Kind möchte 'Magen hören'

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Chibiusa
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Kind möchte "Magen hören"

Beitrag Fr., 09.01.2015, 02:27

ich weiss nicht ob es hier hin passt und ein treffenderer Titel fiel mir nicht ein.

Ich habe einen 7 jährigen Sohn und lebe getrennt von seinem Vater, seit längerem hat mein Sohn die "Phase" dass er immer "Magen hören" (das sagt er selbst so) möchte.
Bei seinem Papa darf er es hin und wieder, er legt dann seinen Kopf mit dem Ohr auf den nackten Bauch und hört sich die Geräusche im Bauch an.
Auch mich fragt er desöfteren, ob er bei mir "Magen hören" darf.
Ich weiss damit nicht umzugehen, weiss nicht ob es richtig oder falsch ist.
Manchmal erlaube ich es ihm für wenige Minuten und nicht auf dem nackten Bauch, aber ich fühle mich dabei extrem unwohl.
Dadurch dass ich als Kind und Jugendliche sexuell missbraucht wurde, habe ich ein sehr gestörtes Körperbild und auch was intimitäten betrifft. In diesem Fall kann ich richtig und falsch nicht unterscheiden.
Mein Verstand sagt mir "lass es zu, dein Sohn braucht diese nähe, vielleicht erinnert es ihn an die sicherheit und geborgenheit die er in den ersten 9 monaten erlebte und vor allem Trennungskinder leiden sehr darunter wenn ihnen Nähe fehlt" aber mein Gefühl wehrt sich komplett dagegen.
Wenn ich es dann doch mal zulasse, dass fühle ich wie sich innerlich eine Mauer auftürmt, wie ich verkrampfe.

ich weiss nun nicht was ich tun soll.
Ist es richtig, wenn ich ihm diesen Wunsch erfülle oder ist es besser wenn nicht?
Ist es meine eigene gestörte beziehung zu meinem Körper die mich so stark zweifeln lässt?

Mein Sohn ist der einzige in meinem Umfeld dem ich überhaupt körperliche Nähe geben kann auch wenn es mir oftmals schwer fällt tue ich es dennoch, denn er kann nichts dafür dass ich bin wie ich bin. Aber ab dem Punkt "Magen hören" bin ich hin und her gerissen zwischen richtig und falsch, zwischen zulassen und nicht zu lassen... ich habe angst etwas falsch zu machen ihm gegenüber und das lässt mich im Moment verzweifeln.

LG Chibiusa

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Hannah*
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Beitrag Fr., 09.01.2015, 08:35

Hallo Chibiusa,
So wie du auf die Grenzen deines Kindes achten solltest, solltest du auch deine eigenen Grenzen achten. Kinder kommen meist damit zurecht, wenn die Mama etwas nicht möchte, auch wenn es eigentlich etwas Normales ist. Dein Sohn kann ja bei seinem Vater den Magen hören. Biete du doch deinem Sohn andere Klang-Erlebnisse an - habt ihr schon mal gemeinsam in eine Muschel gelauscht, ein Regenrohr gebastelt oder dem Wind im Kamin oder im Park gelauscht? Es gibt da unendlich viele Möglichkeiten. Wenn man mal anfängt damit, dann sind gerade die Kinder am kreativsten. Wie hören sich Schritte im Hausflur an, wie klingt sanft, zornig, fröhlich?

Ich denke mal, dass dein Sohn auf diese Weise auch normale, körperliche Nähe sucht. Wenn du Probleme mit deinem Körper hast, fang doch lieber bei ihm an - hast du mal seinen Magen gelauscht (oder ist das dir zu nah?). Es gibt viele Möglichkeiten: auf dem Rücken des Kindes mit dem Finger Bilder malen und raten lassen, auf seinem Rücken eine Pizza "backen" mit kneten, streichen und Käse streuen. Ein spannendes oder lustiges Buch vorlesen und dabei dicht beieinander sitzen, Geschichten erzählen, Witze erzählen und zusammen lachen. Nähe entsteht nicht nur durch Körperkontakt, er gehört aber in Grenzen dazu. Wenn dir selbst manche Dinge zu nahe sind, beachte deine persönliche Grenze und suche einfach kreativ eine Alternative. Dein Kind wird sie dankbar aufgreifen (Kindern geht es meist besser, wenn ihre Mutter entspannt ist).
Hannah

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ENA
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Beitrag Fr., 09.01.2015, 09:35

Ich finde dieses Magen-hören nicht schlimm, es sei denn, er will das dauernd haben, so dass nur wenig Zeit für anderes bleibt...oder es ist in Situationen, wo es ungünstig ist (auf der Bank vor der Umkleide beim Fußballverein würde ich es nicht machen (mal abgesehen davon, dass er da den Magen auch nicht gut hören kann). Die Idee, auch mal seinen Magen zu hören, so als Ausgleich, finde ich gut. Also vielleicht mal abwechselnd er bei Dir und Du bei ihm das Ohr auf den Bauch legen. ...und....es ist nur der Bauch, es ist "nur" Dein Kind und er möchte Dir sicher nicht schaden. Auch wenn es vielleicht schwer ist. Vielleicht hilft es, sich das immer wieder zu sagen. ...und wie gesagt, es muss ja nicht dauernd sein.

Es gibt verschiedene Gründe, warum er das macht. Vielleicht beruhigen ihn einfach die Geräusche. Er hört, dass Du lebst, er hört die Töne, die er auch im Mutterleib gehört hat. Er fühlt sich nicht alleine. Vielleicht interessiert ihn auch einfach, was da im Körper so für Geräusche sind, die er nicht sieht bzw. von denen er nicht sieht, wo sie herkommen. Das ist mit der Atmung, Schluckauf, Herzschlag,...ja genauso.
Vielleicht tut es ihm einfach gut, zu lauschen. Vielleicht ist es eine Art mit der Trennungssituation umzugehen (Vater, Mutter). Vielleicht ist es auch ein Versuch, zu Dir Nähe aufzubauen. Vielleicht spürt er, dass Du selber im Zwispalt mit Nähe bist, dass es Dir vielleicht nicht so gut geht,...und sucht deshalb die Nähe, will Dich vielleicht auch beruhigen, in dem er bei Dir ist. Unbewusst natürlich. Vielleicht hat er Angst, dass auch Du gehst. Wer weiß.

Ich finde das jedenfalls nicht schlimm. Ich fand das früher auch interessant die Geräusche des Bauches zu hören, was er "erzählt" und manchmal war es auch lustig, wenn erst Stille war und dann plötzlich ein Geräusch kam.
Ich finde es also wirklich nicht schlimm und vielleicht gelingt es Dir, Euch, da irgendeinen Kompromiss zu finden, so dass es für Dich und das Kind okay ist.

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Chibiusa
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Beitrag Fr., 09.01.2015, 15:43

erstmal vielen dank für eure Antworten
in erster Linie geht es mir darum, mir sicher zu sein, dass es nicht falsch ist, dies zu zu lassen.
Der rest liegt dann leider an mir selbst und werde somit auch versuchen über meinem Schatten zu springen.
Für mich ist es wichtig ihm körperliche Nähe geben zu können, denn er selbst ist eigentlich eher unnahbar, von daher find ich es schön, wenn er Nähe sucht und weiss, dass er diese auch bekommt.
Mein Sohn hat leider eine sehr ausgeprägte Form der ADHS und tut sich mit vielen Dingen recht schwer, umso wichtiger empfinde ich es, wenn er durch körperliche Nähe auch zur Ruhe kommen kann.
Ich habe festgestellt, dass es ihn scheinbar beruhigt dieses "Magen hören" .
Eure Antworten und weiteren Tipps haben mir sehr geholfen, auch diese werde ich mal versuchen umzusetzen, vllt nicht unbedingt alles exakt genau, aber ich habe vorhin mit der Katze angefangen.
Er hängt sehr an eine meiner beiden Kater, dieser Kater hat ihn vorhin recht freudig begrüßt und mein Sohn hat ihn gekuschelt und war recht aufgeregt. Ich habe ihn dazu animieren können, mal zu fühlen wie die Katze sich anfühlt, ihr Fell und wie es sich anfühlte, als sie ihn kurz geschleckt hat. dadurch kam er wieder zur Ruhe und spielte "Alle meine Entchen" am Keybord :D

vielen Dank nochmals

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ENA
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Beitrag Fr., 09.01.2015, 15:51

Genau. ...und da Katze-kuscheln und Magen-hören eher in einer ruhigen Umgebung stattfinden, Körperkontakt und ganz viel Wahrnehmung (hören, fühlen, riechen) zulässt, ist es wohl für ihn eine gute Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen und den Körperkontakt zu haben,...außerhalb von Unruhe und Aktion.

Ich könnte mir grade auch wunderbar einen Snoozle-Raum für Euch vorstellen. Vielleicht selbstgemacht. Vielleicht gibt's das bei Euch auch im Rahmen einer Ergotherapie? http://de.wikipedia.org/wiki/Snoezelen

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Chibiusa
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Beitrag Mo., 12.01.2015, 12:09

hallo ENA,
das mit dem Snoozle-Raum kenne ich, in der Schule die mein Sohn besucht haben sie einen solchen Raum.
Er besucht noch keine "normale" Schule, sondern eine Schule für körperlich/geisitg behinderte Kinder und Jugendliche, wo aber auch Kinder sind die so sind wie mein Sohn.
Dort hat er die notwendige Professionelle Betreuung und gemeinsam arbeiten wir daraufhin, dass er im kommenden Schuljahr eine "normale" Schule besuchen kann.
Dank dieser Einrichtung, hat er schon sehr große Fortschritte gemacht, einzig die ADHS steht ihm noch im weg.
Auch am vergangenen Wochenende wollte er wieder "Magen hören", ich hab mich überwinden können und ihn gelassen, diesmal fühlte es sich für mich nicht mehr so "schlimm" an, denn dank eurer antworten kann ich mir sicher sein, dass ich in dem punkt ihm gegenüber nichts falsch mache wenn ich es zulasse, ich denke, wenn ich es öfter mal zulasse, werde ich hoffentlich auch psychisch irgendwann nicht mehr so stark dagegen mauern.

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ENA
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Beitrag Mo., 12.01.2015, 18:03

Hi,

ist Dein Sohn denn geistig behindert? Ich denke, grade wenn man ein Handicap hat, reagiert man verstärkt auf andere Sinne und Reize, als andere...bzw. über andere Sinne und Reize. Von daher finde ich das Lausch-, Fühl- und Nähebedürfnis noch verständlicher.
...und schön, wenn es Dir am Wochenende schon etwas besser damit ging.

Auf dass ihr den für Euch beide passenden Umgang damit findet!!!

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Chibiusa
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Beitrag Mo., 12.01.2015, 19:23

eine geistige behinderung in dem sinne hat mein sohn nicht, aber er konnte erst im alter von 2 jahren 4 monate erst nach einer OP zu 100% hören, zuvor hatte er nur eine hörfähigkeit von ca 5-10%.
er war sprachlich und auch im verhalten stark unterentwickelt und für einen "regelkindergarten" nicht geeignet, zudem war er auch stark verhaltensauffällig, womit die betreuer im Regelkindergarten nicht zurecht kamen, da er permanent unter beaufsichtigung sein musste.
Sein verhalten äusserte sich dahingegend, dass er sich gewaltätig gegenüber anderen Kindern verhielt (beissen und haare ziehen) wenn er seinen willen nicht bekam (durch die sprachliche unterentwicklung konnte er sich nicht äussern).
Er kam im Alter von 3 Jahren (an seinem 3. Geburtstag) in die Einrichtung, wo er auch jetzt zur Schule geht, vorher war es leider nicht möglich, da sie Kinder erst ab 3 Jahren aufnehmen.
Dort bekam und bekommt er Logopädische Förderung, sowie Ergotherapie und auch Kinderpsychologische Betreuung ist vorhanden.
Er ist nun seit 4 Jahren dort und ich bereue keine Sekunde meiner Entscheidung, ihn in diese Einrichtung gegeben zu haben, denn er hat riesige Fortschritte gemacht sowohl in der Komunikation als auch was sein agressives Verhalten betrifft.
Er beisst nicht mehr (vermutlich war, neben der Förderung die er dort erfährt, ein weiteres schlüsselerlebniss der grund) und sprachlich ist er nun auf dem Stand eines 7 jährigen, er plappert mittlerweile pausenlos und singt sehr gerne.
Einzig die ADHS macht ihm in der Schule aber auch zu Hause noch Probleme, er brauch sehr klare strukturen, Grenzen und Regeln von denen nicht abgewichen werden darf (auch nicht minimal) und das ist leider nicht leicht, da er täglich auf´s neue die Grenzen, die er eigentlich kennt, austestet und selbst seine Lehrerin manchmal in die verzweiflung treibt.

letztendlich ist das glaub ich ein anderes thema und würde off topic gehen, wenn ich es hier weiter ausführe ^^


Kirchenmaus
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Beitrag Mo., 02.02.2015, 23:22

Huhu!

Beim Lesen hab ich mir gedacht, dass das Hören dann für ihn wohl eine ganz besondere Bedeutung hat, wenn er eine Zeit seines Lebens nicht (gut) hören konnte.

Vielleicht wäre es für dich gut, wenn du deine empfindlichen Stellen durch Kissen oder Decken geschützt wüsstest, dein Sohn also zu 100 Prozent nur Zugriff (oder Zuhör? ) auf deinen Bauch hätte. Für mich ist das (bin selbst betroffen) sehr wichtig.

Vielleicht könntet ihr auch ein Stethoskop besorgen? Dann könnte dein Sohn mit etwas mehr Abstand hören und sich auch auf Entdeckungsreise machen, wie die Katze dadurch klingt, der Kühlschrank, der Teppich, wenn man darüber streicht etc.

Die Maus
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Chibiusa
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Beitrag Sa., 21.02.2015, 13:55

hallo kirchenmaus, die idee mit dem stetoskop klingt sehr gut, ich denke ich schau mal das ich eines besorgt bekomme, danke
bisher hat es sich sehr reduziert, dass er magen hören möchte, aber vermutlich weil er weiss, dass ich das nicht so mag... ich habs versucht es zu zu lassen, zwar ist das schlechte gefühl, etwas falsch zu machen nun nicht mehr vorhanden, aber gut fühl ich mich dabei dennoch nicht. aber wie gesagt, das mit dem steoskop probier ich mal aus

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