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So., 20.10.2024, 20:07
Liebes Linchen,
tut mir so leid, dass du in die Abhängigkeit gerutscht bist. Ich weiß, wie schmerzhaft das ist. Bei mir ist es nun bald ein Jahr her, dass diese Qual losging. Ja, es sollte vorher gewarnt werden, dass so etwas passieren kann. Ich befürchte nur, dass das auch nichts ändern würde.
Ich kann dir hier nicht schreiben, was richtig und was falsch ist oder was wirklich hilft. Gefühle kann man nicht einfach abstellen. Egal, was man dir hier rät, der Schmerz geht davon nicht weg.
Ich habe meinem Therapeuten damals gesagt, wie groß meine Angst und der Schmerz bzgl. Therapieende ist. Er war zunächst geschockt und hat sich dann aber bedankt, dass ich es rechtzeitig gesagt habe, um daran zu arbeiten. Leider konnten wir die Abhängigkeit nicht auflösen, liegt wohl an meiner kPTBS, das allein gelassen werden hat mich massiv getriggert.
Gegen Ende hat er sich sehr distanziert von mir. Ich empfand das als abweisend und dachte, aha, so ist er also wirklich. Auf mein bedanken, dass er mit mir bis zum Ende der Therapie gegangen ist meinte er nur" mir blieb ja nichts anderes übrig, sie waren selbstgefährdend". Naja, aber distanzieren muss er sich ja.
Meine Therapie ist seit 3 1/2 Monaten beendet. Er hat mir klar zu verstehen gegeben, dass ich ihn nicht mehr kontaktieren soll und auch keine weitere Therapie für mich bei ihm möglich ist. Trotz allem war die letzte Stunde den Umständen entsprechend schön. Es war wieder ein bisschen Nähe da, ich habe ihm etwas geschrieben, da sagte er sofort ganz begeistert" das ist sehr schön, das hebe ich mir auf jeden Fall auf", stockte dann und sagte " wie ihre Akte auch". Vielleicht fiel es ihm nach 7 Jahren doch auch nicht ganz so leicht.
Die erste Zeit danach ging es mir ganz gut. Aber dann kam immer wieder die Trauer. Ich sage es dir ehrlich, ich habe immer noch oft Momente, da tut es sehr weh und ich vermisse ihn, aber es ist anders als damals, diese Verzweiflung, dieses festhalten wollen ist weg. Es hat etwas endgültiges. Es gibt kein zurück.
Ich kann heute immer noch nicht sagen, ob es richtig war, ihm die Abhängigkeit zu gestehen. Die Situation ist immer individuell. Es kommt auf so vieles an, auf dich, deine Verfassung, deine Persönlichkeit, den Therapeuten, dein Umfeld, .....
Durch den Schmerz muss man so oder so durch, aber vielleicht unterstützt dich dein Therapeut ja dabei.
Ich rate dir, dir jetzt schon andere Anlaufstellen zu suchen, die dich unterstützen und auffangen können. Wo du deine Trauer und Angst in Worte fassen und loswerden kannst. Beratungsstellen, Selbsthilfegruppe, evtl. Psychiater/in....wirklich. Auch wenn du jetzt denkst, du willst nur deinen Therapeuten und sonst nichts.
Jetzt habe ich einen Roman geschrieben, Danke, wenn du bis hier gelesen hast.
Helfen konnte ich dir nicht wirklich, wie gesagt, Gefühle lassen sich nicht durch rationale Tipps abstellen, leider, hätte ich mir auch gewünscht. Aber ich wollte dir mitteilen, dass es weiter geht nach der Therapie und man lernt, mit dem Abschiedsschmerz zu leben. Und ich habe auch Hoffnung, dass er ganz nachlässt.
Wünsche dir ganz viel Kraft und alles Liebe!