Co-Abhängigkeit / Alkohol

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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janine71
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Beitrag Mo., 18.05.2009, 20:49

Zum Beispiel wäre Dein Mann vielleicht glücklicher als Angestellter, aber dann könntet ihr den Status nicht mehr halten.
Denn soziale Berufe sind ja meist nicht so üppig bezahlt, das man davon ein Haus kaufen kann.

Das klingt wohl etwas sehr zürnisch, den Status halten können. Ich möchte dazu nur bemerken, wir haben durch die Selbständigkeit absolut nichts gewonnen. Im Gegenteil anders hätten wir wahrscheinlich mehr. Das Haus haben wir uns bereits zuvor gebaut. Ich bin mit meinem Gehalt eigentlich ganz zufrieden als Stationsleitung.

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Una
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Beitrag Di., 19.05.2009, 14:17

Hallo janine,
janine71 hat geschrieben:Das klingt wohl etwas sehr zürnisch
So war das aber nicht gedacht und gemeint.
Es war etwas provokant, da ich weiß, wie sehr man sich in solch einer Situatuation an das erworbene Gut hängt und
das eigene Leid ( und der Familie) ausblendet, verdrängt und den Preis den man psychisch zahlt nicht beachtet.
janine71 hat geschrieben:Ich bin mit meinem Gehalt eigentlich ganz zufrieden als Stationsleitung.
Es wird sicher angemessen sein, aber könntest Du davon allein das Haus abzahlen?

Ja Alkohol wird zu sehr verharmlost. Sehe ich genauso.
Und Deine Schilderung von dem Arzt der selbst Alki ist, ist erschreckend.
Kann man das nicht bei der Bundesärztekammer melden?
Solch einen Mann auf Patienten loszulassen ist verantwortungslos.

Hast Du schon mal übers Internet nach einer Alanongruppe in Deiner Gegend Ausschau gehalten?
janine71 hat geschrieben:Was wäre der erste Schritt, wenn ich an mir selbst arbeiten möchte?
Nicht über ihn sondern über Dich nachzudenken.
Bei Dir zu bleiben, ihm nicht das Forum zu bieten seinen Alkoholkonsum mit der Kindheit oder
sonstigem zu entschuldigen. Klar bleiben und ihm Grenzen setzen.
Frag Dich was das mit Dir macht, wenn er trinkt.
Löst das bei Dir einen Kontrollzwang aus? (Siehe: Wenn ich nicht alles zusammenhalte...)
Kennst Du das 12 Punkte Programm der Anonymen Alkoholiker?
Das gilt auch für die Coabhängigen.

Wieso fährt er zum Beispiel Auto wenn er getrunken hat?
Wie kommt das?
Trinkt er am Tag während der Arbeit?

Immerhin möchte er vom Alkohol loskommen. Aber den Weg muß er ganz alleine gehen.
Du darfst Dich eben nicht zuständig fühlen für seinen Konsum.
Das wäre die kontraproduktive Richtung.

Lass bei ihm was seins ist, nimm Deines für Dich in die Verantwortung.
Deine Kinder sind tatsächlich nicht leicht zu schützen, aber Du kannst eben auch nicht alles schaffen.
janine71 hat geschrieben:Mein Mann kam von sich aus auf mich zu und meinte, er werde dieses Jahr noch die Baustellen so ausklingen lassen. Er möchte im nächsten Jahr lieber wieder normal arbeiten gehen, sonst gehe er und wir kaputt.
Ich finde das ist ein guter Ansatz.
Immerhin weiß er um die Belastungen auf seiner Psyche.

Aus dieser Seite:
http://www.al-anon.de/grund/programm/index.htm kopiert....

....
Die intensive Beschäftigung mit diesen Schritten trägt wesentlich zum Fortschritt im Al-Anon Programm bei. Die Prinzipien, die sie verkörpern, sind universell; jedermann kann sie anwenden, gleichgültig, welches Glaubensbekenntnis er hat. In Al-Anon bemühen wir uns um immer tieferes Verstehen dieser Schritte und beten um die Weisheit, sie in unserem Leben anwenden zu können.

1. Wir haben zugegeben, dass wir Alkohol gegenüber machtlos sind und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
2. Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann.
3. Wir fassten den Entschluss, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes, wie wir ihn verstanden, anzuvertrauen.
4. Wir machten eine gründliche und furchtlose moralische Inventur von uns selbst.
5. Wir gestanden Gott, uns selbst und einem anderen Menschen die genaue Art unserer Verfehlungen ein.
6. Wir wurden vorbehaltlos bereit, unsere Charakterfehler von Gott beseitigen zu lassen.
7. Demütig baten wir Ihn, uns von unseren Mängeln zu befreien.
8. Wir machten eine Liste aller Personen, denen wir Unrecht zugefügt hatten, und nahmen uns vor, es an ihnen allen wieder gutzumachen.
9. Wo immer möglich, bemühten wir uns aufrichtig um direkte Wiedergutmachung an ihnen, ausgenommen, es würde ihnen oder anderen Schaden daraus entstehen.
10. Wir fuhren fort, persönliche Inventur zu machen, und wenn wir Unrecht hatten, gaben wir es sofort zu.
11. Durch Gebet und Meditation suchten wir unseren bewussten Kontakt zu Gott, wie wir Ihn verstanden, zu verbessern. Wir baten Ihn nur, uns Seinen Willen für uns wissen zu lassen und uns die Kraft zu geben, den auszuführen.
12. Nachdem wir durch diese Schritte ein inneres Erwachen erlebt hatten, versuchten wir, diese Botschaft an andere weiterzugeben und uns in allen unseren Angelegenheiten nach diesen Grundsätzen zu richten.
Leben heißt, langsam geboren zu werden. Es wäre auch zu bequem, wenn man sich fertige Seelen besorgen könnte.“

Antoine de Saint-Exupéry (1900-44).

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Beitrag Di., 19.05.2009, 15:49

Will nicht viel schreiben und Ratschläge geben, da ich mich gerade erst aus so einer Situation herausgewurschtelt habe.

Jedoch möchte ich eine Buchempfehlung geben: "Die Sucht gebraucht zu werden", von Melody Beatty. Kostet 8,95 als Taschenbuch.

Als mich mein Arzt vergangenes Jahr damit konfrontierte, dass ich süchtig bin, fiel ich aus allen Wolken. Er hat mir das Buch empfohlen, ich hab's sofort gekauft, habe angefangen zu lesen und hab' gedacht, mich tritt ein Pferd.... Noch nie in meinem Leben habe ich mich sofort derart deutlich wieder erkannt. Co-abhängig, aber wie! In der Zwischenzeit habe ich viel geändert, arbeite weiter an mir, und mir geht's 100% besser, ich bin mittlerweile so glücklich (mit mir selbst!), ich kann es kaum glauben.

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janine71
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Beitrag Di., 19.05.2009, 20:22

Hallo Una,
danke für deine Worte. Hab mich mal umgesehen, einmal im Monat findet beim Psychosozialen Dienst ca. 40 km entfernt ein Treffen für Angehörige von Alkoholiker statt. Alanon Gruppen sind 80-120 km entfernt. Hab ja gesagt wir sind in einem totalen Nest zu Hause. Mir ist nur aufgefallen, dass sehr viele Frauen in diesem Ort Alkohol verharmlosen. Ich bin die einzige die darüber spricht mit einem Alkoholiker verheiratet zu sein. Mein Mann war bis jetzt als einziger im Ort auf Therapie, obwohl bestimmt noch 1/3 der Bevölkerung dort hin gehörten, die wirklich täglich ihren Spiegel haben. So extrem wie in unserem Ort, hab ich es noch nie miterlebt. Manchmal habe ich das Gefühl alle halten die Augen geschlossen.
Ich möchte aber dafür Kämpfen und auch mein Fehlverhalten als Co-Abhängige ändern, für mich und meine Kinder.
Vor zwei Jahren als es damals ziemlich extrem war, hatte ich bereits die Scheidungspapiere zum Unterschreiben zu Hause (liegen noch im Schrank). Habe mir damals auch schon eine neue Wohnung angesehen. Meine ältere Tochter war schockiert und hat nur gemeint, sie bleibe bei Papa, ich könne ja gehen. Da habe ich einen Rückzieher gemacht.
Sollte ich darauf eingehen, wenn mein Mann darüber sprechen möchte, so wie heute? Er hatte Telefonate ohne Ende und nicht ganz einfach, da hat er mich dann angerufen. Er wäre jetzt wieder so weit, dass er am liebsten ins nächste Gasthaus flüchten würde. Hab ihm dann kurz Mut zugesprochen, er hat es dann nicht getan. Oder ist das nur eine Ablenkung, so auf die Art, sieh her wenn ich nicht will, tue ich es auch nicht? Und den ganzen Tag bis zum Abend nichts zu essen, ist für den Körper nicht besonders gut.
Sein Verhalten ist so, er trinkt weder zu Hause noch tagsüber während der Arbeit. Wenn, dann nach der Arbeit und nur im Gasthaus. Habe für Gäste Bier, Wein einiges zu Hause, hat er wirklich noch nie angerührt. Hab sogar schon Bier weggeschüttet, da es abgelaufen ist.

lg Janine

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Una
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Beitrag Mi., 20.05.2009, 00:14

Hallo Janine,

es zeugt doch von Vertrauen, wenn Dein Mann Dich anruft und darüber spricht trinken zu wollen.
Das spricht für eine Qualität in eurer Beziehung.
Oder fühlst Du Dich erpresst?
Die Gefahr, dass es immer mehr um ihn als um Dich geht ist hier groß.
Ansonsten ist es O.K. wenn er darüber ehrlich reflektiert, das die Sucht ihn sucht.
Schräg wird es, wenn er sein Trinken erklärt und dabei relativiert.
Solange er die Verantwortung übernimmt ist es O.K.
Wenn er Dich indirekt bittet auf ihn aufzupassen, dann ist das ein Mißbrauch,
ein Suchtverhalten.

Wie geht es denn Dir bei solch einem Anruf wie gestern?
Was würdest Du am liebsten machen?
Was sagt Dein Gefühl?
Liebst Du ihn noch?

Das ist der Weg---> sei Dir das bitte wert, Deine Gefühle zu beachten.

Typisch Co ist ja, das Du Dich selbst vergißt.
Du kümmerst Dich komplett um ihn. Sogar darum ob er genug ißt.

Die Kinder haben ab einem bestimmten Alter ein Recht zu wählen wohin sie möchten,
wenn Du für Deine seelische Gesundheit und Dein Wohl weg mußt von Deinem Mann,
dann ist das Dein Weg.
Im Falle von Alkoholismus gibt es aber sicher kein Problem das Sorgerecht zu bekommen.
Zumal Dein Mann es selbst eingesteht.

Und würdest Du ihr den Willen lassen, dann mit dem Angebot das Deine Tür immer für sie offen ist.
Das würde ich an Deiner Stelle aber auch nicht wollen, denn die Gefahr ist zu groß, dass sie dann in Deine heutige Rolle schlüpft
und den Papa retten will. Ich denke da müßte man durchgreifen.

Das ihr in solch einem Kaff lebt ist wirklich ein großer Nachteil und der Alkoholkonsum hört sich gar nicht gut an.
Es gibt die Alanon auch Online. Da kannst Du in jedem Fall beitreten und Dich austauschen.

http://www.al-anon-online.de/cms/kat1.php

Kann man in dem Ort nicht mal ein wenig Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit machen?
Eine Plakataktion oder ähnliches? Mehr Bewußtsein für die Gefahren von Alkohol wecken kann schon viel nutzen.
Wenn alle darüber reden würden, wäre es auch nicht mehr so leicht alles unter den Teppich zu kehren.

Ich finde es gut, dass Du darüber redest, ein Tabu macht es nur schlimmer.
Du bist mit Sicherheit eine mutige und anpackende Frau.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass Dir ab und an die Schulter zum anlehnen fehlt,
denn Du stemmst wohl alles, bis auf den Beruf Deines Mannes.
janine71 hat geschrieben:Habe für Gäste Bier, Wein einiges zu Hause, hat er wirklich noch nie angerührt. Hab sogar schon Bier weggeschüttet, da es abgelaufen ist.
Zumindest ist er kein schwerer Alkoholiker.

Wenn er ritualisiert trinkt und daheim nie, dann wäre es ja ein Ansatz für ihn, die Orte des Trinkens zu meiden und nach Hause zu kommen.
janine71 hat geschrieben:Oder ist das nur eine Ablenkung, so auf die Art, sieh her wenn ich nicht will, tue ich es auch nicht?
Ich denke Dein Mann kämpft mit der Sucht einen ganz schlimmen Kampf.

Übrigens sollen hohe Dosen Vitamin B die Lust auf Alkohol bei suchtgefährdeten Menschen reduzieren,
ich komme darauf, weil Du die mangelnde Ernährung bei ihm ansprichst...stimmt, das ist nicht gut, wenn er den ganzen Tag nichts ißt.
Aber Du kannst ihn nicht retten. Nur er kann sich retten.
Leben heißt, langsam geboren zu werden. Es wäre auch zu bequem, wenn man sich fertige Seelen besorgen könnte.“

Antoine de Saint-Exupéry (1900-44).

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janine71
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Beitrag Do., 21.05.2009, 09:01

Hallo Una,
Früher haben alle Alarmglocken geläutet, wenn er anrief. Heute sehe ich es eher entspannt, er soll tun, was er nicht lassen kann. Versuche ihm zwar Mut zuzusprechen, mehr kann ich nicht tun.
Wenn alle Gefühle weg wären, hätte ich ihn damals schon verlassen. Natürlich ist man enttäuscht und es stirbt mit jedem Mal mehr an Gefühl.
Früher wollte mich seine Mutter in ihre Rolle drängen. Habe ich auch anfangs zugelassen. Ich wäre ja seine Frau und müsste auf ihn achten. Ihm hinter her fahren, Autoschlüssel abnehmen, usw. Wenn er einen Unfall hätte ich es laut seiner Mutter zu verantworten. Muss eingestehen, habe ich auch gemacht, aus Angst es könnte etwas passieren. Mache ich aber schon lange nicht mehr. Seine Mutter war natürlich böse, auch als ich ihn verlassen wollte. Ist mehr jetzt aber egal. Ich finde es sehr schockieren, wenn man sieht, wie sich besonders oft Mädchen bei div. Festen bis zur Bewußtlosigkeit volllaufen lasssen. Will mich jetzt nicht als Engel darstellen, war ja auch man jung. Aber in solchen Ausmaßen gab es nur wenige.
Ja, die Schulter zum Anlehnen fehlt mir schon lange.
Früher wollte ich ihn immer zur Rede stellen und habe mit Scheidung gedroht. Als ich damit plötzlich aufhörte, hat er mich darauf angesprochen. Warum ich nichts mehr sage und ich solle ihn doch beschimpfen. Er war es von seiner Mutter so gewohnt.
Die Orte des Trinkens könnten wir nur mit einem Umzug meiden. Er fährt täglich daran vorbei.
Das Beste habe ich erlebt, als mich ein Wirt vom Gasthaus anrief, ich solle ihn abholen. Sturz betrunken kam er bereits ins Gasthaus und dort wurde ihm weiter ausgeschenkt, bis zur Bewußtlosigkeit. Ist doch toll, wie jeder auf sein Geschäft schaut. Aber dann sollen sie mich nicht anrufen, mitten in der Nacht.
Nun hab ich mir wieder einwenig Luft gemacht. Hab auch schon darüber nachgedacht ein Tagebuch zu schreiben. Vielleicht wäre es ganz gut.

lg Janine

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Una
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Beitrag Sa., 23.05.2009, 09:07

Hallo Janine, mach Dir ruhig Luft hier.
Es ist eben so: Der Wirt hat ein Interesse viel zu verkaufen und verweist zu Recht darauf,
das die Verantwortung bei dem erwachsenen Mann liegt, der den Alk kauft.

Moralisch und menschlich ist das für Dich schwer auszuhalten,
aber es ist auch ein Beispiel, das sich nicht jeder in die Pflicht nimmt
um einen Mann mit einem offensichtlichen Problem zu retten.

Das Deine Schwiegermutter Dich emotional erpresst hat,
läßt auf bereits ungesunde Strukturen bei der Herkunftsfamilie schließen.
Die hat Dein Mann ja wohl auch schon durchschaut.
Es ist natürlich eine Frechheit Dir auf's Auge zu drücken Du wärst Schuld,
wenn Deinem Mann etwas geschieht.
Aber Du hast Dich wohl auch für diese Familie entschieden.
Das hat einen Grund, den Du bei Dir suchen mußt.
In Deiner Geschichte.
Auch wenn Deine Familie nicht gestört war, kann es aber allein durch die klassische Mädchenerziehung zu solch einem Helfersyndrom kommen. Mädchen wurden und werden zu hilfsbereiten Wesen erzogen, die dazu neigen sich selbst hinten anzustellen. Deine Schwiegermutter hat das sehr deutlich gemacht.
Das es in dem Fall noch übergriffiger war , war es leicht zu merken, aber die Tendenzen sind sicher auch bei Dir da. Bei mir und vielen anderen Frauen auch. Helfen ist ja auch was schönes, aber leicht entmündigt man denjenigen auch, dem man vermeintlich hilft.
Es kann schon reichen das eine Mutter so etwas vorlebt (psychologisches Erbe vieler Generationen),
auch wenn sie eventuell anderes als Erziehungsziel für Dich hatte.
Leben heißt, langsam geboren zu werden. Es wäre auch zu bequem, wenn man sich fertige Seelen besorgen könnte.“

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janine71
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Beitrag Sa., 23.05.2009, 21:36

Hallo Una,
ich möchte gerne auf die Suche in meiner Familie gehen, nur weiss ich nicht wie und wo ich anfangen soll. Mir ist nur aufgefallen, dass meine Mutter noch immer versucht uns Kindern einiges vorzuschreiben. Wir lassen uns aber nicht darauf ein. Nun muss mein Vater herhalten. Meine Mutter bevormundet meinen Vater wo es nur geht. Ich habe sie schon darauf des öfteren hingewiesen. Aber sie meint es ja nur gut.
Ich habe mit 20 Jahren den Weg gewählt Krankenschwester zu werden. Damals habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Zwischendurch hatten wir ein Jahr Mal Pause. Alle meine Partner im nachhinein betrachtet tranken entweder zu viel Alkohol oder gingen ständig fremd. Männer die mir zu "normal" erschienen und alles für mich getan hätten, waren für mich uninteressant. Ging nie so eine Beziehung ein. Und ich kannte wirklich sehr viele.
Mit meinen Schwiegereltern habe ich immer schon sehr wenig Kontakt. Ich finde es auch besser so. Sobald ich dort auftauche ist die erste Frage der Mutter, ob er schon wieder unterwegs gewesen sei. Und dann möchte vielleicht noch mein Schwiegervater mit reden, dann werde ich schon "grün". Dann beschimpft sie meinen Mann wieder und alles beginnt von Neuem.
So, nun bin ich wieder am Anfang, wie soll ich beginnen, mich selbst zu finden?
Woher findest du immer die richtigen, weisen Worte?
lg Janine

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Una
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Beitrag So., 24.05.2009, 10:13

Hallo Janine,

wie ist denn Dein Vater als Mensch, Mann, Vater?
Deine Mutter ist dominant. Und wie ist er? Läßt er sich Vorschriften machen?
janine71 hat geschrieben:Alle meine Partner im nachhinein betrachtet tranken entweder zu viel Alkohol oder gingen ständig fremd. Männer die mir zu "normal" erschienen und alles für mich getan hätten, waren für mich uninteressant.
Wenn dass kein Muster ist, dann gibt es keines.
Unabhängig davon, woher es kommt: Deine Berufswahl und Deine Partnerwahl sind eindeutig geprägt vom Helfersyndrom.
Kennst Du gute Literatur zu dem Thema?
'Wenn Frauen zu sehr lieben' von Robin Norwood und 'Die Sucht, gebraucht zu werden' von Melody Beattie- beide bieten gute Ansätze.

Ich habe weniger weise Worte, liebe Janine, als eine lange Auseinandersetzung mit diesem Thema.
Meine Mutter war und ist schwer Co-Abhängig. Bei ihr wurde dies sicher durch eine hammerharte katholische Erziehung zur Selbstverleugnung und
durch echte Ungleichbehandlung gegenüber dem Bruder geformt. Auch ihre Mutter war sehr dominant, der Vater eher unsichtbar, vom Krieg geprägt und von meiner Mutter heiß geliebt. Leider hat sie sich nie damit auseinandergesetzt, neigt heute dazu sich an mich zu klammern, traut sich seit zwanzig Jahren nicht mehr an eine Beziehung. Nach der Ehe mit meinem Vater (ein notorischer Fremdgeher) war sie die Geliebte eines verheirateten Mannes und wurde auch da in die Krankenschwesterrolle gedrückt. Sprich der Mann besprach seine Ehe und Kinderprobl. mit meiner Mutter...AAAAAHHHHH!
Auch ihre Berufswahl war im Breich Krankenbetreuung/Krankenhaus angesiedelt.
Das Buch von Robin Norwood habe ich mit 17 das erste mal gelesen, weil ich von meinem Vater aufmerksam gemacht wurde, das ich zu einer ungesunden Partnerwahl neige. Eben auch eher Problemtypen die emotional verschlossen sind.
Die Neigung habe ich bis heute und kämpfe tapfer dagegen an, aber das ist eine eigene lange Geschichte.
Wenigstens bei der Berufwahl bin ich nicht ins soziale "abgerutscht" , sondern bin in den kreativen Bereich gegangen.
janine71 hat geschrieben:So, nun bin ich wieder am Anfang, wie soll ich beginnen, mich selbst zu finden?
Ich glaube Du weißt wo Du bist, Du mußt eher lernen Dich selbst zu verstehen.

Liebe
Leben heißt, langsam geboren zu werden. Es wäre auch zu bequem, wenn man sich fertige Seelen besorgen könnte.“

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janine71
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Beitrag Fr., 05.06.2009, 14:27

Hallo Una,
mein Vater ist eher ruhig. Lässt sich von meiner Mutter alles vorschreiben. Wann zum Einkauf gefahren wird, was gemacht wird. Wenn er zum Arzt geht, muss sie dabei sein, denn er könnte etwas vergessen zu sagen oder etwas falsches verstehen. Weist immer darauf hin, sie wäre alleinerziehende Mutter von drei Kinder gewesen, denn mein Vater war die ganze Woche beruflich nicht zu Hause.
Ich sehe es aber so, mein Vater hat die ganze Woche hart gearbeitet, damit er uns ein Heim bauen kann. Natürlich ist die Kindererziehung auf der Strecke geblieben. Drei Jahre lang hat er am Wochenende auf der Baustelle zu Hause Nächte durchgearbeitet, damit das Haus fertig wird.
Meinen Vater hatte ich also nur am Wochenende da wenig. Aber er freut sich immer sehr, wenn er zu Besuch kommt oder ich zu Ihnen. Und da fühlt sich meine Mutter oft ausgeschlossen, wenn ich mit ihm über ein Thema spreche, dass sie als uninteressant hält.
Das Leben hat wirklich sehr viele Ecken und Kanten, und den Mittelweg zu finden, ist auch nicht leicht.

Gestern habe ich nach längerem mit meiner Schwiegermutter wieder ein Gespräch, so zwischen Tür und Angel. Natürlich der erste Satz, "War er diese Woche schon wieder unterwegs (mein Mann)". Ein darauffolgendes Gejammere, sie habe Magenschmerzen, wie könne man ihm helfen, u.s.w.
Daraufhin habe ich sie aufmerksam gemacht, wie mein Schwiegervater wieder ständig in den Gasthäusern herumhängt, nachdem er letzten August knapp dem Tode entgangen ist. Es ist schrecklich, wie sie das herunterspielt. Sie schickt dann den jüngsten Sohn ins Gasthaus nach. Dieser meint, nur ein Blick genügt und sein Vater würde nach Hause gehen. Und sie tut dann als wäre nichts gewesen. Mir platzte nach diesen Worten fast der Kragen.
Wie würdest du reagieren?

lg Janine

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Una
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Beitrag Mo., 08.06.2009, 09:48

Hallo janine,

wow! Dein Vater ist in keiner beneisenswerten Situation.
Offenbar ist Deine Mutter eine übergriffige und kontrollsüchtige Frau, die wahrscheinlich über die Entwertung und Kontrolle ihre eigenen Ängste ausblendet. Dein Vater ist insofern daran beteiligt, dass er sich nach irgendeinem Lebensfallenkonzept diese Frau ausgesucht hat.
Das sie Deinen Vater so komplett entmündigt zeugt von keinem guten Beziehungsmuster.
Sie hat Dienen Vater zu einem Kind gemacht. Sie hat keinerlei Respekt vor ihm. Und damit, meiner Meinung nach, auch keine Liebe.

Ist es nicht traurig, wie wenig Deine Mutter all das schätzt, was Dein Vater für euch tat?
Er ist für seine Generation ein sehr guter Ehemann und Vater, mich macht die Entwertung durch Deine Mutter traurig.
Und das er sich so wenig wehrt und durchsetzt, finde ich erschreckend.

Was aber bedeutet es für Dich, das die Beziehung Deiner Eltern ist wie sie ist und so war, als Du Kind gewesen bist?

Zum einen hast Du in Deinem Vater einen fleißigen, aber trotzdem schwachen Mann.
Dein Mann ist ebenfalls auf seine Art schwach, da er trinkt und trotzdem ist er ein guter Mann, der viel arbeitet und sich zumutet.
Du wirst in die Rolle der alles meisternden Ehefrau gedrängt, auch noch mit Hilfe Deiner Schwiegermutter- und hast damit eine
sehr ähnliche Situation wie sie schon in der Ehe Deiner Eltern vorhanden ist. Deine Schwiegermutter traf auf unterbewußte Muster, wenn sie Dich aufforderte Deinen Mann zu kontrollieren. Nun befreist Du Dich langsam aus diesem Muster. Ich könnte mir vorstellen, dass Du deshalb öfter Schuldgefühle hast, wenn Du Dich gegen die "Betreuung" Deines Mannes entscheidest.
Vielleicht ist diese Ebene auch eine die euch mit am meisten bindet?

An diesem Beispiel kann man sehen, das viele Entscheidungen und Ansichten erlernte Konditionierungen sind.
Du lebst unterbewußte Lebensüberzeugungen nach.
Auf die Idee nicht die Verantwortung für alles und jeden in Deiner Familie zu übernehmen, ist Dir sicherlich befremdlich.
janine71 hat geschrieben:Daraufhin habe ich sie aufmerksam gemacht, wie mein Schwiegervater wieder ständig in den Gasthäusern herumhängt, nachdem er letzten August knapp dem Tode entgangen ist. Es ist schrecklich, wie sie das herunterspielt. Sie schickt dann den jüngsten Sohn ins Gasthaus nach. Dieser meint, nur ein Blick genügt und sein Vater würde nach Hause gehen. Und sie tut dann als wäre nichts gewesen. Mir platzte nach diesen Worten fast der Kragen.
Wie würdest du reagieren?
Ich kann es nicht einschätzen, da ich die Frau nicht kenne.
Grundsätzlich ist sie ebenfalls in einem kranken Muster gefangen.
Sie sitzt dem Irrtum auf, das Kontrolle etwas bewirkt und leugnet ab, dass sie nichts bringt.
Das Eigenverantwortung bei allen einsetzen muß, damit sich etwas ändert.
"Ein jeder kehr vor seiner Tür, da hat er Dreck genug dafür!"

Ich würde vielleicht darauf hinweisen, dass erwachsene Menschen für ihr Handeln selbst verantwortlich sind und das es nicht die Aufgabe eines Sohnes sein kann, seinen Vater im Gasthaus aufzuspüren und nach Hause zu schicken wie einen ungezogenen Hund, der streunen geht.
Vielleicht würde ich auch einen Hieb setzen indem ich sagen würde, dass der Mann wohl gute Gründe habe sein Zuhause zu meiden und lieber seine Gesundheit riskiert als daheim zu sein.

Auf der erwachsenen Ebene würde ich einfach erwidern, dass sie sich nicht einmischen soll und sie das alles nichts angeht.

http://www.junfermann.de/details.php?p_id=319

Ich war heute morgen kurz davor mir das Buch zu bestellen, vielleicht ist das auch für Dich interessant?
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janine71
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Beitrag Mo., 08.06.2009, 19:35

Hallo Una,
ich habe es bereits zum wiederholten Mal gesagt, dass sich meine Schwiemu nicht einmischen solle, sogar mein Mann hat sie aus unserem Haus verwiesen. Hat in unserem Haus rumgebrüllt, die Kinder wollten, dass sie nur mehr geht und nicht mehr zurück kommt.
Als ich ihr einmal gesagt habe, sie brauche nicht immer zu jammern, wäre doch auch daran Schuld welche Kindheit ihre Kinder gehabt hätten, wollte sie über meine Familie herziehen. Habe ich mir dann aber nicht angehört und bin gegangen.
Una hat geschrieben:Vielleicht würde ich auch einen Hieb setzen indem ich sagen würde, dass der Mann wohl gute Gründe habe sein Zuhause zu meiden und lieber seine Gesundheit riskiert als daheim zu sein.
Um "Gottes Willen", da wäre sie wohl total eingeschnappt, obwohl es mir schon sehr oft auf der Zunge lag.
Una hat geschrieben:Und damit, meiner Meinung nach, auch keine Liebe.
Sie hat mir oft von früher erzählt. Sie hätte sich meinen Vater deshalb ausgesucht, wie schon Mutter sagte, ein guter Mann ist und der nicht trinkt. (Der Schwager meiner Mutter war Alkoholiker und meine Mutter lebte noch einige Jahre mit ihm in einem Haus und hat dabei so einiges erlebt.) So richtig verliebt war sie aber in einen ganz anderen.
Una hat geschrieben: Was aber bedeutet es für Dich, das die Beziehung Deiner Eltern ist wie sie ist und so war, als Du Kind gewesen bist?
Als Kind habe ich es anscheinend irgendwie nicht so realisiert. Wenn wir Kinder dann Gutes über unseren Vater sagen, lenkt meine Mutter sofort ein. Er wäre immer der Gute, sie sei immer die Böse, aber wir hörten ja nicht, was er alles zu ihr sage, wenn sie alleine wären. Sehr viel Zeit verbringt er in seiner Werkstatt im Keller. Gefällt meiner Mutter gar nicht. Kann mir aber vorstellen warum es so ist.
Früher war total fertig und habe viel geweint, wenn mein Mann nicht nach Hause kam. Aber im letzten Jahr ist es mir immer leichter gefallen los zu lassen und Verantwortung abzugeben.
Es fällt mir jetzt auf, dass auch meine Schwester ein ähnliches Verhalten gegenüber ihrer Familie hat. Mein Bruder ist eher so, dass er wenig Verantwortung übernimmt. Sind eigentlich alle "Männer" so?

lg Janine

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janine71
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Beitrag Mo., 07.09.2009, 21:21

Hallo,
danke an alle die mir geschrieben haben. Es hat mir ein großes Stück meines Lebens geholfen neu zu verstehen. Das Buch "Wenn Frauen zu sehr lieben" hat sehr vieles in ein neues Licht gerückt, auch ich benötige wirklich Hilfe. Ich kann das Buch an jeden empfehlen, der einen Alkohol kranken als Partner hat.

Mein Mann hat sich nach einigen Alkoholexzessen selbst in Therapie begeben. Es ist zwar erst eine Woche vergangen, aber ich denke wir können es schaffen.

lg Janine


krönchen
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 13:57

Hallo, bin das erste mal hier, wußte nicht in welcher Ruprik ich meine Sorgen eintragen soll. Bin seit über 20 Jahren verh. Mein Mann ist Alkoholiker (hat sich das vor 3 Monaten eingestanden). Er macht jetzt eine Therapie und es geht ihm sehr gut. Er war nie so schlimm wie in den letzen 5 Jahren, daß heißt er hat zwar immer gerne Bier getrunken aber immer mit Maß und Ziel. In den letzten Jahren wurde es täglich mehr, er war oft so betrunken daß er niemand mehr kannte. Für mich eine schreckliche Zeit! Ich war bereit mich zu trennen denn ich wollte so eine Beziehung nicht mehr.(ich hab ihn echt gehaßt dafür) Es gab immer Beschimpfungen, Vorwürfe, wirklich gemeine Sachen. Hab auch sicher einen Schaden davongetragen.Jetzt wo er nicht mehr trinkt ist er ein anderer Mensch, er ist wieder nett zu mir, wir unternehmen wieder was gemeinsam ohne daß er sich betrinkt. Nun mein Problem: Ich kann mit der Vergangenheit nicht abschließen, hab immer wieder Ängste daß es wieder so wird wie es war( echt schlimm) Hab meine Freunde vernachlässigt vor lauter Sorge um ihn.Jetzt treffe ich wieder meine Freunde und versuche auf mich zu achten! Mach derzeit auch eine Therapie für mich, aber die Ängste sind noch teilweise da. Ich bin auf dem besten weg lt. Therapeutin, aber es gibt Tage wo mich die Angst besiegt und ich mich schlecht fühle. Ich hoffe auf gleichgesinnte die sich mit mir ein wenig austauschen

Lg

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Soleil
Helferlein
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Beitrag Mi., 17.11.2010, 17:40

Hallo ich hatte das auch mit meinem Freund--9 Monate waren wir zusammen nur..Er ist Heroinabhängig ung hat in der Zeit 3 Rückfälle gedreht. in der Zeit wo er " clean" war, war ich immer in Angst.
Ich liebe ihn aber ich versuche mich zu lösen(er ist auf Tour) und ich weiss das zerstörtes Vertrauen nach 3 Vorfällen in 9 Monaten nicht wiederzuerlangen ist. Angst ist ein schlechter Begleiter.
Die Beziehung ist ein Hoch und Tief.
Jetzt ist er weg, hat sich mal wieder für die Droge entschieden. Ich bin alleine und tottraurig..
kann das alles nicht fassen...
ich glaube nicht nach all dem was du durchlebt hast, das du mit ihm wieder glücklich wirst
Gruss Soleil

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