Glaubt mir! Missbrauch in der Therapie

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alatan
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Beitrag Sa., 18.11.2023, 10:02

kaja hat geschrieben: Sa., 18.11.2023, 07:40
So driftet mal wieder alles ab vom Kernthema. Seite 3 und es geht nicht mehr um die abartigen Verbrechen die durch Therapierende verübt wurden und den Misstand des Systems, dass den Täter schützt.

Hauptsache es ist klar, dass auch Therapierende mit psychischer Störung noch tolle Therapierende sein können oder sich vielleicht genau deshalb noch viel mehr eignen.

Es ist wirklich frustrierend.
Was genau frustriert dich?

Glaubt jemand, dass, wenn bei Verleihung der Approbation gefragt würde: Sie Sie pädophil? jemand dies bejahen würde? Und selbst wenn, so ist diese Veranlagung keine Straftat. Übrigens sind vermutlich mehr als die Hälfte der Päderasten nicht pädophil.

Zum anderen: Die weitaus meisten Schäden an Patienten werden nicht durch strafrechtliche Handlungen - so schlimm diese im Einzelfall auch sein mögen - vollzogen, sondern durch - zumeist unbewussten - psychischen Missbrauch, der wiederum in den weitaus überwiegenden Fällen überhaupt nicht nachweisbar ist, schon gar nicht strafrechtlich. Er beruht auf schweren Übertragungsneurosen, die wiederum dadurch entstehen, dass die allermeisten Psychotherapeuten eine völlig unzureichende eigene Therapie durchlaufen haben oder sogar mit ihren Therapeuten selbst in übertragungsneurotischer Verwicklung stecken geblieben sind.

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stern
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Beitrag Sa., 18.11.2023, 11:40

kaja hat geschrieben: Do., 16.11.2023, 20:05
Seien es berufliche Qualifikationsnachweise oder gesundheitliche Vorgaben.
Eine Reglementierung die z B. Therapierende mit Persönlichkeitsstörungen oder Pädophile nicht zuzulassen, ist also durchaus möglich.
Nur klarstellend: Ich behauptete nichts abweichendes. Aber ein Berufsverbot aufgrund mangelnder gesundheitlicher Eignung wird kaum auf die Ewigkeit greifen, z.B. bei Heilung. Bei einer Persönlichkeitsstörung denkbar. Bei Pädophilie weiß ich es nicht.

Davon ab: Und dann kommt hinzu: Solche Diagnosen sind "schwammiger" als ein glatter Beinbruch. Die Tendenz, dass manche Problematiken in der Ausbildung oder Supervision verschwiegen werden, könnte steigen, wenn daraufhin jemand ein Berufsverbot aussprechen kann. Btw.: Wer schau, wie koscher die Kontrolleure sind.

Ich würde wie Altan annehmen, dass der größte Block an Schäden aus Übertragungsneurosen resultiert. Umso wichtiger, dass Schwierigkeiten offen angesprochen werden können.

Ich wäre ja auch dafür, dass nur aufgeräumte Menschen therapieren, was eben nicht unbedingt der Fall ist. Und das habe ich ja auch schon oft selbst kritisiert.
Nur sehe ich auch Schwachpunkte solcher Maßnahmen. Ein Strafgericht kann m.W. bei einer Straftat ein Berufsverbot aussprechen, evtl. begrenzt, aber auch dauerhaft möglich. Nur ist das dann eher eine Präventivaßnahme (nicht erneut). Und auch bei Straftaten wird gesellschaftlich ja eine Resozialisierung angestrebt bzw. dass jemand daraus lernte. Und die Hürden sind dann eben höher auf Ewigkeit etwas zu verbieten bzw. präventiv (bezogen auf die Allgemeinheit, die zukünftig geschützt werden soll), also je heftiger die Maßnahme ist
Wie sicher solche Einschätzungen sein können, ist halt auch so eine Sache.

Und ob die dahinter stehende Sichtweise und Implikationen dann nur auf Ärzte und PT beschränkt bliebe, hmm. A la: Sicherheitshalber erlauben wir ihnen gar nicht erst Lehrer zu werden, weil sie mal krank waren...

Von einer vernünftigen Lehrtherapie würde ich mir jedenfalls mehr versprechen. Aber selbst da wird man nicht ausschließen können, dass sich jemand durchlarvieren kann.
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stern
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Beitrag Sa., 18.11.2023, 15:55

Ich habe es mal angesehen:
Die Möglichkeit eines Berufsverbot durch ein Strafgericht ist bereits jetzt nicht auf PT bzw. Ärzte beschränkt... und auch nicht auf sex. Missbrauch beschränkt

Berührt mMn einen Kern unserer Kern unsere Rechtsordnung unter welchen Voraussetzungen ein Strafgericht dauerhaftes Berufsverbot ausgesprochen werden kann, was ein schwerer Eingriff ist. U.a. eine drohende Gefahr (bezogen auf die Zukunft) und die Erwartung, daß die gesetzliche Höchstfrist [mehrere Jahre] zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht.

Da ist schon die Frage, inwieweit will man das aufweichen. In BY oder noch gravierender in anderen Ländern ist z.B. die Präventivhaft umstritten.

Oder nicht bezogen auf den Beruf, sondern die Unterbringungen: Ich meine, es gibt ja auch andere Menschen, die sich oder andere gefährden können. Eine Diagnose ohne Anhaltspunkte für eine akute Gefährdung reicht auch eher nicht aus.
Oder will man dahin kommen, weil es dann vermeintlich? sicherer werden würden, wenn man Menschen mit best. Diagnosen auf verschiedene Art aus dem Verkehr zieht? Und am besten davon ausgehen, dass sich Menschen auch nicht nach Jahren ändern können, sondern zeitlebens eine Gefahr darstellen?

Vllt. ist das kein regulatorisches Problem, sondern schwer, dass in jedem Fall passendend zu prognostizieren?

Auch eine Neigung wäre noch kein Vergehen, wie schon angemerkt wurde.
Oder sollte man sicherheitshalber bereits an diversen Neigungen ansetzen?

Tangiert eben auch Grundrechte, Berufsfreiheit, etc
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Beitrag Sa., 18.11.2023, 18:44

Ja, wahrscheinlich kann man bei allen Straftätern auch eine psychische Störung diagnostizieren. Notfalls antisoziale /narzisstische Persönlichkeitsstörung oder irgendwas mit Impulskontrollstörung geht wahrscheinlich immer. Ich halte es auch für sinnvoll, ausreichend Hilfe/Therapiemöglichkeiten zur Verfügung zu stellen für die Personen, die das in Anspruch nehmen möchten.
Ich halte es aber für nicht relevant und nicht hilfreich, immer im Zusammenhang von Kriminalität auf eine psychische Erkrankung hinzuweisen.

Ich finde das Thema hier auch sehr wichtig und Strategien zu überlegen, solche Fälle zu verhindern, die es viel zu häufig gibt.

Warum es in solchen schlimmen Fällen wie hier nicht zu einem Berufsverbot kommt, kann ich auch nicht nachvollziehen. Da ist die Chance dann einfach verspielt und man kann einen anderen Beruf ausüben. Das wäre ja auch ein deutliches Zeichen zur Abschreckung für alle anderen TherapeutInnen. Auch, weil es sich wie auch hier meistens nicht um einen Einzelfall des Täters handelt und die Dunkelziffer wahrscheinlich noch höher ist.
Es gibt auf jeden Fall auch die Möglichkeit, das Berufsverbot nach Straftat einzugrenzen, was auch mindestens umgesetzt werden müsste, z.B. keine Arbeit mit Kindern, weiblichen Personen, keine psychotherapeutische Tätigkeit bei Ärzten…

Ich halte Maßnahmen für notwendig, die den Menschen in Machtpositionen, diese bei Missbrauch entziehen und zusätzlich andere Strukturen, dass eine einzelne Person erst gar nicht so viel Macht über jemanden hat.

Ich denke, eine Ausweitung des Angebots würde helfen. Wie oft kommen Menschen aus Missbrauchssituationen nicht raus, weil sie keine anderen Hilfsmöglichkeiten kennen oder sehen.
Die Idee, direkt zu Therapiebeginn Informationsblätter aushändigen zu müssen, finde ich gut. Darauf könnten Kontaktdaten zu Stellen wie dem Ethikverein stehen, ermutigt werden, Zweit-/Drittmeinungen bei anderen TherapeutInnen einzuholen, Hinweise auf Grenzüberschreitungen, Rechtsbeistand anbieten, anderweitige/zusätzliche Hilfsmöglichkeiten wie sozialpsychiatrischer Dienst, begleitende Ergo-/Kunst-/Körper-/Musiktherapie, psychiatrische Anbindung.

Öffentlichkeitsarbeit wie dieser Fernsehbeitrag, um über Missstände in Therapien zu informieren und die Glaubwürdigkeit der Betroffenen zu erhöhen.
Austausch unter PatientInnen über Erfahrungen in Therapie. Außenstehende, die selbst keinen Bezug zu Therapie haben, können das glaub ich auch gar nicht so gut einschätzen. Mir hat das Lesen hier im Forum geholfen.

Bei Kindern finde ich die Sache aber wirklich noch schwieriger. Da hilft glaub ich am besten gezielte Arbeit in Kindergärten und Schulen usw., eigene Grenzen wahr- und ernstzunehmen, Stopp sagen zu dürfen, Vertrauenspersonen anbieten, die einschreiten, wenn nicht darauf gehört wird… Vielleicht könnte man auch die Kinder untereinander für einen Austausch vernetzen oder regelmäßige Termine bei einer anderen Person, um den Therapieverlauf zu besprechen.

Mir hat es halt immer geholfen, Missstände zu erkennen und als Unrecht wahrzunehmen, die für mich eigentlich normal waren, wenn ich gesehen habe, dass es auch anders laufen kann und ich dann einen Vergleich hatte.

Zu psychischer Gewalt ist in der gesamten Gesellschaft noch Aufklärungsarbeit notwendig, sie bewusst zu machen, damit sie leicht erkannt wird und entsprechend eingestuft wird. Strafrechtlich sind die Möglichkeiten da wohl eher begrenzt.

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stern
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Beitrag Sa., 18.11.2023, 19:16

Habe es mal nachgesehen.

Es wurde ein Berufsverbot verhängt von 5 Jahren. Das ist sogar die Höchstgrenze nach dem StGB

Um darüberhinaus den Beruf dauerhaft zu untersagen, sind die Hürden naturgemäß noch höher. Hängt dann insbes. auch von der Gefahrenprognose ab, also dass zu erwarten ist, dass über die 5 Jahre hinaus von einer konkrete Gefahr auszugehen ist. Wie sicher sowas in jedem Fall einzuschätzen ist, mag jeder selbst abwägen. Eine reine Störung oder Möglichkeit oder Neigung langt nicht. Ob es die erste Verurteilung ist, spielt im Strafrecht normal auch eine Rolle, usw.

Auch ein Depressiver kann nicht ohne Gefährdungssituation einfach untergebracht werden. Und bitte: Wer würde noch darüber reden, wenn es nicht Voraussetzungen für solche Freiheitsbegrenzungen gäbe, sondern die Annahme einer Möglichkeit langen würde. Oder es hieße: Einmal depressiv, immer eine Gefahr.

Das hat auch einen verfassungsrechtlichen Hintergrund. In anderen Ländern ist man weniger zimperlich, rein präventiv jemanden aus den Verkehr zu ziehen, evtl. gar ohne Prozess. Ob das erstrebenswerter ist, hmmm.

Ich beziehe mich hierbei auf die strafrechtliche Dimension.

Und wie gesagt: An der Gefahrenprognose wird einiges hängen... also sozusagen darin, wie gut man auch die fernere Zukunft vorhersagen kann.
Die Strafnorm gibt es ja. Und wohlgemerkt: Das bezieht sich nicht nur auf Ärzte.
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Beitrag Sa., 18.11.2023, 20:18

5 Jahre sind echt nicht viel, wenn die Zeit sogar noch mit der Haftstrafe zusammenfällt, aber das wird hoffentlich in der Beurteilung mitberücksichtigt.

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Beitrag Sa., 18.11.2023, 21:29

Man findet ein paar Presseberichte.

Ich denke schon, dass dahinter der Grundgedanke steht, ob sich Menschen ändern können oder ob man jemanden dauerhaft wegsperrt (bzw. die berufliche Eignung abspricht) a la einmal Täter immer Täter und gefährlich. Die Mutter würde ihn verständlicherweise lieber dauerhaft in Sicherheitsverwahrung wissen.

Bzw. ob man auch ohne konkret Gefährdungen drakonische Strafen aussprechen könne sollte, z.B Haft, Unterbringung, Berufsverbot. Das kann dann gut und gerne auf andere zurückfallen... und ist auch nicht für jeden verträglich.
Zuletzt geändert von stern am Sa., 18.11.2023, 22:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Sa., 18.11.2023, 21:50

Ja stimmt. Den Grundgedanken finde ich auch wertvoll. Absolute Kontrolle gibt es sowieso nicht.
Umso wichtiger die andere Seite der Patienten zu stärken und die Strukturen so zu schaffen, dass man sich am besten bei ersten Anzeichen daraus befreien kann und aufgefangen wird und so die Schäden in Grenzen hält.

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stern
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Beitrag Sa., 18.11.2023, 23:53

Taten sind halt auch nicht auf best. Gruppen beschränkt. Häusliches Umfeld, Verwandtschaft, ehrenamtlicher Fussballtrainer, Hausmeister in der Schule, Pastor, Lehrer, überall. Daher müste man den Bogen in der Prävention eh weiter spannen. Und wer es darauf anlegt, wird andere Möglichkeiten suchen.
Neulich las ich von einem Missbrauch einer dementen Frau, was mir immer noch nachgeht. Auch ein weniger wehrhafter Personenkreis.

Es gibt z.B. das Programm kein Täter werden.
Das ist jedenfalls keine zwangsläufige Folge.
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