Zwänge - einfach nur extremer Ekel

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Tinky39
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Zwänge - einfach nur extremer Ekel

Beitrag Di., 26.01.2016, 11:07

Hallo zusammen,

ich habe schon länger mit Wasch/Putz/Kontaminationszwängen zu kämpfen und mache seit 2 1/2 Jahren Therapie. Eine zeitlang ging es mir auch wirklich besser und wir sind gut vorangekommen (zB Geld oder Handeschütteln sind inzwischen wieder okay). Jetzt gab es allerdings in den letzten Wochen einige Situationen, die sehr große Angst ausgelöst haben.
Die Sache ist die, dass ich eigentlich nicht Angst habe, mich anzustecken (vielleicht nur ganz wenig), sondern es einfach nur extremen Ekel in mir auslöst. Ich fühl mich dreckig, schmutzig und kann dann nichts mehr berühren, weil ich Angst habe, dass ich diese Dinge dann nie mehr berühren kann und dass dieses Gefühl nicht mehr weggeht. Es ist also nicht so, dass ich Angst habe, dass irgendetwas passieren könnte.

Letzte Woche (Freitag)gab es eine extreme Situation. Es lag ein Kondom auf der Straße. Da ich den Weg mehrmals am Tag und täglich gehe, habe ich nun Angst, da draufgetreten zu sein, ohne es bemerkt zu haben. Nun bereiten mir nicht nur meine Schuhe sorgen, sondern eigentlich alles, was ich an diesen Tagen anhatte (Jacke, Handtasche, Kleidung...) und auch Möbel in meinem Zimmer, da ich dort zb meine Hose draufgelegt habe und diese beim Ausziehen der Regenstiefel (die ich an jenen Tagen anhatte) damit in Kontakt gekommen sein könnten, ebenso wie zb meine Jacke oder meine Tasche. Da ich beim Ausziehen dieser Stiefel mit der Sohle des einen auf den hinteren Teil des anderen Stiefels trete (um dort überhaupt herauszukommen) und somit nicht nur mehr die Sohle, sondern eben auch der obere Teil des Stiefels betroffen wäre, wo ich dann zb mit meiner Tasche angegangen hätte sein können, als ich die Stiefel wieder angezogen habe.
Heute bin ich z.B. mit meinen Hausschuhen an besagter Tasche angegangen und jetzt ist die Angst wieder megagroß (auch weil ich mich gleich umziehen muss und eine Prüfung an der Uni habe).
Ich habe letzte Woche, als das passiert ist, mit meiner Therapeutin telefoniert und sie konnte mich etwas beruhigen. Am Gestern hätte ich einen Termin gehabt, der jedoch wegen Krankenheit kurzfristig abgesagt wurde und jetzt dauert es wieder eine Woche.
Zudem bereitet mir jeder Schritt vor die Haustür jetzt noch mehr Sorge und ich schaue mir den Boden noch genauer an als eh schon.

Vielleicht kennt jemand von euch ähnliche Situationen und kann mir irgendwelche Tipps geben, wie ich diese Woche eingiermaße gut rumbringen kann.

Außerdem war ich am Montag zum ersten Mal beim Psychiater, der mir ein Beruhigungsmittel und Fluoxetin verschrieben hat. Hat jemand Erfahrungen damit bezüglich Zwänge?

Danke fürs Lesen!

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Amras Samsara
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Beitrag So., 07.02.2016, 14:58

Liebe Tinky,

zuerst einmal, welche Form von Therapie machst Du denn?

Zweitens was hat Dir bisher geholfen. Du schreibst, dass es Dir eine zeitlang besser ging. Was hast Du gemacht, dass es Dir besser ging?

Hilft Dir Logik? Wie zum Beispiel, das selbst wenn Du auf etwas drauf steigst, Du nur mit deinen Schuhen drauf steigst, somit unmöglich Dein restliches Gewand betroffen sein kann?

Wie genau ist das mit dem Ekel? Wann genau empfindest Du Ekel und wann nicht? Wann hast Du dieses Gefühl zum ersten Mal gehabt?

Ja ich glaub, das war es für's erste von mir.

lg Amras
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संसार

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Tinky39
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Beitrag So., 07.02.2016, 17:47

Hallo Amras,

danke für deine Antwort!

Ich glaube ich mache eine Verhaltenstherapie. Also wir sprechen über meine Zwänge und die Konfrontationsübungen, darüber wie es mir allgemein im Moment geht und was mich beschäftigt, Entspannungsübungen und haben auch schon mal was aus der Vergangenheit aufgearbeitet.

Es ging mir eine zeitlang besser, als das mit den Konfrontationen wirklich gut geklappt hat und sie mir das Alltagsleben dann einfacher gemacht haben. Zum Beispiel Geldscheine wieder berühren, Hände schütteln, Türklinken...das klappt inzwischen wieder sehr gut.
Vor der Konfrontation mit diesen Dingen, habe ich jedes Mal auch diesen Ekel verspürt, als ich sie berührt habe und mir die Hände gewaschen, damit dieser wegging (typisches Zwangsverhalten eben).

Dann gab es eine Reihe von Vorfällen hintereinander, die in Bezug auf die Intensität von den Zwängen, sehr hoch waren. Zum Beispiel Sanitäter in meiner eigenen Wohnung (Krankenhäuser und Arztbesuche erzeugen ebenfalls starken Ekel), eine weitere Sache mit einem Kondom. Ein anderes Mal habe ich die Haustür (nicht Wohnungstür) berührt und hatte dann eine klebrige Flüssigkeit an meinem Ärmel. Dadurch sind jetzt Türklinken auch wieder etwas schlimmer geworden. Und ich glaube, dass jeder dieser Momente, mich einfach noch mehr verunsichert hat und mich noch mehr in meine Gedanken hineintreibt.

Mit Logik habe ich es oft versucht, genauso wie andere mir mit Logik helfen wollten, aber es funktioniert meistens kaum. Da ist immer der Gedanke: Ja, und wenn doch? Könnt ihr mir das garantieren? Bin ich 100% sicher? Ich weiß, dass im Leben nichts 100% sicher ist, aber ja, keine Ahnung.

Ich weiß nicht genau, wann der Ekel das erste Mal aufkam. Vor den Zwängen z.B. habe ich wie jeder andere auch öffentliche Toiletten benutzt. Ungern, wie wahrscheinlich die Mehrheit der Menschen und etwas eklig fand ich es auch, aber nicht übertrieben, würd ich sagen.
Als das mit den Zwängen begonnen hat, bin ich kurz davor weit von zuhause weg in ein Studentenwohnheim gezogen, kannte dort niemanden, die Stadt auch nicht, neues Land. Die erste Situation, an die ich mich erinnern kann, war das benützen der Waschmaschinen im Wohnheim. Aber ich glaube, dass es in der Anfangszeit eher die Angst vor Ansteckung war als Ekel. Zumindest habe ich damals sehr viel Zeit auf HIV-Informationsseiten und mit googeln verbracht. Wann der Ekel größer wurde als die Ansteckungsgefahr weiß ich nicht.

Dieser Ekel ist einfach ein "sich dreckig fühlen", nichts mehr anrühren zu können aus Angst, dass auch das dann dreckig wird. Einfach der Gedanke, nicht sauber zu sein. Dass da irgendetwas Fremdes an mir ist. Am schlimmsten ist es mit jeder Art von Körperflüssigkeiten oder Ausscheidungen, Blut z.B. Aber auch wenn ich mit dem Zug fahre und mich hinsetze oder dort etwas berühre und es offensichtlich ist, dass dort nichts davon ist, hab ich dieses Gefühl.

Das, was mich an meiner Situation irritiert, ist, dass Leute mit Zwängen ja Angst haben, dass etwas schlimmes geschieht und deshalb die Handlungen ausführen. Aber ich hab ja so gesehen nicht Angst, dass etwas geschieht. Es ist einfach nur dieses dreckig sein...

Ist etwas länger geworden. Danke trotzdem fürs lesen und liebe Grüße

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Amras Samsara
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Beitrag So., 07.02.2016, 20:09

Liebe Tinky,

nun scheinbar erzeugen Deine Gedanken leid. Die Frage die sich mir stellt, woher kommen diese Gedanken? Was würde passieren, wenn Du sie nicht mehr denkst oder sie durch andere Gedanken ersetzt.

Es klingt jetzt vll ein bisschen merkwürdig, aber hast Du es schon einmal mit Meditation versucht?

Was auch eine gute Methode ist, dass Du Dir Deine Gedanken mal ganz genau anschaust. Welche Sätze kommen zb wenn Du eine Türklinke berühren musst. Oder Du schreibst zum Beispiel: Türklinken sind... und schreibst den Satz fertig, mit dem was kommst und wiederholst den Satz so oft bis nichts mehr kommt.

Und dann schaust Du was du geschrieben hast und für jeden Satz überlegst Du Dir ob das ein hilfreicher Satz ist oder nicht oder ob er neutral ist, also weder hilfreich noch nicht hilfreich.

Das ist eine Übung die man alleine machen kann, um sich einmal anzuschauen, was man so denkt.

Sehr viel mehr kann ich nicht mehr dazu sagen. Falls Du Fragen hast, kannst Du sie gerne stellen.

Alles Gute und lg
Amras
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Möbius
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Beitrag So., 07.02.2016, 21:36

Hi Tinky !

Lies doch mal das hier:

viewtopic.php?f=16&t=36096&hilit=Mercedes

Vielleicht bringt Dich das auf den einen oder anderen Gedanken !

Gruß
Möbius

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