Die Krankheit Depression

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sandrin
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Beitrag Di., 06.12.2016, 15:11

@ Fundevogel

Ich kann das nur bestätigen, dass die Gestalt sich sehr verändern kann. Ich bin ja schon lange chronisch depressiv und habe zusätzlich immer wieder schwerere Episoden. Es gibt Phasen, da äußert sich das in Form einer Gelähmtheit, einer absoluten Unfähigkeit, irgendwas vernünftig ausführen zu können, dann gibt es wieder Phasen, da steht z. B. Angst im Vordergrund.

Genau deshalb nervt es mir z. B. tierisch, wenn manche (auch andere Betroffene) immer meinen, sie wüssten alles besser, könnten Diagnosen aushebeln und würden den anderen besser kennen als der sich selbst bzw. dessen Arzt ihn als Patienten.


Ich finde, Depressionen machen zusätzlich einsam, weil man es einfach nicht schaffen kann, sich mitzuteilen, so dass ein anderer das auch versteht, teils nicht einmal unter Betroffenen. Das veranlasst mich z. B. dazu, dass ich fast gar nicht mehr darüber rede. Auf jeden Fall, da hast du völlig Recht, muss man absolut aufpassen, was man nach außen kommuniziert, und wird viel auch einfach mit sich selber ausmachen müssen. Leider ...

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Lockenkopf
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Beitrag Di., 06.12.2016, 19:46

Aha, eine sogenannte Double Depression.
Hier wechseln Phasen der Dythymie (chronische leichte Depresssion) sich mit Episoden der Major Depression (Schwere Depressive Episoden)ab.

http://www.navigator-medizin.de/depress ... meint.html

Ist auch meine Diagnose gewesen. Die Dysthymie bin ich Dank Psychotherapie losgeworden. Aber die Diagnose einer Rezidivierenden depressiven Störung bleibt bestehen, da ich durchaus wieder schwer depressiv werden kann.

Mir persönlich hat vor vielen Jahren der Besuch eine Selbsthilfegruppe sehr gut getan. Dort habe ich gelernt, mich mit meiner Störung anzunehmen. Und das wiederum war die Voraussetzung für den Erfolg der Medikamentösen Therapie und der Psychotherapie.
Zuletzt geändert von Lockenkopf am Di., 06.12.2016, 20:10, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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sandrin
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Beitrag Di., 06.12.2016, 20:02

Das klingt sehr gut. Wobei die Dysthymie aber in der Regel das hartnäckige ist, das die schweren depressiven Phasen dann begünstigt, sozusagen der Boden. Abwechseln kann man eigentlich auch nicht sagen, weil die Dysthymie auch während der zusätzlichen depressiven Episode vorhanden ist.

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Fundevogel
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Beitrag Di., 06.12.2016, 22:11

sandrin hat geschrieben: Ich finde, Depressionen machen zusätzlich einsam, weil man es einfach nicht schaffen kann, sich mitzuteilen
Ja! Ich habe dieses Mich-nicht-mitteilen-Können bisher zwar nicht auf die Depression zurückgeführt, aber wenn du das auch so kennst ...

Ich fand auch sterns Hinweis interessant, dass bei einer chronischen Depression oft auch an andere Störungen / Themen gedacht werden sollte. Ist bei mir jedenfalls so gewesen.

Weil du nach dem Alltag gefragt hast bzw. wie der Krankheitsaspekt im Alltag berücksichtigt wird ... kann ich für mich nicht pauschal beantworten. Im Moment geht es mir relativ gut, was bedeutet, dass ich von Krankheit überhaupt nichts hören will und auch von Schonung nicht - allerdings häufen sich gerade wieder die Warnzeichen.
Allerdings hat sich an meinem Alltag insofern Grundsätzliches geändert als ich meine Arbeitszeit stark reduziert, de facto beinahe halbiert habe. Dass es dabei nicht unbedingt bleibt, steht auf einem anderen Blatt, aber dennoch.
Wenn es mir nicht so gut geht, dann versuche ich, Termine, Arbeit und Belastungen zu reduzieren; die Basics - Schlafen, Essen, Bewegung - sind immer wichtig. Bis zu einem gewissen Grad habe ich gelernt zu sagen, das ist mir zu viel - ohne weitere Rechtfertigung. Geht nicht immer, aber doch.

Ich habe jetzt lange drüber nachgedacht und glaube, für mich ist die Depression eine Krankheit, auf die ich mich einstellen muss. Oder es zumindest versuchen, denn manchmal scheint mir, die Depression ist ein Monster mit 1000 Gesichtern, sie tarnt sich und schlägt einmal plötzlich zu und ein andermal schleicht sie so langsam heran, dass man sie zu spät bemerkt. Ich glaube ich würde das aber niemals vor anderen so sagen oder zugeben und immer auf Heilung hoffen. Oder zumindest damit leben können mit halbwegs Lebensqualität. Funktionieren können ist schon auch wichtig für mich. Niemals würde ich es als unabänderliches Schicksal akzeptieren. Nur bin ich mittlerweile des Kämpfens auch schon sehr müde.

Also weiß nicht, ob das jetzt deine Frage beantwortet hat?
Ich fände es generell gut - falls organisatorisch und finanziell irgendwie machbar - wenn du schon in einer schweren Phase steckst, die Arbeitszeit zu reduzieren. Oder gibt es eventuell die Möglichkeit für ein Sabbatical oder Ähnliches? Dafür gibt es viele gute Gründe und Argumente, die mit Depression auch gar nichts zu tun haben müssen.
Fundevogel

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sandrin
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Beitrag Mi., 07.12.2016, 06:15

@ Lockenkopf:
Jetzt stimmt es, genau.

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lisbeth
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Beitrag Mi., 07.12.2016, 06:59

sandrin hat geschrieben: Aber ich sehe schon auch, dass es wichtig ist, sich mit Bedürfnissen auseinanderzusetzen, wobei ich nicht so ganz weiß, ob das in einer akuten Depression überhaupt möglich ist oder ob man da nicht einfach auch die nötige Basis braucht.
...
Ich fühle mich manchmal wie so ein unleidiges Kind, dem man es einfach nie recht machen kann. Und dann kommt das von dir angesprochenen Mitgefühl wieder ins Spiel. Das kann ich mir halt leichter geben, wenn ich weiß, dass es eine Krankheit ist, die dahintersteckt.
Guten Morgen,

ja, ich glaube du hast Recht - in einer akuten Depressions-Phase wird das nicht so richtig möglich sein. Da geht es dann wirklich um andere Dinge, wie zB nicht unterzugehen. Das Problem ist - wie Fundevogel glaubich auch schreibt - dass man dann wenig Bedarf hat, diese Auseinandersetzung mit sich selbst zu führen, wenn es einem wieder besser geht. Weil dann geht es ja einigermaßen, warum sollte man sich also selbst in diese unbequeme Situation bringen?

Warum musst du "wissen" dass es eine Krankheit ist? Wer bestimmt das? Und warum? Von wem "brauchst" du die Erlaubnis dazu, oder die Bestätigung, dass deine Depression einen Krankheitswert hat?
Kannst du nicht einfach selbst für dich das so definieren? Dir selbst die "Erlaubnis" geben: Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass ich chronisch erkrankt bin und werde mein Leben und meine Entscheidungen versuchen danach auszurichten?

Ein anderer Punkt, der für mich echt wichtig und wertvoll geworden ist, ist die Achtsamkeit. In der Klinik haben sie uns damit förmlich "bombardiert" - da fand ich es zT sehr nervig. Aber ich habe dann nach meiner Rückkehr nochmal einen MBSR-Kurs gemacht (Präventionskurs von der Krankenkasse), und die Kursleiterin war klasse und hat das auch komplett anders vermittelt. Da spielt dann so vieles mit rein: Versuchen, im Moment zu bleiben (nicht in der Zukunft oder in der Vergangenheit (Grübeln und Katastrophisieren...) In mich reinhorchen und das was sich zeigt, registrieren (ich blende vieles immer zu sehr und zu lange aus, bis ich es irgendwann nicht mehr ignorieren kann)... Dh auch, wenn es bergab gehen sollte, bekomme ich die Signale früher mit, und habe die Möglicheit, aktiv gegenzusteuern. Im Alltag bewusster mit mir umgehen. Die kleinen Dinge registrieren und mich darüber auch freuen. Und - ganz grundlegend: Mein Gefühlsspektrum besser kennen lernen, denn da fühle ich mich oft wie ein emotionaler Analphabet, weil das alles so lange mehr oder weniger komplett ausgeblendet war.

Was noch hilft/geholfen hat: Ebenfalls in der Klinik haben sie ziemlich viel mit DBT gearbeitet, auch mit Depressions-Patienten. Manches davon fand ich überhaupt nicht hilfreich und es hat mich phasenweise noch tiefer in die Verzweiflung reingetrieben. Was aber gut war, waren die Gefühlsprotokolle. Einfach mal konsequent aufschreiben, wie es mir so geht im Laufe der Tage, stimmungsmäßig, Stunde für Stunde. Was ich denke. Was ich fühle. Was ich evtl. dann unternehme und ob es hilft. Darüber habe ich im Laufe der Zeit angefangen, meine persönlichen Muster zu erkennen. Und habe auch angefangen, meine persönlichen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, Dinge die mir helfen, die ich machen kann, wenn es mir nicht gut geht. Und auch hier: Nicht bewerten. Wenn stundenlangen Playstation-Spielen mir erstmal dabei hilft, nicht komplett ins Loch zu fallen, dann hat es erstmal eine Berechtigung. Oberstes Ziel ist: Nicht ins Loch zu fallen. Und solange die Maßnahmen nicht selbstschädigend sind haben sie für mich eine Berechtigung.
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lisbeth
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Beitrag Mi., 07.12.2016, 07:16

Fundevogel hat geschrieben: Allerdings hat sich an meinem Alltag insofern Grundsätzliches geändert als ich meine Arbeitszeit stark reduziert, de facto beinahe halbiert habe. Dass es dabei nicht unbedingt bleibt, steht auf einem anderen Blatt, aber dennoch.
Wenn es mir nicht so gut geht, dann versuche ich, Termine, Arbeit und Belastungen zu reduzieren; die Basics - Schlafen, Essen, Bewegung - sind immer wichtig. Bis zu einem gewissen Grad habe ich gelernt zu sagen, das ist mir zu viel - ohne weitere Rechtfertigung. Geht nicht immer, aber doch.
Das mit dem "Zu-Viel-Sein"... Das habe ich auch angefangen. Bei Terminabsprachen zB. Einfach gesagt: Das ist mir diese Woche zuviel, können wir uns nächste Woche treffen. Ohne weitere Gründe. Das Überraschende: Es ist meistens ok so. Da kommen keine Kommentare oder Bewertungen vom Gegenüber - das meiste davon spielt sich dann wohl auch mal wieder in meinem Kopf ab...

Was für mich auch ein Indikator ist, dass 'meine' Depressionen dann doch immer wieder auf dieses Grundthema zurückverweisen: Meine Bedürfnisse und wie ich damit umgehe. Wie ich sie kommuniziere - nach innen und nach außen. Und auch festzustellen, dass die Welt nicht untergeht, wenn ich meine Bedürfnisse klar formuliere.

Ein anderer Faktor: Ich bin grundsätzlich sehr reizempfindlich, mir sind ganz schnell viele äußere Faktoren zu viel: Zu laut, zu voll, zu turbulent. Manches davon finde ich im Konzept der Hochsensibilität wieder, auch wenn ich andere Aspekte dieses Konzepts weniger für mich zutreffend finde. Was hat das mit meinen Depressionen zu tun? Ich habe ca. 40 Jahre lang so gelebt, als ob mir diese ganzen Sachen nix ausmachen. Ist mir ja so vermittelt worden: Stell dich nicht so an. Du bist schon wieder so empfindlich...

Seit ich mich da ein wenig eingelesen habe, und für mich akzeptiert habe, dass ich einfach "dünnhäutiger" bin als der große Rest (oder zumindest versuche das zu akzeptieren), fällt es mir auch leichter, diesen Bedürfnissen mehr Beachtung zu schenken und meine Entscheidungen danach auszurichten. Das heißt auch zu akzeptieren, dass ich vielleicht mehr Ruhe/Erholungsphasen brauche. Und zwar regelmäßig. Dass ich extrem darauf achten muss, meine Akkus immer wieder aufzuladen, weil sie sich auch schneller entladen. Das heißt nicht, dass ich alles vermeide was ich als anstrengend empfinde oder dabei keinen Spaß haben kann. Aber das heißt zB dass ich zwar auf ein Konzert gehe und mich dort auch austobe. Aber dass ich mir für den nächsten und evtl. auch übernächsten Tag nix mehr vornehme. Sondern auftanke. Für mich alleine. Und das ist dann auch gut so.
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sandrin
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Beitrag Mi., 07.12.2016, 14:37

Fundevogel hat geschrieben: Allerdings hat sich an meinem Alltag insofern Grundsätzliches geändert als ich meine Arbeitszeit stark reduziert, de facto beinahe halbiert habe. Dass es dabei nicht unbedingt bleibt, steht auf einem anderen Blatt, aber dennoch.
Wenn es mir nicht so gut geht, dann versuche ich, Termine, Arbeit und Belastungen zu reduzieren; die Basics - Schlafen, Essen, Bewegung - sind immer wichtig. Bis zu einem gewissen Grad habe ich gelernt zu sagen, das ist mir zu viel - ohne weitere Rechtfertigung. Geht nicht immer, aber doch.

Ich habe jetzt lange drüber nachgedacht und glaube, für mich ist die Depression eine Krankheit, auf die ich mich einstellen muss. Oder es zumindest versuchen, denn manchmal scheint mir, die Depression ist ein Monster mit 1000 Gesichtern, sie tarnt sich und schlägt einmal plötzlich zu und ein andermal schleicht sie so langsam heran, dass man sie zu spät bemerkt.
Ich versuche auch, möglichst wenig Ballast mit mir rumzuschleppen bzw. mir aufzuhalsen. Das ist es eben auch, warum mir das so wichtig ist, die Depression dann auch tatsächlich als Krankheit zu begreifen, weil man in diesem Fall andere Maßnahmen ergreifen muss bzw. mit alltäglichen vielleicht auch nicht mehr weiter kommt. Man muss dann andere Geschütze auffahren und muss dann einfah auch vernünftig bleiben und auf sich aufpassen. Für mich macht das einen riesigen Unterschied, ob ich eine Verstimmung oder eine echte Krankheit habe. Und wenn Depression eine Krankheit ist, dann darf man ja auch nicht den Forschungsstand nicht übersehen, dass es durchaus auch eine nicht zu unterschätzende biochemische Komponente hat und man dann vielleicht - was herkömmliche Motivationsversuche anbelangt - gegen Windmühlen kämpft.

Die Arbeitszeit reduzieren kann ich leider nicht im Moment.

Ich fände es einfacher, wenn man, auch von den professionellen Leuten, eindeutigere Aussagen bekommen würde.
Aber mir hilft es schon sehr, was ihr alle rückmeldet, nämlich dass ihr versucht, auf euch aufzupassen und sich von dem blöden Gerede von Außen abzugrenzen.

Lisbeth, du hast von dem Achtsamkeitskonzept geschrieben. Finde ich total spannend. Ich habe viel darüber gelesen und praktiziere auch einiges davon, wobei ich mit den Meditationen nicht so ganz klarkomme. Aber trotzdem, alleine schon dieses Innehalten, dieser Fokus auf das Jetzt, das hilft viel. Insbesondere versuche ich auch immer, mich mittels der Atmnung etwas zu beruhigen bzw. zu mir zu finden. Über MSBR habe ich auch schon gelesen, wobei das ja eher in nicht akuten Phasen empfohlen wird.

Über das Thema "Hochsensibilität" habe ich auch ein Buch gelesen, da habe ich mich auch wiedergefunden. Ich kann kein Stimmengewirr ab, alles schießt auf mich ein und ich habe den Eindruck, davon überrollt zu werden. Das klingt immer ein wenig wehleidig, wenn man sagt, "Ich bin hochsensibel". Aber es heißt ja eigentlich nur, dass man eine weitaus feinere Wahrnehmung hat als so manch anderer.

Ja nicht in ein Loch fallen, genau, das ist es, was ich auch im Kopf habe. Das ist irgendwie so ein Tanz auf dem Seil. Man muss immer aufpassen, nicht runterzufallen. Ich empfinde das als fürchterlich anstrengend. Mir ist auch jedes Mittel recht, um das zu verhindern.

LG Sandrin

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lisbeth
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Beitrag Mi., 07.12.2016, 19:38

sandrin hat geschrieben: Ich fände es einfacher, wenn man, auch von den professionellen Leuten, eindeutigere Aussagen bekommen würde.
Das kenne ich. Das ist bei mir auch eine Sehnsucht nach Klarheit, nach Eindeutigkeit. Nach einem einfachen Algorithmus. Aus A folgt B folgt C. Ohne wenn und aber. Und ohne Kann-Regelung.

Ich hadere immer wieder damit, dass es das so in dieser Form nicht gibt und auch nicht geben wird. Würde so Vieles vereinfachen.

Trotzdem ist es - denke ich - möglich von den Profis (Ärztin, Therapeutin etc.) Unterstützung zu bekommen. Die werden wahrscheinlich nicht sagen: Mach dies oder lasse jenes. Aber meine Therapeutin wirft doch immer wieder an einigen Stellen die Frage ein, ob dieses oder jenes wirklich eine gute Idee sei. Oder warum mir das jetzt so wichtig ist, ist das wirklich mein eigener Wunsch, oder meine ich irgendwelche Verpflichtungen erfüllen zu müssen, oder.... Ich solle doch noch mal in mich reinhorchen... Inzwischen reicht bei mir so ein relativ kurzes Signal, damit ich noch mal innehalte und überlege, ob das jetzt wirklich zielführend ist, ob das wirklich gute Selbstfürsorge ist, was mögliche Konsequenzen sind. Und manchmal mache ich dieses oder jenes dann trotzdem, aber achte dann in dem Kontext besser auf mich selbst. Oder ich lass es auch mal sein, weil ich merke, dass meine Gesamtverfassung sowieso grad nicht gut ist.

Entscheiden muss man selbst. Das ist grad wenn man in einer Depressions-Episode ist, unendlich mühsam und schwierig. Weil man sich irgendwie selbst blockiert...

Ich hatte lange Zeit so ein olles Freunschaftsbändchen am Handgelenk, das mir meine Nichte gemacht hatte. Für mich war es vor allem ein Symbol, dass ich mit mir selbst befreundet sein will. Das heißt, ich will nur Gutes für mich, ich gönne mir den Freiraum, den ich brauche. Und wenn es der Freiraum ist, traurig zu sein. Ich gebe mir auch den Freiraum, Fehler zu machen. Entscheidungen zu treffen und auch wieder rückgängig zu machen. Verletzlich zu sein.
In manchen Phasen war es wirklich gut, diese Erinnung ständig bei mir zu haben. Mich selbst an das Versprechen zu erinnern, das ich mir gegeben habe. Hört sich jetzt irgendwie kitschig an, aber das war für mich ganz, ganz wichtig...
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sandrin
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Beitrag Mi., 07.12.2016, 19:45

Oh ja. Das klingt gar nicht kitschig, weil ich mir das auch immer wieder sage. Wenn ich schon nicht an meiner Seite bin und MItgefühl bzw. Fürsorge entwickle, dann kann das doch alles gar nicht gut gehen. Aber da gibt es dann immer das böse, kleine Monster in einem, das mir dann doch wieder in die Suppe spuckt.

Ich fühle mich wie so ein Motivationstrainer manchmal, der versucht, den Schützling vorm Aufgeben zu bewahren.

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 07.12.2016, 20:08

lisbeth hat geschrieben: Wenn stundenlangen Playstation-Spielen mir erstmal dabei hilft, nicht komplett ins Loch zu fallen, dann hat es erstmal eine Berechtigung.
Ich habe stundenlang Solitaire gespielt ... Vielleicht haben diese stundenlangen immer gleichen Spiele etwas Haltgebendes?
Fundevogel

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Roland150
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Beitrag Mi., 22.02.2017, 12:19

Warum wurden auch hier Beiträge von mir und anderen gelöscht?
LG
Roland

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wind of change
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Beitrag Mi., 22.02.2017, 14:02

Roland150 hat geschrieben:Warum wurden auch hier Beiträge von mir und anderen gelöscht?
LG
Roland


siehe hier:
viewtopic.php?f=38&t=38603
Gehe so weit, wie du sehen kannst. Wenn du dort ankommst, wirst du sehen, wie es weitergeht.
(Autor unbekannt)
Wege entstehen, indem man sie geht. (Franz Kafka)
Glaub nicht alles was du denkst (Heinz Erhardt (?))

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Roland150
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Beitrag So., 26.02.2017, 18:14

Warum wurde wieder ein neuer Beitrag von mir gelöscht?
LG
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sandrin
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Beitrag Di., 27.02.2018, 18:12

Ich hadere schon wieder mit mir. Aber vermutlich geht es vielen so. Ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich mich mit anderen vergleiche, die eine körperliche Erkrankung haben. So gerne würde ich mir auch Entlastung gönnen oder mir sagen, dass eine chronische Erkrankung den Alltag einfach massiv beeinträchtigen kann. Aber ich habe Skrupel. Wenn ich mir denke XY macht doch auch langsamer, weil er/sie irgendeine körperliche Krankheit hat, dann ist immer diese Stimme in mir, die sagt, das kann man nicht vergleichen. Mir geht es ja gar nicht darum, dass ich mich auf irgendwas ausruhen möchte, ich fände es nur so entlastet, wenn es einfach so sein dürfte, wie es ist, ohne dass es mit Bequemlichkeit assoziiert wird. Mich belastet das sehr..

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