Blog einer Therapeutin (oder?)

Gibt es demnächst themenbezogene TV- oder Radio-Sendungen? Kinofilme? Fanden Sie interessante Artikel oder Pressemeldungen in Zeitschriften oder im Internet, Bücher oder DVD's? Hier können Sie die anderen davon informieren...
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Tristezza
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Beitrag So., 25.09.2016, 06:21

Was die Dame schreibt, finde ich weder dumm noch langweilig noch besonders auffällig in Bezug auf Rechtschreibfehler. Es ist das, was es sein soll: unterhaltsames, oft auch geistreiches Geplauder. Doch es tut weh. Die Essenz ihres Geplauders ist der Spott. Empathie scheint für die Dame ein Fremdwort zu sein. Ihre Patienten werden zum WItzobjekt degradiert (sie selbst und ihre Zunft, das muss man ihr zugutehalten, übrigens auch). Vielleicht wird über uns Patientinnen ja tatsächlich öfter gespottet, als wir uns das so vorstellen mögen. Irgendwie müssen sich unsere Therapeuten ja auch Luft machen. Für mich wäre es aber eine Horrorvorstellung, bei einer Dame in Therapie zu sein, die in den Stunden nach Stoff für ihren nächsten Plauder-Artikel sucht. Trotzdem: Interessant, Therapie mal aus dieser Perspektive zu sehen.

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Speechless
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Beitrag So., 25.09.2016, 07:12

Ich finde den Eintrag mit der Taschentuchpatientin inhaltlich langweilig und wahnsinnig schiecht geschrieben.

Das könnten ja fast alle, die sich hier zu Wort gemeldet haben, besser.


isabe
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Beitrag So., 25.09.2016, 07:53

Tristezza:
Ich habe mich bisher eigentlich nicht für besonders anspruchsvoll gehalten, was das Schreiben betrifft. Vom "Anforderungsprofil" eines Blogs, der gelesen werden will, würde ich den eigentlichen Stoff mal mit einem Zeitungsartikel aus der Süddeutschen vergleichen. Und daran kommt das, was diese Frau schreibt, nicht mal ansatzweise ran.

Vermutlich ist das, was (mich) aufregt, die Tatsache, dass das Thema an sich berührt, erst recht und vor allem, wenn man selbst als Patient zur Zielgruppe dieser "Autorin" gehört. Einerseits also macht sie "uns" lächerlich (schlimm genug), andererseits aber tut sie das so schlecht, dass am Ende - zumindest bei mir - kein Schmerz entsteht, sondern eher Verwunderung darüber, wie jemand es wagt, solch ein sensibles (oder sagen wir besser: interessantes) Thema anzupacken, wenn er über so wenig (Sprach)Gefühl verfügt und zu nichts weiter imstande ist, als Texte zu verfassen, die - wäre das Thema selbst nicht so spannend (denn: wollen wir's nicht alle wissen...) - beim Zuhörer spätestens nach drei Minuten die große Langeweile auslösen, verbunden mit der sich aufdrängenden Frage: "Wie komme ich hier schnell wieder weg?"

Das Schlimme daran ist also für mich nicht der Schmerz, sondern das Erstaunen darüber, dass jemand offenbar therapeutisch arbeitet und sich dabei in dieser Rolle so sehr gefällt, dass er vollkommen vergisst, dass seine Objekte Menschen sind und nicht irgendwelche Figuren, die er "literarisch" durch den Fleischwolf drehen kann, um selbst als "brillanter Kenner" (sagt man das nicht so?) in die Geschichte des Internets einzugehen (und ja, von einem gut gemachten Blog erwarte ich, dass er mehr ist als ein paar zusammengeschriebene Tratschseiten - und es wird nicht wirklich niveauvoller dadurch, dass sie die Überschrift auf Italienisch verfasst (toll! UND originell!)).

Natürlich wird da auch mal "in echt" gelästert, aber doch wohl nicht mit dem Ziel, sich DURCH das Lästern zu profilieren... - und ich bleibe dabei: Es ist zudem einfach schlecht, weil der Sprachwitz fehlt. Es soll witzig sein, aber das macht's noch schlimmer.

Der wirklich einzige positive Aspekt dieses Blogs ist, dass jeder, der schon immer mal mit dem Gedanken gespielt hat, einen Blog zu eröffnen, sich nun beruhigt entspannen kann: So schwer Ist es offensichtlich nicht. Leider jedoch dürfte vielen potenziellen Schreibern der Standortfaktor des Insiders fehlen. Aber schon traurig, wenn DAS das einzige ist, worauf man zurückgreifen kann: "Ich weiß, was ihr alle wissen wollt". Ja, Mann, dann mach doch was draus, du einfältige Nuss.

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Broken Wing
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:03

Spott finde ich OK, ich bin ja nicht aus Glas. Sonst wäre ich schon längst in tausend Scherben zersprungen.

Aber mir scheint, die Patienten machen gar keine Fortschritte bei ihr. Kein Wunder, die scheint ja auf dumme Schafe mitte Vierzig zu stehen, die keine Probleme machen, weil sie keine haben.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Tristezza
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:10

Also ich könnte so nicht schreiben. Schön, dass ihr offensichtlich viel begabter seid. Und ich habe auch nicht den Anspruch, dass ein Blog dem Niveau eines Artikels der "Süddeutschen" entspricht. Der sollte ja über "Plauderei" hinausgehen können.


isabe
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:23

...und Englisch kann sie auch nicht...

Tristezza:
Wie speechless sagt, denke ich, dass die meisten hier interessanter schreiben können. Meist auch lustiger. Aber selbst wenn's mit dem Lustigsein nicht so klappt, dann reicht auch "interessant". Nur: "uninteressant" und "das Lustigsein verfehlend", das ist dann halt schwach. Und eher zum Fremdschämen geeignet.

Wenn man also mal die ca. 200 Metaphern eines ihrer Texte weglässt, bleibt am Ende nichts mehr übrig als: "Ein Therapeut muss eine Lehrtherapie durchführen. Das ist unter manchen Studenten und Absolventen umstritten" - der Informationsgehalt dieser Aussage ist ziemlich sicher JEDEM, der ihre Texte liest (denn nur Therapieaffine werden sich das überhaupt antun), bereits aus anderen Quellen bekannt. Da das Ganze aber so aufgebauscht wird, dass ein großer Text daraus wird, unterliegt der Leser der Illusion: "Irgendeinen Wert wird der Text schon haben". Hat er aber nicht.

Jede Oma könnte unterhaltsamer erzählen.

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Tristezza
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:24

Den "Taschentuch-Artikel", der einigen offenbar gar nicht gefällt, finde ich übrigens überhaupt nicht schlecht. Auf die Idee muss man erstmal kommen, Patienten nach der Art ihrer Taschentuchbenutzung zu "diagnostizieren", und einer solchen Diagnostik muss eine lange Erfahrung und gute Beobachtungsgabe zugrunde lieben. Ich hab mich dabei sogar ertappt gefühlt. Ich lasse meine Tränen fließen und wische sie dann irgendwann verschämt mit den Händen weg. Also Typ "Baby". Das passt.

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Tristezza
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:27

isabe hat geschrieben:Wie speechless sagt, denke ich, dass die meisten hier interessanter schreiben können. Meist auch lustiger.
Na ja, den Beweis dafür kann ich in diesem Forum nicht finden. Es gibt höchstens eine Handvoll User, die ich lese, weil sie gut und unterhaltsam schreiben.


isabe
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:34

Stimmt: "die meisten" war übertrieben Mehr als eine Handvoll aber schon, denn: Zum guten Schreiben gehört für mich, dass jemand was erzählen möchte. Es sei denn, er schreibt - wie wir das hier in der Regel tun - für sich selbst und ein paar Andere, die gelegentlich vorbeischauen. Und ich glaube, hier haben eine Menge Leute mehr zu erzählen als diese "Autorin" (und damit meine ich nicht nur (aber durchaus: auch...): "Meine Kindheit war so schlimm").

"Unterhaltsam" - wann ist ein Text unterhaltsam? Für mich ist er das, wenn er relativ leicht verständlich ist (Thomas Mann finde ich jetzt nicht unbedingt "unterhaltsam"), wenn er dabei aber sprachlich auf einem Niveau ist, das sich von der reinen Alltagssprache unterscheidet (ein paar Metaphern dürfen es also sein) und Worte beinhaltet, über die man beim Lesen wirklich GERNE mal stolpert, weil sie zum Innehalten anregen. Inhaltlich sollte ein unterhaltsamer Text für mich eine Botschaft transportieren, die mir vorher SO noch nicht bekannt war, die mir jedoch nicht so fremd ist, dass sie mich nicht berühren würde.


isabe
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:43

Zum Taschentuch: Doch gerade DAS finde ich so banal, denn natürlich guckt der Therapeut nicht nur darauf, ob der Patient Gefühle hat und wie er sie ausdrückt - sondern auch darauf, wie er mit den Hinterlassenschaften dieses Gefühls umgeht. IST doch auch spannend. Die dafür erforderliche Beobachtungsgabe setze ich eigentlich bei jedem Therapeuten voraus (andere würde ich gar nicht erst konsultieren). Therapeutisch ist das höchst interessant, ob man eigene Tatüs mitbringt, ob man nach welchen fragt oder gar "fordert", der Therapeut möge sie "unaufgefordert" reichen; ob man diese dann in die Hosentasche tut, in den Papierkorb - oder sogar im Sessel "vergisst". - Ich hab noch anzubieten: Das "letzte", vollkommen vollgeheulte Taschentuch, das ich von #1 bekommen habe, habe ich fast zwei Jahre lang aufgehoben, als Erinnerung. Ich hab damit nichts gemacht; es lag nur unauffällig in einem "Abstellregal".

Aber das sind doch Klassiker, ähnlich wie: Toilettenbenutzung, Pünktlichkeit, wer herrscht über die Türklinken? und so weiter. Für Psychotherapieinteressierte jedoch haben ihre Beobachtungen m.E. kaum einen Wert, weil "man" das alles schon mal gelesen hat - nur irgendwie "besser" (und sei es durch Beobachtungen von Patientenseite).

Ihren Ansatz, diesen "Musterpatienten" SO darzustellen, wie sie das tut, finde ich wenig gelungen.

Ich bin übrigens auch ein Handwischer - bis auf die o.g. Taschentücher aus der Endphase jener Therapie - da wäre nix mehr gewesen mit "Wegwischen"; da brauchte ich was zum "Auffangen".

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Tristezza
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:53

Isabe, du scheinst in dieser Hinsicht einfach viel höhere Ansprüche zu haben als ich. Vielleicht solltest du - außerhalb dieses Forums - einen eigenen Blog schreiben? Meine ich nicht unernst. Und begebe mich nun ins Fitnessstudio, das jetzt eeeendlich aufmacht und wo - trotz einschlägigen Studiums - meine Stärken vielleicht eher liegen als im (Beurteilen von) Texten.


isabe
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Beitrag So., 25.09.2016, 08:59

Tristezza hat geschrieben:Isabe, du scheinst in dieser Hinsicht einfach viel höhere Ansprüche zu haben als ich. Vielleicht solltest du - außerhalb dieses Forums - einen eigenen Blog schreiben? Meine ich nicht unernst.
Es gibt soooooooooooooo viele Leute, die einen Blog haben. Gerade deshalb ist mein Anspruch - vielleicht? - so hoch: Das Internet ist so "voll", dass ich denke, man muss sich schon gut überlegen, was man selbst beitragen kann und möchte, um wirklich bereichernd zu sein.

Viel Spaß beim Sporteln.


isabe
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Beitrag So., 25.09.2016, 09:21

Und noch mal zu den Fehlern: Natürlich macht jeder Mensch Fehler. Manchmal sind es Tippfehler; manchmal hat man auch keine Zeit-Lust, nachzuschlagen, weil man irgendwie hofft, dass nach der Rechtschreibreform idealerweise im Zweifel alles möglich ist; vielleicht gehört die Orthographie auch nicht gerade zu den persönlichen Steckenpferden.

Wenn ich jedoch einen Text publiziere und damit den Menschen sagen will, dass ich sie als Leser und mich als Schreibender ernst nehme (dazu gehört auch das Schreiben von Bewerbungen), dann MUSS ich es irgendwie hinbekommen, die Fehlerzahl auf ein Minimum runterzufahren - und sei es, dass ich einen Freund bzw. Lektor organisiere oder im Zweifel eben wirklich den Duden konsultiere.

Es gibt - für mich - verzeihliche Fehler, wie z.B. Tippfehler. Und es gibt Fehler, bei denen ich wirklich aggressiv werde, und zwar nicht, weil "irgendjemand" nicht wüsste, wie man "Entgelt" schreibt oder wie der Plural von "sheep" ist. Wissen viele Leute nicht, geschenkt. Gut, von einem Abiturienten würde ich das Wissen erwarten (eigentlich auch schon von einem Unterstufengymnasiasten). Aber klar, es wird nicht wenige Abiturienten geben, die solche Fehler machen.

Aggressiv macht mich die Schlampigkeit, die sich in diesen Fehlern zeigt; dieses: "Ich weiß nicht viel, aber vermutlich sind meine Leser noch unwissender als ich". Ich frage mich bei solchen oder ähnlichen Fehlern immer: "Wenn ich selbst als gerade mal durchschnittlich gebildeter Leser schon Fehler bemerke - was kommt da noch an Fehlern hinzu, die ich aufgrund meiner eigenen Begrenztheit nicht bemerke?" - mir wird das gerade immer dann deutlich, wenn es um eines der wenigen Themen geht, in denen ich mich überdurchschnittlich gut auskenne: Da wird dann also vom "Unterbewussten" geschrieben (und zwar nicht von jemandem, der sich vorher noch nie damit befasst hat, sondern von Leuten, die MIT IHREN TEXTEN ja gerade dem Leser etwas über ebenjenes "Un(ter)bewusste" mitteilen möchten. Ich möchte als Leser nicht das verstörende Gefühl haben, informierter zu sein als der vermeintliche Fachmann.


Speechless
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Beitrag So., 25.09.2016, 09:23

oh Gott, jetzt regen sich die Leute schon auf, wenn man sagt, andere könnten besser schreiben.
Man kann auch vom Hundertsten ins Tausende kommen. Keine Sorge, Tristezza, ich bin hier wieder weg, dann könnt ihr in Ruhe von dem tollen Artikel schwärmen.
Noch ein Hinweis, Tristezza: ich muss meine Meinung hier niemandem beweisen!


Jenny Doe
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Beitrag So., 25.09.2016, 09:34

Mal eine Frage. Ist das überhaupt ein ernstgemeinter Blog über eine reale Therapieklientin?
Ich verstehe den Blog als "Psychoplaudern".

Der zitierte Link endet mit dem Satz:
Also, wenn du jetzt immer noch denkst, die Geschichte sei wahr, dann gehörst du vermutlich zur Romantikfraktion, die sich Sonntag abends Pilcherfilme ansieht. Ich jedenfalls wollte gerade nur mal ein bisschen am laptop träumen, denn es ist Sonntag abend und Das Zweite® hatte heute eine Wiederholungssendung im Angebot, die ich leider schon kenne.
(Link siehe Eingangsposting)

Siehe auch:
(...)
Etwaige Ähnlichkeiten dort geschilderter Personen mit real lebenden Personen sind rein zufälliger Art.
(...)
Sie haben sich in der Weise, wie sie erzählt werden, jedoch nicht wirklich ereignet.
(...)
https://psychogeplauder.blogspot.de/p/blog-page_12.html
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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