieser Leistungsgesellschaft funktionieren muss, um nicht unter die Räder zu kommen. Ich kann mich nicht einfach hinlegen, weil ich Schmerzen habe und erschöpft bin, jedenfalls nicht ständig, auch wenn der Körper das zu verlangen scheint. Ich möchte das auch nicht, aber oftmals kann ich mich einfach nicht mehr auf den Beinen halten und auch nicht mehr sitzen wegen den Schmerzen.
LG Lynn


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Beitrag So., 14.06.2015, 01:39

Mir wurde heute klar, dass ich meine Selbstregulation funktional auslagere, z. B. in Internet-Kontakten.

Ich spüre einfach, dass ich das nicht funktional über andere suchen und ausleben will, sondern wirklich in mir selbst entwickeln möchte. Das ist sonst auch wieder eine Auslagerung meiner Selbststeuerung, die letztlich die Desintegration meiner Selbstregulation aufrechterhält.

Ebenso löse ich meine Selbstregulationsprobleme über externe Konflikte, die mich eigentlich gar nicht betreffen, empfinde es aber dann so, als wäre mein eigener Konflikt gelöst, was aber nicht zutrifft. Das ist fatal, weil ich selbst in Wirklichkeit stehen bleibe und nicht vorankomme.

Es mag zwar sinnvoll sein, anderen zu helfen, aber ich darf mich selbst dabei nicht auslagern und durch die Lösung anderer Konflikte ein falsches Evidenz-Empfinden für den eigenen Fortschritt holen, der für mich selbst gar nicht entsteht, objektiv gesehen.

Es ist lediglich eine allgemeine Selbstbestätigung meiner Selbstwirksamkeit. Das ist nicht schlecht, aber ich darf es nicht zum Ersatz werden lassen für die Lösung meiner eigenen Probleme, die dadurch ungelöst bleiben.

Ich muss es schaffen, mir eine eigenständige Selbststeuerung aufzubauen und meiner desintegrierenden Angst entgegenzusetzen. Aus diesem Grund werde ich das Internet wieder stark reduzieren, um bei mir zu bleiben.

Sicher werde ich wieder reinschauen, das ja, aber ich versuche, jetzt weniger ins Internet zu gehen, was sich natürlich auch hier auswirken wird.
LG Lynn

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SoundOfSilence
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Beitrag So., 14.06.2015, 10:32

Hi Lynn,
ich antworte trotzdem noch
Ich finde das , was Du über das Schreiben geschrieben hast sehr interessant. Du machst das ja nun auch beruflich, ich nicht, insofern ist meine Tagesstruktur durch andere Einflüsse bestimmt. Im Außendienst gibt den Takt die Öffnungszeit beim Kunden und der Kunde selbst (hat er Zeit, will er quatschen, hat er Fragen, ist er in Eile oder uninteressiert...) vor, aber natürlich ist man recht flexibel dabei. Denn es steht ja keine Stechuhr hinter mir, kein Chef linst mir über die Schulter, keine Gewerkschaft sagt etwas zu Überstunden - das hat seine Tücken. In jede Richtung. Eine gute Balance hat mit ganz viel Selbstdisziplin und Selbstfürsorge zu tun. In meinem Fall erlaubt es mir, meine Funktionsausfälle zu "vertuschen" UND zu kompensieren. Wenn ich morgens erst spät rauskomme, dann arbeite ich eben nachmittags lang... Aber es bleibt eigentlich immer das Gefühl, etwas zu verheimlichen, eigentlich nicht zu leisten, was man könnte... Wenn man nicht krank wäre. An den guten Tagen ist mir klar, dass KEINER immer volle Pulle geben kann, dass jeder seine schlechten Tage hat, warum auch immer. Aber an den weniger guten Tagen macht es mir extremen Druck, ein schlechtes Gewissen und auch Existenzangst. Und das nicht nur, weil ich jemandem verpflichtet bin, der mein Gehalt bezahlt, sondern auch, wie bei Dir, weil mir eben klar ist, ohne Leistung ist in dieser Gesellschaft kein Platz bzw. wird deine Freiheit arg eingeschränkt... Und ich WILL ja...
Inhaltlich ist meine Arbeit natürlich gar nicht zu vergleichen. Schreiben, auch hier bzw vor allem hier im Forum, ist natürlich für mich sehr mit mir und meinem Innenleben verknüpft. Da, wo es um "meine" Probleme geht sowieso, und da wo es um die Probleme anderer geht ja auch, denn auch das fällt ja immer in einen selbst zurück und nicht ins Bodenlose... Deine eigenen Erfahrungen werden bestätigt, erweitert, verändert durch den Austausch mit Anderen - bloß gilt es auch dabei die Balance zu halten, die man braucht. Es nicht als Flucht vor sich selbst ausnutzen, aber auch nicht zu sehr in sich selber gefangen sein. Ich denke im RL ist es einfacher, diese Balance zu halten, weil der Austausch mit Anderen bewusster und aufwendiger ist - andererseits ist es im RL deutlich schwieriger, Grenze zu setzen. Ich jedenfalls habe noch keine "Ignore"-Funktion für unliebsame Mitmenschen gefunden, wenn diese permanent auf sich aufmerksam machen... Ich finde es gut, dass Du dich bewusst zurückziehst, wenn Du das brachst!! Auch wenn mir deine Beiträge fehlen werden - aber es muss ja auch nicht immer sofort eine Antwort geben - ich freue mich auch über gelegentliche Beiträge!!
Für dich ist das Schreiben ja AUCH noch etwas Anderes, wobei ich es total interessant finde, dass es dennoch auch diese inhaltliche Komponente hat. Und das "liest" an deinen Texten ja auch an, Gott-sei-Dank!
Spannend am schreiben und lesen finde ich, dass es nicht nur hilft, die Gedanken zu strukturieren, ein Problem zu analysieren und "klarer" zu sehen - es hilft eben auch, Gefühle herauszulassen, die heraus müssen aber andere Menschen sonst vielleicht überfordern würden. Es hilft auch dabei, sich dieser Gefühle bewusst zu werden, und sie dann -dosiert- vielleicht doch ins RL mitzunehmen in ein Gespräch oder Konflikt. Aber: ich muss auch sagen, manchmal ist es eine Flucht vor dem Fühlen, weil ich nur noch schreibe, aber nicht mehr fühle. Oder ich lese etwas, dass so viele Gefühle auslöst, dass ich es nicht aushalte und mich zurückziehe - was ich so im RL kaum könnte. Das ist ja "mein Problem", dass ich, wenn ich meine Gefühle nicht fühle "krank" werde, und wenn ich Gefühle fühle schnell überwältigt werde (worauf ich dann auch "krank" werde, spätestens weil ich dann "zu" mache)... So geht es mir häufig, wenn ich mich mit meinem Drama oder meinem Trauma beschäftige - gehe ich zu rational damit um, dann machen die unterdrückten Gefühle krank, unterdrücke ich die Gefühle nicht, dann geht es mir auch beschissen... Was ich merke: Schreiben hilft mir nicht nur, mich zu ordnen, es hilft mir auch, Kontakt mit meinen Gefühlen zu haben und gleichzeitig zu regulieren. Wenn ich schreibe (auch, wenn es keiner liest), geht es mir insgesamt besser, ich habe weniger "somatik" . Aber es kann eben auch kippen...

Liebe Grüße,
Silence
Hello darkness, my old friend...

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