Zögerlichkeit

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montagne
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Zögerlichkeit

Beitrag Do., 12.03.2009, 13:18

Hallo,
wie geht ihr mit Zögerlichkeit um?
Ich bin selbst sehr zögerlich und es stört mich. Ich würde es gerne ändern, aber noch scheint mir da etwas zu fehlen. Es kostet mich wahnsinnig viel Energie und meist sind es nur punktuelle Aktionen, die ich schaffe.

Ich will mal beschreiben, wie ich es bei mir wahrnehme:
Zum einen neige ich zur Aufschieberities, was aber nicht mein Hauptproblem ist (dennoch ist es ein Problem). Dh. Ich schiebe unangenehme Tätigkeiten von Wäsche zusammenlegen über Behördengänge bis hin zu bewerbung schreiben auf. Oft ist da der Gedanken, „jetzt nicht, weil...“ Ich tue es oft nur, wenn Druck da ist. Bewerbungen schicke ich grundsätzlich erst am letzten Tag ab, von behörden lasse ich mir Mahnungen zuschicken und um die Wäsche kümmer eich mich erst, wenn schon ein Berg gewaschener Wäsche da liegt und ich ihn paar Mal von der Couch auf den Sessel und zurück geräumt habe und es mich wirklich nervt.

Selbst Dinge, die ganz eindeutig zu meinem Vorteil sind schiebe ich oft auf. Wenn ich Abens nach Hause komme und eine Freundin mir auf den AB gesprochen hat, mit der Bitte um Rückruf, dann komme ich meist erst gar nicht auf die Idee sie sofort anzurufen. Selbst dann nicht, wenn ich genau weiß, es geht nur darum kurz Infos auszutauschen oder gar darum, das sie mir bei etwas helfen will. Meine Gednaken sind dann so.. „Nee erstmal Sporttasche auspacken, Essen, Trinken, Hinsetzen, kurz Beine ausruhen.“ Und dann wenn ich das alles getan habe, denke ich „Ach nee jetzt ist es zu spät und ich bin müde.“ So rufe ich meist erst am nächsten Tag zurück oder am übernächsten.
Wenn ich in einer Beziehung etwas ansprechen möchte, selbst wnen abzusehen ist, dass es für mich keine negativen Konsequenzen haben wird oder wnen es etwas sehr gutes ist, zögere ich. Warte auf die „richtige gelegenheit“, die Gefühlt oft nicht kommt.
Oder ich will einen Kurs machen und überlege ewig, bis die Anmeldefrist rum ist oder der Kurs schon voll ist.

Und selbst bei Dingen, die ich ausnehmend gerne tue, fühle ich mich zumidnest zögerlich: Wenn der Tag sich dem Ende neigt, überlege ich: „Gehe ich jetzt zum Sport oder trinke ich erstmal einen tee oder ess ne Banane?“ Dann vergeht wieder Zeit in der ich das übelrege oder tue, dabei weiß ich vom Kopf her, dass es so schnuppe ist, weil es im Sportstudio gratis getränke gibt und zur Not kann ich mir dort auch einen Snack kaufen. Ich bräuchte also nicht zögern, des hat hat keine unangenehmen Konsequenzen, wnen ich einfac so los fahre. Ichw erde in keinen Fall Hunger oder Durst leiden müssen.

Kennt ihr sowas von euch? Worum liegt es? Wie kann man es überwinden? Ich meine, ich will ja nicht total spontan werden. Es hat ja auch etwas gutes, ich habe noch nie im Leben etwas wirklich dummes getan, was ich nachhaltig bereut habe. Und wenn ich was beginne, bringe ich es auch zu Ende, weil ich mit Abbrechen ja auch dann zögerlich bin.
Aber so wie es jetzt ist, stresst es mich einfach und ich habe den Eindruck es kostet Energie.

Ich habe in letzter Zeit versucht es zu ändern, aber oft denke ich in den Situationen gar nicht daran, das ich es auch anders machen könnte. Und wenn ich dran denke, gelingt es mir nicht unbedingt. Manchmal ja, und dann bin ich auch froh, auch wenns nur eine Kleinigkeit war. Aber einen nachaltigen Effekt hat es bisher noch nicht gehabt.
amor fati

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clematis
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Beitrag Do., 12.03.2009, 13:27

du sprichst mir aus dem herzen. ...nur dass ich manche dinge nicht zu ende bringe...
manchmal zwinge ich mich etwas zu tun, ich sage mir dann, wenn du xy jetzt nicht tust, dann passiert z (auch wenn xy und z in keinem zusammenhang stehen und die beziehung eher abstrakt ist) - dieses "manchmal" ist viel zu selten und mündet dann eher in blindwütigen aktionismus, von dem ich mich dann auch wieder erholen muss.

vielleicht liegt es am schwachen charakter. wenn ich antworten darauf habe (z.b. wenn die thera etwas fortgeschritten ist), dann geb ich sie hier weiter... *g*
"Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten. In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis."
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hawi
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Beitrag Fr., 13.03.2009, 13:20

Hallo vallée ,

ich bin wie du ein Zögerer, verteidige mit dir das Ja-aber. Das gehört zum Zögern ja dazu und ist oft durchaus richtig. Im richtigen Moment zu zögern, wo andere vielleicht sofort losrennen, ohne zu wissen wohin, ohne auf Folgen zu achten, da ist zögern erst mal eine Fähigkeit, ein Können.
Etwas nach zögern anzufangen und zu Ende zu bringen, weil man beim abbrechen auch wieder zögert? Da kann ja was dran sein, jeder dürfte seine Art zögern haben, ich für mich habe das immer positiver gesehen. Auch ich mache Sachen, die ich nach zögern beginne, soweit es geht zu Ende, wenn sie denn ein Ende haben, oder bleibe eben einfach lange dabei.
Nach dem, was ich daran betrachtet habe, war/ist der Grund dafür, dass mir weniger Zweifel als anderen im nachhinein kommen. Wenn ich bewusst zögere, nutze ich die Zeit ja, um mir vorher über einiges klar zu werden, auch Zweifel im vornherein auszuräumen. Wenn ich dann also tatsächlich etwas beginne, kommen mir viele Bedenken einfach nicht mehr, bin ich überzeugt von dem, was ich da tue, folge meiner bewussten Entscheidung. Meist mit weniger Zweifeln als die, die eben einfach mal was angefangen haben. Das Zögern fängt dann erst wieder an, wenn tatsächlich etwas nicht stimmt, sich etwas ergibt, das eigentlich dafür spricht, aufzuhören, nicht weiter zu machen. Ich habe das bislang immer Durchhaltevermögen genannt. Ist es positiv betrachtet ja auch. Nur dann, wenn viele Vernunftgründe eigentlich sagen, hör auf, lass los, dann fange ich an zu beharren, zu meinem Nachteil zu zögern.
Für mich trifft das alles sinngemäß auch auf zwischenmenschliche Kontakte zu. Schon beim Herstellen der Kontakte zögere ich, fällt mir das schwer, habe ich sie, bin ich erst einmal nicht zögernd, zweifelnd, aber beim gut begründeten Beenden wird es wieder schwer. Meist wird so etwas dann nicht von mir, sondern von anderen beendet und das nehme ich lange übel, zögere da einfach einen Schlussstrich zu ziehen, zögere neues zu beginnen.

Im Kleinen, da wo zögern sehr lästig und behindernd sein kann, hilft wohl nur, sich anzutreiben, zu überwinden, das Positive an der schnellen Entscheidung zu betonen, vielleicht auch, die Sache umzudrehen: Wenn du merkst, du zögerst, deine Freundin zurückzurufen, entscheide einfach gegen das Zögern, vielleicht geht das einfacher, als sich für den Anruf zu entscheiden.
Früher habe ich über all das wenig nachgedacht, fand, es ging mir ganz gut mit meinem Zögern. Dann habe ich lange gebraucht, zu sehen, wie negativ zögern auch sein kann, jetzt versuche ich mich daran, einiges einfach mal zu tun, spontan zu einem Telefonhörer zu greifen, quasi dies Abwägen einfach zu lassen. Überall da, wo mir das positiv gelingt, wo ich also Zeit fürs grübeln spare, ich schneller unbefangener auf Menschen zugehe, gelingt mir das immer besser. Du wirst aus meiner Sicht durchaus belohnt, wenn du das Zögern sein lässt, deine Freundin freut der schnelle Rückruf, du kriegst keine Mahnungen etc.
Zugegeben, einfacher gesagt als getan, aber nach der entsprechenden Erkenntnis und Überwindung, lässt sich ein wenig Spontaneität durchaus lernen. Und wie bei jedem Lernen, es dauert etwas, bis man richtig gelernt hat, das ganze geübt hat, darin sicherer wird, die Angewohnheit des Zögerns wenigstens schneller bemerkt und sich dagegen entscheidet.
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

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