Austausch DIS/DDNOS - Betroffene (Teil 3)

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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peppermint patty
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Beitrag Mo., 12.06.2023, 13:17

Danke Waldschratin für deinen Erfahrungsbericht. Ich lese so raus, jede Konfrontation ist sehr individuell und hat viel mit Vertrauen zur/m Thera zu tun. Und du hattest einen mutigen Therapeuten 👍.

Ich glaube ich ärgere mich ein bisschen über mich selbst, denn eigentlich habe ich gespürt, es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt. Ich wollte es meiner Therapeutin recht machen - mal wieder ins alte Muster gefallen.
Das mich meine Therapeutin dabei „überschätzt“ hat und mich insofern falsch eingeschätzt hat, rüttelt ein Stückchen am Vertrauensthema. Da ist irgend etwas passiert was ich noch nicht so genau benennen kann, außer vielleicht das ich verunsichert bin.
Und was mich gerade noch irritiert, wir haben nie direkt über DIS (die Diagnose habe ich von der alten Thera und Klinik) gesprochen, aber sie hat immer wieder von meinen dissoziierten Anteilen/Zuständen gesprochen. Dann aber auch immer mal davon, dass wir alle Viele seien. Ich denke ich bin vor allem eins, nämlich verwirrt.
Ich habe das Thema bisher nicht angesprochen, da sie eine erfahrene Traumatherapeutin ist und ich ihr/uns die Gelegenheit geben wollte sich selbst ein Bild zu machen.

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Sinarellas
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Beitrag Mo., 12.06.2023, 14:27

peppermint patty hat geschrieben: Mo., 12.06.2023, 11:26 Das verunsichert mich. Mich verunsichert auch, dass sie gelegentlich sagt, dass wir alle Viele sind.
hachja da hat wohl wer zu viel Peichl gelesen und kann nicht gut differenzieren zwischen struktureller Dissoziation mit dissoziativen Anteilen und Ich-Zuständen oder Teile des Ichs oder Rollen im sozialen Umfeld... gnarf, das würde mich richtig wütend machen, weil es ist schlicht und ergreifend falsch, dass wir alle Viele sind (zu einem Betroffenen der DIS gesagt) denn, es ist ein Apfel, dass wir alle viele sind und ein Pinguin, wenn man "Viele im Sinne der DIS" ist :kopfschuettel: Also zwei nicht vergleichbare Beschreibungen.

Ich würde die Thematik trotzdem mal mitnehmen in die Therapie und erfragen, was Sie denn mit dem Satz überhaupt meint und ob sie tatsächlich auf der Idee rumhüpft, dass alle Menschen dissoziative und traumatisierte Anteile haben oder was sie mit so einem Vergleich eigentlich meint.
Für mich war das sehr wichtig anzusprechen, auch festzustellen: Meine Therapeutin ist nicht vollkommen so versiert wie ich dachte, sie holte das dann aber zügig nach.

ansonsten kann ich peppermint und waldschratin zustimmen, ähnliche Erfahrungen habe ich auch gemacht und ja, das rote Tuch ist bei mir so dunkelrot, dass man das wirklich nicht als Fahne sehen will.

Ich denke vor Traumakonfro und der ganzen Thematik muss es erst mal gefühlte hundert Jahre um Stabilisierung, gemeinsame Nenner, gemeinsame Entscheidungen gehen (in meinem Fall so elementar wie: Will ich überhaupt noch leben, wollen wir überhaupt noch existieren oder nicht). Dann muss das Umfeld irgendwie Sicherheit vermitteln / das ggf. aufgebaut werden und dann erst denke ich macht gezielte Konfro Sinn (überhaupt in die Richtung zu schauen, sofern nicht bestimmte Flashbacks einem jeden Tag das Leben zur Hölle machen...)
..:..


Waldschratin
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Beitrag Mo., 12.06.2023, 14:33

Naja, erfahrene Traumatherapeutin ist sie bestimmt, aber hat sie schon mal "Gruppentherapie" gemacht, mit unterschiedlichen Altersstufen und Persönlichkeiten? Ich glaub, da fehlt einem Uno per se einfach das wirkliche Nachfühlen, da nutzt auch die noch so haufenweise vorhandene Empathiefähigkeit nicht.

Ich hab auch schon Fachleute (Psychiater) erlebt, die versuchten, sich selber zu beruhigen mit "aber wir sind doch alle "Viele", irgendwie", weil sie halt (zu) unsicher waren in sich selber und nicht einschätzen konnten, was da auf sie zukommen mag. Und das wiederum kann ich ja verstehen. Nur eben dieses Abwälzen auf den Klienten dann, anstatt das schlicht einzugestehen : Hab ich keine Erfahrung, kann ich mir nicht vorstellen etc., das macht die Beziehung dann mehr als wackelig. Von wegen "bedingungslose Annahme" durch den Therapeuten/Psychiater.

Mir hat vor ein paar Tagen (m)ein Psychiater z.B. gesagt, er "glaube" nicht an die Diagnose ME/CFS. (Ich bin wegen Gedächtnisstörungen dort). Ich hab nur trocken erwidert, das sei ja auch keine Religion, sondern eine medizinische Diagnose. Da kommt man mit "Glauben und Anbetung" nicht weit. :hehehe:
Hat er dann auch verdutzt geguckt und verlegen gegrinst. Immerhin.

Vielleicht bringt es ja bei euch wieder mehr Stabilität und Vertrauen in die Beziehung, wenn du mal ausführlicher mit ihr drüber redest, wie du dich/euch erlebst und wie das so abläuft innen drinnen.
Auch wenn sie es nicht nachvollziehen kann oder mit der Diagnose nicht viel anfangen kann, so kann (und sollte ) sie dennoch dein Erleben, deine "Welt" für einfach bare Münze nehmen und dich damit ernst.
Ich denk, wenn du sie bisher als zuverlässig und "bei dir" erlebt hast, könnt ihr euch auch da auf einer für beide Seiten befriedigende Ebene finden.

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Sinarellas
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Beitrag Mo., 12.06.2023, 18:53

Ganz genau das ist es: Sich schlicht einzugestehen, dass man in etwas keine Erfahrung oder zu wenig hat. Professionell wäre das mitzuteilen oder zumindest zu sagen, dass man sich in der Richtung weiterbilden will (und das dann auch tut, die meisten Therapeuten die ich kenne also von Bekannten oder Freunden tun das schlicht nicht, weil keine Zeit, zu teuer, und der Aufwand wegen 1-2 Patienten... alles schon gehört).

Grandioser Konter Waldschratin, das merk ich mir für den nächsten "Ungläubigen des ICD10/11.
Und auch beim letzten Absatz gehe ich bei dir mit, auch wenn sie gen DIS wenig Erfahrung / Expertise mitbringt, kann man trotzdem ungemein viel daraus (der Situation / der Therapie usw) ziehen und gemeinsam sich weiterzuentwickeln, birgt wunderbare neue Lösungen. man kann nur hoffen, dass sie offen bleibt und neugierig ihre Patienten ob mit oder ohne DIS wahr und annimmt. (Den Satz soll sie sich trotzdem verkneifen, das kann man aber auch so spiegeln).
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peppermint patty
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Beitrag Mo., 12.06.2023, 19:15

Danke euch beiden nochmal. Ich denke ich habe mich auf die Konfrontation eingelassen, weil ich ihr Expertise zugetraut habe. Grundsätzlich hat sie viele Erfahrungen damit - ich habe es sogar so verstanden, dass sie Konfro für viele Menschen für sehr hilfreich hält.Auch meine Prognose sah sie günstig….

Nun kommen mir ein paar Zweifel. Diese werde ich nächste Stunde ansprechen, auch wenn mich dies große Überwindung kostet. Mein Eindruck ist auch, dass sie da einiges in einen Topf schmeißt was nicht zusammengehört.

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Sinarellas
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Beitrag Di., 13.06.2023, 08:05

Ich wünsche dir viel Kraft und Mut dabei, das anzusprechen, denn es ist wirklich wichtig und kann die Beziehung zur Therapeutin verbessern oder zumindest kann man sich dadurch in einigem etwas klarer werden, was für Baustellen man angehen kann und welche man lieber erst mal ruhen lässt. Falls du dann magst, erzähle gerne, was sie sagte, macht mich neugierig.
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Waldschratin
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Beitrag Di., 13.06.2023, 16:46

Ich drück euch beiden auch die Daumen, dass ihr das gut miteinander auf die Reihe bekommt und sie mal ihre Angst, Bedenken, oder was immer sie da so fremdeln lässt überwinden kann.
Und ja, macht mich auch neugierig, was du erzählen kannst, wenn du es magst natürlich nur.

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pustefix
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Beitrag Fr., 23.06.2023, 15:20

peppermint patty hat geschrieben: So., 11.06.2023, 20:13 Ich habe mal eine neue Frage:
Gibt es unter euch jemanden der/die bereits eine Traumakonfrontation gemacht hat?
Falls ja, was hat es gebracht bzw. sich verändert? Und wie war der Prozess?
Hallo peppermint patty,

ja, das habe ich.
gebracht hat es wie z.T. andere bereits beschrieben eine sehr deutliche Reduktion der Symptome. Flashbacks, Intrusionen aller Art, Angstzustände, Panikattacken und Wechsel in traumatische Anteile.

Ich habe es so erlebt, als hätte ich mein Leben lang
in die Starkstromsteckdose gefasst und mit der Traumakonfrontation wurde der Strom abgeschaltet.

Dies hatte dann eine sehr starke Trauerreaktion zur Folge,....da mir nun das ganze Ausmaß meines Entwicklungstraumas samt Folgen,
bewusst wurde und eine große Dünnhaäutigkeit. Außerdem musste ich wieder auf Therapeutensuche gehen, da die Praxis altersbedingt
geschlossen wurde.

Meine psychotherapeutische Karriere geht nun ins neunte Jahr. Aktuell bin in einer TfP in der es v.a. um die Aufarbeitung meiner ersten und für mich mit verheerenden Folgen einer VT und eine Neuorientierung im Hier und Jetzt.

Ich sehe es heute als großes Glück, dass ich dieser Therapeutin begegnet bin. Mit ihrem scharfen Verstand, viel Erfahrung im Bereich der Psychotraumatologie und ihrem kreativen Methodenmix ( fraktionierte Hypnose in Kombination mit EMDR) hat sie mir sehr geholfen.
Sehr wichtig war für mich die innere Sicherheit und Stabilität der Therapeutin zu spüren und ihr sehr aktives Vorgehen. Sie hatte mich buchstäblich an die Hand genommen und ist mit mir da durchmarschiert.

Möglich war das allerdings erst nach einer langen
Stabilisierungsphase, die ich in einer TK gemacht habe.

Die Diagnose der dissoziativen Identitätsstörung
konnte mittlerweile in Z.n. diss. Identitätsstörung umgewandelt werden. Nur noch in sehr ausgeprägten Stresssituationen gerät mein inneres System in Aufruhr.

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Sinarellas
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Beitrag Mo., 26.06.2023, 09:46

pustefix hat geschrieben: Fr., 23.06.2023, 15:20 Die Diagnose der dissoziativen Identitätsstörung
konnte mittlerweile in Z.n. diss. Identitätsstörung umgewandelt werden. Nur noch in sehr ausgeprägten Stresssituationen gerät mein inneres System in Aufruhr.
Was bedeutet " Z.n. diss. Identitätsstörung" konkret? Kenne ich so nicht.
Mir ist bekannt, dass es herabgestuft werden kann zu DSNNS oder pDIS als Beispiel.
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Montana
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Beitrag Mo., 26.06.2023, 11:45

Z.n. bedeutet "Zustand nach". Das macht auch durchaus Sinn, weil man ja, selbst wenn die DIS nicht mehr besteht, dennoch nicht plötzlich ein normales Leben hat.

Ich habe diese Abkürzung öfter im somatischen Bereich auf Überweisungen stehen. Z.B. "Z.n. Hemicolektomie links". Da ist dann die akute Erkrankung zwar nicht mehr vorhanden, aber es fehlt halt der halbe Dickdarm. Es ist dann anders als zur Zeit der akuten Erkrankung, aber auch anders als Normalzustand.

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Sinarellas
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Beitrag Mo., 26.06.2023, 12:20

Ah jetzt verstehe ich die Abkürzung, ja bei somatischen Erkrankungen kenne ich das auch, bei DIS ist mir das noch nicht begegnet. Danke!

Wie schön, dass es zu einem zustand nach geworden ist :) So soll es sein!
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Sinarellas
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Beitrag Fr., 30.06.2023, 08:27

pustefix hat geschrieben: Fr., 23.06.2023, 15:20 ihrem kreativen Methodenmix ( fraktionierte Hypnose in Kombination mit EMDR)
Spannend, kannst du erzählen, wie das in Kombi mit EMDR dann aussieht?
hast du viele traumatische Ereignisse damit behandeln können oder ging es eher um bestimmte?
Ich vermute du hast auch Themen mit Bindungstrauma im Gepäck (gehabt), wie bist du denen begegnet?

Da du viel Genesungsweg-Erfahrung hast, würde ich mich freuen, wenn du erzählst, was auf deiner Reise dir besonders bei was geholfen hat. Ich bin so neugierig, weil ich gern andere Wege kennenlernen würde, als meine eigenen.

Stabilisierung habe ich nach mehreren stationären Aufenthalten 3 Monate in der TK gehabt, empfand ich auch als guten ersten Schritt.
..:..

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