Idealisierung vom Therapeuten und private Fragen an ihn

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Inga
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Beitrag Mo., 18.03.2024, 09:08

Es könnte sein, so als Idee, dass Deine Fragen eher mit dem Versuch einer Ent-Idealisierung Deines Therapeuten zu tun haben. Dass Du gern "fühlbare" Belege dafür hättest, dass Dein Therapeut ein normaler Mensch mit einem normalen Leben ist, und eben keine Idealfigur.
Mir ist beim Lesen Deines Beitrags spontan das "Safewards"-Modell auf psychiatrischen Akutstationen eingefallen. Da wird durch ganz unterschiedliche "Interventionen" versucht, das Klima auf so einer Station möglichst angenehm und friedlich zu gestalten, so dass die Patient:innen dort eine therapeutische Umgebung erleben können (was leider nicht selbstverstänlich ist). Eine dieser Interventionen ist, dass die Mitarbeitenden sich z.B. auf einem auf der Station ausgehängten Plakat vorstellen, und zwar ausdrücklich auch mit der einen oder anderen privaten Angabe, Hobbys, Lieblingsmusik o.ä. - um für die Patient:innen als Mitmenschen spürbar zu werden.
Ich weiss nicht, ob Dein Anliegen in diese Richtung geht, aber es wäre sicher interessant, da mal in der Therapie hinzuschauen. Jedenfalls ist es nicht aussergewöhnlich und vielleicht eine gute Übung, im therapeutischen Rahmen etwas zu fragen, was Dir sehr peinlich ist.
So könntest Du das Gespräch auch beginnen, mit "Ich würde Sie gern etwas fragen, mir ist das aber sehr peinlich" - etwa so, wie SinnIch das schon geschrieben hat.

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Louna
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Beiträge: 648

Beitrag Mo., 18.03.2024, 11:36

Ach, ich habe auch schon des Öfteren meine Therapeutin gefragt, wo sie in den Urlaub hinfährt oder manches Privates. Ich sage aber immer dazu, dass ich nicht weiß ob es eventuelle Grenzen übertritt...
Wo sie wohnt möchte ich gar nicht wissen, das würde mich sehr verunsichern.

Außerdem habe ich meine eigene Phantasiewelt von ihrem Leben. Nein, ich denke nicht dauernd darüber nach, aber manchmal wenn ich mehrere Monate nicht in Therapie gehen kann, dann denke ich mir in meiner Welt, wie sie wohl gerade wohnt oder was sie macht oder wie ich sie innerlich erreichen kann. Ich möchte nicht das meine eigene Phantasiewelt zerbrochen wird, das soll bitte schön so bleiben.

Mehr als "Nein, das möchte ich nicht beantworten" oder "das geht sie nichts an" kann beim Fragen nicht passieren.
Natürlich könntest Du auch etwas schriftlich verfassen wenn es Dir so sehr peinlich ist und es der Therapeutin zum Lesen geben. So habt ihr eine gute Gesprächsbasis und könnt darauf aufbauen.

Ich werde meine Therapeutin diese Woche fragen, ob sie in den Osterferien weg fährt. Die Antwort ist "Ja, ans Meer" oder "Nein, ich bin zu Hause". Und das finde ich völlig Ok und bin sehr dankbar dass sie das so sagt und nicht anders.


Thread-EröffnerIn
Eichhörnchen_
neu an Bo(a)rd!
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Beiträge: 2

Beitrag Mo., 18.03.2024, 18:02

Fairness hat geschrieben: So., 17.03.2024, 17:54 Hast Du inzwischen auch eine Phantasie dazu, wie Dein Therapeut so lebt?
Und, wie ist Dein Leben, und wie stellst Du Dir Dein Leben in Zukunft vor? :)
Ich stelle mir das Leben meines Therapeuten toll und perfekt vor... in meiner Vorstellung ist seine Ehe toll, seine Familie super, alles läuft nach Plan, sollte mal was schlecht sein weiß er doch am besten wie er damit umgehen muss usw.

Mein Leben im Gegenzug dazu ist nicht so toll... Ich hatte Pläne, wollte bis zu einem gewissen Alter bestimmte Dinge erreichen... Jetzt ist es so, dass ich seit einigen Jahren im Reha-Geld-Bezug bin, weil ich aufgrund der Angststörung arbeitsunfähig bin, jahrelang extreme Probleme hatte das Haus zu verlassen - mittlerweile geht es mir etwas besser aber trotzdem waren da diese Pläne, die sich nicht bis zu einem bestimmten Alter erfüllen haben lassen und denen ich "nachtrauere".
Inga hat geschrieben: Mo., 18.03.2024, 09:08 Es könnte sein, so als Idee, dass Deine Fragen eher mit dem Versuch einer Ent-Idealisierung Deines Therapeuten zu tun haben. Dass Du gern "fühlbare" Belege dafür hättest, dass Dein Therapeut ein normaler Mensch mit einem normalen Leben ist, und eben keine Idealfigur.
Ja ich kann mir auch vorstellen, dass es mir gut tun würde von ihm zu hören, dass er auch ein ganz normaler Mensch mit einem ganz normalen Leben ist...
Wenn ich logisch darüber nachdenke, weiß ich natürlich, dass er auch einfach nur ein "normaler" Mensch ist, aber ich habe ihm so viel zu verdanken und bin auch immer der Meinung, dass ich das alles nur dank ihm geschafft habe und niemals etwas ohne ihn schaffen werde... Und ich glaube dass ich ihn deshalb auch als so "perfekt" sehe und ihn mir mit einem "perfekten" Leben vorstelle.
lisbeth hat geschrieben: So., 17.03.2024, 20:17 warum schreibst du von "Idealisierung" (im Titel)? Was lässt dich glauben, dass es mit Idealisierung zusammenhängt, dass du diese Dinge von ihm wissen möchtest?

"Idealisierung" im Titel auch deshalb, weil ich anfangs einen längeren Beitrag geschrieben hatte und ihn dann doch wieder gelöscht habe, um nicht sofort zu sehr in die Tiefe zu gehen und einen ewig langen Beitrag zu verfassen. Mir war es dann wichtig, erstmal so ganz allgemein eure Meinung dazu zu hören.

Vor ein paar Monaten war es so, dass es mir an den Wochenenden immer sehr schlecht ging. Ich habe mit dem Therapeuten darüber geredet und mich dann auch irgendwann (total nervös und aufgeregt) getraut ihm zu sagen, dass ich viel über ihn und sein Leben nachdenke... Dass ich zwar weiß, dass er unter der Woche arbeiten geht wie jeder "normale" Mensch, aber dass ich eigentlich ja garkeine Ahnung habe, was er am Wochenende so macht... Er hat mich daraufhin gefragt, was ich denke, dass er macht... Ich denke halt, dass er eine schöne Zeit mit seiner Familie hat, tolle Unternehmungen macht, jede freie Minute sinnvoll zu nutzen weiß... - also nur positives. Und da habe ich dann auch zu ihm gesagt, dass ich selber denke, dass ich ihn idealisiere...

Ich muss dazu sagen, dass ich leider dazu neige, Abhängigkeiten zu entwickeln... Wir haben die Therapieabstände von anfangs wöchentlich auch auf mittlerweile alle 4 - 5 Wochen verlängert, um eine Abhängigkeit zu lösen und mich langsam auf das Therapieende vorzubereiten... Mir geht es mit den langen Abständen auch nicht so gut und das sind eben dann auch die Phasen, wo ich viel über den Therapeuten und sein Leben nachdenke...

Liebe Grüße,
Eichhörnchen

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 18.03.2024, 18:49

alle vier bis fünf Wochen eine Stunde ist ja leider auch nicht mehr so richtig Therapie.
Du denkst viel über den Therapeuten und sein Leben nach - aber was ist mit deinem Leben? Wie geht es dir, was hat sich verbessert durch die Therapie? Und was nicht? Gibt es aus deiner Sicht noch weiteren Therapiebedarf, was könnte und sollte sich ändern?
Es wäre sehr wichtig dass du dich auf dich und dein Leben konzentrierst, nicht auf Fantasien um diesen Therapeuten. Der im übrigen auch austauschbar ist!

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Sinarellas
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Beitrag Mo., 18.03.2024, 19:14

ist halt auch eine wunderbare Ablenkung vom Wesentlichen. Daran hält man fest.
..:..

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candle.
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Beiträge: 15043

Beitrag Mo., 18.03.2024, 21:03

Hallo,

also in der Eingangsfrage schreibst du, dass du dich nicht traust den Therapeuten zu fragen wie sein Privatleben aussieht?
Eichhörnchen_ hat geschrieben: Mo., 18.03.2024, 18:02 Vor ein paar Monaten war es so, dass es mir an den Wochenenden immer sehr schlecht ging. Ich habe mit dem Therapeuten darüber geredet und mich dann auch irgendwann (total nervös und aufgeregt) getraut ihm zu sagen, dass ich viel über ihn und sein Leben nachdenke... Dass ich zwar weiß, dass er unter der Woche arbeiten geht wie jeder "normale" Mensch, aber dass ich eigentlich ja garkeine Ahnung habe, was er am Wochenende so macht... Er hat mich daraufhin gefragt, was ich denke, dass er macht... Ich denke halt, dass er eine schöne Zeit mit seiner Familie hat, tolle Unternehmungen macht, jede freie Minute sinnvoll zu nutzen weiß... - also nur positives. Und da habe ich dann auch zu ihm gesagt, dass ich selber denke, dass ich ihn idealisiere...
Und nun hast ihn doch vor einigen Monaten gefragt?

Wo ist jetzt der Sinn deiner Frage?

candle
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Shukria
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Beiträge: 1503

Beitrag Mo., 18.03.2024, 22:02

Naja wirklich gefragt hat sie ihn ja nicht sondern stattdessen gesagt was sie denkt, das er tut. Direkt fragen hat sie sich nicht getraut.

Ich sehe es wie chrysokoll, wenn ihr schon in der Ablösungsphadr seid wäre es wichtiger zu schauen was von deinen Zielen du! erreicht hast und was du mit deinem Leben nun (ohne die Therapie, den Therapeuten ) anfangen willst

Wenn du eine Angststörung hast hat die Beziehung zum Therapeuten ja auch einen Gewunn für dich, den du mit dem Ende der Therapie verlierst.

Hast du denn außer zum Therapeuten, gute Kontakte? Nur ausschleichen lassen reicht nicht, das was du in der Beziehung findest und dir hilft musst du nun in anderen Beziehungen suchen und das aktiv angehen.

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