Probatorische Sitzungen - Absage

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Beitrag Sa., 02.05.2015, 12:27

@Fifi, du hast mich da wohl missverstanden:

Ich würde GERNE in Therapie gehen, kann aber nach all den vielen Enttäuschungen und Frust weder menschlich noch dem therapeutischen System mehr daran glauben bzw. vertrauen. Was paradoxerweise genau der Grund ist, wieso ich gerne einen Therapeuten hätte: damit er mir (stellvertretend) den Glauben an das System zurückgibt, und damit ich mich wenigstens einmal im Leben NICHT allein gelassen fühle.

Ungeachtet, dass ich mich deutlich "stärker", aber eben auch abgeklärter fühle, je mehr ich gelernt habe, die A***backen zusammenzukneifen, leide ich unter der Generalisierung dieses Gefühls. Vielleicht war es auch schon immer da, vielleicht ist das ja sogar die Wurzel allen Übels, und kommt eben jetzt erst so deutlich zum Vorschein. Mag sein. Vielleicht.
Aber es ist nicht nur so, dass ich aufgehört habe, mir Hilfe/Beistand von außen zu hoffen, sondern dass ich auch meine betroffenes Umfeld aufgebe. Statt für sie dazu zu sein, gebe ich sie auf, sehe weder Zukunft noch Hoffnung für sie.
Im Moment hege ich da anscheinend ein recht schwarzes-weißes Bild: entweder die Seele ist in der Lage sich selbst zu heilen oder man hat Pech gehabt und muss bis zum Ende seiner Tage lernen mit den Handycaps zu leben. PP. Punktaus. Wieso soll es da anderen anders ergehen als mir? An guten Tagen gesteh ich jedem noch zwei, drei Therapieversuche zu, aber alles, was danach kommt, ist für mich ein hoffnungsloser Fall bzw. Systemfehler bzw. sollte das System vielleicht mal GRUNDSÄTZLICH hinterfragen, statt ein weiteres Jahrzehnt wortwörtlich oder im übertragenen Sinne um Hilfe zu betteln...

@CrazyChild
Ich denke, dass Therapie, egal welches Verfahren, für viele Leute hilfreich sein kann. Aber eben nicht für alle. Und die, denen es nicht hilft, bleiben alleingelassen und auf einem Haufen Enttäuschungen und Schmerz sitzen.
Ich weiß, es steht nicht wirklich da, aber für mich impliziert es ein wenig, als ob es AN MIR läge, dass in all den Jahren weder mir noch meinen engsten Angehörigen oder den vielen Bekannten aus diesem Umfeld geholfen werde konnte. Das will ich so nicht sehen. Nein, ich glaube tatsächlich mittlerweile, dass das ganze therapeutische System von Grunde auf völlig nutzlos ist, und eventuelle Erfolgsgeschichten eher ANDEREN Aspekten geschuldet sind, nicht jedoch der Psychotherapie als solches. Sozusagen eine Kohärenz. Ein Nebeneffekt.

Daher glaube ich im Übrigen auch (@MissUnderstood), dass die Therapierichtung ziemlich irrelevant ist, egal ob kassenbezahlt oder nicht, da das System meiner Meinung nach schon in dem Moment krankt, in dem man glaubt, ZWINGEND eine Therapie nötig zu haben, und sich damit ABHÄNGIG vom System macht. Abhängig davon, dass es da IRGENDWER oder IRGENDWAS gibt, dass einem hilft und/oder rettet statt auf sich selbst zu vertrauen. Jeder kennt solche Frauen, die langsam zu vertrocknen Witwen werden, weil sie auf DEN perfekten Mann warten. Genauso wenig wie es DEN Märchenprinzen auf dem weißen Ross gibt, der einen aus der Dunkelheit des eigenen Elfenbeinturms errettet, genauso wenig gibt es DEN Therapeuten oder DIE perfekte Methode.
In der Fragestellung selbst scheint mir das Übel verborgen. Denn die wenigsten Menschen fragen sich überhaupt noch, was SIE SELBST tun könnten, damit es ihnen besser geht oder wie die Menschheit es VOR der Psychotherapie geregelt haben, sondern es steht außer Frage, dass man Hilfe von außen bräuchte, egal ob Therapeut, egal ob von der Krankenkasse oder von einem Guru oder einer Mischung aus allem. Der springende Punkt ist: es steht außer Frage, d.h. man hinterfragt es gar nicht mehr. Und im Grunde ist ja auch auf perverse Art und Weise furchtbar bequem ein "ganz, ganz schwerer Fall" zu sein, das entbindet einen von der Eigenverantwortung, selbst für sich zu sorgen... man würde ja gerne, aber die Experten sind sich ja eine: man selbst ist zu kaputt dazu, deshalb kann man mit Fug und Recht seine Lebenszeit auf Wartelisten absitzen...

(Sicherheitshalber: der spitze Tonfall gilt nicht dir, Miss, mitnichten, er ist ausschließlich der o.g. Generalisierung und Enttäuschung vom therapeutischen System geschuldet)

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Beitrag Sa., 02.05.2015, 12:35

(Fortsetzung)

Ich glaube, in dem Moment, in dem man sich diesen Schuh anzieht, dass EINZIG UND ALLEINE irgendeine Art von Therapie einen noch helfe könne, in diesem Moment ist man bereits ABHÄNGIG vom System. Ein System, dass eine Abhängigkeit erst selbst erschafft, um sie dann vermeintlich aufzulösen.
Interessanterweise enden alle guten Geschichten dann i.d.R. doch nur damit, dass man durch die Therapie gelernt hat, auf das zu hören und zu akzeptieren, was man im Grunde des Herzen eh ja schon immer gewusst und geahnt habe. Ja, im Grund sind die meisten aller Therapien nur das Aufschieben von unangenehmen Wahrheiten. Weil wir unserer eigenen Wahrnehmung und Instinkt nicht mehr vertrauen. Weil wir glauben, irgendwer mit einem Diplom oder Doktortitel könne unsere Seele besser verstehen als wir selbst. Weil wir völlig idealisierte und utopische Vorstellungen an Glück&Zufriedenheit in unserer Gesellschaft haben. Weil wir die Antworten insgeheim schon kennen, aber nur nicht wahrhaben wollen.

Meine lautet in diesem Fall nun mal: ich BIN alleine. Punkt. Ich war es schon immer. Was hab ich alles getan, was hab ich mich seelisch und mental verbogen, was hab ich mich in irgendwelche Abhängigkeiten begeben nur um diese hässliche Tatsache vor mir selbst zu verbergen. Immer darauf gewartet, gewartet und gewartet, dass irgendwer... (hier insbesondere die Therapie damit gemeint)... mich erlöse. Es könnte ja... und wenn nur... un gut, nochmal 9 Monate Warteliste, vielleicht sieht man DANN weiter... danach die nächste Warteliste, die nächste Enttäuschung und und und...einfach mal Füße stillhalten und abwarten, man selbst ist sich ja soooo hilflos und wehrlos ausgeliefert, dass nur das Warten auf einen Retter (hier: Therapeut, Selbsthilfeguru etc.pp) noch Sinn mache, bloß nicht selbst daran rumrühren...

Tja, wie gesagt, das ist das Paradox, mit dem ich gerade ein wenig rumschlage: dass ich dieses im-Stich-gelassen-werden gerne mit einem Therapeuten bearbeiten würde, aber gerade DAS sich als Fehler schlechthin offenbart.

Nebenbei: das Fass zum Überlaufen gebracht haben dann letztendlich zwei Situationen, da ich um Hilfe regelrecht gebettelt und mich erniedrigt habe und abgewiesen wurde. Seitdem bin ich überzeugt: wenn man sich erst demütigen und betteln muss, und selbst das nix bei rumkommt außer Erniedrigung, dann kann es keine Hilfe sein. Schwarz-weiß. Ja. Aber so und nicht anders ist es. Lieber mit erhobenen Haupt unterzugehen, statt mich noch einmal so zu erniedrigen. Ja, natürlich, ich wünsche mir immer noch, dass mal jemand für mich da wäre, und mich bei der Hand nimmt oder einfach nur mal tröstet und was es nicht alles so gibt, aber nicht für den Preis, sich in eine Abhängigkeit von einem fehlerhaften System geben zu müssen und/oder sich selbst zu erniedrigen. Der Patient als Bittsteller und der "Gott" Therapeut, der die Macht hat...

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