Bin ich (m) zu 'harmoniebedürftig'?

Fragen und Erfahrungsaustausch über sexuelle Problembereiche wie Sexualstörungen, rund um gleichgeschlechtliche Sexualität und sexuelle Identität, den Umgang mit sexuellen Neigungen wie Fetischismus, S/M usw. - ausser Aufklärungs-Fragen.
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HarryHH
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Bin ich (m) zu 'harmoniebedürftig'?

Beitrag Fr., 05.11.2010, 09:32

Ich traue mich heute mal hier öffentlich zu schreiben und hoffe, dass es jemanden gibt, der mir helfen kann:

Zur Vorgeschichte: Meine Frau und ich machen schon seit Jahren eine sexuelle "Trockenheit" durch ("Durststrecke" wäre nämlich viel zu milde augedrückt). Nun kam es vor einiger Zeit zu einem offenen Gespräch darüber. Dabei kamen folgende Aspekte zum Vorschein:

1.) Ich würde nur wollen und machen, wenn ich will. Wenn sie wollte und ich nicht in Stimmung war, hätte ich es gelassen. (Anmerkung: Habe eigentlich nie bemerkt, dass von ihr überhaupt die Initiative ausging und wenn, dann nur ein oder zwei mal)

2.) Im Moment hat meine Frau keine Lust auf sexuellen Kontakt. Auch die körperliche Nähe geht nicht von ihr aus, sondern immer von mir. Habe dass seit dem letzten Gespräch aber auch von meiner Seite mehr als reduziert, da sie mir sagte, dass sie immer dass Gefühl habe, dass ich es um des Sex wegens tue und sie sich daher gedrängt und unwohl fühlt. Wir haben uns dabei geeinigt, dass sie mir signaliesieren soll, wann sie Nähe wieder als angenehm empfindet und ich dann nur so viel mache, wie sie zulasse. Brauch wohl nicht zu erwähnen, dass seit dem von ihr nichts kam

Nun habe ich viel im Internet gelesen und bin auf ein erstaunliches Phänomen gestoßen: Langjährige Beziehungen, in denen es "total harmonisch" läuft, scheinen tatsächlich sehr darunter zu leiden, dass Intimitäten weniger werden oder (wie bei uns) total aufhören.

Ich (40) schätze mich als sehr "harmoniebedürftig" ein. Sehr viele Entscheidungen im Alltag treffe ich wohl nur pro forma als Mann. Zu 99% aller Fragen, die uns betreffen, lautet meine erste Frage an meine Frau (42) immer: "Ist mir eigentlich egal. Zu was hast du den Lust". Im Prinzip entspricht das schon meiner Natur: Ich bin mit sehr wenigen Dingen zufrieden zu stellen. Und ich habe kein Problem damit, wenn es statt Pizza oder Nudeln an dem Abend eine Gemüsesuppe oder so gibt. Auch was das TV-Programm betrifft, lasse ich ihr meistens die Wahl. Mein Gedanke ist, wenn es sie glücklich und zufrieden macht, dann bin ich es auch.

Nun gibt es auch mal Punkte, die mich an meiner Frau ab und an auch mal "nerven". Nun könnte man denken, dass ich dass dann auch sage. Ich mach es aber nicht. Wenn ich sofort was sagen würde, dann würde ich Dinge sagen, die ich gar nicht so meine. Und spätestens 10 Minuten später denke ich mir, dass sie es nicht absichtlich tut oder dass die Situation blöd war oder "so ist sie halt". Daher sage ich nichts mehr. Außerdem mag es ja genügend Punkte auch in meinem Verhalten geben, die sie toleriert.

Hört sich jetzt nach "Weichei" an - stimmts? Aber ich liebe meine Frau und möchte das es ihr gut geht. Wir sind nun seit über 12 Jahren verheiratet. Und ich denke durch mein "was willst du, mein Schatz" verhalten, habe ich dazu beigetragen, dass unsere Intimitäten in den letzten 6 - 8 Jahren völlig aufgehört haben. Die ersten Jahre ging es noch "normal" zu - aber dann wurde es immer weniger.

Meine Frage(n) daher: Stimmt meine Beobachtung? Kann man also keine sexuell aktive Ehe führen, wenn man so "harmoniebedrüftig" ist, wie ich/wir? Ist es wirklich "harmoniebedürftig" oder bin ich nur ein "Pantoffelheld" und meine Frau hat die Hosen an? Wie kann ich dass ändern (Ich arbeite in einer Firma als Teamleiter und habe entsprechende Führungsaufgaben. Es liegt also nicht dran, dass ich keine Entscheidungen treffen kann oder will - das Problem tritt nur auf, wenn ich mit meiner Frau zusammen bin - Sie sehe ich nicht als "Untergebene")?

Vielleicht kann ja der eine oder andere was dazu sagen - Danke

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mimschi
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Beitrag Fr., 05.11.2010, 11:35

also ich würde dich nicht als harmoniebedürftig sehen. ich würde keinen partner wollen, der mir immer nur sagt: "na wozu hast du denn lust?" oder "mach du nur, mir ist es egal".
das ist für mich nicht harmoniebedürftig, sondern ein zeichen, dass meinem partner alles egal ist. und damit würde ich mich auch nicht wohl fühlen und irgendwann würde die lust auf alles vergehen.

mit meinem freund gehts mir manchmal ähnlich. er lässt mir in manchen dingen die entscheidung über, z.b. was urlaub oder so angeht. da höre ich auch oft: mach du nur, ihm sei egal wohin, hauptsache mit mir! aber das will ich nicht, ich möchte mit ihm darüber reden können, mich unterhalten, diskutieren. aber da er z.b. nie urlaube geplant hat und auch keine ahnung hat, wo man überhaupt irgend etwas bucht, ist das jetzt für mich nicht sooo tragisch. aber ein bissl wahnsinnig macht mich das verhalten schon. weil ich mir dann denke, es ist eh egal was ich tu oder wozu ich mich entscheide, er hat eh keine meinung dazu.

vielleicht denkt deine frau ebenso? vielleicht glaubt sie dass von dir absolut null rüberkommt und nur mehr desinteresse vorhanden ist, da deine "mir ist alles egal" stimmung immer im vordergrund steht.


Gast
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Beitrag Fr., 05.11.2010, 13:16

Hallo Harry

deine Schilderungen, wie du dich verhältst, würde ich sicher nicht unter 'Weichei' abstellen. Ich würde sagen, der Mann hat keine Lust sich Gedanken zu machen und schiebt sämtliche Entscheidung ab. Ja, ist provokativ ausgedrückt, aber genau das denke ich bei Menschen die so handeln.
Hui, da fällt mir ein Mann ein, mit dem ich laaange zusammen war. Anfangs war er auch so und da man Menschen nicht ändern kann, nur jeder sich selbst, habe ich ihm gesagt, dass ich ihn spiegeln werde.

Hihi, kannst du dir vorstellen, dass wir eine ziemliche Weile nix gemacht haben zusammen?
"was magst du essen" "Was du magst" "ich mag was du magst" "gut, kochen wir was du magst"

Ich war in der Zeit oft in Fast Food Läden (brrrr, habe dann fast ein Jahr einen Riesenbogen um die Dinger gemacht.)

Du hast doch euer 'Problem' schon selbst ganz klar eingegrenzt.
Dein Ja sage Verhalten macht es deiner Frau nicht leicht, sich abzugrenzen und dir logischerweise auch nicht.

Stell dir mal vor: sie kommt an, scharfe Klamotte an und WEISS, ja sie WEISS, du tust, wenn sie will...xxxx.

Vorhersehbare Reaktionen verlieren Spannung und das tut natürlich keiner Beziehung gut.

Versuch mal selber zu entscheiden, du liebst sie nicht weniger, wenn du deine Ideeen, Meinungen, Wünsche äußerst!



Weißt du, das hier find e ich harmonisch.
Habe dass seit dem letzten Gespräch aber auch von meiner Seite mehr als reduziert, da sie mir sagte, dass sie immer dass Gefühl habe, dass ich es um des Sex wegens tue und sie sich daher gedrängt und unwohl fühlt. Wir haben uns dabei geeinigt, dass sie mir signaliesieren soll, wann sie Nähe wieder als angenehm empfindet und ich dann nur so viel mache, wie sie zulasse
Sich einigen, kommunizieren, reden. Auch mal auf etwas, phasenweise, quasi zu verzichten, was eigentlich 'immer so war'

und das da, das ist doch das was zählt:
Aber ich liebe meine Frau und möchte das es ihr gut geht.
Ihr geht es gut, frag sie mal, wenn sie einen Menschen an ihrer Seite hat, dem es auch gut geht!

Rosenrot

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(V)
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Beitrag Fr., 05.11.2010, 15:00

Tut mir Leid, wenn ich ein wenig barsch und direkt klinge, aber das ist keine Harmoniebedürftigkeit sondern recht dreiste Schönfärberei von Konfliktunfähigkeit.

Beides meinst das selbe, aber ersteres führt nur in die Irre, zweiteres bringt es auf dem Punkt: Konflikte vermeiden. Und dazu gehört auch das Vermeiden von Entscheidungen. Und auch JAJA-Sagertum. Das Verbergen der eigenen Meinung... angeblich zum Wohle des anderen? Nein, ebenfalls Schönfärberei.

Auf jeden Fall aber kann man festhalten, dass so keine ehrliche, offene Kommunikation entsteht. Und auch keine gleichberechtige Beziehung, bei der man auf einer Augenhöhe ist. Und diese beiden Punkten, ja, die wirken sich akut auf das Sexleben aus.

Dass es vermutlich kaum Streit gibt, hat nichts mit Harmonie zu tun. Man nennt es SCHEIN-HARMONIE. Vermutlich gibt es da ganze Bücher und Forensbereiche dazu, wie schädlich es für Kinder ist, wenn sie in einer SCHEIN-harmonischen Familie aufwachsen.

Selbst gebranntmarkt, wage ich es mal die Frage in den Raum zu stellen, ob man dergleichen überhaupt Beziehung nennen kann oder ob nicht doch eher ein Nebeneinanderherleben ist. Es wird ja dadurch fast alles gemeiden, was eine Beziehung ausmacht... nämlich das Miteinander zweier gleichberechtiger Partner, im guten wie im schlechten, das Auf und Ab und Aushandeln von Bedürfnissen, Konfliktmanagement...
"Wer das hier liest, ist selber doof."

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Hamna
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Beitrag Fr., 05.11.2010, 16:14

Immer alle Entscheidungen treffen zu müssen, weil der andere keine eigene Meinung hat, würde ich vor allem als sehr anstrengend empfinden. Denn wer die Entscheidungen trifft, trägt ja auch die Verantwortung dafür. Außerdem, wie Rosenrot und Gothika schon sagten, es fehlt dann die Kommunikation.

Worüber reden, wenn einer keinen Standpunkt hat, den er vertritt?

Unterhaltet ihr euch? Worüber? Gibt es angeregte Gespräche? Ich frage damit eigentlich, ob du auch in anderen Dingen, die euch nicht unmittelbar betreffen, keine Meinung vertrittst. Denn damit würdest du die Kommunikation wirklich töten. Gibt es bei euch einen Austausch und Diskussionen über aktuelle Themen z. B., oder bist du da auch immer ihrer Meinung?

Nein, das macht nicht glücklich, das langweilt! In meinen Augen wärst du dann ein Mann ohne Profil, und wo soll ich den packen, wodurch soll ich mich angezogen fühlen von so einem Mann? Weichei würde ich nicht unbedingt sagen, aber irgendwie wohl profillos. Vielleicht bist du nicht zu harmonieedürftig, sondern scheust dich, Verantwortung zu übernehmen im Privaten? Und kann das daran liegen, dass du beruflich sehr viel Verantwortung tragen musst?

lg, Rilke

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Glücksuchende
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Beitrag Di., 30.11.2010, 16:51

Hallo,
ich habe mich von meinem Ex getrennt deswegen. Ich kann gar nicht verstehen wieso einem alles recht sein kann. Es entsteht dadurch wie schon oft beschrieben keine harmonische Beziehung. Das dachten auch alle von uns "Schein Harmonie", nur glücklich war ich damit nicht. Ich möchte wissen, was der andere denkt, fühlt, meint...
Ohne Kommunikation keine Beziehung...

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balala
Helferlein
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Beitrag Mi., 15.12.2010, 17:41

Ahoi,

auch ich dachte bisher ich sei harmoniebedürftig; dass dies jedoch nur das Symptom ist und die Konfliktunfähigkeit die Krankheit habe ich nun verstanden.

Da ich nun weiss wo der Schuh drückt, würde ich gern von euch wissen, ob ihr gute Ideen (sehr gern auch einen Buchtipp) habt, wie ich dieses, doch schon problematische Manko durch Eigenarbeit / neue Denkansätze überwinden kann.

Vielen Dank schonmal

balala

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