Können Innenpers. in nicht traumatischen Situationen entstehen?

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Louna
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Können Innenpers. in nicht traumatischen Situationen entstehen?

Beitrag So., 18.05.2025, 05:10

Ich sagen ganz klar "Nein".

Letztens hatte ich ein Gespräch mit einer Sotialpädagogin die mich fragte, ob bei mir auch schon mal neue Innenpersonen / Anteile in der Therapie entstanden sind?
Ich war sehr überrascht denn davon habe ich noch nie gehört.
Anteile entstehen doch in traumatischen Situationen.

In der Therapie oder auch im Alltag kommen manchmal Anteile von hinten hervor, die ich noch nicht kenne, aber die sind dann nicht entstanden, sondern waren ganz hinten und versteckten sich. Aber erstanden sind sie nicht in positiven Situationen.

Ich bin klar der Ansicht dass es so ist wie ich denke, lasse mich aber darauf ein, wenn es anders ist.
Online finde ich keine klare Aussage.

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LovisTochter
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Beitrag So., 18.05.2025, 07:19

Liebe Louna,

ich kann Deine Verunsicherung gut verstehen, schließe mich Deine Aussage hiermit an.

Ich glaube, dass es immer mehr zum Problem wird, dass auuf Social-Media so viel Unfug von selbstdiagnostizierten Menschen verbreitet wird, dass es immer schwerer wird, reale Fakten und Fiktion zu unterscheiden. Inbesondere für Menschen, die nicht tief in die Materie eingearbeitet sind.

Innenpersonen entstehen ja nie ohne Grund. Das ist immer ein Schutzmechanismus.
Was ich mir allerdings schon vortsllen kann ist, wo Du das Thema Therapie ansprichst, dass in einer retraumatisierenden Therapie jemand entstehen kann. Da hätten wir dann aber wieder die traumatische Komponente.

Und, ich kann mir auch vorstellen, dass das Auftauchen von bisher unbekannten Innenpersonen als neuentstandene fehlgedeutet werden kann.

Was mir noch einfällt ist (weil ich davon in der Fachliteratur las), dass der Schutzmechanismus Dissoziation im Laufe der Jahre immer eher anspringen kann. Es also immer weniger braucht, um in dissoziative Zustände zu verfallen und/ oder auch Wechsel auszulösen.

Ich hab auf Insta und FB auch schon von Leuten gelesen, die behaupteten, dass sich selbst für unterschiedliche Situationen Innenpersonen "erschaffen" können. Das ordne ich für mich dann in den Bereich der Fiktion ein.
Ich kann mir Helfer:innen, Schutzpersonen, -tiere etc imaginieren, klar. Das ist ja aber was vollkommen anderes als die realen Innenpersonen.

Viele Grüße von,
LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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Louna
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Beitrag So., 18.05.2025, 08:25

Danke für Lovis Tochter für Deine ausführliche Antwort.

Ich bin ganz bei Dir und es hätte mich wirklich mehr als verwirrt wenn es anders wäre.
Ja genau, Schutzmechanismus ist das richtige Wort und wir waren in Lebensgefahr und mussten abspalten weil wir sonst die Situation nicht überlebt hätten.

Eine missbräuchliche Therapie ist was Anderes und richtig, das wäre auch traumatisch.
Meine vorherige Therapeutin war auch oft grenzüberschreitend und hat mich auch traumatisierte, aber das habe ich aufgearbeitet.
Seid vielen vielen Jahren bin ich bei einer Traumatherapeutin, die äußerst auf mein Wohl bedacht ist und professionell ist und alles gut ist.

Das mit Social Media finde ich auch sehr sehr bedenklich und macht mir Angst, das ist so gruselig und da fühle ich mich als DIS Betroffene oft unter den Teppich gekehrt, es ist schrecklich und ich schaue oder lese das gar nicht mehr.

Unerfahrene Menschen werden davon leider leider stark beeinflusst.

Nee, also ich unterscheide stark von "Wechsel der Innenpersonen" und "Dissoziationen". Ja, ich kann auch Tiere imaginieren oder Helferpersonen, aber das sind dann keine Innenpersonen. Sondern was ganz anders, was viele Menschen erschaffen können, wenn es zuviel wird.

Am Dienstag habe ich einen Telefontermin mit der Dame und werde das ansprechen, denn es belastet mich, das meine Meinung nicht gehört wurde und ich werde auch in 2 Wochen mit meiner Therapeutin darüber sprechen.

Hab lieben Dank, Lovis Tochter.

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Nili
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Beitrag So., 18.05.2025, 08:59

Hi, Kann deine Sorge und Irritation voll verstehen. Mich belastet das selber total, dass solche Dinge gedacht werden. Ich meide andere Betroffene tunlichst und Social Media Inhalte zu DIS erst Recht. Weils mich zu fertig macht, was man da so mitkriegt. Selbst mit meiner Diagnose geh ich nicht offen um, hier im Forum hab ich das noch gar nicht öffentlich gemacht, schreib fast nie was von mir, antworte nur anderen. Also kann ich alles verstehen. Dieses "Innenpersonen" entstehen in der Therapie ist ein Glaube der False Memory Fraktion. Und er ist total gefährlich. Es gab ja ordentlich Kampange gegen DIS und organisierte bzw. vorallem rituelle Gewalt als Hintergrund in den letzten Jahren. Daher rührt vorallem, dass sowas nun gedacht wird denke ich. Gar nicht sooo sehr von den angeblich Betroffenen her. Aber es gibt insgesamt ein sehr schwieriges Bild. Man wird kaum mehr ernstgenommen zum Teil. Ich such gerade nach Bundesland Wechsel einen Therapeuten und das jetzt echt schon lange, und merk total, dass sich was verändert hat und Traumatheras schon am Telefon angefangen haben zum Teil, dass sie DIS mittlerweile eigentlich fast schon grundsätzlich anzweifeln. Also, dass es das gibt. Weil es eben häufig dazu gekommen sei, dass diese erst in einer Therapie entstand...

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Waldschratin
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Beitrag So., 18.05.2025, 09:40

Ich hab da auch ähnliche Erfahrungen gemacht. Zu meiner Zeit, "damals" schon, da hieß die DIS noch MPS.
Und ich hab mich genauso gefühlt wie du, Louna, nämlich abgetan, wegargumentiert, für nicht existent erklärt, nicht wahrgenommen halt.

Ich selbst hab das auch nie anders erlebt, als dass die Innenpersonen schon längst vorhanden/entstanden waren, als "ich" sie wahrnahm. (Besser beschrieben wäre "wir uns wahrnahmen" :-) )
Da ist nie jemand später entstanden , auch nicht durch retraumatisierende Erlebnisse.

Allerdings hatte ich einige Zeit engeren Kontakt mit jemanden, der die Diagnose Borderline hatte, und da v.a. das Symptom vorherrschte, dass diese Person ständig "grenzwertig" zwischen Neurose und Psychose unterwegs war.
Diese Person bekam durch mich mit, dass es Leute wohl faszinierte, wenn man so "seltsam" war als Multipler, und hat sich das tatsächlich abgepaust, also als eigene Bewältigungsstrategie übernommen. Aber nicht, um Traumatisches abgespalten zu bekommen, sondern um das nicht zu stillende Verlangen nach Zuwendung und Aufmerksamkeit zu bedienen.

Und da diese Person die Fähigkeit hatte, sich diese Phantasien so zu verinnerlichen, dass sie selbst daran glaubte und praktisch die Phantasieperson "integrierte", sah das auf den ersten Blick so aus, als ob das ein "echter Innie" wäre, der in der Therapie auftauchte.

Zu meiner Zeit damals nannte sich das Pseudo-DIS und ab und zu berichtete auch mal ein Fachmensch was dazu.

Aber ich bin eh der Meinung, dass Unos, mögen sie es auch noch so fachlich angehen, sich nie wirklich vorstellen können, wie man sich als Multi erlebt.
Ein Uno kann dann halt auch nur in seinen bekannten Vorstellungswelten unterwegs sein, wenn er ein multiples System zu verstehen versucht.
Die besten Beiträge von fachlicher Seite hab ich damals von einer selbst betroffenen Therapeutin gelesen, aber ich finde um die Burg deren Namen nicht mehr.

Und ich denke auch, dass diese "Fehldeutung" von DIS schon sehr beeinflusst wird von den Täterclans, die haben ja auch das meiste Interesse daran, dass das verharmlost wird und die Opfer für unglaubwürdig angesehen werden.

Dazu passt für mich auch, dass die DIS viel zu oft als eine Art Mystik betrachtet wird, aus der Ecke der Pseudowissenschaften und interessierten Fachleuten am ehesten einen gruseligen Schauer über den Rücken jagt.

Dabei gibt es längst ganz profane Fakten, z.B. aus PET-Scans, die die DIS nach wissenschaftlichen Standards belegen und auseinanderklabustern.

Und man weiß ja auch längst um die Plastizität unseres Gehirns und dass es sich nicht in Schablonen pressen läßt.

Ich hab übrigens auch schon immer stark zwischen Dissoziationen und Wechsel der Innenpersonen unterschieden. Das sind zwei völlig unterschiedliche Vorgänge.
Bei uns gabs Innenpersonen, die z.B. nie dissoziierten, z.B. Beschützer. Das hätte sich unser System gar nicht leisten können. Und die kamen halt nach vorne, wenn sie gebraucht wurden, aber nicht durch Dissoziation.
Sogar eine der Kleinen hat nie dissoziiert, soweit ich das noch erinnern kann. Die wurde fast ständig vorne gebraucht und war immer gut bei sich.

So "einfach" über einen Kamm zu scheren ist es halt nunmal nicht, auch wenn sich das mensch an sich immer gern wünscht.

Immerhin beschäftigt man sich gegenwärtig mal eingehender und weniger aburteilend mit Neurodiversität, und da hab ich die Hoffnung, dass da eines Tages auch mal die DIS ein bissl mehr unter diesen Gesichtspunkten betrachtet wird.
Im Sinne der Fähigkeiten, die ein Gehirn haben und entwickeln kann.
Und nicht mehr so defizitzentriert wie derzeit noch.

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Louna
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Beitrag So., 18.05.2025, 11:49

Lieben Dank Nili und Waldschratin für Eure Sicht, der ich absolut zustimme.

@Nili
Ich habe selbst oft auch in Kliniken erlebt dass siech untereinander verglichen wird und das war so gruselig anzusehen, dass ich das alles gemieden habe.
Ich möchte Dir nur Mut machen Dich nicht zu verstecken, denn es gibt tatsächlich Menschen die Dir auf Augenhöhe begegnen könnten und nicht abwerten. Ich kann beides verstehen, aber ich verstecke mich da nicht mehr.

Ja genau es gab ganz viel Kritik vor gar nicht langer Zeit wegen der rituellen / organisierten Gewalt und ich selbst habe mich sehr angegriffen gefühlt und viel geweint, weil wieder irgend ein Heinz Erhart irgendwas in die Welt gesetzt hat was er nicht belegen konnte…
Es ist tatsächlich wahnsinnig schwierig einen Traumatherapeuten der uns ( Dich) Ernst nimmt und die DIS sieht, Dich (Euch) sieht und auch zusammen arbeitet mit Euch allen.
Ich bin auch in einem anderen Bundesland in ambulanter Therapie, ich habe aber das Glück dass es nicht soweit ist.
Ich drücke sehr die Daumen, dass Du schnell jemanden adäquates findest, der helfen kann und Dich ernst nimmt ohne zu hinterfragen ob es eine DIS gibt.
Mittlerweile werde ich da richtig sauer wenn jemand etwas anderes behauptet.


@Waldschratin

Ich kenne den Ausdruck auch „MPS“ und ich kann mich irgendwie damit besser identifizieren als mit dem Wort „DIS“.

Richtig Waldschratin, bei uns und mir ist auch niemand später entstanden, eben nur eben jetzt erst aufgetaucht, aber war schon lange vorhanden.

Ahja, als seltsam werde ich auch selbst wahr genommen oder als Objekt, denn sowas gibt es ja nur selten oder so gut wie nie und alle sind fasziniert…was mich wieder wütend macht, weil ich doch eben kein Objekt bin (das waren wir viel zu lange).
Mit der Situation der Borderlinern tut es mir mega leid dass Du sowas erfahren musstest, ich kenne das allerdings auch, was ich echt gruselig finde. Und genau, dann wird man noch weniger ernst genommen und zweifelt noch mehr an sich selbst als eh schon. Es ist furchtbar.

Wenn bei mir kleine Innenpersonen nach vor purzeln wollen die im wenigsten Falle Aufmerksamkeit, sondern haben was zu sagen oder wollen etwas Anderes, aber nie Zuwendung oder Aufmerksamkeit, das gibt es so gut wie nie.

Solche Gespräche, dass sich nicht multiple das gar nicht vorstellen können, hatte ich schon oft mit meiner Therapeutin und sie bejahte es, sie kann nur lernen und so und das finde ich klasse dass sie so offen ist.
Aber kuschen ist vorbei…wenn jemand Kleines beim einkaufen im Sommer Jingle Bells singen will, na dann ist das eben so…ich mache mir da gar nichts mehr draus.

Und ja, es wurde uns ja von klein an eingetrichtert die Wechsel der Innenpersonen geheim zu halten und eben nicht öffentlich zu machen, um nicht erkennt zu werden, da sind soviel Maßnahmen ergriffen wurde, damit es eben nicht gesehen wird, wenn gewechselt wird und es ist gruselig wenn ich dann Reportagen sehe, wo sich „angebliche“ Disler filmen lassen so das die Wechsel genau gesehen werden. Ich kann das nicht ernst nehmen und genau durch sowas entstehen völlig falsche Einschätzungen auch bei den Gerichten und der Polizei.

Genau, Waldschratin, es ist ein riesengroßer Unterschied zwischen den Wechseln und Dissoziationen und auch noch Imaginationen.


Danke für Deine Offenheit. :-)

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Sinarellas
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Beitrag So., 18.05.2025, 15:37

"bei uns und mir ist auch niemand später entstanden, eben nur eben jetzt erst aufgetaucht, aber war schon lange vorhanden."
traumatische Erlebnisse mit 18 haben hier durchaus noch alte Mechanismen greifen lassen, fremdartiges Erleben & fehlendes Wissen von Lebensereignissen um diese Zeit , und auch das Binden von dem Erleben in einen abgetrennten Teil, aber so dissoziiert wie durch die Dinge in den ersten X lebensjahren, das war nie wieder so. Auch weil sehr viel mehr Fähigkeiten vorhanden waren: Sprache, Ausdruck, wohlgesonnen(nere) Menschen usw. das verhindert (bei mir) die dissoziativen Strukturmechanismen. Aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar wie das danach noch passieren soll (abgesehen von Extremfällen wo man noch voll in Tätergruppierungen oder ähnlichem ist).
..:..

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Louna
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Beitrag Mo., 19.05.2025, 05:02

Genau, das ist bei mir auch so gewesen.

Ich danke Euch sehr für Eure Sichtweisen.

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