Depression akzeptieren

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Molaika
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Depression akzeptieren

Beitrag Mo., 01.02.2021, 21:44

Hallo zusammen,

Ich bin gerade in einer Tagesklinik wegen schweren Depressionen.

Das kam alles sehr schleichend. Mein Therapeut hat im Oktober mal gesagt, dass es Depressionen sein könnten. Das wollte ich aber net wahrhaben. Weil das hört sich so negativ an.

Ja dann kamen viele Sachen zusammen und nun bin ich seit Mitte Dezember in der Tagesklinik, die endet nächste Woche.

Für mich ist es unendlich schwer das anzunehmen/akzeptieren, dass ich Depressionen habe. Auch, weil es eine Krankheit ist. Und ich will net krank sein . Als ob es meine Schuld wäre. Ich weiß einfach net, wohin mit meinen Gefühlen

Wie ist das bei euch?

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Wild Mustang
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Beitrag Di., 02.02.2021, 06:07

Also, wenn du NACH der Klinik dieses Problem hast, dann ist da wohl was schief gelaufen. :!!:

Hast du generell das Problem, die Realität zu akzeptieren? Oder zu verstehen?

Gruß

Mustang
How about I be me?

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Kellerkind
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Beitrag Di., 02.02.2021, 07:29

Auch ich finde es ein wenig spät, wenn du quasi NACH der Klinik damit ankommst. Hast du das dort nicht besprechen können?

Schwer vorstellbar. Bis eben war ich fest überzeugt, dass man eine Depression ziemlich leicht erkennen könne, an den niedergeschlagenen Gedanken, gerade eine schwere Depression muss sich doch in so was äußern? Beziehungsweise wenn man dsyfunktionale Muster und/oder ein Stall von Problemen hat, dann mag es vielleicht nur ungerne zugeben, aber tief in sich innen man weiß es doch eigentlich, dass dies und jenes "nicht ungesund"ist. (Es sei denn man hat eine Persönlichkeitsstörungen).

Wenn es nur chronische Erschöpfung, Antriebslosigkeit und Co ist, dann könnte alles Mögliche dahinter stecken.

Allerdings habe ich auch hier und da schon mal gelesen, dass sich Depressionen anders äußern könnten u.a. weil sie damit anders umgehen, z.B. Männer, die sich dann in Verdrängung, Ablenkung, Arbeit, Alkohol flüchten. Aber fällt mir schwer zu glauben.

Ich denke, die Diagnose Depression wird viel zu inflationär benutzt. Gerade in der Tagesklinik scheint es, meiner Erfahrung nach, nur drei Diagnosen zu geben: Depression, Angststörung oder Borderliner. Okay, vielleicht noch die Psychose, die ist unverkennbar. Aber differenzierter wird man da nicht.

Leider kann man sich ganz und gar nicht darauf verlassen, dass Körperlich auch wirklich alles untersucht wird. Das ist ein allgemeiner Kampf und Krampf mit der Schulmedizin. Ich selbst hab Hashimoto (Schilddrüse), und da gehört es fast schon zum guten Ton, dass man erst mal jahrelang in die Psycho-Schiene geschoben wird.
Oder Schilddrüsenwerte mit TSH von 4,2 werden noch aus "unauffällig" gehandelt, also nicht mal als hoch oder erhöht, nee, man bekommt versichert, alles wäre superduper in Ordnung, das bilde man sich nur ein.
Auf sowas wie Vitamin D-Mangel oder andere Mineralstoffmängel wird erst recht nicht getestet. Und so weiter und sofort.

Eine Depression ohne sich depressiv zu fühlen? Wie gesagt, schwer vorstellbar. Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, chronische Erschöpfung und dadurch natürlich (!) auch getrübte Stimmung hingegen... ja, das kann durchaus mit einem "gesunden, depressionsfreien Geist" zu tun haben.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "


No Twist
Forums-Gruftie
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Beitrag Di., 02.02.2021, 07:53

Ich kenne das. Ich habe eine andere Erkrankung, aber die Medikamente dagegen erinnern mich jeden Tag aufs Neue daran, dass ich nicht kerngesund bin und das nervt mich sehr. Allerdings kann es bei dir auch sein, dass das nur ein Symptom deiner Depression ist, dass du dich deshalb auch noch zusätzlich mies fühlst. Ich würde es in der Klinik ansprechen; vielleicht kannst du etwas verlängern... Depressionen vergehen und das solltest du dir einfach immer wieder sagen; sie sind in der Regel kein Dauerzustand. Sie sind dein Ist-Zustand und es gibt gute Gründe dafür, dass deine Psyche gerade streikt - die will dir was sagen. Es ist natürlich nicht deine Schuld, aber es ist deine Aufgabe, herauszufinden, was schief gelaufen ist, was du ändern solltest, damit die Depression vergeht. Der erste Schritt ist wohl dafür aber, zu akzeptieren, dass Körper und Psyche gerade Stopp geschrien haben, und erst der zweite Schritt ist, auf Ursachenforschung zu gehen. Und erst der dritte Schritt ist Veränderung. Alles Gute dir!
Ich hab an Gestern nicht gedacht und nicht an Morgen
Es ist Nacht, ich steh am Fenster
Und für einen Augenblick leb ich im Jetzt

von: Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen

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Wild Mustang
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Beiträge: 216

Beitrag Di., 02.02.2021, 08:54

Ich glaube, es geht immer darum sich selbst und die Realität zu akzeptieren, denn dann gewinnt man auch die Kontrolle darüber.

Man kann dann radikale Akzeptanz entwickeln oder man kann etwas ändern. Jedenfalls entwickelt man sich weiter. Geht aus der Opferrolle heraus.

Es ist ja eine Krankheit und kein Charakermangel oder sowas.

Auch Hilfe kann man nur annehmen, wenn Akzeptanz und Einsicht da ist.

Gruß

Mustang
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Malia
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Beitrag Di., 02.02.2021, 10:58

Molaika hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 21:44

Für mich ist es unendlich schwer das anzunehmen/akzeptieren, dass ich Depressionen habe. Auch, weil es eine Krankheit ist. Und ich will net krank sein . Als ob es meine Schuld wäre. Ich weiß einfach net, wohin mit meinen Gefühlen

Wie ist das bei euch?
Etwas zu akzeptieren, das so belastend ist und das Leben von Grund auf verändert, ist auch schwer.
Ich habe schon fast mein Leben lang Depressionen (auf dem Hintergrund einer anderen "Störung") und es gibt Zeiten, da geht es nur um diesen ersten Schritt der radikalen Akzeptanz.
Sicher gibt es in deiner Tagesklinik auch eine Sozialberatung.
Mit der könntest du Möglichkeiten besprechen, wie du dich "draußen" unterstützen kannst auf deinem Weg.
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
Samuel Beckett

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~~~
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Beitrag Di., 02.02.2021, 21:09

Molaika hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 21:44
Wie ist das bei euch?
Ja, sehe ich genauso.
Ich find krank sein und diese Sichtweise zu negativ und für mich nicht hilfreich. Also ich habe da meine Perpektive ein klein wenig verschoben. Mich von Diagnosen innerlich abgrenzt.

Die einzig wichtige Frage ist für mich:

Habe ich Probleme, Schwierigkeiten, Gefühle (oder ähnliches), die meinen Alltag sein längerer Zeit sehr negativ beeinflussen?
Falls die Antwort ja ist, definiere und konkretisiere ich diese Dinge. Es sind konkrete Probleme, die ich bewältigen möchte. Darauf konzentriere ich mich.
Und wenn mir ein Therapeut da irgendwie weiterhelfen kann und mich die Therapiestunden zum Beispiel persönlich weiter bringen gut. usw.
Aber es ist mir egal wie sie's nennen.

Diagnosen sind gedankliche, abstrakte Konstrukte, die nichts mit mir als Person zu tun haben.
Ich muss auch nicht wissen wie der lateinische Ausdruck für Ellenbogenbruch ist, wenn ich weiß, dass mir ein Gips hilft.
Ich denke, es ist gut und richtig sich davon abzugrenzen. Zumindest für mich.

Ich lebe besser damit, es nicht als "krank" zu sehen... sondern eher als ganz natürliche Persönlichkeitsentwicklung.

Das gilt nur für mich.
Weil ich mit dieser Perspektive besser Hilfe annehmen kann. Ist natürlich keine allumfassende Wahrheit.
Aber ich arbeite lieber an meinen Problemen und dafür muss ich nicht "krankheitseinsichtig" sein, wie einem so in Kliniken weisgemacht wird.
Das ist Quatsch.
Man kann auch so ehrlich zu sich selbst sein und seine Probleme ernst nehmen und sich für Diagnosen kaum interessieren.
Ich habe deshalb nie über Diagnosen gesprochen weder mit Psychiatern oder Psychologen. Klar, kurz war ich mal neugierig, wie sies nennen, aber ich blende das ansonsten aus. Wussten eben auch alle und haben das berücksichtigt

Ich erinnere mich dann immer daran, dass Homosexualität bis in die 1980er Jahre ne Krankheit war. :lol: da is für mich als offener, toleranter Mensch dann irgendwie auch klar, dass Diagnosen Herrschafts und Machtkonstrukte sind.
Einfach mal über den Tellerrand schauen und nicht alles so ernst nehmen.

Kann natürlich sein, dass du jetzt irgenwas unter dem Titel Depression liest, was dir weiterhilft. Gut.
Aber dazu musst du dich nicht als krank sehen.

Ich denk mir immer da haben Leute irgendwas unter ner Diagnose zusammen gefasst, was teilweise vielleicht auf mich zutrifft. Aber die Welt ist im Wandel und Diagnosen auch. So ist die Diagnose nicht in Stein gemeißelt.
Um sich weiter zu entwicken und lernen mit sich und seinen Problemen umzugehe , braucht man keine Diagnose. Ich finde sich als krank zu sehen, lähmt einen nur und nimmt einen irgendwie die Motivation. Zumindest ist es bei mir so.

Also Fazit: Akzeptiere DICH mit deinen ganz persönlichen Problemen. Akzeptiere deine Gefühle auch deine negativen. Akzeptiere, dass du es vielleicht schwerer hast als andere und vergleiche dich nicht. Akzeptiere, dass du längere Zeit etwas dafür tun musst damit es dir besser geht.

Dazu brauchst du dich nicht als krank sehen.
Hauptsache du siehst dich - wieder.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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Airo
Helferlein
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Beitrag Mi., 03.02.2021, 11:08

Ich kann das gut nachvollziehen. Bei meinen ersten psychischen Diagnosen war ich noch froh endlich zu wissen, was mit mir los ist.
Bei der letzten Diagnose brauchte ich 3 Jahre sie zu akzeptieren.

Hast du einen Therapeuten, der dich nach der Entlassung aus der Klinik begleitet?

Das könnte dir vielleicht helfen.

Lieben Gruss
Airo

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slowlowlobster
sporadischer Gast
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Kontakt:

Beitrag Di., 02.03.2021, 20:47

Mir geht es sehr ähnlich.
Depressionen werden immer noch in unserer Gesellschaft negativ belastet. Ich denke mir manchmal, dass es ja keine richtige Krankheit ist. Ein Beinbruch kann man einfach besser erklären.
Aber ich weiß, dass Depressionen eine Krankheit sind und deshalb arbeite ich im Moment sehr intensiv an der Akzeptanz.
Mir hilft es, darüber zu schreiben und mich meinen engsten Menschen anzuvertrauen. Die positiven Rückmeldungen fühlen sich sehr gut an!
Du bist mehr als deine Depression

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Democracy Coma
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Di., 03.08.2021, 14:29

Hallo.

Hilft es euch, wenn ihr eure Depressionen akzeptiert anstatt gegen sie anzukämpfen?
Wo ist da aber die Grenze zu "sich gehen lassen"?

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weiblich/female, 26
Beiträge: 1597

Beitrag Di., 03.08.2021, 19:22

Democracy Coma hat geschrieben: Di., 03.08.2021, 14:29 Hallo.

Hilft es euch, wenn ihr eure Depressionen akzeptiert anstatt gegen sie anzukämpfen?
Wo ist da aber die Grenze zu "sich gehen lassen"?
Ich denke, dass muss man mit der Zeit lernen. Manchmal ist es besser z. B. rauszugehen unter Menschen, quasi gegen ankämpfen. Obwohl ich das so nicht bezeichnen würde. Man muas wohl für sich ganz persönlich herausfinden, was wann und wie genau die Situation erträglicher macht.
Manchmal ist es vielleicht einfach mal ein Tah vor sich hinvegetieren, nichts tun und sich wirklich mal gehen lassen ohne schlechtee Gewissen. Das kann ja auch mal ganz gut tun. Aber wenn man das zum Beispiel 3 Tage hinteeeinander macht oder mehr, kann das auch wieder sehr schlecht für einen selbst sein.

Es geht einem ja auch nicht jeden Tag gleich schlecht. Also hilft einem jeden Tagnauchnetwas anderes.
Ich finde, man sollte sich dabei nur niemals mit anderen vergleichen. Nur weil andere 3 Tage hinteeeinander leistungafähig sind, heißt das ja für einen selbst gar nichts.
Für einen selbst muss man eben herausfinden, was man kanm ohne sich unter odee überzufordern. Da dass so individuell ist, kann einem das keinee abnehmen.

Ich denke, es gibr nicht die beiden Polen akzeptieren oder ankämpfen.
Es gibt viele Dinge, die man tun kann, damit es einem besser geht. Und wenn es auch an manchen Tagen nur winzige Kleinigkeiten sind. Egal.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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Sinarellas
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Beiträge: 2010

Beitrag Mi., 04.08.2021, 12:17

"Ich denke mir manchmal, dass es ja keine richtige Krankheit ist."
Nun also, aber ja, das ist eine Krankheit voll und umfänglich, nämlich dann wenn man unter etwas leidet, also das gegenteil von:
“Ein Zustand des umfassenden körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht lediglich das Freisein von Krankheit und Schwäche”
..:..

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PiPaPo
sporadischer Gast
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Beiträge: 6

Beitrag Fr., 03.09.2021, 18:45

Für mich ist es unendlich schwer das anzunehmen/akzeptieren, dass ich Depressionen habe. Auch, weil es eine Krankheit ist. Und ich will net krank sein . Als ob es meine Schuld wäre. Ich weiß einfach net, wohin mit meinen Gefühlen



Hallo Molaika,

ich kann deine Sichtweise nachvollziehen, außer dass du schreibst "als ob ich selbst dran Schuld wäre". Denn wenn es sich um eine Krankheit handelt, ist ja gerade das Gegenteil der Fall. Dass du es schwer akzeptieren kannst, ist wiederum absolut verständlich. Eine Krankheit zu akzeptieren, egal ob physisch oder psychisch ist immer schwer, denke ich.
Also ich kann nur aus meiner Perspektive berichten und muss sagen, dass es mir persönlich sehr geholfen hat die Depression als Krankheit anzusehen, um überhaupt Hilfe annehmen zu können (vielleicht hilft das ja ;-) ). Jetzt bin ich in Therapie und kann den Umgang mit der Krankheit verbessern und lerne, wie ich meinen Gesundheitszustand beeinflussen kann.

Wie geht es dir denn mittlerweile? Hat es dir vielleicht geholfen, das Ganze anders zu betrachten wie mein(e) Vorredner(in) erläutert hat?
Ich wünsche dir jedenfalls alles Gute und viel Kraft damit umzugehen, egal in welcher Weise.

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