Aus Klinik rausgeflogen.

Hier haben Sie die Möglichkeit, anderen Ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen - oder sie nach deren Erfahrungen im Kontext von klinischer Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie zu fragen.
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EinTherapeut
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Beitrag Sa., 10.11.2012, 13:25

kaja hat geschrieben:
EinTherapeut hat geschrieben:.
- Ausgehend von meinen persönlichen Erfahrungen komme ich zum Schluss: Das Kämpfen um Akzeptanz bei Menschen, die dazu nicht in der Lage sind, ist etwas, was einem psychisch extrem zusetzen kann. Das Einschalten von Vermittlern halte ich in solchen Situationen für weniger belastend, als in dieser Situation zu verweilen.
Diese Sichtweise ist meiner Meinung nach zu eindimensional um lösungsorientiert zu sein.
Ihnen ist es also wichtig, dass Sichtweisen differenziert und lösungsorientiert sind. Wie ist den Ihre Sichtweise zum Thema?
"Einer der wunderbarsten Beispiele für den Ausgleich, den das Leben uns schenkt, ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen." - Ralph Waldo Emerson

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Fundevogel
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Beitrag Sa., 10.11.2012, 14:11

Lieber Therapeut,

reden wir doch mal nicht allgemein von irgendwelchen Systemen,
sondern mal ganz konkret.

Ehrlichgestanden finde ich Ihre Sichtweise Ihren Patienten gegenüber ziemlich lieblos.

Sie erwarten von Ihren Patienten, daß die Ihnen helfen sollen,
indem Sie einen klaren Behandlungsauftrag von Ihnen bekommen.
Und Sie wundern sich, daß sich Patienten gegen schlechte Behandlung in Kliniken nicht öfter wehren,
weil es doch so einfach sei.

Kann es sein, daß Sie Ihre Ohnmacht und Frustration in der "Retterrolle" einfach ganz schlecht aushalten können und kann es vielleicht sein, daß Ihnen das Leid Ihrer Patienten so sehr zusetzt,
daß sie diesen Menschen, die schlicht Hilfe brauchen, mehr Selbstverantwortung aufbürden
als diese im Moment der Hilfsbedürftigkeit leisten können?

Sie sprechen von Wut und Ohnmacht und Beiträgen zur Verbesserung des Systems.
Das ist alles richtig und wichtig und ehrt Sie.
Aber wir alle, ob Therapeuten oder Patienten, stehen nicht einem System gegenüber,
sondern immer konkreten Menschen.

Und manche Menschen und Patienten brauchen erstmal Hilfe, bevor sie so weit sind,
daß sie ihre Anliegen und Bedürfnisse artikulieren und dann auch durchsetzen können.

Sie möchten sich zum Zwecke der Marktforschung in diesem Forum beteiligen.
In diesem Forum tummeln sich Menschen, die Therapien machen oder auch nicht
und mehr oder weniger psychische Probleme haben.
Wir alle mit unseren Problemen sitzen Menschen gegenüber und nicht irgendwelchen Systemen.

Nun, ich hoffe, ich bin Ihnen nicht zu nahe getreten.
Aber ich wollte Ihnen - als Teil des Patienmarktes - mitteilen, wie Ihre Beiträge bei mir angekommen sind.
Dieser Beitrag von einer, die sich durchaus durchsetzen kann
auch wenn sie mal Hilfe braucht
Fundevogel

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EinTherapeut
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Beitrag Sa., 10.11.2012, 15:04

Herzlichen Dank für Ihren kritischen Beitrag. Man merkt, dass sie sich schon fundiert mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Natürlich gehört es zur Professionalität eines Therapeuten, seine Klienten genau dort abzuholen, wo sie gerade sind. Wenn das Ohnmacht ist, dann ist es nunmal Ohnmacht. Das Anerkanntwerden in ihrer Ohnmacht ist wohl auch einer der wichtigsten Gründe, aus denen viele überhaupt erst in Therapie gehen. Wenn ich diese Ohnmacht nicht aushalten kann, dann liegt es an mir, damit einen Umgang zu finden. Und mir ist sehr wohl bewusst, dass auch Ratschläge Schläge sein können.

Ich bin jedoch nicht nur ein Therapeut, sondern auch ein Mensch mit eigenen Bedürfnissen. Wenn ich meiner Arbeit nachgehe, stehen die im Hintergrund. Deshalb ist es für mich umso wichtiger, mich ausserhalb meiner Arbeitsbeziehung genügend um diese zu kümmern, um diese Professionalität auch aufrechtzuerhalten.

Ich wundere mich übrigens überhaupt nicht, dass es so ist, wie es ist. Für alles gibt es gute Gründe.
"Einer der wunderbarsten Beispiele für den Ausgleich, den das Leben uns schenkt, ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen." - Ralph Waldo Emerson


kaja
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Beitrag Sa., 10.11.2012, 21:17

EinTherapeut hat geschrieben: Ihnen ist es also wichtig, dass Sichtweisen differenziert und lösungsorientiert sind. Wie ist den Ihre Sichtweise zum Thema?
In den vorangegangen Beiträgen habe ich bereits mögliche Lösungsansätze aufgezeigt.
Ihre Intention scheint mir allerdings weniger eine Verbesserung der Gesamtsituation zu sein.
Nach den von Ihnen gemachten Aussagen gewinne ich zunehmend den Eindruck die Hauptmotivation ist das persönliche Wohlgefühl und nicht die
Reduzierung von Fehlerquellen in Institutionen und Praxen.

Wozu die Tarnung von egoistischen Motiven durch das Vorspielen von Interesse an den Misständen ?
After all this time ? Always.

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EinTherapeut
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Beitrag So., 11.11.2012, 09:39

Vielleicht sehe ich das ja falsch, aber aus meinem Verständnis heraus stehen meine egoistischen Motive nicht im Widerspruch mit dem Interesse der Allgemeinheit. Aus meiner Sicht gehe ich hier auch ziemlich offen damit um, was meine egoistischen Motive sind. Aber kann sein, dass Sie das trotzdem als Vorspielen empfinden. Aber es muss jeder für sich in sich entscheiden, ob in dieser Thematik ein Bedürfnis zur Kooperation entsteht.

Es gibt auch sicher gute Gründe, die Verantwortung für Missstände an andere zu delegieren.



Hinweis (Annemarie): Fullquotes entfernt. Bitte nur jene Teile eines Beitrages zitieren, welche Bezug zur aktuellen Antwort haben. (Siehe auch unsere Netiquette.) Danke.
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kaja
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Beitrag So., 11.11.2012, 09:59

EinTherapeut hat geschrieben:Es gibt auch sicher gute Gründe, die Verantwortung für Missstände an andere zu delegieren.
Ich bin sehr gespannt die Gründe für Ihr deligieren zu erfahren.
After all this time ? Always.

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EinTherapeut
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Beitrag So., 11.11.2012, 11:06


Haben Sie also den Eindruck, dass ich meine Verantwortung delegiere?



Hinweis: Siehe schon obigen Beitrag ... bitte keine Fullquotes. Danke.
"Einer der wunderbarsten Beispiele für den Ausgleich, den das Leben uns schenkt, ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen." - Ralph Waldo Emerson

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yamaha1234
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Beitrag So., 11.11.2012, 12:08

EinTherapeut hat geschrieben:Haben Sie also den Eindruck, dass ich meine Verantwortung delegiere?


]
OT: Diese Frage klingt nun wirklich nach Therapie

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EinTherapeut
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Beitrag So., 11.11.2012, 13:19

Naja.. Eigentlich fühle ich mich etwas wie ein zu Therapierender behandelt. Mein Anliegen ist jedoch eher, einen Eindruck zu gewinnen, inwiefern sich die User hier ab dem Machtungleichgewicht im Psychiatriewesen beeinträchtigt fühlen, inwiefern die Bereitschaft besteht, sich in diesem Bereich zu engagieren und was für Möglichkeiten man dafür sieht.
"Einer der wunderbarsten Beispiele für den Ausgleich, den das Leben uns schenkt, ist, dass niemand aufrichtig versuchen kann, einem anderen Menschen zu helfen, ohne sich selbst zu helfen." - Ralph Waldo Emerson

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sandrin
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Beitrag So., 11.11.2012, 13:35

Ich habe zum Glück "nur" Erfahrung mit psychosomatischen Kliniken. Aber auch da lief genug schief.
Meine beste Freundin hingegen hatte das zweifelhafte Vergnügen, über Monate hinweg in einer solchen "Einrichtung" eingesperrt gewesen zu sein. Während dieser Zeit wurde sie ihrer Würde beraubt. Es handelt sich hierbei um eine sehr junge Frau, die hoch intelligent ist und sofort die hierarchischen Strukturen auch innerhalb des Personals durchschaut hat. Weil sie so intelligent ist, haben einschlägige Interventionsmethoden (aus dem verhaltensmodifikatorischen Bereich) auch nicht funktionert, damit kann man allenfalls Hunde dressieren (ich distanziere mich selbst bei meinen noch "erziehungsbedürftigen" Schülern von solchen Methoden!). Wie uneins sich auch das Personal war, hat eine Schwester, die nun nicht mehr dort arbeitet, meiner Freundin im Nachhinein bestätigt. Es ging nur um Macht.

Naja, das Ende vom Lied: Sie wurde entlassen. In den Therapiebericht wurde reingeschrieben, sie sei nicht therapierbar (tatsächlich hatten in den 6 Monaten vielleicht vier Einzelgespräche stattgefunden, ihre Angehörigen wurden massiv unter Druck gesetzt, man hat meiner Freundin vorgeworfen, sie würde durch ihre Suizidalität den Familienfrieden stören und das Ganze sei nur ein aggressiver Akt. Im Anschluss hat sie eine dreijährige Therapie gebraucht, um diese Traumata wieder aufzuarbeiten.
Wenn das das deutsche Psychiatriewesen ist, na dann gute Nacht! Da werden Leute entwertet, wie der letzte Dreck behandelt. Therapie findet so gut wie nicht statt und um das zu rechtfertigen, schiebt man das einfach dem Patienten in die Schuhe. Das geht immer.

Oje, oje...

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candle.
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Beitrag So., 11.11.2012, 14:45

EinTherapeut hat geschrieben:Naja.. Eigentlich fühle ich mich etwas wie ein zu Therapierender behandelt. Mein Anliegen ist jedoch eher, einen Eindruck zu gewinnen, inwiefern sich die User hier ab dem Machtungleichgewicht im Psychiatriewesen beeinträchtigt fühlen, inwiefern die Bereitschaft besteht, sich in diesem Bereich zu engagieren und was für Möglichkeiten man dafür sieht.
Komisches Anliegen, denn ich denke man sollte psychisch kranke Menschen NICHT mit eigenen Problemen behelligen, auch nicht mit Querelen unter Klinikpersonal.

Und da ast du recht: Vielleicht bist du selber zu therapieren oder machst besser einen anderen Job, wenn du mit diesem nicht zurechtkommst.

Viele Grüße!
candle
Now I know how the bunny runs! Bild

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krawallbürste
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Beitrag So., 11.11.2012, 15:05

EinTherapeut hat geschrieben:Naja.. Eigentlich fühle ich mich etwas wie ein zu Therapierender behandelt. Mein Anliegen ist jedoch eher, einen Eindruck zu gewinnen, inwiefern sich die User hier ab dem Machtungleichgewicht im Psychiatriewesen beeinträchtigt fühlen, inwiefern die Bereitschaft besteht, sich in diesem Bereich zu engagieren und was für Möglichkeiten man dafür sieht.

es gibt bereits Instutionen, die sich mit dem Thema Psychiatriegeschädigte beschäftigen und den Geschädigten auch unterstützen.
Ich kann Ihre/Deine Intuition verstehen, da ist jemand, der im eigenen Berufsstand Mängel aufzeigt und gerne beseitigen will. Wird schwierig, denn es bedeutet Gegner im eigenen Kreis. Sich auf die andere Seite zuschlagen und diese motivieren sich gegen wahrlich widrige Umstände zu wehren, finde ich gut, aber meiner Ansicht hilft nur Unterstützung durch Angehörige o. fähige Rechtsanwälte.
Denn alle Bereiche, die durch eine Rechtssystem untermauert werden, sind schwer aufzuweichen. Ich nenne nicht nur die Psychiatrie sondern auch das Rechtswesen durch die Polizei. Das sind Bereiche die äusserst geprägt sind von Machtverhältnissen.

vg krawallbürste


kaja
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Beitrag So., 11.11.2012, 15:21

Mittlerweile gewinne ich den Eindruck sie sind entweder sehr ungeeignet für Ihren Beruf oder sehr unerfahren.
Sie selbst haben auf Ihre Rolle als Therapierender hingewesen und ,zusätzlich, bewusst einen nickname gewählt der diese Rolle erneut unterstreicht.
Einem (akut) psychisch Kranken ernsthaft auch noch mit Engagement gegen die Fehler und Misstände Ihres Berufszweiges behelligen zu wollen ist unrealistisch und unnötig.
Der Fisch stinkt vom Kopf und wenn Sie unzufrieden sind ist es Ihre Aufgabe diesen Umstand zu verändern.

Eine konkrete Frage lediglich mit einer Gegenfrage zu beantworten, ist nicht nur unhöflich sondern auch nutzlos.
After all this time ? Always.

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hawi
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Beitrag So., 11.11.2012, 16:30

kaja hat geschrieben:Mittlerweile gewinne ich den Eindruck sie sind entweder sehr ungeeignet für Ihren Beruf oder sehr unerfahren.
kaja,

„EinTherapeut“ ist doch hier ledglich ein Nickname wie kaja, hawi etc.
Welcher Mensch mit welch erlerntem, welch ausgeübten Beruf sich dahinter verbirgt?
Kann wirklich ein Therapeut sein. Schon davon gibt es ja viele verschiedene.
Aber …???…. wer weiß?

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

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Tristezza
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Beitrag So., 11.11.2012, 18:00

EinTherapeut hat geschrieben:Naja.. Eigentlich fühle ich mich etwas wie ein zu Therapierender behandelt. Mein Anliegen ist jedoch eher, einen Eindruck zu gewinnen, inwiefern sich die User hier ab dem Machtungleichgewicht im Psychiatriewesen beeinträchtigt fühlen, inwiefern die Bereitschaft besteht, sich in diesem Bereich zu engagieren und was für Möglichkeiten man dafür sieht.
Ich habe schon mehrmals schlechte, erniedrigende Erfahrungen mit dem Personal von psychiatrischen und psychotherapeutischen Einrichtungen gemacht. Mein Eindruck ist, dass die Möglichkeiten, dort etwas zu verändern, ziemlich begrenzt sind. Da gibt es die starken Hierarchien in den Kliniken, die das Personal gegenüber leitenden Ärzten und Klinikleitung gefügig macht. Da scheint es gerade in psychiatrisch-psychotherapeutischen Einrichtungen viele Beschäftigte zu geben, die selbst große Probleme mit sich und anderen haben. Dazu kommt der enorme Stress auf vielen Stationen, durch den ein ungeduldiges und aggressives Verhalten des Personals gegenüber den Patienten gefördert wird. Es war für mich ein Unterschied wie Tag und Nacht, als ich einmal von der Behandlung auf einer Akutstation in eine Tagesklinik (wohlgemerkt, des gleichen Trägers) wechselte: die Mitarbeiter in der Tagesklinik waren viel freundlicher und gelassener, vermutlich nicht, weil das alle nettere Menschen waren, sondern weil dort viel weniger Hektik herrschte als auf der Akutstation.
Eine Möglichkeit, etwas zu verändern, wäre also eine andere Personalpolitik, mehr Stellen, geregeltere Arbeitszeiten. Das erscheint in der heutigen Zeit aber eher utopisch. Evtl. wären auch mehr Supervision, Kontrolle von außen, Einbeziehung der Patienten in die Qualitätskontrolle sinnvolle Maßnahmen.

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