Die Ohnmacht der Super Nannys (Artikel)

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UncleK
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Die Ohnmacht der Super Nannys (Artikel)

Beitrag Mo., 04.02.2008, 08:49

Die Ohnmacht der Super Nannys
Studie: Erziehungsgeschulte Eltern erzielen kaum bessere Resultate
[hr][/hr]
Eltern-Kind-Kurse können Verhaltensstörungen von Kleinkindern statistisch gesehen kaum verhindern. Der Besuch solcher Kurse hat kaum Auswirkungen auf das Verhalten von Zweijährigen. Zu diesem Ergebnis kam eine Untersuchung, die in Australien an 700 Kindern durchgeführt wurde und zur ersten ihrer Art gezählt wird.

Artikel bei Telepolis

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Irrlicht
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 09:21

Na,

das Forschungsziel erstaunte mich schon: Trotz und oppositionelles Verhalten bei zweijährigen Kindern vermeiden?
Das ist doch entwicklungsimmanent und vorallem: wichtig!

Wichtiger halte ich das:
aus dem Artikel hat geschrieben:Eltern, welche die Kurse besuchten, hatten laut Studie ein kleineres Risiko, zu missbräuchlichen und harten Erziehungsmaßnahmen zu greifen und sie stellten auch keine überzogene Erwartungen an die Entwicklung ihrer Kinder.


Genau das macht doch den Unterschied zwischen den Erziehungsstilen bzw dem Bewusstseinsgrad des eigenen Handelns aus!
...aus dem Zeitalter "Das Kind ist ein Topf, in den ich meine Regeln und Wissen hineinschütte" sind wir doch -hoffentlich- längst raus!

Danke, für den Artikel!

Irrlicht

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spätzündi
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 10:03

Auf Schreien und Schlagen soll verzichtet werden; ein Kind, das sich schlecht benimmt, sollte eher mit Ignorieren und Auszeiten bestraft werden.
Als ob Ignorieren und Isolieren weniger demütigende Strafen wären! Hier verbirgt sich nur die seelische Misshandlung noch geschickter.
Die Eltern behalten natürlich weiterhin die alleinige Deutungshoheit, was "schlechtes Benehmen" ist und "Strafe verdient". Es ist lediglich eine Verfeinerung der alten Sichtweise, dass Kinder von sich aus "schwierig" sind und die Eltern die armen Opfer! Misshandlungen sind also gewissermaßen deren "Notwehr" gegen das Monster Kind! Diese Studie entlarvt sich selbst als eine, die immer noch im Kern ein geistiges Kind der Schwarzen Pädagogik ist! Das Kind hat gefälligst keinen eigenen Willen zu haben, Aggression ist bei Strafe verboten, die elterlichen Manipulationen sind willig, passiv und mit fröhlichem Lächeln dankbar hinzunehmen!

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UncleK
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 10:29

Hallo spätzündi!
spätzündi hat geschrieben:
Auf Schreien und Schlagen soll verzichtet werden; ein Kind, das sich schlecht benimmt, sollte eher mit Ignorieren und Auszeiten bestraft werden.
Als ob Ignorieren und Isolieren weniger demütigende Strafen wären! Hier verbirgt sich nur die seelische Misshandlung noch geschickter.
Ja, das ist so eine Stelle, über die ich bei der Lektüre auch gestolpert bin. Erinnerte mich an meine eigene Bekanntschaft mit der kompletten Ignorierung meiner Person durch meinen Vater - das lief mehrere Tage lang. Das, was ich aus dieser seiner "erzieherischen" Maßnahme für mich mitgenommen habe war: ich muß soooo schlecht sein, daß man nicht mal mehr anschauen kann. Ich kann nur ein Fazit ziehen: Ignorieren hat ein veheerende Wirkung auf das Selbstbewußtsein. Es versetzt in den Zustand der Ohnmacht. Und aus diesem erwachsen (fast) zwangsläufig auch Gewaltphantasien.

Eltern, überlegt euch gut, was ihr macht.

Liebe Grüße
UncleK

PS.: "Das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann, ist, daß er dämliche Eltern hat." (Utta Danella)

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Irrlicht
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 10:50

bezüglich Ignorieren und Auszeiten:

Ich verstehe das eher situativ und kurzfristig!

Wenn mein Kind Aufmerksamkeit durch oppositionelles Verhalten bekommen will, ist es günstiger, nicht darauf zu reagieren (erst recht nicht mit Anschreien oder physischer Gewalt), sondern bei "gewünschtem Verhalten" positiv zu reagieren. Auf deutsch: zB quengelt das Kind extrem, während man sich grad mit x unterhält, kurz sagen, "ich möchte mich jetzt mit x unterhalten", weiteres Quengeln ignorieren und bei wartendem Verhalten sofort auf das Kind eingehen.
Macht man sich bewusst, dass das Bedürfnis des Kindes für dieses sehr drängend ist, hält man es nicht für "böse" oder "bestrafungswürdig" und kann gleichzeitig die Gelassenheit haben, dieses Verhalten auszuhalten und dennoch eigenen Bedürfnissen nachzugehen.

Schwarze Pädagogik meint doch, das Verhalten (den Willen) des Kindes zu unterdrücken - ob nun mit physischer oder psychischer Gewalt ist da ja nur eine Facette.
Pädagogik wie ich sie verstehe, beinhaltet durchaus, Grenzen zu setzen, meine Bedürfnisse den Bedürfnissen des Kindes auch mal gegenüberzustellen, aber "Auszeit und Ignorieren" muss nicht gewalttätig sein! Gelassenheit (nicht Gleichgültigkeit!) ist das Credo!

Lg,

Irrlicht

*die Intention der Studie klingt für mich jedoch auch fragwürdig, wie bereits angedeutet.

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spätzündi
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 10:53

Erinnerte mich an meine eigene Bekanntschaft mit der kompletten Ignorierung meiner Person durch meinen Vater - das lief mehrere Tage lang. Das, was ich aus dieser seiner "erzieherischen" Maßnahme für mich mitgenommen habe war: ich muß soooo schlecht sein, daß man nicht mal mehr anschauen kann.
Und bei mir hat Einsperren im dunklen Keller später noch lange grausige Alpträume verursacht!

Aber wenn man auf der originalen Seite der Studienveröffentlichung den Zweck der Studie nachliest...
Objective: To determine whether a parenting programme, offered universally in primary care, can prevent behavioural problems in children and improve parenting and maternal mental health.
... dann sieht man, wem hier geholfen werden sollte und wer als das Problem angesehen wird: das Kind IST das Problem, und die Gesundheit DER MÜTTER soll verbessert werden. Übersetzt ins Deutsche also: den armen Müttern soll geholfen werden, sich besser gegen ihre Monster-Kinder zur Wehr zu setzen!

Meiner Mutter wäre besser geholfen gewesen, wenn ihr jemand klar gemacht hätte, dass sie mit ihrer emotionalen Eiseskälte besser ihren Wunsch durchgesetzt hätte, keine Kinder in die Welt zu setzen als dies widerwillig über sich ergehen zu lassen und gegenüber den Folgen absolut gleichgültig zu sein...

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UncleK
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 19:13

Teelicht hat geschrieben:"Auszeit und Ignorieren" muss nicht gewalttätig sein! Gelassenheit (nicht Gleichgültigkeit!) ist das Credo!
Okay, wenn also die Zeitdauer des Ignorierens eng bemessen ist und ein direkter Bezug zum "korrekturbedürftigen" Verhalten für das Kind sichtbar bleibt, kann man sicherlich so verfahren. Umgekehrt muß natürlich auch "wünschenswertes" Verhalten gelobt und das Kind unterstützt werden, dieses Verhalten zu kultivieren. D'accord.
spätzündi hat geschrieben:Und bei mir hat Einsperren im dunklen Keller später noch lange grausige Alpträume verursacht!
Das kann ich mir vorstellen. Ein dunkler Keller ist einer der schlimmsten Orte für ein Kind. Fast schon wie die Hölle.
spätzündi hat geschrieben:Meiner Mutter wäre besser geholfen gewesen, wenn ihr jemand klar gemacht hätte, dass sie mit ihrer emotionalen Eiseskälte besser ihren Wunsch durchgesetzt hätte, keine Kinder in die Welt zu setzen als dies widerwillig über sich ergehen zu lassen und gegenüber den Folgen absolut gleichgültig zu sein...
Darf ich Dich fragen, ob Du Dich als Einzelgänger charakterisieren würdest oder gab es (ausgedehnte) Phasen des Einzelgängertums bei Dir? Hast Du Dich mehr Dingen als Menschen zugewandt?

LG
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spätzündi
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 19:26

Darf ich Dich fragen, ob Du Dich als Einzelgänger charakterisieren würdest oder gab es (ausgedehnte) Phasen des Einzelgängertums bei Dir? Hast Du Dich mehr Dingen als Menschen zugewandt?
Phasenweise gilt das ganz sicher. Meine Fähigkeit, Menschen zu vertrauen und Nähe zuzulassen ist sehr beeinträchtigt, damit müht sich meine Thera jetzt schon über 1,5 Jahre ab. Seit dem Auszug zuhause habe ich die überwiegende Zeit alleine gelebt. Falls du noch mehr Fragen hast: meine Homepage gibt dir reichlich Lesestoff

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Beitrag Mo., 04.02.2008, 19:30

Soweit ich das mit der Supernanny gesehen habe, heißt da Ignorieren und Auszeit allerdings nicht, Quengeln mit Gelassenheit begegnen, sondern das Kind dazu Zwingen auf der Treppe etc. sitzen zu bleiben, während es alleine gelassen wird.

Was den Begriff "Ignorieren" als Erziehungsmaßnahme angeht, werd ich auch allergisch. Wofür darf man dann wie lange ignorieren?
Bei schlimmerem Verhalten: Darfs noch ein bisschen mehr sein?

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Beitrag Mo., 04.02.2008, 19:36

Irrlicht hat geschrieben: Wenn mein Kind Aufmerksamkeit durch oppositionelles Verhalten bekommen will, ist es günstiger, nicht darauf zu reagieren (erst recht nicht mit Anschreien oder physischer Gewalt), sondern bei "gewünschtem Verhalten" positiv zu reagieren. Auf deutsch: zB quengelt das Kind extrem, während man sich grad mit x unterhält, kurz sagen, "ich möchte mich jetzt mit x unterhalten", weiteres Quengeln ignorieren und bei wartendem Verhalten sofort auf das Kind eingehen.
Das mag bei älteren Kindern funktionieren, aber in dem Artikel lese ich: "Die Studie setzte an, als die Kinder etwa 8 Monate alt waren". Ich bezweifle sehr, dass ein Kind da schon "einsichtig" genug ist, um zu verstehen, dass es ruhig sein muss, wenn sich Erwachsene unterhalten wollen.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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spätzündi
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 19:45

Der Grundgedanke dieser Kopfgeburten ist mir durchaus auch klar: "positives" (erwünschtes) Verhalten belohnen, also verstärken, "negatives" (unerwünschtes) Verhalten nicht durch Aufmerksamkeit belohnen. Klingt nicht nur wie Dressur, sondern kann sich fürs Kind bei gefühlskalten Eltern auch durchaus so anfühlen! Und immer ist es das Kind, das so oder so "falsch", "problematisch" oder "korrekturbedürftig" ist, während keiner danach zu fragen wagt, was dieses Kind einmal zu diesem Verhalten gebracht hat. Warum musste dieses Kind wütend und verzweifelt werden, lautstark auf sich aufmerksam machen? Warum fragt keine von diesen "Super-Nannys" oder "Erziehungsexperten" und wie sie noch heißen mögen, danach, was die Eltern dazu beigetragen haben und was sie vorhaben, von ihren Fehlern wieder gut zu machen? Es ist immer das schwache Kind, auf dem man gut herumhacken und das man manipulieren kann. Warum traut sich keiner an die Eltern ran? Für mich ist das alles Feigheit! Man schont die Mächtigen und prügelt lieber auf die Schwachen ein.
Das mag bei älteren Kindern funktionieren, aber in dem Artikel lese ich: "Die Studie setzte an, als die Kinder etwa 8 Monate alt waren". Ich bezweifle sehr, dass ein Kind da schon "einsichtig" genug ist, um zu verstehen, dass es ruhig sein muss, wenn sich Erwachsene unterhalten wollen.
Allerdings!!!

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Goldbeere
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 20:07

Vor allem, wenn man bedenkt, dass Kinder erst ab nem Jahr normalerweise überhaupt anfangen zu sprechen und dann auch noch weit davon entfernt sind, sich wirklich verständlich machen zu können...
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 20:18

spätzündi hat geschrieben: Warum traut sich keiner an die Eltern ran? Für mich ist das alles Feigheit!
Kurz nachgefragt: Wer soll sich Deiner Meinung nach an die Eltern herantrauen und wie?

LG
UncleK

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spätzündi
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 20:25

Von vielen angeblichen Erziehungsexperten wird auch heute noch das Augenmerk nur auf die "Defekte" des Kindes gelegt und die unangenehme Aufgabe gemieden, die Eltern kritisch zu fragen, wo die Kinder dieses Verhalten gelernt haben könnten! TV und PC-Spielen kann man bei Kleinkindern wohl kaum die Schuld geben! Aber man hat ja noch "die Gene" als Ausrede...

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 04.02.2008, 20:35

Also als Opfer von psychischer Gewalttätigkeit der Mutter wärend meiner Kindheit und Jugend kann ich nur sagen ich finde die Idee Kinder mit subtiler Gewalt und Machtanwendung durch Ohnmachserfahrungen zu strafen und mit der Angst davor zu dressieren WIDERLICH.
Wo ist das besser als die klassische Ohrfeige?

Irgendwie kann man da Reptilien echt beneiden. Die meisten schlüpfen mit fertig entwickelten Fähigkeiten aus einem Ei und müssen sich nicht mit sowas wie Eltern und deren Erziehungsterror und Unfähigkeit abplagen und zum Krüppel machen lassen...

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