Ich bin Alkoholikerin

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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ingwer75
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Beitrag So., 27.01.2019, 05:33

Danke für eure Anteilnahme.

Ich habe einen sehr großen Leidensdruck, wollte aber beim Eröffnen des Beitrages nicht zu lange werden bzw. alles berichten, wird sich ja immer ein Stückweit ergeben.
Mein Mann und meine Tochter wissen von meinem Alkoholproblem (da unser Sohn vor zwei Jahren ausgezogen ist, bin ich mir bei ihm nicht sicher, ich erwähne es ihm gegenüber jedenfalls nicht).
Dies ist mein größter Leidensdruck - dass ich es nicht schaffe für die Menschen, die mir treu zur Seite stehen und mich nicht aufgegeben haben, egal in und mit welchen Zuständen auch immer.
Sehr, sehr oft kann ich es gar nicht nachvollziehen, dass unsere Tochter mich so lieb hat und mir dies auch oft sagt.
Viele, viele Tränen vergieße ich, es sind oft regelrechte Weinkrämpfe, mit Selbstzweifeln und Selbstvorwürfen erfüllt.
Ich beschimpfe mich selbst welch Versager ich doch bin.
Dass ich nach all den Jahrzehnten noch immer nicht an einen Punkt gekommen bin, in dem ich frei von Angst, klaren Gedanken sein kann.

Über ein Ehrenamt denke ich schon sehr lange nach, aber ich müsste dafür etwas stabiler sein.
Für den Anfang habe ich ein neutrales E-Mail-Konto eröffnet und im psychosozialen Zentrum (gehe dort zur Med.beratung und zum Gespräch) einen Zettel ausgehängt.
Gedacht ist es für Leute, denen es oft schwer fällt aufgrund ihrer Erkrankung das Haus zu verlassen, zum Austausch aller, die gerne schreiben oder sich einfach mal "auskotzen" möchten.
Leider habe ich noch keine einzige Mail erhalten.

Alkohol im Haus....ja es ist so....es darf keinesfalls Alkohol zuhause sein. Wenn ich einkaufe, kaufe ich drei Dosen Bier...vor längerem hab ich ne Kiste gekauft. Wenn sich Alkohol im Haus befindet ist es arg. Das man so armseelig sein kann. Es ist dann wie ein Kreisen um die Beute.

Hauptsächlich trinke ich um den Antrieb bissl zu steigern, Tätigkeiten zu tun, über die ich ansonsten Stunden nachdenke, erst nicht mache und sich die Unruhe dadurch immer mehr in die Höhe schaukelt und damit sich die Melancholie etwas lichtet.

Seit Ewigkeiten grüble ich über einen Notfallsplan, aber diesen, einen, welchen, habe ich noch nicht für mich persönlich gefunden. Mit meiner Hündin gehe ich schon oft, aber auch beim Spazieren hängen die depressiven Gedanken mit, wenn sie präsent sind. Ich brauche immer jemandem zum Ablenken und komm alleine gar nicht klar mit mir. Diese Tatsache ist mir schon sehr lange bewusst.
In solch Phasen werde ich beim Malen (von Mandalas z. B.) noch tiefsinniger und beim Lesen kann ich mich nicht konzentrieren.
Halte Augen und Ohren offen.

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Klein-Ida
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Beitrag So., 27.01.2019, 21:20

ingwer75 hat geschrieben: So., 27.01.2019, 05:33 Ich brauche immer jemandem zum Ablenken und komm alleine gar nicht klar mit mir. Diese Tatsache ist mir schon sehr lange bewusst.
Dann brauchst du vielleicht eine Notfalltelefonnummer, wo du immer anrufen kannst.
Es gibt ja sehr viele Gruppen,wo die Menschen sich gegenseitig unterstützen.

Zum Beispiel "Emotion Anonymus", die gibt es jetzt glaube ich auch online.
https://www.ea-selbsthilfe.net/meetings/

Hier noch mal ein Artikel,der über Alkohol aufklärt, der ist allerdings sehr lang, hab den jetzt auch noch nicht ganz zu Ende gelesen.

https://www.spektrum.de/magazin/alkohol ... ift/827481

Und zum Schluß: Alternativen zum Alkohol:
https://www.tagesspiegel.de/alternative ... 51572.html
"Wer nicht weiß wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt."
Mark Twain

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ingwer75
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 05:12

Dankeschön. :)

Ich war bis Anfang Dezember vorigen Jahres bei einer Selbsthilfegruppe dabei. (Thema psychische Erkrankung und Belastungen und generell emotionale Belastungen). Die Gruppe hat sich leider aufgelöst.

Telefonseelsorge hab ich dreimal angerufen, war aber muss ich sagen immer sehr enttäuschend leider. Vor allem beim letzten Anruf. Der Mann gab auch selbst zu, dass es ihn überfordert.

Vor einigen Jahren war ich bei einem Treffen der AA´s in Graz und war ziemlich entsetzt darüber wie das Treffen ablief...kam mir vor wie in einer Sekte gelandet zu sein. Nun ja....ist einige Jahre her, hat sich sicher Vieles verändert in der Zeit. Seit einiger Zeit gibt es nun auch ein Treffen der AA´s in näherer Umgebung.
Leider nur einmal im Monat und um 19 Uhr. Da ich immer sehr früh wach bin (zwischen halb 2 und 4 Uhr morgens), fühle ich mich ab 18 Uhr restlos erledigt. Habe mir aber auch das nächste Treffen im Kalender eingetragen und vielleicht schaffe ich es. Muss zugeben, dass es aber auch große Überwindung kostet.

Den Artikel über Alkohol werde ich mir dann in Ruhe durchlesen, da er sehr lange ist, wenn ich bissl aufnahmefähiger bin.

Wasser trinke ich sehr viel...mit der atypischen Bulimie....endet es dann meist am WC, wenn ich danach noch mein Bier trinke.

Heute bin ich wieder alleine zuhause.
Wie üblich kam deshalb schon gestern wieder ein sehr beklemmendes Gefühl auf.

Hoffentlich artet es nicht wieder in einer Arie über den Sinn des Seins gedankenmäßig aus.

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Nico
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 06:16

Ja die AA passen sich nicht deinen eigensten Wünschen wie so ein Treffen abzulaufen hat an, da hast du Recht.
Sauerei aber auch. :lol:
A B E R sie haben mit ihrer Art eine nahezu unnachahmliche Erfolgsquote.
Kommt halt darauf an ob du unterhalten werden willst oder vom Saufen wegkommen möchtest, bei ersterem bist du dort falsch, bei zweitem können sie sehr hilfreich sein.
Aber wirklich hilfreich sind auch die AA nur wenn du zuerst eine Therapie machst und gleich im ANschluß regelmäßig hingehst.
Ist ziemlich viel verlangt, ich weiß.....
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Malia
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 09:59

Ich kenne es von einigen Mitpatientin in "meiner" Entzugsklinik damals, dass sie sich an alles angepasst haben und immer wussten, was die Therapeuten hören wollten.
Weil sie in Ruhe gelassen werden wollten.
So ähnlich kommt mir vor, wie du hier auf Kommentare antwortest, Ingwer.
Ich glaube schon, dass du Hilfe haben möchtest, Ingwer, nur nicht dabei, mit dem Trinken aufzuhören.
Es ist einfach, in einem anonymen Forum zu schreiben: ich bin Alkoholikerin.
Gleichzeitig schreibst du auch, du willst nicht zum "Alki" abgestempelt werden.
Vielleicht bist du noch nicht wirklich so weit, wirklich vor dir selbst zuzugeben, dass du alkoholabhängig bist.

Jeder hat ein Recht auf das eigene Tempo, auf den eigenen (Leidens-)Weg.
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
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Klein-Ida
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 11:51

ingwer75 hat geschrieben: Mo., 28.01.2019, 05:12 Telefonseelsorge hab ich dreimal angerufen, war aber muss ich sagen immer sehr enttäuschend leider. Vor allem beim letzten Anruf. Der Mann gab auch selbst zu, dass es ihn überfordert.
Es muss auch nicht die Telefonseelsorge sein, es kann auch eine gute Freundin sein,mit der du es absprichst.
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Nico
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 18:04

Ich frage mich warum es für dich überhaupt ein Problem darstellt, dass du Alkoholikerin bist?
Deinen Mann und deiner Tochter scheint es ja nicht groß zu stören, Arbeiten gehst du eh nicht also kannst du auch keinen Job verlieren, gesundheitlich werden sich die 3 Bier noch nicht wirklich arg auswirken.
Wozu also überhaupt was ändern?
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Klein-Ida
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 19:09

Nico hat geschrieben: Mo., 28.01.2019, 18:04 Ich frage mich warum es für dich überhaupt ein Problem darstellt, dass du Alkoholikerin bist?
Deinen Mann und deiner Tochter scheint es ja nicht groß zu stören, Arbeiten gehst du eh nicht also kannst du auch keinen Job verlieren, gesundheitlich werden sich die 3 Bier noch nicht wirklich arg auswirken.
Doch,nach dieser Heidelberger Studie wirken sich auch kleine Mengen Alkohol schon sehr negativ auf die Gesundheit aus.


"Schon bei nicht sonderlich großen Trinkmengen wächst die Gefahr, dass sich in der Schleimhaut von Mundhöhle, Kehlkopf, Rachen und Speiseröhre bösartige Tumoren bilden, so genannte Karzinome. Hierbei ist die Alkoholmenge entscheidend; die Art des Getränks spielt anscheinend keine große Rolle. Einer neuen Heidelberger Studie zufolge steigt das Risiko, an einem Mundhöhlen- oder Kehlkopfkrebs zu erkranken, bei 75 bis 100 Gramm Alkohol täglich, also schon drei bis vier großen Bieren oder einer Flasche Wein, um mehr als das Dreizehnfache. Wenn jemand außerdem raucht, wird das Risiko noch deutlich höher. "https://www.spektrum.de/magazin/alkohol ... ift/827481
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Nico
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 19:33

Ich hab nicht geschrieben, dass sie kein Gesundheitsrisiko hat, aber momentan dürfte sie noch keine großen Auswirkungen spüren glaube ich.
Weißt du, als ich aufhörte, war ich schon mit einem Bein im Grab und ich kenne viele die gesundheitlich schon völlig am Ende oder gar einen Schritt darüber hinaus waren als sie es Wert fanden aufzuhören. Für manche wars zu spät.
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 21:52

Nico hat geschrieben: Mo., 28.01.2019, 19:33 Weißt du, als ich aufhörte, war ich schon mit einem Bein im Grab und ich kenne viele die gesundheitlich schon völlig am Ende oder gar einen Schritt darüber hinaus waren als sie es Wert fanden aufzuhören. Für manche wars zu spät.
Ja,das glaube ich dir.

Aber ich finde es schade, wenn es erst soweit kommen muss, nur weil jemand die Risiken
nicht kennt.
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Klein-Ida
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Beitrag Mo., 28.01.2019, 22:26

Das schlimmste sind glaube ich die Entzugserscheinungen bei seelischer, sowie bei körperlicher Alkoholabhängigkeit:

Psychische Alkoholabhängigkeit

Das Verlangen nach Alkohol ist wegen seiner euphorisierenden, Stress mindernden Wirkung unbezwingbar. Der Entzug erzeugt Unruhe, depressive Verstimmungen, Angst.

Körperliche (physische) Alkoholabhängigkeit

Bei Abstinenz treten je nach Stadium leichte bis sehr schwere körperliche Entzugssymptome auf: insbesondere vegetative Störungen, Zittern, feuchte Hände, Schweißausbrüche, innere Unruhe, Herzjagen, Schlaflosigkeit, hoher Blutdruck, in sehr schweren Fällen auch Krämpfe, Halluzinationen und Bewusstseinstrübungen.

Deshalb mussten auch einige Patienten zu Hause so lange weitertrinken bis sie in der Klinik zur Entgiftung ankamen, weil sonst schwere Entzugserscheinungen aufgetreten wären.
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Beitrag Di., 29.01.2019, 10:10

Aber ich finde es schade, wenn es erst soweit kommen muss, nur weil jemand die Risiken
nicht kennt.
Trinker (Raucher, Kiffer und so weiter) mit normaler Intelligenz kennen die Risiken, doch die Sucht verdrängt oder beschönigt dieses Wissen.
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Nico
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Beitrag Di., 29.01.2019, 15:22

Die körperlichen Entzugserscheinungen können bei sehr starken Alkoholikern dramatisch sein ( Delirium tremens z.B.), beim Durchschnittsalki sind sie jedoch harmlos und nach 3 - Tagen vorbei.
Psychisch schaut es ganz anders aus.
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Beitrag Di., 29.01.2019, 16:21

Was ist denn ein "Durchschnittsalki", Nico ?
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Nico
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Beitrag Di., 29.01.2019, 16:34

:lol:
Also ich war ziemlich bedient, Fettleber, Störung des gesamten Nervensystems etc. aber ich hatte z.B. Einen Gamma GT Wert von 68
Da sind manche mit einem Wert von über 500 fast vor lachen vom Sessel gefallen.
Wir hatten einige die zuerst einige Wochen auf einer neurologischen Station soweit „hergerichtet“ wurden, dass sie von der Entzugsklinik aufgenommen werden konnten.

Daher würde ich sagen ein Durchschnittsalki ist abhängig aber nicht akut in Lebensgefahr.
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