Wenn ein naher Angehöriger an einer todbringenden Krankheit leidert...

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Nico
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Beitrag Fr., 05.02.2016, 10:10

Nein das finde ich auch nicht abwegig.
Bloß hier im Forum würde ich mir das eher nicht erwarten, eher im Gegenteil, braucht man ein relativ robustes seelisches Gleichgewicht um alles hier geschriebene schadlos zu verkraften.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Myhre
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Beitrag Sa., 06.02.2016, 07:19

Ich weiss nicht ob du mit deiner Methode zum Ziel kommst.
Diese von hinten durch die Brust ins Auge herangehen vertreibt die User,die viel zu sagen hätten.Da der Eindruck ensteht,du willst nur fachsimpeln und hast gar kein persönliches Anliegen.
Dumpfbacken wie ich schreiben trotzdem in der Hoffnung,dass es irgendwem irgendwann was nützen könnte.
Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen wie Tiere behandelt werden.
Mahatma Ghandi

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decordoba
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Beitrag Sa., 06.02.2016, 09:31

Myhre hat geschrieben:...
Da der Eindruck ensteht,du willst nur fachsimpeln und hast gar kein persönliches Anliegen.
Ich versteh das schon.

Wenn ein User schreibt:
* Mir ist dieses oder jenes widerfahren - oder ich habe dieses oder jenes Problem...

Dann wollen die Foristen dem User gut zureden und ihm helfen. Das ist aber nicht mein Anliegen. Mir braucht niemand gut zureden. Wenn sich jemand äußert, wie man so oder anders mit dem angesprochenen Problem besser umgeht; dann ist diese Antwort willkommen.

Ich habe schon ein Anliegen; ich will mich mit Usern austauschen, die eine Meinung zu diesem Thema haben. Möglicherweise kann ich so etwas lernen und eine neue Sicht der Dinge gewinnen. Ich bin zwar ziemlich beratungsresistent (Altersstarrsinn) - aber ich bin noch ein wenig lernfähig.


Widow
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Beitrag So., 14.02.2016, 20:00

Wenn ein Mensch an einer medizinisch als potentiell todbringend geltenden Krankheit wie zum Beispiel Krebs erkrankt,
dann ist eines jedenfalls nicht hilfreich:
Ihm damit zu kommen, dass das ja ein selbstgemachtes Problem sein könne, weil er eine "Krebspersönlichkeit" sei - mithin durch psychische Defizite für seine Krankheit verantwortlich sei.

Erstens gilt Krebs nach dem heutigen Stand der medizinischen Forschung nicht als eine der psychosomatischen Krankheiten (wie zum Beispiel Morbus Crohn eine ist).
Zweitens impliziert solch Gerede einen Machbarkeitswahn (wenn du dich anständig bemüht und psychisch gewollt hättest, wärest du nicht erkrankt / würdest wieder gesund werden / müsstest jetzt nicht sterben).
Drittens raubt dem Kranken eine solche Haltung sehr viel von der dringend für den Kampf mit der Krankheit benötigten Energie.

Zur Illustration:
Mein Mann hatte Morbus Crohn (leichte Ausprägung). Wir wussten um die psychosomatische Komponente dieser Krankheit. Nie hat er eine Psychotherapie gemacht.
Mein Mann bekam Darmkrebs. Erst nach der Diagnose erfuhren wir, dass Morbus Crohn ein erhöhtes Darmkrebsrisiko mit sich bringt (das hatten die Ärzte zum Zeitpunkt der Crohn-Diagnose, also 15 Jahre früher, explizit ausgeschlossen!).
- Was geschah?
Nicht allein, dass er sich, wie etwa 90% aller relativ jungen Krebspatienten, fragte, warum es ausgerechnet ihn erwischt hatte; nö, er fragte sich auch noch, ob er ganz besonders viel Schuld daran trüge, weil er als Crohn-Patient keine Psychotherapie gemacht hatte, um den Crohn wegzutherapieren.

Warum geschah das? Weil man überall mit diesem Machbarkeitswahn (wenn du nur willst, kannst du alles erreichen; wenn du dich nur psychisch gut genug konditionierst, wirst du wieder gesund) in Kontakt kommt.

(Dass meine Schwester ein Jahr zuvor ebenfalls einen Darmkrebs bekommen hatte, ohne Crohn zu haben, änderte an diesem zermalmenden Frage-Rad, das sich im Kopf meines Mannes zu drehen begann, nichts.)

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Widow
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Beitrag Mo., 15.02.2016, 01:48

Und das würde ich jetzt gern noch anmerken:
Ich finde es immer noch bemerkenswert, welchen Tanz und welche Verbiegungen diejenigen, die das hier in diesem Forum jüngst wieder behauptet haben (das mit dem psychischen Machbarkeitsdings), oder auch die, die sich weigern, das zu lesen, was da behauptet worden ist (nämlich - und ich vereinfache da jetzt wirklich nur unwesentlich - : "Hast du nur die richtige psychische Einstellung, wirst du mit jeder Krankheit fertig"), nun wieder aufs Parkett legen, um das, was solche wie ich sagen, zu diskreditieren.

Es gibt nur eine Lehre, die daraus zu ziehen ist: Halt's Maul. Unbequeme Realitätspartikel anzumerken, ist und war schon immer sinnlos.

- Werd ich aber nicht.

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sneakle
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Beitrag Mo., 15.02.2016, 02:21

Widow, mir fällt dazu Goethe ein: Mit Seide näht man keinen groben Sack.

Mich bringt meine Arbeit regelmäßig ins Hospiz, da sterben die Menschen.
Es macht mich ganz wütend, wenn es dann immer wieder diese Sprüche hagelt.
Patientin hat Brustkrebs. Kommentar: Da hat es sie an ihrer Weiblichkeit erwischt. Da hat sie wohl nicht gut für ihre Weiblichkeit gesorgt. Da sollte sie sich wohl mal mit dem Thema Weiblichkeit auseinandersetzen. Dazu diese pseudowissenden Blicke und ein pseudoachsoreflektiertes Nicken.
Ich könnte da einfach nur erbrechen.

Da stirbt also ein Mensch. Wer bin jetzt ich, dieses Leben mit so einer kaltschnäuzigen Überheblichkeit zu bewerten? Ich weiß doch gar nix, nix weiß ich, weder über diesen Menschen und auch sonst nix.

Demut, lernt echt mal Demut.

Hat nix mit dem Thema zu tun, aber es stieg gerade sowas von hoch in mir.

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decordoba
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Beitrag Mo., 15.02.2016, 14:19

das kurze Glück der Nichte อุ๊

Der Ehemann unserer Nichte อุ๊ ist tot. Sie ist 25 Jahre und war nicht einmal ein Jahr verheiratet.

Er starb gestern an den Folgen eines Verkehrsunfalles und war wochenlang im Koma in der Klinik.

Den Beiden war nur ein kurzes Glück beschieden. Jetzt muss sie sich alleine um ihren kleinen Sohn kümmern.

Wenn ich darüber nachdenke, fällt mir Romeo und Julia ein. Das ist zwar eine ganz andere Geschichte, aber das kurze Glück ist gleich!

Leider kann ich keine Bilder einfügen, das wird hier als Spam bewertet.

Wenn jemand interessiert ist, kann er/sie die Geschichte auf wordpress finden: unter....
decordoba1 das kurze Glück der Nichte (diese Zeichenkette auf google eingeben)

Mir kullern die Tränen herunter - wenn ich an ihr Leid denke.

Im Unterschied zu anderen Foristen -

denen kommt das Kotzen wenn sie diese Texte hier lesen!


Widow
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Beitrag Di., 16.02.2016, 00:15

sneakle hat geschrieben:Patientin hat Brustkrebs. Kommentar: Da hat es sie an ihrer Weiblichkeit erwischt. Da hat sie wohl nicht gut für ihre Weiblichkeit gesorgt. Da sollte sie sich wohl mal mit dem Thema Weiblichkeit auseinandersetzen. Dazu diese pseudowissenden Blicke und ein pseudoachsoreflektiertes Nicken.
Ich könnte da einfach nur erbrechen.
Danke, sneakle!
Das ist ein sehr anschauliches Beispiel für das Prinzip, das mein Mann und ich auch erlebt haben.

Das letzte Mal kamen mir Mageninhalt und Galle diesbezüglich wirklich hoch, als ich vor etwa zwei Jahren eine Scobel-Sendung zum Thema Krebs sah, in der es tatsächlich um genau diesen Machbarkeits- und Selbstoptimierungswahn ging. Ich dachte, man leiste Aufklärung darüber, doch ich täuschte mich: Die Sendung war rundweg affirmativ.
Ihr Tenor: "Wenn du nur genug leben willst und wenn du genug Liebe hast/erfährst, dann überlebst du jeden Krebs".
Seither gucke ich dieses Format nicht mehr. Hat also der Machbarkeitswahn auch das Hirn von 3sat und Herrn Scobel an-, wenn nicht aufgefressen ...

(Ich frag mich immer nur, warum diese ganzen A.löcher das eigentlich so brauchen, auch das, denen, die nicht gesund werden, ja, die sogar sterben, in die Fresse zu hauen mit ihren Machbarkeitsmantren. - Vermutlich ist die Antwort mal wieder ganz einfach: Auch da ist's wohl die blanke Angst, sonst nichts.)

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sneakle
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Beitrag Di., 16.02.2016, 01:53

Widow, warum die Leute das machen, gute Frage. Ich beobachte da verschiedene Aspekte. Zum einen hat es glaube ich etwas damit zu tun, dass man sich mit der Illusion von Kontrolle wohler fühlen kann, als mit der Konfrontation der Urangst vor Sterben und Tod. Wenn ich Kontrolle spiele, gibt es den Tod ja irgendwie gar nicht. Nicht in dem Sinne, ihm in seiner ganzen grellen und unbarmherzigen Unberechenbarkeit ausgeliefert zu sein. Man kann sich also gut was vom Leib halten, wenn man alles für machbar erklärt und die Sterbenden als welche sieht, die einfach etwas falsch gemacht haben. Memento mori ist grad nicht so angesagt. Sterben ist Tabu, ich glaube, das weißt Du besser als die meisten.

Zum anderen, und das ist meine Beobachtung bei den Kollegen und auch teilweise beim Personal im Hospiz, häufig mehr noch bei den Ehrenamtlichen, bringt es die Helfenden in große innere Nöte, den Sterbeprozess zu begleiten und nichts tun zu können. Dann heißt es oft in der Übergabe, also Patient so und so, der lässt einfach nicht los. Der muss nämlich loslassen, finden manche und sind dabei ein bisschen genervt von der Uneinsichtigkeit des Patienten. Ich frage dann zurück, warum der jetzt eigentlich loslassen müsste. Ich finde überhaupt nicht, dass man das einzige Leben, das man hat, loslassen können muss. Ich war noch nie im Sterbeprozess, kann mir aber sehr gut vorstellen, dass ich an meinem letzten bisschen Rest vom Leben klammere, vor allem deshalb, weil ich ja sonst keins hab. Außerdem geht das ja immer so schnell, da ist allein schon gar keine Zeit, den Ist-Zustand, der das nahende Ende des eigenen, einzigen und höchstpersönlichen Lebens bedeutet, zu realisieren mit allem was dazu gehört, dieses immense Abschiednehmen, von allem. Aber das Gute ist, dass die meisten es einfach noch nie so gesehen haben und dann ein bisschen stiller werden und manche schämen sich auch und bitten um Entschuldigung.

Das zu begleiten, einen Menschen zu begleiten, der stirbt, obwohl er nicht sterben will und noch nicht bereit ist zu sterben, das muss man erst mal aushalten können als Helfer. Weil mehr tun, als diesen Menschen aushalten, also rezeptiv sein, offen und resonanzfähig und ansonsten nichts tun, ist nicht zu tun. Es gibt in Wahrheit nichts zu TUN, nichts zu MACHEN, das ist das "Problem". Aber aushalten geht und macht, so ist meine Beobachtung, einen Unterschied für den Patienten. Um das zu begreifen braucht es aber ein gewisses Maß an innerer Reife und Größe, Demut und Stille. Es braucht auch Erfahrung mit dem Tod und eine Einlassung dahingehend, dass es den wirklich gibt mit allem, was er bedeutet. Ich lerne da mit jedem Patienten dazu und es ist nicht leicht. Aber auch da weißt Du mehr als ich. Ich hab noch nie meinen Mann verloren, noch nie mein Kind, noch nie ein Elternteil und selber lebe ich auch noch. Ich stehe also noch ganz am Anfang.


Widow
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Beitrag Di., 16.02.2016, 02:24

Liebe sneakle,

was Du mir geschrieben hast, gehört mit zu dem Stärksten und für mich ganz persönlich Besten (also mich wirklich erreichenden), das mir ein Mensch bisher dazu gesagt hat.
Ich danke Dir. Ich danke Dir sehr!
sneakle hat geschrieben:Zum anderen, und das ist meine Beobachtung bei den Kollegen und auch teilweise beim Personal im Hospiz, häufig mehr noch bei den Ehrenamtlichen, bringt es die Helfenden in große innere Nöte, den Sterbeprozess zu begleiten und nichts tun zu können. Dann heißt es oft in der Übergabe, also Patient so und so, der lässt einfach nicht los. Der muss nämlich loslassen, finden manche und sind dabei ein bisschen genervt von der Uneinsichtigkeit des Patienten. Ich frage dann zurück, warum der jetzt eigentlich loslassen müsste. Ich finde überhaupt nicht, dass man das einzige Leben, das man hat, loslassen können muss. Ich war noch nie im Sterbeprozess, kann mir aber sehr gut vorstellen, dass ich an meinem letzten bisschen Rest vom Leben klammere, vor allem deshalb, weil ich ja sonst keins hab. Außerdem geht das ja immer so schnell, da ist allein schon gar keine Zeit, den Ist-Zustand, der das nahende Ende des eigenen, einzigen und höchstpersönlichen Lebens bedeutet, zu realisieren mit allem was dazu gehört, dieses immense Abschiednehmen, von allem. Aber das Gute ist, dass die meisten es einfach noch nie so gesehen haben und dann ein bisschen stiller werden und manche schämen sich auch und bitten um Entschuldigung.

Das zu begleiten, einen Menschen zu begleiten, der stirbt, obwohl er nicht sterben will und noch nicht bereit ist zu sterben, das muss man erst mal aushalten können als Helfer. Weil mehr tun, als diesen Menschen aushalten, also rezeptiv sein, offen und resonanzfähig und ansonsten nichts tun, ist nicht zu tun. Es gibt in Wahrheit nichts zu TUN, nichts zu MACHEN, das ist das "Problem". Aber aushalten geht und macht, so ist meine Beobachtung, einen Unterschied für den Patienten. Um das zu begreifen braucht es aber ein gewisses Maß an innerer Reife und Größe, Demut und Stille. Es braucht auch Erfahrung mit dem Tod und eine Einlassung dahingehend, dass es den wirklich gibt mit allem, was er bedeutet. Ich lerne da mit jedem Patienten dazu und es ist nicht leicht. Aber auch da weißt Du mehr als ich. Ich hab noch nie meinen Mann verloren, noch nie mein Kind, noch nie ein Elternteil und selber lebe ich auch noch. Ich stehe also noch ganz am Anfang. [Herv. v. Widow]
Nachdem wir die zweite, die "tödliche" Diagnose erhalten hatten, schlich sich in die Augen des gesamten medizinischen Personals (vom Chefarzt bis zur Lehrschwester) irgendwann dieses "Du musst jetzt loslassen!" ein.
Irgendwann hockte es in jedem Blick. - Egal, wie widersprüchlich die "Befunde", die doch eigentlich so "tödlich" hätten ausfallen sollen, auch gerade wieder waren (und glaub mir: Die WAREN widersprüchlich; ich höre noch gut das: "Das kann - bei dieser Diagnose - nicht wahr sein, ich seh nix!" von irgendwelchen Doktores mit Schallkopf in der schlaff gewordenen Hand).
Es gab für all diese "Helfer" nur noch die Möglichkeit: "Du musst jetzt loslassen! Stirb gefälligst! Und stirb gefälligst soft!" [Ham wir letztlich auch gemacht.]
Interessanterweise übrigens führte dieses "Stirb gefälligst, denn bei der Diagnose musst du sterben!" auch dazu, dass mitunter die simpelsten Hilfeleistungen zunächst verweigert wurden, die aufgrund irgendwelcher anderer physischer Kalamitäten notwendig gewesen wären, die unabhängig von "der Diagnose" waren. (Wir mussten z.B. massiv einfordern, dass wegen eines akuten Crohn-Illeus kurzfristig eine Magensonde gelegt wurde, oder dass das Morphiumpflaster, das zu massiven allergischen Reaktionen geführt hatte, wieder abgenommen wurde.)

(Mit dem Begriff "Demut" habe ich eine persönliche Geschichte. Den ertrage ich aufgrund dessen nicht mehr, sorry.)

Dass es in Hospizen so läuft, wie Du es geschildert hast - meingott
ich hatte immer gedacht, dass, wenn schon, vielleicht sehr verständlicherweise, im Krankenhaus oder beim Onkologen nicht, es dann wenigstens dort - naja, falsch gedacht.

Und jetzt bin ich mal ganz dreist: Bitte, liebe sneakle, frage Deine KollegInnen weiterhin und setze sie und Dich dem aus, dem sterbenden Menschen und dem Sterben!
Offen und frei für alle Angst, alle Not, alle Komik auch (jaja, muss ich Dir nicht erklären), allen Schmerz und all das, wofür wir Menschen immer noch kein Wort haben.
Bitte!
(Wir, der Liebste und ich, haben damals keine Weg in ein Hospiz gefunden - auch, weil die Ärzte immer wieder Hoffnung über uns ergossen wie heißes Pech -, doch ich hätte damals gern Dich kennengelernt. Ich war so allein. Und der Liebste war noch alleiner.)


Danke für Deine Nachricht!
w

EDIT:
Ich weiß bis heute nicht, wie alles für uns gewesen wäre, wenn wir hätten sicher sein können, dass daran - an dieser Diagnose bzw. eher DER Krankheit - gestorben werden würde.
Wir durften nie sicher sein. Immer passierte etwas Neues, das keiner von den "Fachleuten" antizipiert hatte.

Wir haben nie wirklich uns auf den Tod einlassen können. Wir waren bis zum Ende vollgepumpt mit medizinischem Schwachsinn in all seiner grauenvollen Widersprüchlichkeit.

Das war auch und vermutlich vor allem unsere Schuld.
Ich bereue.

Aber ich hätte den Liebsten nie "zwingen" können, loszulassen ......... (und ich war die, die über Tod versucht hat zu reden, ich habe versucht, ihn zum Loslassen zu bewegen. Ich bin genauso ein jämmerliches A.loch gewesen, wie Deine KollegInnen es sind. Und vermutlich könnte ich es auch heute nicht einen Deut besser. Aber wenigstens mute ich das keinem anderen Menschen mehr zu.)

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decordoba
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Beitrag Di., 16.02.2016, 03:34

Ich war schon im Hospiz und musste zusehen, wie die Dinge ihren Lauf nehmen. Heute sagt man dazu Palliativ-Station - es war in einem Ordensspital. Die Krankenschwestern erfüllten professionell ihren Dienst, da werden die Patienten gewickelt wie die Säuglinge, samt Windelhose, wenn das nötig ist. Die Schwestern waren gelassen.

Eine Ärztin - sie hatte selber Krebs - aber sie arbeitete weiter auf dieser Station.

Sie hatten alle eine fatale Einstellung zum Leben und Sterben - Fatalismus pur - so wie ihn nur die religiösen Leute kennen.

Vorher war noch eine jüngere Onkologin am Werk. Die glaubte noch, sie könne den Lauf der Dinge ändern, manchen beteiligten Personen eine Schuld zuweisen. Sie hatte eine penetrant männerfeindliche Einstellung - eine Fuchtel - wie man in Österreich sagt!

Das reicht !
Zuletzt geändert von decordoba am Di., 16.02.2016, 03:55, insgesamt 1-mal geändert.


Widow
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Beitrag Di., 16.02.2016, 03:52

decordoba, ich weiß jetzt nicht, was Dein Problem mit dieser Ärztin ist, die laut Deiner Diagnose eine "penetrant männerfeindliche Einstelllung" (was ist das?) hatte, aber ich weiß, dass man auch als nicht-terminaler Patient sehr leicht zu einer Windel kommt.
Mir hat man auch schon einmal eine umgelegt, weil befürchtet wurde, dass ich kohlrabenschwarz ins Krankenhausbett schietern würde. Da war ich Anfang 40 und leider weder krebskrank noch meiner Sinne mächtig.

Kurzum: Windeln sollte man jemanden, der an einer todbringenden Krankheit leidet (um auf Deine Threadfrage zurückzukommen), wohl auch nur dann, wenn das für denjenigen akzeptabel ist, aber erschlossen hat sich mir der Sinn Deiner letzten Nachricht jetzt nicht so wirklich.
Vielleicht morgen oder irgendwann. - Gute Nacht!
w

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decordoba
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Beitrag Di., 16.02.2016, 04:21

@ widow,

Ich habe kein Problem mehr mit dieser Ärztin, es sind 21 Jahre vergangen.

Ich schätze, sie denkt noch an mich! Wenn mich jemand unberechtigt angreift, kriegt er/sie das zurück. Das ist so, wie man dem Basilisk den Spiegel vorhält.

Ich habe spirituelle Fähigkeiten, manchmal leide ich darunter, wenn ich einen Angriff einer gehässigen Person nicht parieren kann; manchmal teile ich auch aus.

Anmerkung: Es waren noch weitere Personen an diesem Absurden Theater beteiligt. Einer dieser klugen Köpfe - der mich über gewisse Krankheiten belehren wollte - bekam 2 Jahre später selber Krebs. Zu seinem Glück wurde das durch einen Zufallsbefund frühzeitig diagnostiziert. Er wurde 2 mal operiert und wurde vom Krebs geheilt - er lebt heute noch.

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Nico
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Beitrag Di., 16.02.2016, 05:59

sneakle hat geschrieben:.... Weil mehr tun, als diesen Menschen aushalten, also rezeptiv sein, offen und resonanzfähig und ansonsten nichts tun, ist nicht zu tun. Es gibt in Wahrheit nichts zu TUN, nichts zu MACHEN, das ist das "Problem". Aber aushalten geht und macht, so ist meine Beobachtung, einen Unterschied für den Patienten. Um das zu begreifen braucht es aber ein gewisses Maß an innerer Reife und Größe, Demut und Stille. Es braucht auch Erfahrung mit dem Tod und eine Einlassung dahingehend, dass es den wirklich gibt mit allem, was er bedeutet. .
Ja das deckt sich auch mit meiner Erfahrung, die da ja nicht soo groß, aber dennoch in gewissem Maße vorhanden ist.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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