Hochbegabung als 'Problem' (sozial, psychisch)

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candle.
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Beitrag Do., 19.03.2015, 00:12

So, jetzt folgt die Antwort auf dein letztes Posting.
Krang2 hat geschrieben:Rumdiskutieren ist ein gutes Beispiel: Es ist für die allermeisten ein unangemessenes Verhalten, nicht nur für dich. Für mich aber nicht. Die meisten unterstellen, daß man durch das Nachhaken und Diskutieren ihre Vorgaben oder ihre Ansichten nicht akzeptieren würde, dabei geht es eher darum, sie möglichst genau zu verstehen und ihnen auch die eigenen Gedanken verständlich zu machen.
Also es gibt ja unterschiedliche Begabungen, die nicht erfaßt werden mit dem IQ Test, von daher: Vielleicht hast du eben diese Vorliebe zur Diskussion. Und selbst da würde ich sagen kann man gucken was sich mit dem Gegenüber überhaupt diskutieren läßt und ob eine Diskussion überhaupt angebracht ist. Das hängt dann von der Situation ab. Mit Studenten habe ich gerne mal diskutiert. Bei Arbeitsanweisungen würde ich erstmal folgen um dann vielleicht später vielleicht einen Verbesserungsvorschlag zu machen. Und manchmal, wie schon angemerkt, macht es vielleicht gar keinen Sinn mit jemanden zu diskutieren. Sich selber verständlich machen würde ich eher in Erwägung ziehen, wenn ich gefragt würde oder eine Frage/ Interesse erkennen kann. Naja, und am Arbeitsplatz ist doch oft die Zeit zu knapp für Diskussionen. Also was ich sagen will: Ich passe mich automatisch der Situation an wie ich es dann wohl in dem Moment ermesse. Das ist nicht statisch.
Ich fragte bei der Arbeit, weshalb man etwas auf eine bestimmte Art mache, worauf die Antwort kam, daß das schon seinen Sinn habe. Da war wieder dieses Mißverständnis, das nervte mich so, daß ich nur "OK" sagte und mich nicht weiter erklärte.
Als ich in den 20igern war, da war ich auch noch mehr Revoluzzer. So eine Antwort hätte mich echt genervt und mich glauben lassen, dass derjenige gar nicht weiß was er da tut. Also heute würde ich das eher nicht mehr intensiv nachfragen, sondern nachlesen oder gucken, ob da noch wer ist, der kompetenter ist.
Das "Zerdenken" ist das stille/selbstbezogene Äquivalent zum "Rumdiskutieren". Andere nervt das, Psychiater würden es Grübeln nennen, aber ich brauche das, für mich ist das angemessen. Vielleicht hat das auch nichts mit Hochbegabung zu tun, aber wenn Hochbegabte wieder anders ticken, dann werden für sie auch andere Denkmuster angemessen sein als für die Mehrheit der Menschen, was nicht pathologisch ist, weil es zu ihrer Physiologie und ihrem Seelenleben paßt.
Zumindest mit der Depression ist mir klar geworden was so ein Grübelzwang ist. Das ist auf jeden Fall nicht das Gleiche wie viele Sachen im Kopf haben und viel denken.
Ich mußte als Kind oft getröstet werden,
Sowas habe ich nie bekommen, da war ich immer auf mich selbst gestellt, also hatte ich auch irgendwie keine Linie was nun super war und was nicht. Ich mußte mich an mir selber irgendwo messen oder in der Schule, wobei da jetzt auch nichts passierte.
Meinst du mit Doktor Faustus den Roman von T.Mann? Ist das empfehlenswert? Meist sind die Originale besser, daher meine Frage.
Neeeeee, von Goethe!
Hätte man mir schon als Kind das Wesen der Krankheit meiner Mutter erklärt oder meine Traumatisierung im Gespräch aufgearbeitet, wäre mir sehr geholfen gewesen. Grundsätzlich finde ich, daß beim Kind Vieles, auch Förderung, noch leichter geht als beim Erwachsenen, wo Vieles verschüttet und verkrustet ist.
Ja, das ist aber eher deine persönliche Geschichte und eine Vermischung mit dem Lernen. Klar lernt man als Kind leichter. Und im Erwachsenenalter wird es schwieriger, allerdings kann ich das per se nicht für Funktionen im Gehirn behaupten (abgesehen von psychischen Beeinträchtigungen), sondern würde mich eher auf motorische Schwierigkeiten beziehen.
Ja, deine Erklärung zu „niederen Beweggründen“ (das wäre auch noch auszudiskutieren, welche Motive edler sind als andere ) kam bei mir entspannt an.
Gut, dass du das entspannt aufgefaßt hast. Für mich ist das allerdings keine Diskussion wert. Ich mag das einfach nicht, auch nicht an mir, wenn es denn mal so ist oder sein sollte.
Wir funktionieren alle ähnlich, also kann jemand mit Problem A auch einen anderen mit Problem B verstehen, indem er sich eine möglichst äquivalente Situation vorstellt, in der er ähnlich fühlen würde.
Genau erfaßt!
Wenn wir beide uns treffen würden, könnte ich dir wenigstens sagen, ob ich dich für hochbegabt halte bzw. wo deine Begabungen liegen, bevor du den Kontakt wieder abbrichst.
Ein Satz zum Schmunzeln, doch am Ende eher traurig! Gut, nur nicht mal die Hochbegabtenberatung hätte mir das sagen können im Kurzgespräch.

candle
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Krang2
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Beitrag Di., 24.03.2015, 21:23

Huhu candle!

Es kann doch positiv sein, wenn man sich in Problematiken nicht oder nur teilweise wiederfindet. Wenn du nur zu Themen schriebest, bei denen du selbst nicht weiterkommst oder die du selbst noch als problematisch empfändest, wirktest du zwar verständnisvoller, aber vielleicht manchmal weniger hilfreich. Wenn du z.B. hochbegabt bist und keine sozialen Probleme in der Schule hattest, dann kannst du vielleicht Ratschläge geben oder Probleme anderer distanzierter analysieren.

Ich wollte ausdrücken, daß ich als Erwachsene kaum beneidet werde, weil ich weder wohlhabend noch in irgend einer angesehenen Position bin. Als Kind/Jugendliche fand ich es schwieriger, keinen Neid zu erzeugen, weil da alle möglichen Fähigkeiten zutage treten und beneidet werden, die Erwachsene durch ihre Spezialisierung, Ergebnisorientierung oder stabilen Selbstwert gar nicht als Problem empfinden.

„Spielen“ heißt bloß, daß soziale Interaktion mir oft wie ein Spiel vorkommt, weil man nicht einfach man selbst sein darf, sondern eben nach Regeln anderer etwas vorspielen soll. Natürlich habe ich meine Moral und innere Regeln, nur brauche ich dafür keine Religion oder Gesellschaft, sondern Stimmigkeit, deshalb hinterfrage ich das oft. Viele Gespräche in sozialen Situationen langweilen mich, weil sie oberflächlich oder unecht sind, ich vermisse echten Austausch/“Begegnen“ so wie zwischen uns jetzt. Wenn man als Kind immer aneckt, wenn man man selbst ist, dann bleibt einem gar nichts anderes übrig, als erwünschte Reaktionen zu kopieren. Das ist bei mir chronisch, nicht akut. Aber das liegt eher an meiner Art zu denken, nicht an meinem IQ.

War deine „Stille“, Introvertiertheit, einfach dein Wesen, oder war das eine Reaktion, wärst du gern mehr aus dir herausgegangen? Im Buch „Jenseits der Norm“ steht, daß Hochbegabte meist introvertiert sind, allerdings wird darin offen gelassen, ob das eine Reaktion auf mangelndes Eingehen auf eigene Gedanken ist, oder ob das eher anlagebedingt ist. Ich war früher sehr extravertiert, genieße mit dem Älterwerden zunehmend Alleinsein und empfinde soziale Situationen ermüdender als früher. Wie hat sich das bei dir entwickelt, bist du noch stiller geworden oder umgekehrt?

Haha, im Gegensatz zum Therapeuten kann man mir wirklich ALLE Sorgen erzählen, ich wechsele dann in den Modus „nicht urteilen“. Das „Innerste“ des Menschen ist spannend, weil es authentisch ist, kein Getue mehr, sondern echtes Sich-mitteilen.

„Diskutieren“ klingt nur nach Streitgespräch. Mich stört, wenn ich als Revoluzzer gesehen werde, da es nicht mein Ziel ist, durch Nachhaken andere anzugreifen. Es sind nur Techniken, z.B. die gegensätzliche Sichtweise einzunehmen, um Argumente und Stimmigkeit zu überprüfen oder nachzuvollziehen.

Was das Lernen angeht, fällt das intellektuelle im Erwachsenenalter ja noch leichter als das Lernen z.B. im sozialen Bereich oder psychische Veränderungen. Warum wird „auffälligen“ Kindern nicht erklärt, warum sie so sind, wie sie sind? Wie sollen sie etwas verändern, wenn sie das Wesen ihrer Probleme nicht verstehen? Ich habe mich als Kind oft gefragt, was ich denn falsch mache, bis ich endlich gelernt habe, daß viele Unzulänglichkeiten nicht bei mir lagen, habe immer zu viel auf mich genommen und auf mich bezogen. Ich glaube, daß Menschen, die „verkopft“ sind, auch logisch nachvollziehbare Erklärungen benötigen, und zwar auf Erwachsenenniveau. Ich bin übrigens auch schon damit angeeckt, ehrliche, direkte Antworten auf Kinderfragen zu geben, aber intelligente Kinder sind frustriert, wenn sie mit 0815-Blabla abgespeist werden und sich nicht ernst genommen fühlen. Hochintelligente Kinder sind vielleicht umso frustrierter, wenn keiner angemessen (hier paßt der Begriff genau ) darauf eingeht, was in ihrem Kopf vorgeht.

Hochbegabte Kinder benötigen meiner Meinung nach kein Training oder Füllung mit Bücherwissen als Förderung – es reicht aus, Wissensdurst nicht zu hemmen, sie selbst entdecken, probieren, lesen,... zu lassen, bis sie an ihre Grenzen kommen. Gute Förderung heißt für mich Stärkung der Persönlichkeit und der Erkenntnis, was die eigenen Bedürfnisse sind und weshalb sie z.B. bei Hochbegabten anders sind als die anderer Kinder. Ich hätte schon früh Antworten auf Fragen bekommen wie: „Warum geben mir die anderen das Gefühl, daß ich anders bin, obwohl ich doch ein Kind bin wie sie?“ oder „Warum werden die Augen verdreht, wenn ich durchdachte Fragen stelle, sind die Fragen etwa doof?“ oder „Warum teilt keiner meine Art sich mit Neuem/Interessen auseinander zu setzen?“ oder „Muß ich absichtlich so tun, als wäre ich schlechter, um beliebter zu sein?“

Weißt du denn, was jemanden dafür qualifiziert, in der Hochbegabtenberatung beraten zu dürfen? Selbst hochbegabt zu sein ist weder notwendig noch hinreichend, wie ich finde. Ja, auf eine Art ist es traurig, aber andererseits finde ich diese Gesprächsplattform toll.

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Krang2
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Beitrag Di., 24.03.2015, 21:27

Noch etwas, du schreibst, daß du dich an dir selbst messen mußtest. Ich finde es wichtig, dabei bis an deine Grenzen zu gehen und zu stoßen, um dich realistisch wahrzunehmen und einschätzen zu können. Je älter man wird, desto eher trifft man dann auch Menschen, die einem durch Spezialisierung überlegen sind, dann hat man noch einen Bezugspunkt. Als Kind war ich schrecklich ehrgeizig, vermutlich unbewußt, um diese Frustration erleben zu dürfen. Das erdet.

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Beitrag Do., 26.03.2015, 11:20

Hallo Krang!
Krang2 hat geschrieben: Es kann doch positiv sein, wenn man sich in Problematiken nicht oder nur teilweise wiederfindet. Wenn du nur zu Themen schriebest, bei denen du selbst nicht weiterkommst oder die du selbst noch als problematisch empfändest, wirktest du zwar verständnisvoller, aber vielleicht manchmal weniger hilfreich. Wenn du z.B. hochbegabt bist und keine sozialen Probleme in der Schule hattest, dann kannst du vielleicht Ratschläge geben oder Probleme anderer distanzierter analysieren.
Diesen Abschnitt verstehe ich nicht ganz!
Ich wollte ausdrücken, daß ich als Erwachsene kaum beneidet werde, weil ich weder wohlhabend noch in irgend einer angesehenen Position bin. Als Kind/Jugendliche fand ich es schwieriger, keinen Neid zu erzeugen, weil da alle möglichen Fähigkeiten zutage treten und beneidet werden, die Erwachsene durch ihre Spezialisierung, Ergebnisorientierung oder stabilen Selbstwert gar nicht als Problem empfinden.
Hm.
„Spielen“ heißt bloß, daß soziale Interaktion mir oft wie ein Spiel vorkommt, weil man nicht einfach man selbst sein darf, sondern eben nach Regeln anderer etwas vorspielen soll.
Das kann ich auch nicht nachvollziehen. Vielleicht müßtest du genauer werden.
Natürlich habe ich meine Moral und innere Regeln, nur brauche ich dafür keine Religion oder Gesellschaft, sondern Stimmigkeit, deshalb hinterfrage ich das oft.
Naja, aus dieser allgemeinen Stimmigkeit sind wohl auch die Regeln der Masse mit entstanden. Welche du brauchst, weiß ich jetzt nicht?
Viele Gespräche in sozialen Situationen langweilen mich, weil sie oberflächlich oder unecht sind, ich vermisse echten Austausch/“Begegnen“ so wie zwischen uns jetzt. Wenn man als Kind immer aneckt, wenn man man selbst ist, dann bleibt einem gar nichts anderes übrig, als erwünschte Reaktionen zu kopieren. Das ist bei mir chronisch, nicht akut. Aber das liegt eher an meiner Art zu denken, nicht an meinem IQ.
Ich denke, man kann das dem Erwachsenenalter schon anpassen bzw. sich neu ausprobieren.
War deine „Stille“, Introvertiertheit, einfach dein Wesen, oder war das eine Reaktion, wärst du gern mehr aus dir herausgegangen?
Ich denke einfach, dass ich mehrere Eigenschaften in mir vereint habe. Teilweise stammt es aus der Erziehung, dass ich still war, ich bin vielleicht vom Typ her auch ein ganz klein wenig extrovertiert und auch ein klein wenig schüchtern und still. Kommt immer auf die Situation an.
Wie hat sich das bei dir entwickelt, bist du noch stiller geworden oder umgekehrt?
Nö, ich bin schon etwas aus mir herausgegangen. Wie schon geschrieben, hängt das auch von der Situation ab, ob ich mich dort wohl fühle.
Haha, im Gegensatz zum Therapeuten kann man mir wirklich ALLE Sorgen erzählen, ich wechsele dann in den Modus „nicht urteilen“. Das „Innerste“ des Menschen ist spannend, weil es authentisch ist, kein Getue mehr, sondern echtes Sich-mitteilen.
Das erstaunt mich allerdings, dass du immer wieder schreibst, dass du offenbar bewußt die Modi wechselst. Für mich läuft das automatisch.
„Diskutieren“ klingt nur nach Streitgespräch. Mich stört, wenn ich als Revoluzzer gesehen werde, da es nicht mein Ziel ist, durch Nachhaken andere anzugreifen. Es sind nur Techniken, z.B. die gegensätzliche Sichtweise einzunehmen, um Argumente und Stimmigkeit zu überprüfen oder nachzuvollziehen.
Ich meine da auch eher sowas wie Ideen, Diskussionen, Entwicklung, für einen selbst einstehen und auch ggf. für andere Schwächere einzustehen. Eben Diskussionen wie ich sie von der Uni her kenne, was man nicht mit irgendwelchen Streitereien vergleichen kann.
Warum wird „auffälligen“ Kindern nicht erklärt, warum sie so sind, wie sie sind? Wie sollen sie etwas verändern, wenn sie das Wesen ihrer Probleme nicht verstehen? Ich habe mich als Kind oft gefragt, was ich denn falsch mache, bis ich endlich gelernt habe, daß viele Unzulänglichkeiten nicht bei mir lagen, habe immer zu viel auf mich genommen und auf mich bezogen.
Vielleicht ging es gar nicht so sehr um unser Wesen, sondern unter welchen Umständen wir aufgewachsen sind, wenn wir mal die elterliche Prägung mit einbeziehen.

.
Ich bin übrigens auch schon damit angeeckt, ehrliche, direkte Antworten auf Kinderfragen zu geben,
Wie denn? Wer sollte das denn kritisieren?
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Beitrag Do., 26.03.2015, 11:38

Kurz: Ich finde hier deinen roten Faden nicht. Mir springt das zu sehr von deiner Kindheit in dein Erwachsenenalter im Kontrast zu Allgemeinsätzen wie es für andere Kinder und Erwachsene sein mag. Ich halte das nämlich für sehr individuell. Vielleicht magst du ja konkreter werden und die Abschnitte dann abgrenzen? Mir fällt es sonst zunehmend schwerer zu antworten.
Noch etwas, du schreibst, daß du dich an dir selbst messen mußtest. Ich finde es wichtig, dabei bis an deine Grenzen zu gehen und zu stoßen, um dich realistisch wahrzunehmen und einschätzen zu können.
Nur wer setzt denn diese Grenzen, wenn man Kind ist? Wohl doch die Erwachsenen normalerweise? Das wäre ja mal ein Thema für sich: Über Grenzen gehen. Ich glaube da hat auch jeder eine andere Sicht zu.
Je älter man wird, desto eher trifft man dann auch Menschen, die einem durch Spezialisierung überlegen sind, dann hat man noch einen Bezugspunkt. Als Kind war ich schrecklich ehrgeizig, vermutlich unbewußt, um diese Frustration erleben zu dürfen. Das erdet.
Wenn man nun kein Interesse an der Spezialisierung hat, verringert sich der Kreis wieder.

Was hast du denn als Kind sonst noch getan z. B. in der Freizeit?

So, bis denn!
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Krang2
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Beitrag Do., 02.04.2015, 11:00

Ich habe die Abschnitte, die du nicht ganz verstehst, mehrmals durchgelesen. Ich weiß nicht, wie ich es treffender und klarer formulieren könnte. Ich wüßte ja zu gern, ob du mich am Telefon besser verstehen würdest.

Zu dem Regeln brauchen meinte ich, daß man umso mehr Kontrolle von außen braucht, je weniger man sich bewußt mit dem Sinn und Zweck auseinander setzt. Intelligenz reicht dafür nicht, es muß auch die frühkindliche Erfahrung vorhanden sein, daß Gemeinsinn letztlich auch für einen selbst nützlich ist. Macht jemand diese Erfahrung nicht, ist aber hochintelligent, wird er zum Psychopathen.

Ich wechsele die Modi vielleicht nicht bewußt im Sinne von absichtlich-geplant, aber ich bin allgemein sehr bewußt, selbst wenn ich ausraste, kann ich mich sachlich dabei von außen beobachten. Manchmal nervt das sogar.

Doch, ich meinte schon das Wesen, nicht die Lebensumstände, unter denen z.B. ich aufgewachsen bin. Ich finde, daß man allen, aber gerade hochbegabten Kindern helfen soll, ihr eigenes Wesen zu begreifen, also warum sie bestimmte Reaktionen in anderen auslösen oder selbst anders auf Auslöser reagieren. Ob bestimmte Eigenschaften nun im Einzelfall an ihren Eltern lagen, ist da unwichtig.

An die eigenen Grenzen zu gehen bedeutet nicht, daß einem von Eltern o.ä. Grenzen gesetzt werden, sondern daß man an seine Erfahrungs- und Leistungsgrenzen geht, um sich selbst zu erkennen. Ein Kind, das z.B. in der Schule immer am besten ist, soll möglichst oft die Erfahrung machen, Aufgaben nicht lösen zu können, damit es Frustrationstoleranz aufbaut und seine Leistungsfähigkeit realistisch einschätzen kann. Das beugt auch Narzißmus vor, mal scheitern/versagen zu dürfen.

Was ich noch getan habe...ich war sehr begeisterungsfähig, habe alles Neue „ganz oder gar nicht“ ausprobiert, war dabei sehr kreativ, allerdings habe ich andere oft überfahren bzw. war ihnen zu anstrengend oder es gab Ärger wegen unkonventioneller Ansätze. Ich schrieb für Langeweilestunden immer wieder Listen auf, was ich tun könnte.

Jetzt wünsche ich allen, die das hier lesen, frohe Ostern, fragt mich nicht nach einer Formelherleitung für das Volumen der Eier!

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Beitrag Fr., 03.04.2015, 09:40

Krang2 hat geschrieben:Ich habe die Abschnitte, die du nicht ganz verstehst, mehrmals durchgelesen. Ich weiß nicht, wie ich es treffender und klarer formulieren könnte. Ich wüßte ja zu gern, ob du mich am Telefon besser verstehen würdest.
Direkter Kontakt ist immer besser. Es geht mir ja nicht so um das Verstehen, sondern eher um eine gewisse "Sprunghaftigkeit" und Vermengung von Themen. Und das ist schriftlich sicher schwerer in den Griff zu bekommen als direkt verbal, zudem ginge Kommunikation schneller, was ich eher mag.
Zu dem Regeln brauchen meinte ich, daß man umso mehr Kontrolle von außen braucht, je weniger man sich bewußt mit dem Sinn und Zweck auseinander setzt. Intelligenz reicht dafür nicht, es muß auch die frühkindliche Erfahrung vorhanden sein, daß Gemeinsinn letztlich auch für einen selbst nützlich ist. Macht jemand diese Erfahrung nicht, ist aber hochintelligent, wird er zum Psychopathen.
Mittlerweile habe ich so das Gefühl, dass man Intelligenz von emotionaler Intelligenz trennen muß.
Ich wechsele die Modi vielleicht nicht bewußt im Sinne von absichtlich-geplant, aber ich bin allgemein sehr bewußt, selbst wenn ich ausraste, kann ich mich sachlich dabei von außen beobachten. Manchmal nervt das sogar.
Seltsam, ich kann das nicht mich von außen beobachten. Das ergibt für mich auch keinen Sinn, was die Kontrolle einer Situation angeht.
Doch, ich meinte schon das Wesen, nicht die Lebensumstände, unter denen z.B. ich aufgewachsen bin. Ich finde, daß man allen, aber gerade hochbegabten Kindern helfen soll, ihr eigenes Wesen zu begreifen, also warum sie bestimmte Reaktionen in anderen auslösen oder selbst anders auf Auslöser reagieren. Ob bestimmte Eigenschaften nun im Einzelfall an ihren Eltern lagen, ist da unwichtig.
Diese Aussage ist mir auch etwas verdreht.
Was ich noch getan habe...ich war sehr begeisterungsfähig, habe alles Neue „ganz oder gar nicht“ ausprobiert, war dabei sehr kreativ, allerdings habe ich andere oft überfahren bzw. war ihnen zu anstrengend oder es gab Ärger wegen unkonventioneller Ansätze. Ich schrieb für Langeweilestunden immer wieder Listen auf, was ich tun könnte.
Hm ja, aber was bringt dir das heute? Möchtest du lieber deine Kindheit aufarbeiten? Oder jetzt herausfinden, ob du hochbegabt bist?
Jetzt wünsche ich allen, die das hier lesen, frohe Ostern, fragt mich nicht nach einer Formelherleitung für das Volumen der Eier!
Wer das will, kann ja schnell die Suchmaschine fragen.

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Beitrag Mi., 08.04.2015, 10:30

Ja, vielleicht hat die scheinbare Sprunghaftigkeit mit dem divergenten Denken zu tun, was IQ-Tests nicht messen, worüber ich weiter vorn sinniert hatte. Sie liegt von mir aus daran, daß das Thema unheimlich viele Facetten hat, die abzudecken ein Buch füllen würde, und jeder neue Beitrag löst ein Feuerwerk neuer Gedanken und auch Ideen in mir aus, so daß ich krampfhaft versuche, alles zu streifen, und uns beiden nicht die Zeit gebe, geduldig eins nach dem anderen abzuarbeiten.

Der Zusammenhang und das Zusammenwirken von emotionaler und intellektueller Intelligenz wäre auch ein interessantes Thema. Wenn Hochbegabte an sich selbst scheitern, liegt es meiner Ansicht nach selten an mangelnder emotionaler Intelligenz, sondern meiner Beobachtung nach an anderen Ursachen, z.B. mangelnder Selbstdisziplin oder Fokussierung auf das Wesentliche, übersteigertem Perfektionismus und damit einhergehender Frustration eigener Erwartungen.

Die Tätigkeitsbeschreibung brachte mir nur das, auf deine Frage zu antworten. Ja, ich würde einen Vorfall aus meiner Kindheit therapeutisch aufarbeiten wollen, aber ansonsten nein, ich bin doch selbst jemand, der Begabungen erkennt, individueller als jeder Test.

Das sich selbst und andere von außen zu beobachten ist einfach da. Ich weiß nicht, wie verbreitet es ist und worauf das hindeutet, ich glaube auch nicht, daß es sich auf die Kontrolle von Situationen auswirkt, höchstens im Nachhinein auf die Analyse.

Wieso ist es verdreht, Wesen und Lebensumstände definitorisch voneinander zu trennen? (Charakterliches) Wesen drückt erst einmal aus, daß das Wissen um das Zustandekommen desselben (Umwelt vs. Anlagen) nicht notwendig ist, um damit zu arbeiten. Es beinhaltet Persönlichkeit, aber ist weitgreifender, deshalb erscheint mit der Begriff passend, also ich würde einem hochbegabten Kind mit Problemen helfen, indem ich ihm helfe, sein Wesen zu verstehen und danach zu handeln. Dazu gehört auch zu erkennen, wann und welche Anpassungen ihm förderlich oder hinderlich sind.

Ich versuche möglichst abstrakt zu schreiben, damit du nicht denkst, ich bezöge mich nur auf einzelne Situationen, Problematiken oder Personen. Andererseits muß ich dann wieder auf konkrete, aber oft nicht so treffende Beispiele zurückgreifen. Ich bin mir dessen bewußt, daß es ein erhebliches Manko ist, daß wir hier nicht über 1000 Versuchskaninchen als Anschauungsmaterial verfügen können. Aber wenn wir die Thesen auf Menschen, die wir neu kennenlernen, anwernden, merken wir, welche Techniken unter welchen Umständen verallgemeinerbar sind. Z.B. eine Vorhersage treffen und schauen, ob sie eintritt.

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Beitrag Mo., 13.04.2015, 10:17

Krang2 hat geschrieben:Ja, vielleicht hat die scheinbare Sprunghaftigkeit mit dem divergenten Denken zu tun, was IQ-Tests nicht messen, worüber ich weiter vorn sinniert hatte. Sie liegt von mir aus daran, daß das Thema unheimlich viele Facetten hat, die abzudecken ein Buch füllen würde, und jeder neue Beitrag löst ein Feuerwerk neuer Gedanken und auch Ideen in mir aus, so daß ich krampfhaft versuche, alles zu streifen, und uns beiden nicht die Zeit gebe, geduldig eins nach dem anderen abzuarbeiten.
Ja sehr schade, denn ich blicke auch gar nicht mehr durch leider!

Ich versuche möglichst abstrakt zu schreiben, damit du nicht denkst, ich bezöge mich nur auf einzelne Situationen, Problematiken oder Personen.
Mir wäre das aber lieber!
Andererseits muß ich dann wieder auf konkrete, aber oft nicht so treffende Beispiele zurückgreifen. Ich bin mir dessen bewußt, daß es ein erhebliches Manko ist, daß wir hier nicht über 1000 Versuchskaninchen als Anschauungsmaterial verfügen können.
Hier geht es doch nicht um eine Studie, sondern um persönlich individuelle Erfahrungen.

Kann es sein, dass du gerade etwas gestresst bist?

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Beitrag Mo., 13.04.2015, 22:05

@candle,
nach 46 Seiten gelobe ich Besserung bezüglich des Gedankenspreitens. Meinst du mit individuellen Erfahrungen solche, die wir beide mit Hochbegabten gemacht haben, oder eigene Erfahrungen und Gedanken, unabhängig von unserem IQ?
Welches Teilthema bzw. welche Fragestellung würde dich denn besonders interessieren? Dann werde ich versuchen nicht abzuschweifen.

Ansonsten könnte ich etwas Persönliches beitragen, was in die Richtung geht, die Wandelröschen kritisiert hatte, nämlich daß Hochbegabte überspitzt formuliert keine Probleme haben dürfen, Gleiches gilt auch für Überleister.
Ich hatte vor allem in der Schule oft starke Prüfungsangst. Meine Eltern, auch manche Mitschüler versuchten das immer herunterzuspielen, und rational verstand ich ihre Argumente, aber trotzdem ging es mir deshalb oft schlecht, selbst körperlich. Ich lernte nicht so viel, damit ich mich nicht unnötig verrückt machte, aber leider half auch Ablenkung nicht. Mein Vater meinte immer, solche Herausforderungen seien doch schön, da könne man zeigen, was man drauf hat, aber für mich war es eine Qual, weil ich jeden kleinsten Fehler bereits als Beweis der Unzulänglichkeit empfand - deshalb glaubte ich, daß jederzeit "aufgedeckt" werden würde, daß ich ein Betrüger bin und mir alles nur erschlichen habe. Das stimmt in gewisser Weise auch, denn sämtliche Leistungen egal worin hatte ich alle nur durch effektive Strategien, nicht durch besondere Talente erworben, selbst in Sport oder Musik. Das glaubt/e mir aber niemand, das machte andere nur noch wütender, wenn ich so argumentierte.
Jedenfalls erzeugte meine Angst keineswegs Mitleid, sondern entweder Lächeln oder Wut, und keiner verstand, weshalb ich Angst hatte, denn ich hatte keinen Grund dazu. Einmal sagte eine Mitschülerin: "Du kannst doch sowieso alles, also wenn jemand das Recht hat Angst zu haben, dann sicher nicht du!" Sie war regelrecht sauer, sprach mir damit also das Recht auf Gefühle ab, die ich noch nicht einmal bewußt erzeugt hatte. Ich habe heute noch gelegentlich Alpträume, in denen ich z.B. in der Schule bin und alles schiefläuft, so richtig absurde, in denen plötzlich Buchstaben durcheinanderpurzeln, ich im falschen Raum bin, gar nichts mehr verstehe usw.
Mit meiner Erwerbslosigkeit ging es mir leider auch oft so, daß mir grundsätzlich unterstellt wurde, ich wolle nicht arbeiten, denn mit solchen Bewerbungsunterlagen könnte man gar nicht nichts finden. Eine Nachhilfeschülerin und ehemalige Freundin sagte sogar mal: "Wozu soll ich mich in der Schule anstrengen, also wenn (krang2) nichts findet, habe ich doch erst recht keine Chance!"
Selbst mein Therapeut unterstellte mir gern mal Unwillen, bewußte Manipulation usw., ich hatte schlichtweg nicht das Recht mich blöd anzustellen, kam mir mit meinen Problemen nie ernst genommen vor. Überhaupt wird mir grundsätzlich mehr als anderen zugemutet, auch psychisch. Die Krone setzte meine Mutter dem Ganzen auf, indem sie mal meinte: "Du hast gar nicht so gelitten oder so schlimme Dinge erlebt, denn dann wärst du in der Schule abgesackt oder auffällig geworden."
Mich würde interessieren, ob du selbst ein ähnliches Problem mit Prüfungsangst oder vielleicht anderen Problemen hattest, die dir deine Umwelt schlichtweg nicht zugesteht, weil jemand wie du sie angeblich nicht haben darf.

Nein, ich war nicht gestreßt, nur ist auch mein Schreibstil zuweilen wechselhaft und da war er flapsig.


@ziegenkind,
Was veranlaßt dich zu der Vermutung, daß ich mich selbst überschätze, und in welchem Teilbereich? Vermutest du, ich könnte keinen Erkenntnisgewinn aus gewonnenen Daten und Fakten ziehen? Über etwas zu verfügen setzt voraus, daß man bereit ist die dafür notwendige Energie zu investieren. Hast du sonst noch etwas "Qualifiziertes" zu diesem Gespräch beizutragen?

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Wandelröschen
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Beitrag Mo., 13.04.2015, 23:26

Krang2 hat geschrieben:Du hast gar nicht so gelitten oder so schlimme Dinge erlebt, denn dann wärst du in der Schule abgesackt
Ja, das liest und hört man immer wieder. Bedeutet aber ja, dass man irgendwann mal gut/sehr gut gewesen sein muss, um eine Tendenz nach unten vorweisen zu können.
Wenn aber jemand wie unsereins aus einen wie heute als „bildungfernen Hartz IV“-Haushalt bezeichnet stammt, hat sich doch keiner aus meiner Herkunftsfamilie (und auch nicht aus meiner Umgebung) einen Kopp gemacht dass ich Probleme haben könnte, wenn ich als Kind in meiner für mich schlimmsten Zeit, in der ich mir echt das Leben nehmen wollte, mich auf gutem Realschulniveau bewegte.
Und auch in der GS fing unsereins ja nicht als Überflieger an (es gab ja schon in der 1. Klasse zweites Halbjahr Noten), wie man meinen könnte und viele HB´ler da vielleicht noch notentechnisch glänzen. Wenn man dort erst einmal „richtiges“ Deutsch lernen muss, weil man es von zu Hause nicht mitbekommen hat, brockt einem das erst einmal alles andere als sehr gute Noten ein.
Nein, Probleme hatte ich nicht mit Prüfungsangst oder mit dem Neid meiner Mitschüler wegen guter/sehr guter Noten (die ich dann ab der 7. Klasse sehr wohl hatte). Probleme hatte ich z.B. in der Art, dass ich mir z.B. schon in der 3. Klasse meine Entschuldigungen selber schreiben musste, weil meine s.g. Erziehungsberechtigten dazu entweder nicht in der Lage waren oder nicht gewillt dazu. Nach vielem Betteln bekam ich aber immer hin die Unterschrift.

Meine vor etlichen Seiten getätigte Aussage, dass man als HB´ler ja eigentlich keine Probleme zu haben hat, bezog sich eher auf die Reaktionen der Umwelt im Erwachsenenalter.
Also wenn unsereins andeutete, Probleme zu haben, wurden die abgewiegelt damit, dass es einem ja sooo viel besser ginge als vielen anderen, nur weil unsereins auf verdammt hohen Niveau trotz extremer Probleme funktionierte (nicht lebte!, was das ist, erfahre ich erst jetzt nach erfolgreicher Therapie).
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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Beitrag Di., 14.04.2015, 01:33

@Wandelröschen,
vielleicht war die dir so früh erzwungene Selbständigkeit (Entschuldigungen selbst schreiben), die ich eher in emotionaler Form hatte, auch eine Art Förderung (aus Not)? Hattest du in der Oberschule und später auch nie Prüfungsangst oder Hemmungen durch Perfektionismus?

Hat dir dein Umfeld in deiner Kindheit denn Probleme zugestanden? Falls ja, weshalb wurdest du dann später als Erwachsene anders wahrgenommen und behandelt? Änderte sich etwas in den äußeren Umständen oder in der Wahrnehmung deiner Persönlichkeit durch andere? Mir wurden durchgehend keine Probleme zugestanden, jedenfalls keine, zu deren Lösung ich Hilfe von außen benötigen würde (ich kriege ja nicht mal eine Therapie, weil ich zu gut „funktioniere“ bzw. „absichtlich sabotiere“). Denkst du, daß das Unverständnis und mangelnde Mitgefühl für deine Probleme an deinem Auftreten oder an deiner Hochbegabung liegt? Wird dir auch so begegnet, wenn dein Gegenüber nichts von deiner Hochbegabung weiß? Von mir wird immer Stärke erwartet, und der einzige Grund, der mir einfällt, sind meine unverdienten Leistungen.

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Beitrag Di., 14.04.2015, 10:25

Krang2 hat geschrieben: nach 46 Seiten gelobe ich Besserung bezüglich des Gedankenspreitens. Meinst du mit individuellen Erfahrungen solche, die wir beide mit Hochbegabten gemacht haben, oder eigene Erfahrungen und Gedanken, unabhängig von unserem IQ?
Welches Teilthema bzw. welche Fragestellung würde dich denn besonders interessieren? Dann werde ich versuchen nicht abzuschweifen.
Das frage ich mich auch schon länger! Mit IQ kann ich nicht dienen! Und was die Erfahrungen angeht, sind die wirklich zu verschieden. Ich finde mich eher nicht wieder, was dann wieder am mangelnden IQ liegen mag.
Ansonsten könnte ich etwas Persönliches beitragen, was in die Richtung geht, die Wandelröschen kritisiert hatte, nämlich daß Hochbegabte überspitzt formuliert keine Probleme haben dürfen, Gleiches gilt auch für Überleister.
Nun stellt sich ja die Frage um was für Probleme es geht? Entschuldige, dass ich das stetig versuche zu unterscheiden, denn sind das ausschließlich Probleme Hochbegabter oder machen auch durchschnittlich Begabte diese Erfahrungen? Irgendwo müssen wir uns ja unterscheiden?
Ich hatte vor allem in der Schule oft starke Prüfungsangst. Meine Eltern, auch manche Mitschüler versuchten das immer herunterzuspielen, und rational verstand ich ihre Argumente, aber trotzdem ging es mir deshalb oft schlecht, selbst körperlich. Ich lernte nicht so viel, damit ich mich nicht unnötig verrückt machte, aber leider half auch Ablenkung nicht. Mein Vater meinte immer, solche Herausforderungen seien doch schön, da könne man zeigen, was man drauf hat, aber für mich war es eine Qual, weil ich jeden kleinsten Fehler bereits als Beweis der Unzulänglichkeit empfand - deshalb glaubte ich, daß jederzeit "aufgedeckt" werden würde, daß ich ein Betrüger bin und mir alles nur erschlichen habe.
Die Frage ist für mich eher: Und was ist jetzt? Theoretisch wirst du ja kaum noch eine Prüfung machen müssen als Erwachsene. So hätte ich dieses Problem vermutlich schon verworfen, weil es jetzt keine Relevanz mehr hat, außer für dich ist daraus ein neues Problem entstanden. Das Impostor Syndrom hatten wir ja auch schon angerissen.
Das stimmt in gewisser Weise auch, denn sämtliche Leistungen egal worin hatte ich alle nur durch effektive Strategien, nicht durch besondere Talente erworben, selbst in Sport oder Musik. Das glaubt/e mir aber niemand, das machte andere nur noch wütender, wenn ich so argumentierte.
Wen machte das wütend? Ich hatte übrigens auch solche Strategien, z. B. im Sport um einmal eine Ehrenurkunde zu bekommen hatte ich mich auf eine "Vorführung" mit sehr hoher Punktzahl fixiert und geübt. In Mathematik hatte ich mich mit dem Lehrer strategisch abgesprochen um mal gerade meine 5 Punkte zu bekommen. DAS fand ich gar nicht schlimm!
Jedenfalls erzeugte meine Angst keineswegs Mitleid, sondern entweder Lächeln oder Wut, und keiner verstand, weshalb ich Angst hatte, denn ich hatte keinen Grund dazu. Einmal sagte eine Mitschülerin: "Du kannst doch sowieso alles, also wenn jemand das Recht hat Angst zu haben, dann sicher nicht du!" Sie war regelrecht sauer, sprach mir damit also das Recht auf Gefühle ab, die ich noch nicht einmal bewußt erzeugt hatte. Ich habe heute noch gelegentlich Alpträume, in denen ich z.B. in der Schule bin und alles schiefläuft, so richtig absurde, in denen plötzlich Buchstaben durcheinanderpurzeln, ich im falschen Raum bin, gar nichts mehr verstehe usw.
So extrem einschneidende Erlebnisse hatte ich nicht in der Schule, dass sie mich heute noch verfolgen würden, weil ich denke, dass das Elternhaus immer eine größere Rolle gespielt hat.
Mit meiner Erwerbslosigkeit ging es mir leider auch oft so, daß mir grundsätzlich unterstellt wurde, ich wolle nicht arbeiten, denn mit solchen Bewerbungsunterlagen könnte man gar nicht nichts finden. Eine Nachhilfeschülerin und ehemalige Freundin sagte sogar mal: "Wozu soll ich mich in der Schule anstrengen, also wenn (krang2) nichts findet, habe ich doch erst recht keine Chance!"
Keine Ahnung woran es gelegen hat, aber das hatten wir ja auch schon durchdiskutiert.
Mich würde interessieren, ob du selbst ein ähnliches Problem mit Prüfungsangst oder vielleicht anderen Problemen hattest, die dir deine Umwelt schlichtweg nicht zugesteht, weil jemand wie du sie angeblich nicht haben darf.
Prüfungsangst hatte ich nicht. Und bei mir war die Umwelt meine Familie. Klar gab das da auch seltsame Lehrer, aber das ist nicht groß für mich diskussionswürdig.

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Wandelröschen
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Beitrag Di., 14.04.2015, 16:06

Prüfungsangst oder Hemmungen durch Perfektionismus sind nicht den HB´lern vorbehalten, sondern ist unter der ganzen Bevölkerung zu finden.
Die Probleme, die ich als Kind/Jugendliche auch im schulischem Umfeld hatte, sind ebenfalls nicht vorrangig der HB geschuldet, sondern meinem privaten, traumatisierenden Umfeld. Die HB hat schlicht und einfach unser Überleben gesichert, wurde als solche aber nicht wahrgenommen/war kein Thema.
Ja, als Erwachsene wurde/werde ich anders wahrgenommen als damals als Kind/Jugendliche, weil ich bis dahin schlicht und ergreifen gelernt hatte, mit der DIS so im äußeren Umfeld zu leben, dass ich durch mein äußeres teils für die Umgebung sonderbares Verhalten nicht laufend aneckte/bzw. plausible Erklärungen lieferte. Das Wahrnehmen der HB begann dann so im Oberstufenzeitalter/Uni.

Erst dann traten die (positiven) Anzeichen einer Hochbegabung für Außenstehende in Erscheinung (für mich war das da noch nie Thema), wurde mir dann auch von einigen auf den Kopf zu gesagt im Erwachsenenalter.
Erst dann traten Unverständnis und mangelndes Mitgefühl für mich deutlich wahrnehmbar auf. Weil nur gesehen wurde, was ich alles angeblich Tolles geschafft/geleistet hatte, mir erbaut hatte, wie toll wohl alles lief … Ja, nach außen funktionierte unsereins hervorragend, auf hohem Niveau. Nur wurden meine inneren Probleme immer größer, und die wurden von außen nicht anerkannt, auch wenn ich es wagte, sie zu äußern und sogar noch klein geredet. Da bekam ich dann zu hören, was ich mich denn nur anstellte, ich könne doch alles schaffen, finde doch immer Lösungen, habe doch alle Voraussetzungen dazu. Jammern auf hohem Niveau. Andere hätten die nicht, die haben Berechtigung, die bräuchten Hilfe, ich soll mich nicht so anstellen, ich hätte doch keine wirklichen Probleme. uswusf…
Gruß
Wandelröschen

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Beitrag Di., 14.04.2015, 21:35

Hallo Wandelröschen!
Wandelröschen hat geschrieben: Da bekam ich dann zu hören, was ich mich denn nur anstellte, ich könne doch alles schaffen, finde doch immer Lösungen, habe doch alle Voraussetzungen dazu. Jammern auf hohem Niveau. Andere hätten die nicht, die haben Berechtigung, die bräuchten Hilfe, ich soll mich nicht so anstellen, ich hätte doch keine wirklichen Probleme. uswusf…
Unabhängig von einer Hochbegabung kenne ich das leider auch. Es fing als Kind schon an, dass von mir angenommen wurde viele Problemchen alleine zu lösen und jetzt beginnt es nahtlos weiter zu gehen. Konsequenz daraus ist dann für mich eher nichts mehr zu sagen und selber zu machen, was wiederum bedingt einsam macht, weil man ja auf Hilfe vermeintlich nicht angewiesen ist. Leider habe ich bisher kein Patentrezept gefunden.

candle
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