Meine Therapeutin verunsichert mich total. Eure Meinung?

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Hoffnungsstreif
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Meine Therapeutin verunsichert mich total. Eure Meinung?

Beitrag Fr., 12.09.2025, 10:48

Liebes Forum,

ich war 3 Jahre in Psychotherapie bei einer netten und kompetenten Verhaltenstherapeutin, inzwischen sind wir längst in den Nachgesprächen angelangt (alle 1 – 2 Monate).

Die Diagnose war damals ein hin und her. Erst sagte sie, ich habe kein Borderline, dazu sei ich zu unauffällig. Kurz darauf korrigierte sie ihre Einschätzung und sagte, ich habe Borderline. Für mich eine Entlastung. Wir arbeiteten gut zusammen – Skillstraining, Lebensrückblick, Gruppentherapie, Beziehungsgestaltung. Unsicherheit und Rückversicherungsverhalten war bei mir immer ein großes Thema wie auch die Neigung zu zwanghaftem Grübeln.

Im Verlauf begann ich auch, Medis zu nehmen, verordnet von einem Psychiater. Das war eine sehr gute Entscheidung, sie stabilisieren mich, ich will sie langfristig nehmen. Neulich hatte ich ein offenes Gespräch mit dem Psychiater: er glaubt nicht, dass ich Borderline im Sinne einer Persönlichkeitsstörung habe, er glaubt ich wäre im Bereich einer Persönlichkeitsakzentuierung. Spannend schonmal.

Nun hat sich vor einem halben Jahr mein Lebenspartner von mir getrennt. Danach ging ich wieder etwas öfter zu meiner Therapeutin, ich habe gelitten wie ein Hund. Und dann – ja, es ging super schnell, ich weiß – hab ich auf einmal wen getroffen. Es hat SOFORT gefunkt. Und es war beidseitig so, als wären wir seelenverwandt. Mir war klar: den will ich heiraten. Hatte ich so noch nie! Eine Woche später war ich mit ihm zusammen. Meine Familie war begeistert von ihm – sogar meine Schwester, die EXTREM kritisch auf die Info reagiert hat, dass es so schnell wen neues gibt, war nach dem Kennenlernen sehr positiv eingestellt. Sie sagte, er ergänzt mich gut mit seiner gelassenen Art. :)

Nun. Wir sind inzwischen 3 Monate fest zusammen. Meine Therapeutin hab ich seither 2x gesehen. Beim ersten Mal war alles noch ganz frisch. Ihr Feedback zur neuen Beziehung war durchwachsen. „Ich hätte mir für Sie gewünscht, dass Sie eine Zeit lang Single sind, um sich weiterzuentwickeln.“ und „Dass es so schnell geht zwischen Ihnen, ist schon besorgniserregend und nicht normal.“ – das waren unter anderem ihre Sätze. Ich war ihr dankbar für die Ehrlichkeit, aber in den kommenden Tagen ging es mir echt schlecht.


Seit 1 Monate habe ich das Gefühl, dass mein Partner für Distanz sorgt zwischen uns. Er liebt mich und will eine Zukunft mit mir, und das sagt er und ich glaube es zu 100%. Aber er hat weniger Zeit, sagt öfter ab, will Raum für sich … wir haben super drüber reden können, er sagt ich setze ihn unter Druck weil ich dauernd frage wann wir uns wo wie lang sehen, und er hat eben haufenweise Zeug nebenher um die Ohren (hat er wirklich, extrem viel sogar). Dadurch telefonieren wir auch nur einmal ganz kurz vorm Schlafengehen (wir wohnen 50min auseinander) und haben uns zuletzt nur 24h am Wochenende gesehen. Ich war dadurch sehr enttäuscht und verunsichert, und meine Symptome (Grübeln, Ängste, Anspannung, Labilität) sind angestiegen. Meine Therapeutin sieht das sehr kritisch, ich hab gestern mit ihr darüber geredet. Sie sagt, er hat offensichtlich ein Bindungsproblem wenn er nun in die Distanz kippt (auch weil das Thema „er hat zu wenig Zeit für mich“ schon in seinem früheren Beziehungen aufkam). Sie sagte mir „Wenn Sie mal Kinder haben, reicht es auch nicht wenn er sich 5min am Tag Zeit nimmt“. Und das stimmt, aber ich finde ehrlich gesagt, dass ihre Bewertung etwas unfair ist. Er bemüht sich wirklich um mich. Ja er ist unter Druck, ich habe entschieden ihm mal mehr Luft zum Atmen zu geben und ihm die Initiative zu überlassen, damit ist er auch einverstanden. Meine Therapeutin hat aber gesagt, ich soll mir nun jeden Tag akribisch notieren wie viel er sich meldet und dann nach einer Weile drauf gucken und beurteilen, ob mir das auf lange Sicht reicht. Ich finde das irgendwie … hart. Unsere Beziehung ist so jung. Seine ganzen Baustellen hat er eröffnet, bevor wir einander kannten. Und er sagte, es steht für ihn völlig außer Frage dass er mich eigentlich gern öfter als 1x/Woche sehen will, dass es halt grad die Umstände sind.

Das gestern war mein vorerst letztes Therapiegespräch. Ich habe intensiv mit meiner besten Freundin geredet. Sie sieht das alles weit weniger dramatisch. Meine Therapeutin verunsichert mich und macht mir Angst. Ich weiß nicht, wo sie recht hat und ich mich lieber schneller als später trennen sollte (wiederkehrende bindungsvermeidene Muster seinerseits, durch Flucht in andere „To Dos“) oder ob ich vertrauen und entspannen sollte. Er und ich können eigentlich über alles gut reden.

Was denkt ihr dazu? Bin ich in der Verleugnung oder ist es auch mal schlau, sich von der Meinung seines Therapeuten abzugrenzen? Sie macht mich ganz kirre … aber irgendwie hab ich das klare Bauchgefühl, dass sie total überpsychologisiert und ihm und uns Unrecht tut.

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R.L.Fellner
Psychotherapeut
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Beitrag Fr., 12.09.2025, 13:55

Liebe Hoffnungsstreif,

aus meiner Sicht - die (Grundlagen der Systemischen Psychotherapie, welche Neutralität als wichtiges therapeutisches Prinzip vertritt) nicht unbedingt von allen Therapeuten geteilt werden muss -, ist Ihre Therapeutin (vielleicht, weil Sie sie schon lange kennt?) einen Deut ... ich würde vielleicht sagen: "zu überengagiert". ;-) Ihre persönlichen "Wünsche für Sie" sollten eigentlich keinen Platz in Ihrer Therapie einnehmen, sondern ausschließlich das, was real passiert, wie es Ihnen damit geht, und wie es sich auf Sie auswirken könnte. Falls sie im geschilderten Zusammenhang tatsächlich die Begriffe "nicht normal" und "besorgniserregend" verwendet haben sollte, hielte ich das für fragwürdig und etwas grenzwertig.

Insofern verstehe ich, dass Sie sich verunsichert fühlen. Auch, weil Sie ja sichtlich hoffen, dass die Beziehung mit diesem Mann gelingt. Eine Form von Loyalitätskonflikt also: Soll ich meinem "inneren Ziehen" in Richtung dieses Mannes, oder eher den mahnenden Worten meiner Therapeutin Gewicht geben?

Tatsächlich scheinen in Ihrer neuen Partnerschaft aber ja Dynamiken zu existieren, die Sie verunsichern, und bezüglich derer es durchaus wichtig sein könnte, sie therapeutisch zu reflektieren. Vielleicht wollen Sie ja tatsächlich Ihrer Therapeutin Feedback darüber geben, wie sich ihre Aussagen aktuell auf Sie auswirken, und was für eine Form von Unterstützung Sie sich in dieser Phase von ihr wünschen würden. Es muss vielleicht gar nicht um die Frage gehen, von wem Sie sich mehr "abgrenzen" sollen, sondern mehr darum, was Sie brauchen, um innerlich stabil und vor allem glücklich sein zu können.

Liebe Grüße und alles Gute,
R.L.Fellner


Jenny Doe
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Beitrag Fr., 12.09.2025, 15:28

Hallo Hoffnungsstreif
(...) Sie sagt, er hat offensichtlich ein Bindungsproblem wenn er nun in die Distanz kippt
Ich fühle gerade mit Dir.
Ich lebte mal in einer Fernbeziehung; sie in Norddeutschland, ich in der Mitte Deutschlands. Sie war berufstätig und hatte viel um die Ohren. Ich hätte sie natürlich gerne öfters gesehen, als nur am Wochenende. Und die wollte an Wochenenden auch gerne mal etwas anderes machen als sich vier Stunden hin und vier Stunden zurück ins Autos zu setzen um zu mir zu fahren. Sie wollte auch mal eigene Freunde treffen, sie wollte aber auch mich sehen, ...
Eine schwierige Beziehungskonstellation. Ein innerer Konflikt. Sowohl für sie, die beides wollte, nämlich einerseits mich sehe wollen, anderseits ihre Freunden sehen wollen. Und ein innerer Konflikt für mich; ich hätte sie gerne häufiger gesehen als nur alle zwei Wochen am Wochenende einen Tag.

Ich sprach mit meiner Psychotherapeutin über unsere Situation. Meine Psychotherapeutin sagte "Ihre Freundin liebt sie nicht, sie hat Beziehungsprobleme, kann zu viel Nähe nicht ertragen. Wenn sie sie wirklich lieben würde, dann würde sie sich anders verhalten, ..."
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Ihre Worte haben mich damals sehr verirrt und verunsichert.
Ich sprach mit meiner Freundin darüber. Es kam zu einem Streit zwischen uns. Sie war verärgert über meine Psychotherapeutin. "Sie kennt mich doch überhaupt nicht. Sie hat nie mit mir gesprochen. Was maßt die sich an, so über mich zu urteilen, ..."

Ich habe mich leider damals von meiner Psychotherapeutin zu sehr gegen meine Freundin aufhetzen lassen.
Meine Beziehung zu meiner Freundin zerbrach.

Wenn ich heute noch mal in einer solchen Beziehung stecken würde, würde ich mit der Situation anders umgehen. Heute würde ich ihr den Freiraum, den sie braucht (z.B. auch mal eigene Freunde treffen) lassen und die Zeit, die wir gemeinsam hätten, einfach genießen.


Ich hatte aber auch mal die umgekehrte Situation. Ich hatte viel um die Ohren. Zudem habe ich eine Erkrankung, die mich zwingt, meine Kräfte gut einteilen zu müssen und die von mir Ruhezeiten und Schlafen fordert.
Das alles wusste die Frau, mit der ich damals eine Beziehung einging. Doch diese Frau wollte mehr Nähe und Zeit von mir haben, als ich ihr geben konnte. Sie wollte, dass ich meine Freundschaften beende, damit ich Zeit für sie habe. Von der ersten bis zur letzten Minute unserer "Beziehung" kamen von ihr nur Vorwürfe.
Eines Tages rief sie mich dann an und erzählte mir, dass sie mit ihrer Psychotherapeutin gesprochen hätte. Die Psychotherapeutin hätte ihr gesagt, dass ich beziehungsgestört wäre, Nähe nicht ertragen könnte. Außerdem solle sie (also meine Freundin) lernen ihre Bedürfnisse durchzusetzen und "das würde sie jetzt mal tun", sagte meine Freundin. Sie begann "Ich brauche mehr Nähe, ich brauche mehr Zeit von Dir, ...".
Ich habe die Beziehung beendet mit dem Satz "Dann solltest Du dir eine Frau suchen, die so ist wie Du sie haben willst".
In den folgenden Monaten rannte sie mir buchstäblich hinterher. Ich fühlte mich von ihr regelrecht gestalkt.
Als mir das alles zu bunt wurde rief ich ihre Psychotherapeutin an und forderte sie auf es zu unterlassen, ihrer Patienten zu erklären, wie sie an mich rankommen kann, wie sie ihre Bedürfnisse durchsetzen kann. Ich sagte der Psychotherapeutin klar und deutlich, dass ich ihre Patientin wegen Stalking anzeigen würde, wenn sie (also die Psychotherapeutin) nicht damit aufhören würde, ihrer Patientin zu erklären, wie sie mir am besten hinterherrennen kann. Nach diesem Gespräch mit der Psychotherapeutin meiner EX-Freundin hatte ich endlich Ruhe vor dieser Stalkerin.


Fazit für mich: Bleib bei dir selber. Deine Psychotherapeutin mag sich ein Urteil über dich bilden können, da sie dich kennt. Aber deinen Freund kennt sie nur durch deine Erzählungen. Sie hat nie mit ihm gesprochen, oder?
Guck, wie es für dich ist.
Kannst du sagen "Okay, dann sehen wird uns halt nicht so oft, aber dafür freue ich mich dann auf unsere gemeinsamen Stunden und genieße sie?
Oder musst Du sagen "Ich brauche mehr Zeit und Nähe. das reicht mir nicht"? Dann läge es an Dir, Dir jemanden zu suchen, der so ist, wie du ihn gerne haben möchtest.

Bleib bei Dir und in der Situation und guck für dich, ob und wie du mit der Situation umgehen kannst. Wenn du merkst, "ne, ich brauche mehr", dann müsstest du die Situation ändern und dir z.B. jemanden suchen, der dir mehr bieten kann.

Deinen Freund unter Druck zu setzen wird eh früher oder später dazu führen, dass die Beziehung zerbricht. Du musst für dich gucken, ob du mit dem "Was ist" umgehen kannst oder ob du etwas anderes brauchst.

Das wäre so meine Gedanken.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Montana
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Beitrag Fr., 12.09.2025, 16:35

Mein Ex hat sich von mir getrennt, nach fast 15 Jahren Beziehung, nachdem er sich von einem Heilpraktiker für Psychotherapie hatte beraten lassen. Der hatte gesagt, ich sei die Ursache aller seiner Probleme, er solle mich loswerden und an sich selbst denken.

Als ich dann meinen jetzigen Ehemann kennenlernte war ich in Psychotherapie und erzählte davon. Der Therapeut sagte, ich solle diese Beziehung schnell wieder beenden, der Mann sei nicht gut für mich. Auch sollte ich keinesfalls Kinder bekommen, ich sei keine gute Mutter. Beides fand ich unverschämt und beides ignorierte ich. Getroffen hat es mich natürlich dennoch, auf einer persönlichen Ebene. Während der laufenden Therapie heiratete ich und ein Kind bekam ich ebenfalls. Der Therapeut revidierte seine früheren Aussagen. Er sei im Unrecht gewesen und hatte geglaubt, ich sei nicht in der Lage, einen guten Mann zu finden, denn der Ex war ja auch der Falsche. Aber da ist doch ein Denkfehler: wäre der Ex nicht der Falsche gewesen, wäre er kein Ex geworden. Und nach einer fast 15 Jahre dauernden Beziehung kann man auch nicht von Beziehungsunfähigkeit sprechen.

So habe ich von zwei Seiten erlebt, dass Therapeuten auf das Ende einer Beziehung hingewirkt haben. Beide Male ohne den Partner überhaupt zu kennen. Ob mein Ex glücklich geworden ist mit seiner Entscheidung weiß ich nicht, aber meine war gut. Ich bin seit acht Jahren glücklich verheiratet.

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Hoffnungsstreif
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Beitrag Fr., 12.09.2025, 16:59

@R.L.Fellner

Ganz lieben Dank für Ihre Worte, ich fühle mich sehr verstanden. Und ja, ich habe mich nicht gesehen gefühlt in dem was ich brauche, sondern es eher so empfunden, als wolle sie mir ihre gut gemeinte Perspektive aufdrücken wollen. Vielen Dank. :)

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Beitrag Fr., 12.09.2025, 17:05

Jenny Doe hat geschrieben: Fr., 12.09.2025, 15:28
Ich sprach mit meiner Psychotherapeutin über unsere Situation. Meine Psychotherapeutin sagte "Ihre Freundin liebt sie nicht, sie hat Beziehungsprobleme, kann zu viel Nähe nicht ertragen. Wenn sie sie wirklich lieben würde, dann würde sie sich anders verhalten, ..."
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Ihre Worte haben mich damals sehr verirrt und verunsichert.
Ich sprach mit meiner Freundin darüber. Es kam zu einem Streit zwischen uns. Sie war verärgert über meine Psychotherapeutin. "Sie kennt mich doch überhaupt nicht. Sie hat nie mit mir gesprochen. Was maßt die sich an, so über mich zu urteilen, ..."
Tatsächlich fühle ich mich hier sehr verstanden, so ging es mir auch und er hat ähnliches zu mir gesagt, als wir darüber sprachen. Danke, dass du deine Erfahrung so offen mit mir teilst. Für mich fühlt sich alles, was die Therapeutin sagt, verkehrt an. Und ja, natürlich muss ich ehrlich mit mir und ihm sein: so viel wie wir uns momentan sehen, wird es mir auf Dauer (!) nicht reichen. Dauerhaft will ich zusammenleben, Familie gründen, gemeinsame Zeit ist mir auch wichtiger als Geld. All das weiß er und er sagt, dass er es genauso sieht. Dass es in den kommenden Monaten eben etwas knapper ist mit gemeinsamer Zeit - damit kann ich leben, wenn ich weiß, dass es irgendwann enger wird. :)

Meine Therapeutin hat mich eben dahingehend verunsichert, ob es je wirklich anders wird ... sie hat mir sozusagen ein düsteres Zukunftsszenario "in den Kopf gesetzt", auch wenn sie es sicher so nicht beabsichtigt hatte. Die Angst, dass er dauerhaft "bindungsvermeidend" und "überarbeitet" sein wird. Aber wie schon oben geschrieben, wir kommunizieren sehr offen und ehrlich, und er will langfristig auch "mehr" sagt er. Gerade eben hat er mich z. B. direkt nach seiner Arbeit angerufen, um mit mir zu sprechen und er sagte dass er mir zeigen will, wie wichtig ich ihm bin. Und nachher ruft er auch nochmal an vorm Schlafengehen, hat er schon gesagt. :D

Die Frage ist also, wem ich "glauben" soll - ihm oder der Analyse meiner Therapeutin. Aber beim Schreiben wird mir gerade klar: sie kennt ihn nicht (und nein, sie haben einander nie getroffen). Es wäre so unfair ihm gegenüber, wenn ich der Interpretation meiner Therapeutin hier mehr Gewicht gebe.
Zuletzt geändert von Hoffnungsstreif am Fr., 12.09.2025, 17:19, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag Fr., 12.09.2025, 17:12

@Montana

DANKE. Ich fühle mich so erleichtert beim Lesen deines Beitrags ... er macht mir Mut, auf mich zu hören, auf mein Gefühl, und auf meinen Partner. Und das nicht von einer außenstehenden - wenn auch professionellen - Person ins Wanken bringen zu lassen. Ich habe es grad schon geschrieben, mein Freund hat mich eben nach seiner Arbeit extra auf der Nachhausefahrt angerufen, obwohl er hundemüde ist und daheim wahrscheinlich schnell ins Bett fallen wird. Er hat mir gesagt dass er mich liebt und ich ihm wichtig bin. Auch gestern nacht hat er - ebenfalls hundemüde - noch angerufen, nur ganz kurz, aber einfach um meine Stimme zu hören. Das ist so wunderschön, und ich hoffe, es nun einfach genießen zu können, ohne die Worte meiner Therapeutin im Kopf hin und her zu wälzen.

Ehrlich, ich freue mich so für dich, dass du deinen Weg gefunden hast und glücklich verheiratet bist. :) Vermutlich hat es auch viel Mut deinerseits gekostet, diesen eigenen Weg - entgegen des (krassen und aus meiner Sicht grenzüberschreitenden) Feedbacks zu gehen. Ich glaube, viele Therapeuten meinen es nur gut, aber vergessen manchmal, dass eben auch sie nicht allwissend sind, sondern nur mit Hypothesen arbeiten, und dass man mit diesen behutsam umgehen sollte ... danke für den Mut, den du mir gibst.

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Jenny Doe
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Beitrag Sa., 13.09.2025, 04:28

Hallo Hoffnungsstreif
Meine Therapeutin hat mich eben dahingehend verunsichert, ob es je wirklich anders wird ... sie hat mir sozusagen ein düsteres Zukunftsszenario "in den Kopf gesetzt", auch wenn sie es sicher so nicht beabsichtigt hatte. (...) Die Frage ist also, wem ich "glauben" soll - ihm oder der Analyse meiner Therapeutin. Aber beim Schreiben wird mir gerade klar: sie kennt ihn nicht (und nein, sie haben einander nie getroffen). Es wäre so unfair ihm gegenüber, wenn ich der Interpretation meiner Therapeutin hier mehr Gewicht gebe.
Deine Therapeutin kennt ihn nicht und sie kann auch nicht in die Zukunft gucken. Du darfst deiner Psychotherapeuten somit durchaus "nicht glauben".
Aber wie schon oben geschrieben, wir kommunizieren sehr offen und ehrlich, und er will langfristig auch "mehr" sagt er.
Was deinen Freund angeht, ... Zum jetzigen Zeitpunkt kannst du ihm (erst mal) glauben, dass auch er sich langfristig eine Veränderung der Situation wünscht.
Alles weitere wird sich in der Zukunft zeigen und auch ergeben. Zum jetzigen Zeitpunkt arbeitet ihr noch an einer Lösung.
Wenn sich die Situation ändert, super. Wenn nicht, dann liegt es an dir, dir zu überlegen, ob dir das reicht, was er dir bietet oder ob du etwas anderes brauchst (und damit auch, ob du jemand brauchst, der anders ist).

Man kann gemeinsam nach Lösungen, Kompromissen usw. suchen. Wenn man zusammenfindet, so dass beide mit den Lösungen zufrieden sind, super. Sollte das nicht der Fall sein, sollte die Unzufriedenheit bei einem (oder beiden) überwiegen, dann muss jeder seinen eigenen Weg gehen.

Ich wünsche dir, dass sich die Situation für euch beide zum Positiven entwickelt.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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bigogib382
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Beitrag Fr., 26.09.2025, 02:27

Ich denke schon, dass ein Psychotherapeut eine eigene Meinung haben darf und die auch äußern darf. Zur Trennung raten solle er zwar nicht, aber eine Ich hätte mir gewünscht... Aussage finde ich ok und denke, das darf der Therapeut auch sagen. Möchte ich nicht, dass mein Therapeut mir sagt, wenn er der Meinung ist, dass ich mich in unnötige Probleme hineinbegebe?

Ich kann die Aussage schon etwas nachvollziehen. Wenn du eine Borderlinestörung hast (oder Akzentuierung, das kann man wahrscheinlich ohnehin nicht genau auseinander halten), dann bedeutet das doch, dass du vielleicht einerseits die Tendenz hast, Menschen zu idealisieren (und nicht so genau die Realität zu prüfen) und andererseits dann schnell enttäuscht zu sein und Menschen abzuwerten. Rational wäre es doch, in der Phase des Kennenlernens in Ruhe zu prüfen, ob denn das alles passt und das auch zu einem Zeitpunkt zu tun, in dem man noch nicht total verknallt ist und auch noch rational prüfen kann, ob es passt. Wie stellt er sich eine Beziehung vor? Wie viel Zeit hat er? Wie würde eine Beziehung mit ihm aussehen? So wie es klingt, habt ihr nicht viel geprüft, sondern euch ziemlich schnell in eine Beziehung gestürzt. Wenn er dir vorher gesagt hätte, dass er so wenig Zeit hat (oder haben will), hättest du dich dann auf ihn weiter eingelassen? Genau zu prüfen erfordert aber ein langsames Kennenlernen und kein In-Die-Beziehung-Stürzen.

Und mal ehrlich, wenn man verliebt ist, dann ist doch alles andere weniger wichtig, da will man viel Zeit mit der anderen Person verbringen und findet Wege und sei es, dass man seine Arbeit vernachlässigt oder immer mal zwischendurch schreibt oder oder oder… Und meine Erfahrung ist, dass Männer wenn sie verliebt sind, auch in diesem Überschwang sind und viel tun, dass das aber bei Männern schnell wieder vorbei ist. Nach so drei bis vier Monaten ebbt die erste Phase der Verliebtheit wieder ab und da geht die Person etwas auf Distanz. Arbeit und Termine sind eine Ausrede, denn die gab es doch auch in den ersten drei Monaten oder? Die Distanz kann ja durchaus normal sein, Verliebtheit hält nicht ewig und dann werden andere Dinge auch wieder wichtiger. Aber seiner Liebsten nach drei Monaten zu sagen, dass man sich unter Druck gesetzt fühlt, klingt jetzt auch nicht so toll. Auch dass er dich im Auto nach der Arbeit angerufen hat, das ist nett, aber zum Gentleman des Jahres wird man dadurch auch nicht. Wenn er Auto fährt, muss er eh wach sein, ob er da müde ist oder nicht ist ja egal.

Interessant auch, dass er da nicht zu dir fährt, er kann doch auch bei dir schlafen? Ein Fahrtweg von 50 Minuten ist ja nicht sooo weit. Er könnte bei dir übernachten und von dir aus zur Arbeit fahren usw. Dass man sich nach nur drei Monaten Beziehung nur einmal in der Woche sieht und dass ihm das reicht, kommt mir schon komisch vor. Ich will nicht sagen dass er ein schlechter Freund ist oder dass du dich trennen musst, aber ich merke schon beim Lesen, dass du ihn idealisierst. Vielleicht wollte dich eine Therapeutin dazu bringen, dass du etwas aus der Idealisierung raus kommst und alles mal rationaler betrachtest.

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Montana
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Beitrag Fr., 26.09.2025, 06:33

bigogib382 hat geschrieben: Fr., 26.09.2025, 02:27 Möchte ich nicht, dass mein Therapeut mir sagt, wenn er der Meinung ist, dass ich mich in unnötige Probleme hineinbegebe?
Definitiv nicht. Seine persönliche Meinung dazu würde mich nicht die Bohne interessieren. Genausowenig würde ich Wert auf Ernährungstipps legen oder welche zu anderen Themen die ihn nichts angehen und die in der Therapie nicht zur Diskussion stehen.

Und Probleme sind auch nicht automatisch unnötig. Sie unbedingt vermeiden zu wollen, würde auch persönliche Entwicklung verhindern. Das wäre eigentlich ganz schön dumm.

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Sydney-b
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Beitrag Fr., 26.09.2025, 13:37

Jetzt mal abgesehen von deinen Bedenken mit der Therapeutin, dazu hat Herr Fellner einen sehr guten Beitrag geschrieben, diesen würde ich mir an deiner Stelle noch mehrmals durchlesen und durch den Kopf gehen lassen…

Wenn man jemanden erst neu kennen lernt und ziemlich schnell das Gefühl hat: Wir sind Seelenverwandt…

Dann würden bei mir sämtliche Alarmglocken lautstark schrillen.

Dieses starke Gefühl der angeblichen Seelenverwandtschaft ist nach so einer kurzen Beziehung meistens ein deutliches Zeichen von Projektion und Idealisierung.
Und es ist KEIN Garant für die große Liebe.

Und da dich deine Therapeutin schon sehr lange und gut kennt, läuten bei ihr halt auch die Alarmglocken sehr schrill und lautstark.
Ja, sie scheint da deutlich überengagiert zu sein…
Wahrscheinlich möchte sie dich auf diese Weise vor einer erneuten Enttäuschung schützen, aber klar, als Therapeutin sollte sie einen anderen Ansatz dafür finden.

Aber unabhängig von den Aussagen deiner Therapeutin, sei umsichtig in dieser neuen Beziehung und schaue genau hin, ob du deine eigene Projektion oder Idealisierung erkennen kannst.
Um dich selbst zu schützen.

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bigogib382
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Beitrag Fr., 26.09.2025, 21:21

Also ich kenne das schon, nämlich aus Phasen, in denen man frisch verliebt ist. Ich denke, da bin ich keine Ausnahme – wenn man so richtig Hals über Kopf verliebt ist, dann hat man den Eindruck, man habe da seinen Seelenverwandten getroffen und endlich diesen einen Menschen gefunden, der so perfekt zu einem passt und das kann manchmal gerade deswegen passieren, weil man sich nicht so lange kennt. Und da ist einem alles andere mehr oder weniger egal, man will nur den anderen. Da kann der Tag noch so blöd gelaufen sein, wenn man abends die andere Person trifft, dann ist der Rest der Welt vergessen. Eigentlich ist das ja eine total schöne Euphorie. Wenn ich jemanden länger kenne, dann lässt irgendwann die Verliebtheit auch wieder nach und ich merke, das derjenige doch nicht so perfekt ist und dann gewinnen andere Dinge im Leben wieder mehr Bedeutung.

Blöd ist aber, wenn der eine noch völlig euphorisch verliebt ist und der andere hat sich schon wieder etwas entliebt und ich glaube, das geht bei Männern manchmal schneller. Meine Erfahrung ist, dass sich Männer schneller verlieben und dann sehr euphorisch und aufmerksam sind, das befeuert die Verliebtheit der Frau nochmal zusätzlich, aber das Verknalltsein endet bei Männern schneller. Dann lässt deren Aufmerksamkeit nach, denen fällt dann ein, dass sie ja andere wichtige Dinge zu tun haben und die Frau hat den Eindruck „er zieht sich zurück“. Nicht alle Männer sind so, aber manche und vielleicht hat das schon mit einer gewissen Bindungsängstlichkeit zu tun, dass diese Männer sich von der immer noch sehr verliebten Frau unter Druck gesetzt fühlen.

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