Was macht ihr gegen 'unaushaltbare' Gefühlszustände?

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Vivy
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 13:35

Waldschratin hat geschrieben:Akzeptieren, DASS es überwältigend schmerzhaft ist. Erstmal.
(...)
Dich am Verstand festhalten : Ein Gefühl ist ein Gefühl ist ein Gefühl etc. - Es alleine KANN mich nicht umbringen, also WERDE ich es aushalten.

(...)

Und mit "sinnvoll" meine ich nicht "Es geht mir gut".
Ich hab angefangen mit dem Ziel, die Zeit zwischen den Therapien schlichtweg überlebt zu bekommen. Am Leben zu bleiben. Mir kein Ende zu setzen, weil das alles so schrecklich war und mich dauernd schluckte.
Das IST schwer und oft genug ists mir passiert, dass ich auf "Altbewährtes" zurückgegriffen hab, weil ich meinte, jetzt geht's nicht mehr.
Dann gings halt um Dranbleiben : Wieder "aufstehen", Schritt für Schritt weitergehen. :hugs:
Oh Mann, ich danke dir!
Das hab ich jetzt gebraucht.
Bei mir kippts heut auch fast stündlich hin und her.

Von: „ich kann das schaffen“, über „ich bin hier zu viel“, bis „ wo ist die Brücke“

Überleben, das ist wirklich gut und hilfreich grad!
Und das mit der Brücke auch mal aussprechen zu dürfen, weils dann nicht mehr so viel Macht hat.
»Man versteht nur die Dinge, die man zähmt«, sagte der Fuchs.
aus: Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry

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Jenny Doe
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 13:36

Hallo Le_na
Irgendwie stecke ich in dem Dilemma, dass es mir ohne Therapie nicht besonders gut gegangen ist, aber auch mit Therapie geht es mir nicht gut, bloß dass mir das jetzt noch bewusster ist. Und was vor der Therapie offenbar gut verdrängt und weit weg geschoben war, ist es jetzt nicht mehr. Und für mich immer wieder unvorhersehbar passiert etwas, was vor der Therapie nicht passiert ist: Ich werde überrollt von diesen negativen Gefühlen, die mir den Boden unter den Füßen wegziehen, die mich an allem und an mir selbst zweifeln lassen.
Oh man, wie bekannt mir das Dilemma ist, in dem du jetzt grade steckst. War mal in meiner eigenen Therapie ein riesen Streitthema zwischen meiner Therapeutin und mir. Letztendlich scheiterte diese Therapie und führte zum Abbruch.
Ich verstand die Logik nicht, mit der die Therapeutin arbeitete. Auf der einen Seite grub sie längst verweste Tote wieder aus (So formulierte ich es damals), holte alles "Verdrängte" aus mir raus, was mich im Alltag eigentlich gar nicht mehr beschäftigte, was sie aber für die Ursache meiner Probleme hielt. Anderseits ging sie selber hin und forderte mich auf all das, was sie selber aus der "Verdrängung" rausholte in einen Tresor zu stecken, sprich erneut zu verdrängen, erneut zu unterdrücken, erneut den Deckel drauf zu packen. Das Ergebnis der Geschichte war, dass ich plötzlich begann zu leiden unter Themen, die mich vor Therapiebeginn nicht im geringsten belasteten. Ich war während der Therapie nur noch mit Verdrängen und Unterdrücken beschäftigt (alles in den Tresor stecken und Türe zu). Meine Gefühle stauten sind an und aufsummierten sich bis zu Unerträglich auf, bis ich das Gefühl hatte, völlig am Ende zu sein und nicht mehr zu können.
Verdrängtes rausholen, um Symptome behandeln zu können mag in manchen Fällen nötig sein. Aber dann bitte auch dem Klienten beibringen, wie er mit den plötzlich auftreten Gefühle umgehen kann. Ich verließ diese Therapie in einem ziemlich üblen Zustand.

Wieder zurück zu Dir. Du steckst in keinem Dilemma mehr. Du bist den Schritt gegangen, Verdrängtes ist aus Dir rausgeholt worden. Du kannst diesen schritt nicht mehr rückgängig machen. Du hast nicht mehr die Wahl zwischen "vor der Therapie gut verdrängt" und "jetzt von Gefühlen überrollt". Alles ist jetzt in Deinem Bewusstsein. Du kannst es nicht mehr unbewusst machen. Du kannst den Zustand vor der Therapie nicht mehr herstellen. Du solltest gucken wo du jetzt stehst und Deine Therapeutin bitten, dir dabei zu helfen mit den heftigen Gefühlen umzugehen. Ziel sollte (meine Meinung) nicht sein, jetzt alles in den Tresor zu stecken, sondern zu lernen, wie du Gefühle zulassen und verarbeiten kannst und sie auch wieder stoppen kannst. Es bringt dir nichts derart von den Gefühlen überrollt zu werden. aber es bringt dir auch nichts, sie eine ganze Woche lang in den Tresor zu stecken und sie Dir nur in den 50 Minuten Therapiesitzung anzugucken.
Bei mir funktionierte das überhaupt nicht. Gefühle kommen dann hoch, wenn sie angetriggert werden und nicht dann, wenn ich in der Therapie sitze und jetzt fühlen soll und 50 Minuten fühlen darf. Vielleicht ist es bei dir anders. Ich gehe natürlich bei meiner Antwort auch von mir aus, von dem, was ich damals gefühlt habe und wie ich es damals erlebt habe.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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Vivy
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 13:51

Jenny Doe hat geschrieben: Fr., 31.08.2018, 13:36
Bei mir funktionierte das überhaupt nicht. Gefühle kommen dann hoch, wenn sie angetriggert werden und nicht dann, wenn ich in der Therapie sitze und jetzt fühlen soll und 50 Minuten fühlen darf.
Das unterschreib ich fett.
Bei mir geht das auch nicht.
Wenn Gefühle da sind, dann sind sie da. Und je mehr ich versuche, sie wegzupacken ken, desto heftiger werden sie.

Manchmal wünsche ich mir, ich könnte sie in die Therapie mitnehmen, statt nur immer davon zu erzählen.

Le_na, ich versteh dich so gut. Auch dein Dilemma.
Und ja, jetzt ist es so und es lässt sich nicht mehr ändern.

Bei mir ist allerdings der Unterschied, dass dieser ganze Gefühls-wust schon genau so , in der gleichen Heftigkeit vor der Therapie da war und das eigentlich der Grund war, mir Hilfe zu holen.
Manchmal frag ich mich nämlich auch, ob’s jetzt nur weniger verdrängt ist. Manches sicherlich, aber wahrscheinlich führt auch kein Weg dran vorbei.

Ich denke, es ist ganz bestimmt sinnvoll, das alles noch mal mit Deiner Thera zu besprechen.
Meiner hat mir mal gesagt, dass, wenn der erarbeitete Notfallplan nicht funktioniert, er eben noch nicht gut genug ist. Oder unvollständig. Denn wir könnten ja auch nur „Theorie“ erarbeiten. Ob’s dann funktioniert, muss ich ausprobieren und ihm dann Rückmeldung geben, ob’s klappt oder eben nicht.
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Le_na
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 13:59

Ihr Lieben danke für eure tollen, verständnisvollen und hilfreichen Antworten! :hugs: Es bringt mir gerade sehr viel, mich nicht so alleine mit meinen Gefühlen zu fühlen. Ich kann nur jetzt gerade nicht mehr näher darauf eingehen, weil ich in einer Stunde wieder zur Arbeit muss und gerade so "aufgewühlt" bin, dass ich mich erstmal irgendwie in einen "arbeitsfähigen" Zustand bringen muss, im Idealfall ohne komplett verheult auszusehen. Wie es nämlich so ist, trifft mein schlechter Zustand auf eine extrem arbeitsintensive Woche, die mir grad den letzten Rest Energie abverlangt. Andererseits ist es oft eine Gelegenheit meine Gefühle für einige Stunden wegzuschieben, wenns denn klappt...

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Waldschratin
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 15:47

Jenny Doe hat geschrieben: Es bringt dir nichts derart von den Gefühlen überrollt zu werden. aber es bringt dir auch nichts, sie eine ganze Woche lang in den Tresor zu stecken und sie Dir nur in den 50 Minuten Therapiesitzung anzugucken.
Bei mir funktionierte das überhaupt nicht.
Bei mir funktioniert das auch nicht.
Ich hatte zwar auch so meine "Aufheb"-Phantasien, aber die waren "Nothelfer" dafür, wenn ich drohte reinzustürzen in die Gefühle.
Das diente dazu, das "Titrieren" besser gesteuert zu bekommen, und nicht, die Gefühle "wegzubekommen".

Wie du selbst ja auch schreibst, solche Methoden hattest du ja schon, wenn auch selbstschädigender Art. Aber sie waren bewährt - warum also gegen "neue" austauschen, die überdies nicht halb so gut funktionieren? Das ist in meiner Vorstellung nicht logisch.

Sagt dir der Ausdruck "titrieren" was?
Hab ich mir von Peter A. Levine "geborgt", der beschreibt das als Vorgehensweise der vorsichtigen Konfrontation mit Gefühlen (Er hat sich diesen Begriff wiederum aus der Chemie geliehen :-) Für Chemie-Fans guckst du hier: http://www.chemie.de/lexikon/Titration.html ), die aber im Anschluss "abgeleitet" werden sollen. DA liegt sein Schwerpunkt drauf. Wen auch das interessiert, hier ein Link zu ner Leseprobe aus einem seiner Bücher, das ich recht hilfreich fand:
https://www.randomhouse.de/leseprobe/Vo ... 307609.pdf

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Le_na
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 15:56

Ich werde morgen näher auf alles eingehen was ihr geschrieben habt und danke auch für die links liebe Waldschratin.
Ich bin mittlerweile am Weg zur Arbeit und bin noch immer besorgt die Arbeitsnacht nicht zu "überstehen". Ich glaube meine ganzen Gefühle die ich so stark versuche zu kontrollieren und zu unterdrücken machen jetzt mal was ganz anderes: Panik. Panik noch verrückt zu werden, Panik die Kontrolle zu verlieren und dann heulend irgendwo in der Öffentlichkeit "zusammenzubrechen".. Inkl körperlicher Angstsymptome. Na, für den Moment kann es ja mal nicht schlimmer werden :blass:
Und noch so lange bis zur Therapiestunde..


Waldschratin
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 16:11

Nicht "weit" nach "vorne" denken, liebe Le_na!
Es reicht, wenn du den nächsten Schritt, die nächste Minute/Stunde gebacken kriegst und da dich drauf konzentrierst! :hugs:
Ich denk jetzt einfach mal feste und lieb an dich! :flower:


Jenny Doe
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 16:45

Hallo Le_na
Ich glaube meine ganzen Gefühle die ich so stark versuche zu kontrollieren und zu unterdrücken machen jetzt mal was ganz anderes: Panik. Panik noch verrückt zu werden, Panik die Kontrolle zu verlieren und dann heulend irgendwo in der Öffentlichkeit "zusammenzubrechen"
Ein paar Worte aus eigener Erfahrung: Halt durch! Das wird jetzt erst mal nicht so leicht für dich werden die vielen Gefühle plötzlich in so einer starken Intensität zu spüren ohne gelernt zu haben, wie du mit ihnen umgehen sollst. Da kann das Gefühl entstehen durchzudrehen, den Verstand zu verlieren, völlig die Kontrolle zu verlieren, ... Die Gefühle wollen (jetzt) raus. Das ist erst mal hart. Vielleicht sogar sehr hart. Aber mit der Zeit werden sie nachlassen. Vielleicht machst du dieselbe Erfahrung wie ich einst, nämlich Erleichterung. Alles was ich zulassen und rauslassen konnte war ein Schritt in eine innere Erleichterung und Befreiung. Jede geweinte Träne spülte Belastung aus mir heraus. Wenn du das Gefühl hast, dass du Hilfe brauchst, dann scheu dich nicht diese zu suchen.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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Pianolullaby
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Beitrag Fr., 31.08.2018, 17:13

Le_na hat geschrieben: Do., 30.08.2018, 23:27
Pianolullaby hat geschrieben: Do., 30.08.2018, 21:59 Dir vergegenwärtigen, dass sich jedes Gefühl ändert, und jedes Gefühl vergänglich ist.
Aber ist das so? Kann es nicht passieren, dass man in so einem "negativen" Gefühl "stecken bleibt", das wochen und monatelang alles hoffnungslos erscheint? Davor hab ich einfach angst weil ich überzeugt davon bin, dass ich das nichtmal eine woche aushalten könnte.
Nein, in jeder Sekunde ändert sich etwas, und wenn es nur die Sekunde ist, ein neuer Atemzug,
ein Auto was vorbei rauscht, ein Vogel welcher pfeift, usw.

Du könntest versuchen, Deine Gedanken oder Gefühle zu zeichnen, singen, tanzen, beschreiben, dichten usw.
es gibt unendlich Möglichkeiten sich den Gefühlen zu stellen oder sie auszudrücken
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Le_na
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Beitrag Sa., 01.09.2018, 11:23

Ihr Lieben, ich melde mich jetzt auch mal wieder zu Wort. Danke für eure Beiträge gestern, danke fürs an mich denken! Und danke für den Tipp nur Schritt für Schritt zu denken. Ich habe mich vorgetastet von der Zugfahrt, bis zum Weg zur Arbeit, der halben Stunde die ich noch Zeit habe bis mein Kollege kommt,...
Irgendwann in der Arbeit ist das Gefühl langsam aber sicher abgeflaut und ich war im "Funktionier-Modus".
Und jetzt weiß ich gerade nicht, ob das schlimmste vorüber ist oder ob es mich in einer halben Stunde wieder völlig umhauen wird.
Jenny Doe hat geschrieben: Fr., 31.08.2018, 13:36 Verdrängtes rausholen, um Symptome behandeln zu können mag in manchen Fällen nötig sein. Aber dann bitte auch dem Klienten beibringen, wie er mit den plötzlich auftreten Gefühle umgehen kann. Ich verließ diese Therapie in einem ziemlich üblen Zustand.
Wenn ich deine Zeilen so lese, erkenne ich mich da schon auch wieder. Ich wollte schlicht und einfach nicht an die alten (Familien) Themen. Ich war der Meinung ich komme gut damit zurecht und bin dadurch nicht belastet und in mir war so viel Widerstand dort nochmal hinzuschauen. Und doch habe ich mich darauf eingelassen. Und habe Dinge in meinem Leben verändert. Und trage jetzt die Konsequenzen, die ich offensichtlich gar nicht tragen kann. Das Problem ist, immer wenn ich so von der Hoffnungslosigkeit überrollt werde, fange ich auch an an der Therapie zu zweifeln. Und weiß nicht mehr, ob das alles richtig ist, was ich da mache oder ob ich auf dem Holzweg unterwegs bin und es nur nicht bemerke. Obwohl ich, außerhalb dieser intensiven Gefühlszustände, schon der Meinung bin an eine professionelle Therapeutin geraten zu sein. Und auch irgendwie glaube, dass diese Änderungen (Kontaktreduzierung zu Eltern) richtig sind. Und dann überkommt mich wieder dieser Schmerz, diese Hoffnungslosigkeit und ich stelle das alles in Frage. Und mir fehlen die Worte um das richtig zu beschreiben.
Jenny Doe hat geschrieben: Fr., 31.08.2018, 13:36 Du bist den Schritt gegangen, Verdrängtes ist aus Dir rausgeholt worden. Du kannst diesen schritt nicht mehr rückgängig machen. Du hast nicht mehr die Wahl zwischen "vor der Therapie gut verdrängt" und "jetzt von Gefühlen überrollt". Alles ist jetzt in Deinem Bewusstsein. Du kannst es nicht mehr unbewusst machen. Du kannst den Zustand vor der Therapie nicht mehr herstellen.
Ich befürchte du hast Recht. Aber hätte ich jetzt gerade die Möglichkeit die Zeit zurückzudrehen, dann würde ich das sofort tun. Ich würde sofort diese extremen Gefühlszustände eintauschen, gegen meine immer wiederkehrende Traurigkeit, die ich nicht begründen konnte. Das war wenigstens erträglich. Aber du hast wohl Recht, das geht jetzt nicht mehr :-(
Vivy hat geschrieben: Fr., 31.08.2018, 13:51 Ich denke, es ist ganz bestimmt sinnvoll, das alles noch mal mit Deiner Thera zu besprechen.
Meiner hat mir mal gesagt, dass, wenn der erarbeitete Notfallplan nicht funktioniert, er eben noch nicht gut genug ist. Oder unvollständig. Denn wir könnten ja auch nur „Theorie“ erarbeiten. Ob’s dann funktioniert, muss ich ausprobieren und ihm dann Rückmeldung geben, ob’s klappt oder eben nicht.
Da führt ohnehin kein Weg dran vorbei das mit ihr zu besprechen. Nur wenn das Gefühl bis dahin abgeklungen ist, was ich hoffe, dann werde ich es selbst nicht mehr verstehen können. Dann werde ich es wieder lächerlich finden und mich fragen, wie ich in diesem Loch gelandet bin... aber ich habe heute einen Text geschrieben, so genau wie möglich festgehalten, wie ich mich fühle... vielleicht nehme ich den mit.

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Le_na
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Beitrag Sa., 01.09.2018, 11:25

Jenny Doe hat geschrieben: Fr., 31.08.2018, 16:45 Wenn du das Gefühl hast, dass du Hilfe brauchst, dann scheu dich nicht diese zu suchen.
Blöderweise habe ich schon das Gefühl meine Therapeutin in letzter Zeit überstrapaziert zu haben, mich eh schon sehr viel zugemutet zu haben. Unter anderem mit der Bitte um eine Zusatzstunde, in der die größte Krise dann aber schon wieder abgeklungen war. Und ich mir dann blöd vorgekommen bin. Sonst könnte ich ihr wenigstens Anfang der Woche schreiben, aber ich habe Angst, dass es einfach zu viel ist. Oder ich dann gar nicht mehr in einer Krise bin und mir wieder blöd vorkomme.
Waldschratin hat geschrieben: Fr., 31.08.2018, 12:59 Und mit deiner Thera dir erarbeiten, wie du auch zwischen den Stunden sinnvoll mit all diesen Zu- und Umständen am besten klarkommen kannst.
Tut mir Leid wenn alles etwas unzusammenhängend ist, aber ich bin ziemlich müde. Und werde mir jetzt erstmal ein Bad gönnen und hoffen, dass das Gefühl mich erstmal verschnaufen lässt.

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stern
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Beitrag Sa., 01.09.2018, 12:59

Gute Frage. Habe ich nicht mehr. :)
Le_na hat geschrieben: Do., 30.08.2018, 23:27 Wenn ich so eine starke, allumfassende Hoffnungslosigkeit spüre, dann schaffe ich es zum Beispiel nicht zu denken, dass mir das Gefühl was sagen will, dass es eine Berechtigung hat, dass es zeigt das ich etwas verändern muss. Und schon gar nicht kann ich dann noch überlegen was ich ändern könnte (weil sich ja alles in dem Moment so hoffnungslos anfühlt und damit fühlt sich auch jede Änderung "sinnlos" an).
Das ist normal für solche Gefühle und halte ich dann auch nicht für sinnvoll. Je automatisierter du etwas parat hast, desto besser, denke ich. Ich würde mal schauen, was die DBT empfiehlt (wurde für borderline entwickelt, kann aber auch bei anderen Störungen bzw. Problemen hilfreich sein). Also dort findet sich ein Sammelsurium an Möglichkeiten. Das das Konzept teilw. manualisiert ist, kannst du dir evtl. gut selbst manches anhand von Literatur erarbeiten oder mal in der Therapie nachfragen, ob das etwas wäre. Dort wird stufenweise vorgegangen. Alleinseligmachend finde ich das nicht, aber mitunter sehr nützlich.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)

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Le_na
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Beitrag Sa., 01.09.2018, 13:12

Danke auch für deinen Tipp stern! Ich werde mal schauen was ich finden kann, sobald ich wieder klarer denken kann!

Leider hat meine Hoffnung, dass die starken Gefühle jetzt weg sind nicht angehalten. Ein Mini-Auslöser und sie waren in ihrer vollen Wucht wieder da. Weil ich eine Freundin enttäuscht habe, die heute mit mir feiern gehen wollte. Ich hab wirklich versucht zu erklären wie es mir geht und das wir gerne was ruhigeres machen können. Aber dazu hat sie keine Lust. Und jetzt habe ich nicht nur das Gefühl das in mir alles zerbröckelt, sondern auch um mich rum. Ich weiß, dass sie das nicht böse meint, sondern dass ich es auch einfach nicht richtig erklären kann. Ihr Ansatz ist: "Wenn es dir schlecht geht, dann tut dir das doch sicher gut." Und ich kann dem nur entgegnen: "Stell dir vor du musst mit den schlimmsten Kopfschmerzen die du dir vorstellen kannst feiern gehen." Ich kann mich aber bei ihr melden, wenn ich reden will. Und ich hab sie auch gebeten, dass sie trotzdem was mit mir macht auch wenn sie gerade keine Lust hat, falls ich es nicht aushalte. Aber ich will nicht reden, ich will nichts erklären, weil ich glaube das mich ohnehin gerade keiner verstehen kann. :kopfschuettel:

Es ist blöd, dass jetzt Wochenende ist und meine Therapiestunde noch so weit weg. Aber ich habe überlegt, trotzdem zu mailen. Weil mir das schon oft Entlastung verschaffen hat, weil es dann deponiert war, erstmal ein Stück weg von mir. Vielleicht sollte ich meiner Therapeutin die Verantwortung für ihre Grenzen wieder "zurückgeben" und mir nicht so viele Gedanken darüber machen "zu viel zu sein". Sie kann ja selbst entscheiden wann sie das Mail liest und ob/wann sie mir antworten möchte. Vielleicht kann ich das dazu schreiben. Auch mit der Gefahr, dass mir das wieder furchtbar peinlich ist, wenn die Krise bis dahin abgeklungen ist. :red:


Jenny Doe
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Beitrag Sa., 01.09.2018, 13:47

Hallo Le_na
Ich wollte schlicht und einfach nicht an die alten (Familien) Themen. (...) Und auch irgendwie glaube, dass diese Änderungen (Kontaktreduzierung zu Eltern) richtig sind.
Hier würde ich noch mal genauer hingucken und mir die Frage stellen, warum du das Thema nicht mehr wolltest. Denn, einerseits wolltest du das Thema nicht, anderseits empfindest du die entstandene Veränderung als richtig. Der Weg, den du gerade gehst, scheint somit auch Gutes mit sich bringen. Du könntest auch mal in die Richtung gucken, "was hat mir das gebracht?" Vielleicht werden die heftigen Gefühle dann erträglicher.
Und doch habe ich mich darauf eingelassen. Und habe Dinge in meinem Leben verändert. Und trage jetzt die Konsequenzen, die ich offensichtlich gar nicht tragen kann.
Hier würde ich versuchen zu trennen.
Das eine ist das Thema, auf das Du dich eingelassen und das, wie es scheint, auch zu richtigen Veränderungen führt.
Das andere ist der Umgang mit den Gefühlen, die jetzt hochkommen. Es gibt Menschen, denen die Tresortechnik hilft. Wir hatten hier im Forum mal eine Diskussion über diese Technik. Aber es gibt auch Menschen, denen sie nicht hilft oder gar schadet. Wenn Dir diese Methode nicht hilft, dann wäre es ratsam zusammen mit deiner Therapeutin nach einem anderen Weg im Umgang mit deinen Gefühlen zu suchen. Methoden zur Emotionsregulation könnten hilfeich sein.
Das ist wie bei der Einnahme von Medikamenten. Auf dem Beipackzettel stehen mögliche Nebenwirkungen, die eintreten können, aber nicht zwangsläufig eintreten müssen. Du scheinst jemand zu sein, bei dem die Risiken und Nebenwirkungen der Tresortechnik auftreten.
Ich würde sofort diese extremen Gefühlszustände eintauschen, gegen meine immer wiederkehrende Traurigkeit, die ich nicht begründen konnte
Aber, ... unter dem was vorher war hast du auch gelitten. Sonst wärst du nicht in Therapie gegangen.

Ich würde jetzt erst mal das Gespräch mit der Therapeutin abwarten. Wenn sie dir dabei hilft mit den heftigen Emotionen umzugehen, dann sieht die Welt vielleicht wieder ganz anders aus. Und wer weiß, vielleicht schreibst du in ein paar Monaten das Gegenteil, nämlich, dass Du froh darüber bist, diesen (schweren) Weg gegangen zu sein und dich eingelasen zu haben.
Das Problem ist ja jetzt, dass Du lernen musst, die Emotionen zu regulieren und zu steuern, sprich sie zuzulassen, aber auch wieder stoppen zu können. Das kann man lernen. Wenn du das gelernt hast, dann wird es dir mit sicherheit auch wieder besser gehen.
Nur wenn das Gefühl bis dahin abgeklungen ist, was ich hoffe, dann werde ich es selbst nicht mehr verstehen können.
Kenne ich. Gefühle kommen dann, wenn sie angetriggert werden. Das kann bedeuten, dass sie bis zur Therapiesitzung schon wieder weg sind.
Aber, ... das ist auch eine wichtige Erfahrung, zu merken, dass Gefühle auch wieder weggehen und aufhören. Ganz von alleine. Das kann dir die Angst davon nehmen, dass die Gefühle nie wieder aufhören.
Eine Therapeutin fragte mich mal "Haben sie schon mal jemanden kennengelernt, der nicht mehr aufhören konnte zu weinen, der seit Jahren ohne Unterbrechung weint?"
Blöderweise habe ich schon das Gefühl meine Therapeutin in letzter Zeit überstrapaziert zu haben, mich eh schon sehr viel zugemutet zu haben.
Deine Therapeutin ist alt genug um auf sich selbst aufzupassen und um auf ihre eigenen Grenzen zu achten. Ich bin sicher: Wenn es ihr zuviel werden sollte, dann wird sie Stop sagen.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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Le_na
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Beitrag Sa., 01.09.2018, 14:50

Liebe Jenny Doe, danke für deine ausführlichen Beiträge! Das ist wirklich lieb, dass du dir Zeit nimmst, um mir da weiterzuhelfen! :hugs:
Jenny Doe hat geschrieben: Sa., 01.09.2018, 13:47 Hier würde ich noch mal genauer hingucken und mir die Frage stellen, warum du das Thema nicht mehr wolltest.
Ich glaub das weiß ich schon. Es tut zu sehr weh da hinzuschauen. Es ist "DAS" Thema, das Thema, dass mich als Jugendliche fast umgebracht hätte. Und es ist ja nach wie vor, das Thema, dass mich so umhauen kann.
Jenny Doe hat geschrieben: Sa., 01.09.2018, 13:47 Du könntest auch mal in die Richtung gucken, "was hat mir das gebracht?" Vielleicht werden die heftigen Gefühle dann erträglicher.
Wahrscheinlich wird mir der Nutzen von vielem erst dann klar, wenn ich zurückblicken kann. Momentan fühlt es sich an wie eine riesige offene Wunde, die einfach neu aufgemacht wurde. In weniger hoffnungslosen Momenten bin ich durchaus manchmal Stolz auf manche Schritte.
Jenny Doe hat geschrieben: Sa., 01.09.2018, 13:47 Du scheinst jemand zu sein, bei dem die Risiken und Nebenwirkungen der Tresortechnik auftreten.
Da bin ich nicht ganz sicher. Ich hab die Tresortechnik bisher erst einmal angewendet. Ehrlich gesagt weiß ich nichtmal mehr genau, was ich da reingepackt habe (was vlt. nicht so gut ist, weil es dann ja irgendwie wieder verdrängt ist). Und vorgestern hat es immerhin geholfen den Arbeitstag zu überstehen. Aber ich glaube kein Tresor der Welt ist groß und stabil genug diese intensiven Gefühle halten zu können. Und ich teile schon auch deine Zweifel an der Technik, bediene mich ihr halt jetzt in der Not. Für die Zukunft möchte ich auf jeden Fall andere Methoden ausprobieren um mit diesen Gefühlen umzugehen/sie zu regulieren.
Jenny Doe hat geschrieben: Sa., 01.09.2018, 13:47 Eine Therapeutin fragte mich mal "Haben sie schon mal jemanden kennengelernt, der nicht mehr aufhören konnte zu weinen, der seit Jahren ohne Unterbrechung weint?"
Das ist eine gute Frage! Ich lese auch immer überall, dass Gefühle definitiv wieder vergehen und nicht so bleiben. In diesen Momenten fühlt es sich dann trotzdem bedrohlich so an. Ist jetzt ja nichtmal das erste Mal, dass ich nach einer Therapiestunde so überrollt werde. Und es ist immer, mal schneller, mal langsamer vergangen. Die Erfahrung muss ich wohl noch verinnerlichen.
Jenny Doe hat geschrieben: Sa., 01.09.2018, 13:47 Deine Therapeutin ist alt genug um auf sich selbst aufzupassen und um auf ihre eigenen Grenzen zu achten. Ich bin sicher: Wenn es ihr zuviel werden sollte, dann wird sie Stop sagen.
Ja, Ja und Ja! Du hast natürlich recht. Ich weiß das auch! Ich wills nur gar nicht dazu kommen lassen, dass sie Stop sagen muss.

Ich hab mich jetzt jedenfalls überwunden über meinen Schatten zu springen und hab meine Freundin gebeten, dass wir etwas Essen gehen. Weil ich nicht glaube, dass es mir besser geht, wenn ich mich jetzt auch noch zurückziehe weil ich mich nicht verstanden fühle. Und ich habe mir überlegt, was meine Therapeutin sagen würde, wenn ich das erzählen würde: "dann erklären Sie es, seien Sie offen,..." Ja, sie hat recht. Und ich versuchs mit den ganz kleinen Schritten: jetzt holt mich dann meine Freundin ab, wir gehen Essen. Punkt, was danach kommt entscheide ich dann.

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