Belastungsprobe Schwach-sein

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SoundOfSilence
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Belastungsprobe Schwach-sein

Beitrag Mo., 22.06.2015, 19:28

Ich hatte heute eine PA-Stunde, die mich sehr geschlaucht hat. Ich mache seit einem gute Jahr PA und habe eigentlich stetig eine Besserung meiner körperliche Symptomatik und auch der Angstanfälle gespürt. Auch in der Therapie an sich bin ich "voran" gekommen. Es gibt aber, sicherlich ganz normal, immer wieder auch Einbrüche. Mal vereinzelt, mal phasenweise.
Nun ist mir klar, das es ganz wichtig wäre, diese Momente zu besprechen. Also neben den Themen, die wir bearbeiten, "müsste" oder sollte ich doch eigentlich auch erzählen, wenn es mir ganz akut nicht gut geht - sei es jetzt eine Panikattacke am Vortag, psychosomatische Symptome am Vormittag, Angst IN der Stunde... Ich HABE es durchaus schon erlebt, wie gut es gelingen kann, diese "Einzelfälle" zu analysieren und auch gewissermaßen "aufzulösen". Und aus Erfahrung weiß ich, wie schwer es wird, diese Situationen zu verstehen, wenn es erstmal keine Einzelfälle mehr sind...
Und trotzdem: ich kann das dann erzählen, wenn es VORBEI ist, wenn ich es nicht mehr "fühle" - aber ich kriege einfach kein Wort dazu raus, wenn ich noch "drin" stecke. Nur: dadurch fehlt eben immer etwas.
Heute habe ich mich sehr bemüht. Ich überlege, ein Hobby aufzugeben aufgrund zunehmender Panikattacken, das "eigentlich" einmal eine ganz wichtige Stütze für mich war, seit nunmehr einem HALBEN JAHR aber schwierig ist. Ich habe das zuerst selber nicht so realisiert, hatte immer wieder auch "gute Gründe" nicht hinzugehen - und bemerkte jetzt in den letzten 8 Wochen aber doch, dass mich wohl hauptsächlich meine Angst abhält... Und da liegt der Hase im Pfeffer: Ich möchte mich nicht davon einschränken lassen - also zwinge ich mich, weiterzumachen (und scheitere Woche um Woche). Nun HABE ich das endlich thematisiert, wobei es mir schon peinlich war, dass ich das so lange NICHT zum Thema gemacht habe und auch insgesamt nicht erzählt habe, dass die Anfälle wieder häufiger sind. Und auch heute habe ich ganz viel wieder NICHT gesagt - warum weiß ich selber nicht genau. Er war sehr bemüht, verständnisvoll, nicht sauer - vielleicht ein bisschen "bestürzt", aber da bin ich nicht sicher (gesagt hat er es jedenfalls nicht)...
Ich kenne dieses Problem von mir seit ich denken kann: Ich sage nichts; ich KANN irgendwie gar nicht; wenn ich erzähle, dann im nachhinein; mir ist dann oft peinlich, dass ich nichts gesagt habe, ich kann anderen nicht begreifbar machen, wie schlecht es mir eigentlich geht (selbst wenn ich es dann sage); ich komme mir selber dabei in jeder Hinsicht schwach vor (also schwach, weil ich ein Symptom habe, schwach, weil ich Angst habe, schwach weil ich es nicht sage...) und angreifbar (was bedeutet, dass ich mich lieber verstecke) und gleichzeitig WIRKE ich so stark und unantastbar, dass eben natürlich auch keiner hilft... Und manchmal, da reize ich die Menschen noch zusätzlich, nach dem Motto "Komm, schlag doch einfach rein..."
Ich frage mich: wie komme ich denn über diese Schwelle einmal drüber...? Ich will ja, ich wünsche es mir - aber ich kneife. Woche um Woche... Kennt ihr das? Was hilft euch? Wie geht ihr mit den wirklich, wirklich schwierigen Themen um? Wie ergeht es euch, wenn ihr (in Thera oder im RL) über eure "Symptome" sprecht?

SoundOfSilence
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Fundevogel
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Beitrag Mo., 22.06.2015, 21:19

Hallo SoundOfSilence,

leider kann ich dir wenig sagen, was hilft, kann nur sagen, ich kenne das sehr gut. Hatte erst letztens wieder Symptome zu beichten und das war schwer. Immerhin ist es besser als früher: diesmal hat es nur ein knappes Monat gedauert bis zum ersten Bericht. Das liegt nicht nur an der Überwindung, weil es schwer fällt, sondern auch daran, dass ich Unangenehmes lange ignoriere, vergesse oder für nicht wichtig genug halte. Ich habe das Thema fast jede Stunde, dass ich etwas nicht sagen kann, weil auf einmal die Hürde viel zu groß wird. Und stark wirke ich auch; bin ich wohl auch.
Es ist schwierig und ich glaube, das hat einen guten Grund: Scham, Angst vor Verachtung oder eben wie du es sagst, die Angst für schwach gehalten zu werden.
Und warum das so schlimm ist, das genau ist meiner Meinung nach das eigentliche Thema.

Und wenn man nach solchen Stunden so erschöpft ist, dann merkt man so richtig, wieviel Kraft man ständig darauf verwendet, den Deckel drauf zu halten. Alleine deshalb sollte man reden, aber grau ist alle Theorie ...
Aber diejenigen Situationen, in denen mir das Sprechen gelungen ist, sind und bleiben unvergesslich, einzigartige Erlebnisse, Sternstunden manchmal.
Fundevogel


LynnCard
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Beitrag Mo., 22.06.2015, 22:32

SoundOfSilence hat geschrieben:Ich möchte mich nicht davon einschränken lassen - also zwinge ich mich, weiterzumachen (und scheitere Woche um Woche).
Liebe Silence

Mir geht es ähnlich wie Dir, ich möchte mich auch nicht einschränken lassen und doch kann ich oft nicht so, wie ich will. Ich stehe auch öfter "neben mir" und schüttle dann den Kopf über mich, weil ich nicht funktioniere, obwohl ich mir wirklich viel Mühe gebe, bei mir zu bleiben. Auch ich reduziere manches, um das besser hinzukriegen. Aber es bleibt ein Ringen um die eigene Selbststeuerung im Alltagsgeschehen, wo ich eben funktionieren muss. Tja. Vielleicht braucht das einfach Zeit. Aber ich kann Dir versichern, dass ich es nachfühlen kann, wie es Dir geht. Äußerlich stark, innerlich geschwächt. Bleib am Ball, meine Liebe!
LG Lynn


LynnCard
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Beitrag Mo., 22.06.2015, 22:45

Fundevogel hat geschrieben:Alleine deshalb sollte man reden, aber grau ist alle Theorie ...
Aber diejenigen Situationen, in denen mir das Sprechen gelungen ist, sind und bleiben unvergesslich, einzigartige Erlebnisse, Sternstunden manchmal.
Liebe Fundevogel

Ich fühle, was Du meinst, obwohl ich grundsätzlich über alle meine mir bewusstgewordenen Gefühle reden kann. Aber ich merke immer wieder, dass ich bereits vorher zensiere (und dies auch Absicht ist aus Angst vor belastenden Gefühlen), bevor die Gefühle überhaupt hochkommen. Deshalb will ich Dir Mut machen: Du scheinst offenbar schon so weit zu sein, dass Du die Gefühle immerhin schon wahrnimmst (und auch bereit dazu bist), auch wenn es Dir schwerfällt, sie zu artikulieren und in Deine Therapie einzubringen. Aber trotzdem schaffst Du es immer wieder und das finde ich einfach großartig!
LG Lynn

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SoundOfSilence
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Beitrag Di., 23.06.2015, 07:49

Danke euch für eure Antworten!!

"Hatte erst letztens wieder Symptome zu beichten und das war schwer. Immerhin ist es besser als früher: diesmal hat es nur ein knappes Monat gedauert bis zum ersten Bericht."
Fundevogel, das Wort "beichten" trifft es ziemlich genau: Ich verschweige das so lange, dass ich, wenn es dann letztlich herauskommt, das Gefühl habe, zugleich mit dem Erzählen eben auch das Verschweigen zu beichten... Dumm eigentlich, denn er hat das auch noch nie kritisiert oder so. Es gab da noch nie ein "und warum erzählen sie das erst jetzt" oder so. Und auch das Symptom-Erzählen an sich hat eben etwas von "beichten", insofern, als dass es mein Schwach-sein zeigt. Vielleicht keine Beichte in dem Sinne, aber ein Eingeständnis. Und das schaffe ich anscheinend nicht, wenn ich mich noch mittendrin befinde... Es ist ja auch einfacher zu sagen: Da war ich schwach, als zu sagen ich BIN schwach...

Ich verzweifle an mir selber. Durch mein aufschieben, nicht bemerken (wollen), nicht erzählen bringe ich mich selber jedes mal wieder in eine Situation, die auch kaum noch zu durchschauen ist. Wo ich selber nicht mehr sagen kann, was eigentlich zuerst da war: Symptom oder Angst oder Überforderung oder Misstrauen... Und dann, wenn ich völlig verknotet bin, dann "beichte" ich. Und natürlich kann keiner das mehr entwirren... Wie zur Bestätigung: Siehste, bringt ja auch nix , das Erzählen...

Ich bin enttäuscht von mir selber, dass es nicht besser wird, dass ich eher wieder Rückschritte mache... Ich brauche das so sehr, dass jemand meine Wahrnehmung von außen bestätigt, um fühlen zu können/dürfen. Nun ist da jemand, der von außen schaut und KEIN EIGENINTERESSE hat, nicht verstrickt ist - bei dem ich nicht aufpassen muss, ob der es auch gut mit MIR meint oder seinen Vorteil im Blick hat - und trotzdem nutze ich das nicht so, wie ich könnte. Warum bloß nicht?
Hello darkness, my old friend...


leberblümchen
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Beitrag Di., 23.06.2015, 08:09

Ich mache seit einem gute Jahr PA und habe eigentlich stetig eine Besserung meiner körperliche Symptomatik und auch der Angstanfälle gespürt
Das ist aber ein eher ungewöhnlicher Verlauf für eine Psychoanalyse, deren Ziel ja nicht primär eine Symptomreduzierung ist, sondern ein Verstehen der eigenen Persönlichkeit. Manchmal kommt es vor, dass zu Beginn alles gut zu verlaufen scheint und die Symptome sich tatsächlich reduzieren. Das ist dann aber oft der sog. "Honeymoon-Effekt" und weniger eine tatsächliche Veränderung von innen heraus.
Ich überlege, ein Hobby aufzugeben aufgrund zunehmender Panikattacken, das "eigentlich" einmal eine ganz wichtige Stütze für mich war, seit nunmehr einem HALBEN JAHR aber schwierig ist
Hm. Du schreibst davon, dass du seit einem Jahr eine Analyse machst, dass es dir stetig besser geht - und dass du seit einem halben Jahr zunehmende Panikattacken hast?

Liegst du denn oder sitzt du? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es im Liegen für mich kaum Hürden gibt, weil es zu fließen beginnt und ich die Kontrolle oft (nicht immer!) abgegeben habe. Ich habe allerdings auch nicht das Gefühl des Beichtens, weil es sich für mich nicht so anfühlt wie: "Ich muss meinem Therapeuten alles schildern", sondern es fühlt sich eher so an wie: "Heute gucken wir wieder gemeinsam, wie es in mir aussieht".

Es hat aber jeder eigene Phantasien: Manch einer fühlt sich geborgen und gehalten in der Beziehung; andere fühlen sich wie vor Gericht; wieder andere versuchen, den Th. sexuell zu verführen - und so weiter. Und oft vermischt sich vieles oder es wechselt sich ab. Wichtig dabei ist, dass du über die Gefühle ZUM ANALYTIKER sprichst, also über das Gefühl, beichten zu müssen. Das ist wichtiger als das konkrete Symptom. Also, es wäre gut, wenn du mit ihm über dein Beziehungserleben ihm gegenüber sprichst. Was du mit deinem Hobby und deinen Symptomen dann am Ende machst, bleibt dir überlassen in einer Analyse.

Ach so, und GANZ schwierige Themen, die haben Zeit und müssen nicht mit Gewalt besprochen werden. Es IST eben kein Beichten, sondern mehr ein Laufenlassen. Und wenn etwas noch nicht raus will, dann lass es erst mal drinnen. Dränge dich nicht, denn dich wird auch niemand drängen.

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SoundOfSilence
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Beitrag Di., 23.06.2015, 11:29

Hi Leberblümchen,

das hab ich wohl nicht gut erklärt, was es mit dem Hobby auf sich hat... Es gibt dort seit ca 6 Monaten schwierige Veränderungen, z.B. Neue Leute, krankes Pferd - nicht seit 6 Monaten Panik... Das ist zugespitzt jetzt seit April/Mai so... Und es geht auch vorrangig nicht darum, dass ich vom Thera eine Aussage will, was ich machen soll - ich wollte analysieren, warum es mir dort jetzt so extrem schlecht geht und auch, warum ich mich mit der Entscheidung schwer tue. Und das, also dieses BESPRECHEN, das hab ich lange nicht geschafft... Und das ist das eigentliche Problem: ich will seine Hilfe, aber ich sage quasi nicht, wobei...
Nun ist es teilweise so, dass ich in den Stunden einfach nicht daran denke, es mir also nicht in den Sinn kommt - aber manchmal kommt es mir in den Sinn, und ich schweige also bewusst - weil ich mich nicht überwinden kann. Das ist schlecht für mich. Trotzdem ist es so.
Du hast total recht, dass ich genau das Besprechen sollte - aber bei dem Gedanken kriege ich Panik... Die Katze beißt sich in den Schwanz.
Ich bin mir klar, dass keiner ein Patentrezept hat - aber manchmal tut es ja schon gut zu hören, dass es anderen auch so ergeht - oder sie es überwunden haben. Ich verliere die Hoffnung - und wollte mir hier ein Tässchen leihen...
Ich liege übrigens - im Sitzen war ich lt Thera zu kontrolliert. Stimmt auch. Aber fließen lassen - das kann ich nicht.
Klar, Drück hilft auch nicht wirklich . Aber der ist halt da: Leidensdruck eben.
Du scheinst das gar nicht zu kennen? War deine Therapie für dich gefühlt denn immer ein Geschenk? Ich fand den Vergleich (anderer Thread) ganz toll, und ich SEHE es als Geschenk mich ohne Rücksicht zeigen zu dürfen - nur nehme ich es trotzdem nicht an...
Liebe Grüße,
Silence
Hello darkness, my old friend...


leberblümchen
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Beitrag Di., 23.06.2015, 11:44

Ich kenne DIESE Art von Nicht-sprechen-Können tatsächlich nicht. Ich glaube, dazu bin ich zu naiv (und vielleicht auch zu distanzlos): Ich denke mir: "Da ist ein Therapeut, der will was hören, und ich will erzählen, also erzähle ich". Ich kannte das vorher auch überhaupt nicht, dass sich mal jemand für das, was ich fühle, interessiert hat. Insofern: Ja, ich empfand das sofort als unglaublich großes Geschenk. Ich mache jetzt eine zweite Analyse, aber dieses Gefühl war bei beiden Therapeuten gleich.

Was ich kenne, ist die Scham vor dem "offiziell" peinlichen Thema "Sexualität". Da brauche ich schon mal mehrere Anläufe - wie so ein Flugzeug in der Warteschleife -, aber dann geht es, und es wurde auch immer gut aufgenommen. Mein erster Therapeut hat ja die Therapie beendet, und es war nicht wirklich gut am Ende, aber er hat gesagt, dass es ihn immer sehr berührt hat, dass ich mich ihm gegenüber so geöffnet habe und dass er das auch als Geschenk empfand. So waren die Stunden tatsächlich von großer Nähe geprägt.

Was ich damit sagen will: Es gibt "offiziell" keinen richtigen Grund, etwas zurückzuhalten; du schenkst ihm mit deiner Offenheit auch etwas (und dir selbst sowieso). Aber klar, wenn ich das Gefühl hätte, dass ich Bericht erstatten muss oder beichten muss, würde sich das vertraute Gefühl bei mir vielleicht auch gar nicht einstellen.

Ich denke jedenfalls, wenn du zunächst mal darüber sprichst, dass es dir schwerfällt, ist es einfacher. Ich möchte dich jedenfalls dazu ermutigen - gerade im Liegen kann doch gaaaaaaaaaaaaar nichts passieren...

Ach so, was das Schwachsein betrifft: Das kann auch ein schönes Gefühl sein, in der Schwäche gehalten zu werden. Er wird das nicht ausnutzen, und du kannst dann von innen heraus wachsen!

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SoundOfSilence
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Beitrag Di., 23.06.2015, 12:49

Das klingt sehr, sehr schön! Toll, dass du es so erleben kannst. Du hast geschrieben, dass du das gehört werden von zu Hause nicht kannst und es auch deshalb so genießt. Da liegt vielleicht bei mir das Problem: ich würde meist übersehen, aber wenn nicht, dann war das meist sehr schmerzhaft, weil ich dafür angegriffen wurde. Mir wurde nicht geglaubt, gesagt dass meine Gefühle falsch seien, meine Schwächen ausgenutzt, die schuld gegeben wenn etwas schlimmes passierte... Ich muss mir quasi Sicherheit abholen, dass ich "richtig" fühle, bevor ich mich traue zu fühlen - und das mitzuteilen. Erst wenn es sich gar nicht mehr ignorieren lässt, oder "vorbei " ist, dann geht's... Ich dachte immer, das Gefühl zu beichten hat damit zu tun, dass so viel Zeit dazwischen liegt (hab ich oft vorgeworfen bekommen früher) - vielleicht "beichten" ich ja tatsächlich meine Gefühle an sich - so nach dem Motto "ich weiß ich darf es nicht, aber ich hab schon wieder Angst..."
Das wäre in der Tat ja ein Grund, es aufzuschieben bis der Abstand größer ist...
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Beitrag Fr., 26.06.2015, 18:38

Tja,
nun habe ich mich so positiv eingestimmt auf die Stunde heute, habe immer wieder mich selber beruhigt und fleißig mit dem "sicheren Ort" geübt, damit ich fühlen kann, dass es ein Geschenk ist, redeN zu dürfen. Dass ich das Geschenk wenigstens nicht sofort gleich wieder ablehnen, sondern KURZ mal in den Händen wiegen möchte sozusagen - und da wird der Herr Therapeut krank und die Stunde abgesagt
Und ich stelle fest: ich bin traurig! Da war so oft so viel (unnötige, ich weiß) Panik in den letzten Wochen - ich wäre vor Erleichterung zerflossen bei so einem Anruf - aber heute war ich traurig. Wie schön

Das werde ich ihm Montag sagen - so er denn wieder fit sein sollte. Vielleicht freut es ihn ja ein kleines bisschen!
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SoundOfSilence
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Beitrag So., 05.07.2015, 21:45

...weil es HIER hin gehört:

Auch am Montag fiel die Stunde aus, aber Freitag schwitzten wir gemeinsam, tapfer die ganzen 50 Minuten. Und wir haben nicht nur geschwitzt, auch gearbeitet. Also ich habe geredet - und das einmal mit Leichtigkeit. Endlich wieder. Reden gedurft...
Und er hat gehört, hingehorcht, verstanden. Mehr gehört als ich, wie üblich.

Und nun? Nun ist nicht mehr "nach Freitag", sondern "vor Montag" - und ich verliere alles, was positiv war... Ich fühle mich nicht mehr verstanden und unterstützt - ich schäme mich. Ich schäme mich, weil ich schwach bin. Und ich habe Angst, weil ich mich auch morgen entweder nur schämen werde (dann aber immerhin rede, spreche, erzähle) oder schweige werde (dann aber die Stille ertragen muss, die keine gute Stille ist, sondern eine, in der ich verzweifelt strampelnd ertrinke)

Ich sehne mich nach solchen "guten Stunden", nach der gemeinschaftlichen "Arbeit" (ich weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken soll, ich hoffe man versteht mich trotzdem) - warum schäme ich mich nur immer wieder so dafür?
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Beitrag Mo., 06.07.2015, 20:52

Ich weiß nicht was mit mir los ist, ich bin total aaaaarrrrghgr - keine Ahnung wie das Gefühl heisst.
Die Stunde heute plätscherte so dahin, und ich HABE einiges erzählt. Und er hat mich nicht ganz verstanden oder fand meine Schlussfolgerungen "falsch" (er sagt natürlich nicht falsch, meint es aber) - aber die Beispiele, die mir eingefallen sind, um zu erklären was ich meine, wie ich darauf komme, die waren mir zu peinlich, die habe ich nicht gesagt.
Ich finde mich manchmal unauthentisch, weil ich so vieles von mir "verstecke" und überspiele, auch vor z.B. meinem Ex-Mann oder Freunden. Dass ich das Gefühl habe, dann nicht als "ganze Person" da zu sein. Das wollte er erklärt haben. Und das einzige Beispiel, das mir in dem Moment eingefallen ist, war ein ONS, bei dem ich nicht aufhören konnte die freche, sex-hungrige, unverklemmte "Jugendliche" zu geben - obwohl es mir selber zu viel geworden ist... (Es geht jetzt nicht um den sxx an sich, sondern um das Date davor) - genau davon wollte ich aber nicht erzählen. Nach einigem (eiligen) Nachdenken fiel mir eine Situation mit meinem Vater ein, die ich so häufig erlebe: Er piesackt mich und ich gebe Konter, wir stacheln uns gegenseitig hoch, obwohl es längst übergriffig und verletzend ist - ich WILL eigentlich sagen, dass ich das nicht will und er aufhören soll - KANN aber nicht (sagen, dass er mich verletzt würde ich nie...). Diese Situation schilderte ich. Er fand das nicht unauthentisch, weil ich das ja aufgrund von Befürchtungen tue. Ich überlegte (laut), welche Furcht dahinter steckt, kam aber immer wieder nur auf das gegenseitige Anstacheln - darauf sagte er in einem ganz komischen Tonfall, das könne ja auch Spaß machen... Ich hab eine Weile überlegt, ob er das ernst meint? Und dann sehr deutlich gesagt, dass das Spaß machen kann, wenn man sich neckt, dass das, was dann mit meinem Vater passiert, aber KEINEN Spaß macht. Ich wollte ihm eigentlich schildern, wie das in meiner Kindheit regelmäßig eskaliert ist, dass mein Vater so lange gestichelt hat, bis jemand heult, damit er dann sagen kann, die Balgen wären viel zu sensibel und einen "Grund" hatte, wütend zu werden (und draufzuhauen). DAS habe ich aber NICHT erzählt - ging nicht...
Und beim Gehen hatte ich dann ganz deutlich das Gefühl, dass der Thera eigentlich ständig nur sagt :"Sie haben gar kein Problem" - und ich nicht erklären kann, was das Problem eigentlich ist. Und mich selber frage, ob ich ein Problem HABE? Und gleichzeitig frage ich mich, warum - wenn ich doch kein Problem habe - er eigentlich einen Antrag auf Verlängerung stellt? Und zwar auf richtig viele Stunden...
Bin total angespannt und nicht sicher, was ich eigentlich jetzt fühle... aaargh.
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Sarana
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Beitrag Mo., 06.07.2015, 22:33

Schon mal drüber nachgedacht, ihm genau das hier irgendwie vorzulesen, per E-Mail zu schicken, ihn vorlesen zu lassen, etwas in der Art? So wie das klingt, weiß dein Thera gar nicht, was in dir vorgeht, wenn er so etwas sagt...
"Not doing life today. Love to. But can't."
Hoffentlich: "I think I'm at a stage of my life where I subconsciously purposefully f.uck everything up just to see if I can find a way out of it."
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SoundOfSilence
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Beitrag Mo., 06.07.2015, 23:03

Das weiß ich ja selber nicht, was in mir vorgeht. Also kann ich es ihm kaum sagen.
Also, um sowas vorzulesen oder zu Scheiben - daran hab ich noch nicht gedacht, wir haben halt auch keinen Mailkontakt oder so. Ich habe nicht das Gefühl, dass er das will. Ich denke, ich muss das schon sagen...
Irgendwie fühle ich mich gerade sehr, sehr beschizzen ... Weiß nicht mehr , wie ich da jemals glauben konnte, dass ich mich überwinden würde. ..
Vielleicht doch schreiben ?
Ich danke dir für deine Antwort , Sarana. Ich denke darüber nach .
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Sarana
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Beitrag Mo., 06.07.2015, 23:22

Wenn der Therapeut eine Verlängerung beantragt, wird er wohl kaum denken, dass du keine Probleme hast.

Du schreibst öfters, dass du "denkst", dass du dich so oder so verhalten solltest, dass du nicht "das Gefühl" hast, dass er etwas Bestimmtes will - und genau darum geht es in Analysen doch: die Beziehung zum Therapeuten und vor allem das, was der Patient sich über diese Beziehung denkt.

Abgesehen davon musst du ja nicht perfekt beschreiben können, was genau du jetzt eigentlich in welchen Situationen fühlst und warum und und und, du könntest z.B. damit anfangen, dass es dir wirklich wichtig war, ihm begreiflich zu machen, dass du dich oft unauthentisch fühlst. Ob das denn auch angekommen sei?

Und bevor du ewig nur drum herum redest, ist es definitiv besser, du schreibst ihm mal. Oder nimmst dein Geschriebenes mit.

Ich wünsch dir viel Mut! Donnerstag bin ich dann damit dran, was Geschriebenes in die Therapie zu nehmen, ich zitter jetzt schon... Noch kann ich aber drüber grinsen.
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Hoffentlich: "I think I'm at a stage of my life where I subconsciously purposefully f.uck everything up just to see if I can find a way out of it."
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