Mutter gestorben ...

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Eva
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Mutter gestorben ...

Beitrag Di., 20.11.2007, 20:55

Hallo liebe Leute,
ich hatte in den letzten 10 Jahren keinen Kontakt zu meiner Mutter, nun ist sie tot.

Zur Vorgeschichte:
Meine Mutter litt zeitlebens unter ihrer dominanten Mutter. Sie heiratete und zog dann in eine andere Stadt, dem Zugriff meiner Großmutter konnte sie sich trotzdem nicht entziehen, sie hat sich scheiden gelassen, wurde tablettensüchtig und schwere Alkoholikerin.
Mein Bruder und ich sind dann quasi geflüchtet (ich war damals 14, er 21), was alles seinerzeit passierte könnte Bücher füllen ...
Ich habe dann Jahre später eine Therapie begonnen, um mit dem ganzen fertig zu werden, was mich vor ca. 15 Jahren dazu bewog wieder Kontakt zu ihr aufzunehmen. Wir hatten keine besonders innige, aber sehr nette Beziehung.
Meine Großmutter kam immer öfters zu ihr und verbrachte immer mehr Zeit mit ihr. Das hatte zur Folge, dass meiner Mutter das seelische Gleichgewicht in immer kürzeren Abständen verlor (Tabletten und Alk bereits zum Frühstück).
Als sie mir seinerzeit mitteilte, dass sie gedenke ihre Mutter zu sich zu nehmen bin ich ausgeflippt und habe ihr gesagt, dass das ihr und Großmutters Untergang sein wird und wenn sie das tut, dann distanziere ich mich vollständig.

So das war vor 10 Jahren, nun ist sie gestorben.
Wenn ich jetzt so zurück denke dann denke ich mir sie konnte vermutlich auch aus ihrer Haut nicht raus. Das gibt mir das Gefühl dass ich falsch gehandelt habe und ich fühle mich einfach schlecht. Fakt ist, jetzt ist es zu spät, darüber reden kann ich nicht mehr mit ihr.

Ich habe viele Bekannte und einige wirklich gute Freunde, allerdings schaffe ich es weder mit meinem Partner (obwohl ich sonst über alles mit ihm sprechen kann) noch mit sonst wem darüber zu sprechen (die Anonymität des www ausgenommen). Nicht mal mit meinem Bruder.
Mir gehts mies, trotzdem halte ich diese Fasssade (wofür frage ich mich ernsthaft) aufrecht, weiche den Fragen aus und bin entgegen meiner normalen Gesprächskultur in diesem Punkt sehr zurückhaltend und erzähle wenig bis gar nichts. Gottseidank kommen mir hier auch die Umstände entgegen. Niemand insistiert bei einem Todesfall in der Familie, damit halte ich mich über Wasser, bewahre nach Aussen hin die Ruhe.

Ich habe in meinem Leben viel erlebt, war immer stark, bin auch sehr stolz was ich erreicht habe und wie ich es geschafft habe trotz der zwischenmenschlichen Enttäuschungen eine gesunde Einstellung zu Menschen und zum Leben im allgemeinen behalten.

Zum ersten wollte ich mir das mal von der Seele schreiben und fragen ob es Gleichgesinnte gibt, die Ähnliches erlebt oder aber die vielleicht selbst schon Erfahrung mit Trauerarbeit haben machen müssen.
Zum anderen möchte ich gerne fragen, wie sinnvoll ihr es findet vielleicht gleich professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Jedenfalls lieben Dank im voraus fürs Lesen und ev. Antworten, Tipps, etc., und mit lieben Gruß aus Wien

Eva (37 Jahre)

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Sonnefrau
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Beitrag Mi., 21.11.2007, 01:42

Liebe Eva,
zuallererst möchte ich dir meine Anteilnahme ausdrücken, für dein Verlust deiner Mutter.
Deine Mutter,- was auch immer vorher war,- bleibt deine Mutter, die Frau, die dir dein Leben geschenkt hat. Bestenfalls, die Frau, die dich liebevoll aufgezogen hat und dir zur Seite stand.
ABER eine Mutter ist eben auch ein fehlbarer Mensch und hatte schlimmstenfalls eine sehr schlechte Kindheit oder sehr schlechte Erfahrungen gemacht, die sie nie bewältigen konnte, - oder wie im Falle deiner Mama, nie aus diesem Machtkreis ihrer eigenen Mutter aussteigen konnte, das solltest du bedenken.
Weh tut es immer Abschied zu nehmen von einem nahen Menschen.
Was ich so heraus höre aus deinem "Bericht" ist, dass du dir Vorwürfe machst, stimmt das?
Ich kann diese Vorwürfe zwar nachvollziehen, wenn du 10 Jahre nichts-oder nicht viel mit ihr zu tun hattest, aber nichts desto Trotz, war es IHR Leben das sie gelebt hat und du kannst und konntest es nicht verändern. Auch dass du dich selber geschützt hast, durch dein Fortgehen, ist ganz legitim und richtig gewesen.
Du kannst deiner Mutter allerdings ALLES sagen, alles was du ihr immer schon sagen wolltest, schreib ihr einen Liebesbrief -in dem du ihr sagst, was du alles durch sie gelernt hast. DU hast unendlich viel DURCH sie gelernt, auch wenn dir das vielleicht augenblicklich nicht bewußt ist. (zB hast du gelernt dich zu schützen, selbständig zu werden, dein Leben selber in die Hand zu nehem, etc...), diesen Brief verbrennst du dann zerimoniell in einer schönen Atmosphäre, zB mit einem Blumen und Kerzen geschmückten Tisch, ein nettes Foto von Mutter drauf- öffne danach das Fenster(das ist nichts "magisches" nurein Ritual das dir hilft deine Mutter loslassen zu können, ohne Schuldgefühle.
Abschieds-Rituale sind ganz wichtig! Konntest du sie auf ihrem letzten Weg (Begräbnis) begleiten?
Wie geht es dir jetzt?

Du hilfst DIR und deiner Mama, wenn du liebevoll abschied nehmen kannst. Es gibt sicher auch schöne Augenblicke an die du dich erinnern kannst, oder? Diese solltest du im Herzen behalten, es gibt nur eine Mutter für jeden.
Ich habe meine Mama vor 1,5 Jahren verloren nach langer Alzheimer Erkrankung, ich habe viel Trost und Hilfe auf diesem "Trauerforum" gefunden, vielleicht hilft es dir ja auch:
http://www.jenseits-de.org/g/forums/hilfe/

Und zu deiner Frage: einige Stunden bei einem/er Therapeuten/in können natürlich nicht schaden und du wirst dir in deiner Trauerphasen vielleicht etwas leichter tun.
Ich umarme dich tröstend und wünsche dir genügend Kraft
Sonnefrau
Wir sind alle Gefangene, aber einige von uns leben in Zellen mit Fenstern und einige in Zellen ohne Fenster.

(von Khalil Gibran aus Sand und Schaum)

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anxiety
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Beiträge: 28

Beitrag Mi., 21.11.2007, 22:01

hallo Eva,

es tut mir sehr leid dass deine Mutter gestorben ist. Ich kann verstehen wie du dich fühlst, ich selbst hab meine Mutter vor 5 Jahren verloren, sie hatte Krebs.

Was ich so rauslese ist, dass du das Gefühl hast dass vieles zwischen euch unerledigt und ungesagt blieb und dass du dich deswegen schlecht und schuldig fühlst, ist das so?

Ich versuch dir einfach zu erzählen wie das bei mir war: Ich hatte quasi 1 Jahr Zeit zwischen der Diagnose und ihrem Tod, um mich von ihr zu verabschieden. Zuerst ist es aber so dass man es überhaupt nicht wahrhaben will, und man hofft bis zuletzt. Ich habe erst einige Wochen vor ihrem Tod kapiert dass es wirklich ernst ist. Und dann ging es ihr natürlich viel zu schlecht als dass ich sie noch mit irgendwelchen Dingen, die ich aufarbeiten wollte, belasten konnte. Ich versuchte einfach für sie da zu sein, so gut es ging.

Wenn du dich vor 10 Jahren so entschieden hast, war es sicher gut und richtig in der damaligen Situation. Es war wahrscheinlich wirklich so, dass sie nicht aus ihrer Haut raus konnte und eben die Nähe zu ihrer Mutter suchte, obwohl es ihr nicht gut tat.

Aber trotzdem war es ihre Entscheidung als erwachsene Frau, und sie wollte es so. Und sie hat in Kauf genommen dass du dich dadurch von ihre distanziert hast. Genauso hätte sie das Gespräch zu dir suchen können (ich weiß nicht wie diese 10 Jahre zwischen euch verlaufen sind, ob es da überhaupt keinen Kontakt gab). Ich kann total gut verstehn dass das schlimm für dich gewesen sein muss. Aber wenn Menschen auf Distanz zueinander gehen hat das auch einen Grund. Und vielleicht wollte sie dir ja auch etwas dadurch ersparen?

Aus meiner Erfahrung glaube ich, auch wenn man alle Zeit der Welt hat, schiebt man sowas vor sich her, und grad die Mutter als allerwichtigste Bezugsperson im Leben, mit der so etwas zu klären, das schaffen nicht viele. Ich habs auch nicht geschafft und lebe jetzt damit, dass es eben so zwischen uns verblieben ist. Aber das heißt nicht, dass das in alle Ewigkeit so stehen bleiben muss. Denn ich denke mir, jeder Mensch entscheidet für sich selbst, wie er lebt, und vielleicht auch in einem gewissen Maß wie er aus dem Leben geht. Und du kannst das mit deiner Mutter noch immer für dich klären, auch wenn es nicht direkt von Angesicht zu Angesicht geht.

Tatsache ist, Schuldgefühle sind schlimm und belastend. Du solltest auf jeden Fall schauen dass du mit jemand darüber reden kannst, ich denke eine neutrale Person, also Therapeut/in ist sicher hilfreich. Und Trauerarbeit ist schwer, da kann man jede Unterstützung brauchen.

Ich wünsch dir das Allerbeste!
anxiety
a n x i e t y

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